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Ausbleibender Zusammenbruch begründet Optimismus

Von Dr. Oliver Everling | 9.Januar 2012

„Beim Haus unseres Referenten zum Neujahrsempfang handelt es sich um das erste, bei dem der Begriff der Systemrelevanz bekannt wurde“, erinnert Arnulf Manhold zur Einführung des Neujahrsempfangs. Manhold ist Vorsitzender des eff Europäischen Finanz Forum e.V. (http://www.eff.de/). „Wir sehen hier im eff Europäischen Finanz Forum optimistisch in die Zukunft. Die Wirtschaft lebt von Erwartungen, wenn diese positiv sind, ist das für uns alle gut“, macht Manhold klar.

Dr. Dieter Glüder, Vorstand der IKB Deutsche Industriebank AG, spricht im eff über die Banken – „Ansichten und Aussichten 2012″, Glüder ist im Vorstand für Informationstechnologie, Finanzen und Steuern zuständig. „Wie führt man eigentlich einen Vortrag zum neuen Jahr, wenn Sie alle mit Freude und Optimismus ins neue Jahr gehen wollen?“ Glüder warnt, dass das Jahr 2012 schwierig sein werde, aber nicht in einer Weltwirtschaftskrise enden werde.

Glüder blickt zunächtst auf 2011 zurück: Jahr 5 nach Beginn derFinanzkrise. Der halbe WegseizurBewältigung derFinanzkrisebereitszurückgelegt. Die Bankenkrisewerde nun durch dieS taatsschuldenkrise beschleunigt. „In der Finanzwirtschaft sind wir komplett abgekoppelt vom Bewusstsein der Bürger“, denn im Konsum und im Handel sei die Krise nicht angekommen.

Die Eurzone habe eine ideale Angriffsfläche für die Krise geboten: Konstruktionsmängel von Geburt an, Rettungshandeln konnte nicht überzeugen. Es ergibt sich ein komplexes Problem für die Politik: Moral hazard, akute Rettung versus ordnungspolitische Prinzipien, Rückkehran den Kapitalmarkt versus Dauer von Öffentlichen Rettungshilfen, Teufelskreis fürgesunde, aber illiquide Staaten versus Anleihekauf durchdie EZB – das sind nureinige der Punkte, die Glüder in seinem Vortrag zum eff anspricht. Banken halten in hohem Umfang Staatsanleihen der Eurozone; aus dieser Tatsache resultiert ein maßgeblicher Teil des Problems.

„Dem Ertrinkenden kann man keinen Schwimmkurs zur Auflage machen“, sagt Glüder kritisch in Bezug auf die Bedingungen, die von der Politik den Banken auferlegt wurden. „Es kann sich ein gewisser Teufelskreis in Gang setzen“, denn wenn Märkte den Schuldnern den Zugang zu neuen Finanzmitteln verweigern, fallen auch die so geannten „lender of last resort“ schließlich aus.

„Wir verbieten die Spekulation“ – solche Parolen führten in die falsche Richtung, da damit den Banken nicht geholfen wird. Glüder mahnt, sich auf die Zusammenhänge zu besinnen. „Es wurde von den eigentlichen Problemen abgelenkt:“ Das Vertrauen der Märkte war nicht zurückgewonnen worden. Für Banken war die Finanzierung in Euro kaum noch möglich, in US_Dollar nur noch knapp. Außer Deutschland und einige kleinere Länder waren praktisch alle Staaten zu Weihnachten 2011 in Verhandlungen, berichtet Glüder.

Die Ausnutzung der Einlagenfazilitäten bei der EZB entwickelten sich zu „dem“ Barometer des Misstrauens unter Banken schlechthin, berichtet Glüder. Praktisch wöchentlich dürfte in 2012 getestet werden, ob die Märkte wieder Vertrauen in den Euro fassen. Fast 700 Mrd. € Refinanzierungsbedarf der Banken im nächsten Jahr werde diese vor große Herausforderungen stellen.

„Die Haushaltsprobleme Ungarns könnten sich zu mehr als einer Randnotiz entwickeln“, warnt Glüder. Die Märkte könnten weiterhin in der Schockstarre einer überragenden Risikoaversion verharren. Glüder warnt davor, die Zusammenhänge zwischen Staatsschuldenkrise und Bankenkrise zu übersehen.

„Mein Optimismus für 2012 speist sich daraus, dass ich ein Ausscheiden aus dem Euro ausschließe“, sagt Glüder. Glüder skizziert den Prozess de Deleveragings. Mehrere Sektoren müssen sich entschulden. In den USA gehören dazu auch die privaten Haushalte. Die staatlichen Haushalte müsen konsolidieren. „Nehmen Sie alle Faktoren zusammen, sehen Sie daraus, dass Sie keine großen Wachstumsimpulse erwarten dürfen.“

Wie zerrüttet das Verhältnis zwischen Banken und Staaten sei, das zeige sich an der Diskussion der Aufsichtsfelder. Deleveraging und 9 % Eigenkapitalanforderungen würden maßgebliche Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit der Banken weltweit haben. Wenn vorrangig Kredite abgebaut würden, würden daraus Veränderungen in den Marktstrukturen resultieren, zeigt Glüder auf. „Das überraschende Vorhaben der Bankenaufsicht ist zu einem Risikofaktor geworden“, dies insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass 80 % der Bürger eine stärkere staatliche Kontrolle der Banken wünschen würden.

Die Institute sehen sich nun mit sehr komplexen Steuerungsanforderungen konfrontiert. HGB und IFRS müssen beachtet und zugleich eine Vielzahl von Kapitalnormen erfüllt werden. Beurteilung der Risikotragfähigkeit nach Going-Concern und Liquidationssicht, interne und externe Stresstests usw. wirken wie zusätzliche Eigenkapitalnormen.

2012 werde „das“ Umsetzungsjahr für eine umfassende Welle an Re-Regulierungen. das komplexe (Un-) System der Steuerungsgrößen sei nciht widerspruchsfrei. Technische Ausführungen der EBA zur EU-Verordnung gibt es noch nicht. Eine zentrale Gegenpartei für Derivategeschäft, Die Mindestbetriebsgröße für aufsichtliche Erfüllung der Normen steigt an. „Eine kritische Reflexion der Gesamtheit der Vorhaben tut not“, fordert Glüder und fügt hinzu, „zuviel kann kontraproduktiv sein“.

Themen: Bankenrating, Länderrating | Kein Kommentar »

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