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Zurück zur Zentalbankbilanzblähung

Von Dr. Oliver Everling | 20.Oktober 2014

„Die anderen großen Notenbanken haben ihre Zentralbankbilanzen nicht zurückgeführt, wohl aber die Europäische Zentralbank“, erklärt Dr. Heinz-Werner Rapp, Chief Investment Officer der FERI AG, die Entwicklung nach dem Draghi-Put. Dieser Put habe eine erneut eine starke Konvergenz der EMU-Rentenmärkte erzeugt. „Die EZB war mit zu wenig Schwung unterwegs“, erläutert Rapp die Kehrtwende. Nun strebe Draghi an, zum alten Krisenniveau der Bilanzaufblähung zurückzukehren.

Ausgeprägte Kriseneffekte und strukturelle Rigiditäten sieht Rapp als die wesentlichen Treiber des deflationären Wegs ins Niedrigzinsumfeld. „Wir sehen massive Strukturprobleme speziell in den Ländern der EMU-Peripherie. Das Niedrigzinsumfeld resultiert aus starken deflationären Kräften.“ Griechenland habe gerade seine ohnehin schon 30jährigen Verbindlichkeiten bei den heutigen niedrigen Zinsen noch einmal auf 50 Jahre verlängert.

„Viele Faktoren sprechen auch weiterhin für ein gedämpftes Zinsumfeld“, so Rapp, der Hintergrund seien Verschuldungsexzesse, „Burst Bubble“, Schuldenüberhang, Systemkrise bei den Banken, strukturelle Faktoren und demografische Trends. Treiber seien die Politik (Austerität), Zentralbank (Q.E.), „Forced Deleveraging“, Bankenrettung, Ersparnisüberhang und „Secular Stagnation“. Die Konsequenzen sind finanzielle Repression, globale Reflationierung, „Debt Restructuring“, Niedrigzinsumfeld, „Asset Price Inflation“ und deflationäre Risiken. Wenn es aber Zweifel gäbe, ob der Draghi-Put halte, könne es zu erheblichen Erschütterungen kommen.

„Auch der Wirtschaftsmotor Deutschland stottert. Deutschland hat nicht mehr die Umdrehungszahl, um die Eurozone am Laufen zu halten“, warnt Rapp. „Draghi hält den Laden zusammen. Aber es kann sein, dass die Anlagemärkte das rosige Bild von der Peripherie beginnen zu korrigieren.“ Das verlorene Jahrzehnt Japans hatte Anfang der 1990er Jahre mit einer Halbierung der Aktienkurse begonnen. Der Kick in die deflationäre Zone sei durch den zögerlichen Rückgang der Zinsen in Japan zu sehen gewesen. „In der Eurozone haben wir noch nicht die Fehler gesehen, die zu einer derartigen Verfestigung führen würden.“ Rapp schließt jedoch nicht aus, dass solche politische Fehler demnächst noch gemacht werden.

„Vor dem Hintergrund hoher Verschuldung und struktureller Wachstumsschwächen zeigen große Teile der Weltwirtschaft deflationäre Grundströmungen“, sagt Rapp. „Die Geldpolitik ist weiterhin zu außergewöhnlich starkem Engagement gezwungen. Der systemische Druck zu niedrigen Zinsen hält vorerst noch an, in Euroland, Japan und China, Amerika ist da schon ein wenig ehrausgerutscht.“

Trotz deutlicher Verschlechterung drohen in der EMU keine „japanischen Verhältnisse“. Die EZB habe aber die Probleme „Währung“ und „Krediterosion“ bereits aktiv adressiert. Die Fiskalpolitik werde künftig in der EMU wieder stärker gefordert sein mit Ausgabenprogrammen mit dem Ziel aktiver Wachstumsbelebung. Trotzdem werde es keinen starken Aufwärtsdruck auf Zinsen geben. „FED Exit“ werde vorerst noch keinen dauerhaften Aufwärtsdruck auf Zinsen auslösen, denn die Strukturprobleme außerhalb der USA wirken zinsdämpfend.

Rapps Schlussfolgerungen: Deflationäre Trends und monetäre Reflation sind weiter starke Szenario-Treiber. Globale Finanzmärkte sind durch Zentralbanken-Interventionen stark verzerrt. Globales „race for yield“ hat Risikoprämien in einigen Assetklassen stark reduziert. Explizite „Versicherung“ der Zentralbanken erzeugt „complacency“ am Markt. Wichtige Anlagemärkte erscheinen zunehmend verletzlich (und überbewertet). Rapp mahnt zur Vorsicht vor abruptem Szenariowechsel und „Regime Change“ (FED-Exit). Renditen um 3 bis 4 % mit „reasonable risk“ sind zunehmend schwer erzielbar. Alternative Renditequellen sollen aktiv in Betracht gezogen werden. Somit bleibt die Quintessenz nach Rapp, dass das Niedrigzinsumfeld noch einige Zeit dominant sein werde, speziell in der EMU, so dass überinvestierte Anleihemärkte zu vermeiden und gering korrelierte Renditetreiber aufzubauen sind.

Themen: Aktienrating, Anleiherating | Kein Kommentar »

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