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Anlagestrategien im Krisen- und Niedrigzinsumfeld

Von Dr. Oliver Everling | 8.Juni 2015

Aussichtsreiche Anlageklassen und -strategien im aktuellen Umfeld, Auswirkungen eines langfristigen Niedrigzinsumfeldes auf die Asset Allocation sowie erste Praxiserfahrungen mit der neuen Anlageverordnung beschäftigen in Frankfurt am Main ein Investorenpanel auf der Alternative Investor Conference des Bundesverbandes Alternative Investments e.V. (BAI). Dr. Michael Hanssler, Charlotte Klinnert, Rainer Müller und Paul Weßling diskutieren unter der Moderation von Rolf Dreiseidler, Vorstandsmitglied des BAI.

Dr. Michael Hanssler ist Vorstand der Gerda Henkel Stiftung, Charlotte Klinnert Vorstand der Pensionskasse Deutsches Rotes Kreuz, Rainer Müller Senior Manager bei der Robert Bosch GmbH und Paul Weßling ist Vorstand der Gerther Versicherung.

Klinnert skizziert das Problem, bei weniger als 1 % Rendite für „investment grade“ geratete Papiere noch eine akzeptable Rendite zu erwirtschaften. Müller erinnert sich an die Konferenz des BAI vor zwei Jahren, als Bundesanleihen noch rund 1,5 % brachten. „Heute rentieren sie deutlich niedriger“, freut sich Müller über die Wertsteigerung. Auch wenn Robert Bosch bei Anleihen ein Rating von AA oder besser voraussetze, hätten sich doch auch noch Renditen erzielen lassen.

Hanssler bringt das Thema der Inflationsraten ins Gespräch. Wenn man sich an die „guten“ Zeiten erinnere, dürfe  man nicht die damaligen Inflationsraten vergessen. Weßling würde mehr in Immobilien investieren – „hier sind uns aber die Hände gebunden“, berichtet er von der Gerther Versicherung.

Müller freut sich über die neuen Möglichkeiten im Bereich Private Debt. Daher beurteilt er die neuen rechtlichen Rahmenbedingungen „leicht positiv“, ohne jedoch in Euphorie zu verfallen. Große Fonds sind klar im Vorteil, sagt Müller. „Fonds mit einem Volumen unter 200 Mio. € lohnen sich fast nicht mehr. Das ist schon ein erheblicher Aufwand, den wir da hineinstecken müssen.“ Klinnert pflichtet Müller mit den vielen Fallen bei, in die man „hineintappen“ könne und daher sorgfältiger Prüfung bedürfen.

Dreiseidler regt zu einem Gedankenspiel an: Was wäre, wenn das Zinsniveau von heute in fünf Jahren unverändert wären. „Fünf Jahre würden uns noch reichen“, gibt sich Klinnert gelassen, räumt jedoch ein, dann mehr Risikotragfähigkeit zu benötigen. Die zuverlässige Abdeckung derr Ansprüche durch Erträge werde dann schwierig. Hanssler weist auf die untypische Anlagestruktur bei seiner Stiftung hin, so dass sich Probleme wie bei anderen Stiftungen oder Versicherungen nicht gleichermaßen ergeben. „Private Stiftungen sind in ihren Gestaltungen weitgehend frei“, so Hanssler, glaubt aber nicht an eine hohe Alternative Investment-Quote wie bei Amerikanern, denn diese hätten die Verpflichtung, mindestens 5 % ihres Kurswertes auszuschütten. Dies verlange andere Strategien.

Weßling fragt sich, ob sich Versicherungen die Teams aufbauen werden, um in Alternative Assets sicher zu investieren. „Gehen die Versicherer wirklich darauf ein und machen, was sie tun könnten?“ Dies würde nach seiner Meinung bedeuten, sich von den Buy-and-Hold-Strategien zu verabschieden. „Da sind viele Versicherer am Scheideweg. In fünf Jahren wird man die Leistungsversprechen reduzieren müssen. Der Versicherte wird es bezahlen müssen.“ Wenn man die Niedrigzinsphase durchhalten möchte, führe kein Weg daran vorbei, das Leistungsversprechen zu vermindern.

Mehr als ein Viertel der Teilnehmer der AIC sehen auf Sicht von 12 bis 24 Monaten die größten makroökonomischen oder geopolitischen Risiken für die Kapitalanlage in „Black Swans“, gefolgt von Befürchtungen um eine Wirtschaftskrise (23,7 %). Nur 2,6 % befürchten eine Inflation, 10,3 % dagegen eine Deflation. Immerhin 17,9 % rechnen mit dem Auseinanderbrechen des Euros, 19,9 % mit Krieg, Terror oder sozialen Unruhen als Einflussfaktoren auf die Kapitalanlage.

Jochen Biedermann, Frankfurt Main Finance e.V., spricht über die Rolle des Finanzplatzes Frankfurt als Brücke zwischen den Volkswirtschaften Deutschlands und Chinas. Biedermann entwickelt seinen Vortrag von dem Anliegen seiner Mitglieder her, namentlich Banken, Hochschulen und nicht zuletzt auch das Land Hessen, die wirtschaftlichen Beziehungen zu stärken.

„Wir konzentrieren uns auf die Vermarktung unseres RMB-Offshore-Centers nicht nur in Deutschland, sondern auch im Ausland“, berichtet Biedermann. Im Kernz gehe es darum, Transaktionen zwischen Deutschland und China effizienter zu machen. Hinzu kommen neue Produkte, die durch die neue Zusammenarbeit möglich wurden. Biedermann erwhnt auch die Zusammenarbeit mit der Deutschen Börse und Shanghai, um Wertpapiertransaktionen und Geschäfte mit Derivaten durchzuführen.

„Wir sehen immer mehr Investitionen von Chinesen in Deutschland. Deutsche Assets werden von Chinesen als preisgünstig gesehen“, sagt Biedermann. „In diesem Zusammenhang wsei es wünschenswert, eine stärkere Präsenz der chinesischen Ratingagentur Dagong Europe zu sehen. Es sei daher sehr hilfreich, dass Dagong Europe auch durch ESMA registriert worden sei.“ Biedermann sieht keine Hindernisse für die Zusammenarbeit mit den Chinesen, aber es sei eine Menge zu tun. Biedermann berichtet auch von seinen persönlichen Erfahrungen, wie man von Chinesen viel lernen könne.

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