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BaFin-Präsident verfehlt das Klassenziel

Von Dr. Oliver Everling | 2.September 2020

Auf der Handelsblatt-Tagung „Banken-Gipfel“ wird der Präsident der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) zur Wirecard-Affäre befragt. Der Präsident vermeidet jede einseitige Schuldzuweisung.

Der Präsident der deutschen Finanzaufsicht hatte „zugegeben, dass die staatlichen Kontrolleure Fehler im Fall Wirecard gemacht haben“, berichtete am 22. Juni 2020 die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ). Wirecard sei eine „Schande“ für Deutschland, dort sei ein „totales Desaster“ passiert, und er wisse derzeit nicht, was dabei herauskomme, berichtete die FAZ über Aussagen des Chefs der BaFin auf der Bankenkonferenz „Frankfurt Finance Summit“ in Frankfurt. „Wir befinden uns mitten in der entsetzlichsten Situation, in der ich jemals einen Dax-Konzern gesehen habe“, zitierte die FAZ Hufeld.

Hufeld wiederholt nun auf dem Banken-Gipfel des Handelsblatts seine damaligen Aussagen mit besonderer Sorge um genaue Wiedergabe seiner Worte, offenbar um nicht neue Verantwortlichkeiten zu benennen oder neue Schuldzuweisungen hinzuzufügen. Deutlicher wurde er nur mit Blick auf die Wirtschaftsprüfer, wobei er der Übernahme der Rolle der Wirtschaftsprüfer durch den Staat eine Absage erteilte. Hufeld verteidigt die Rolle der Wirtschaftsprüfer, auf die sich Aufsichtsbehörden weltweit verlassen würden.

Der Wald sei vor Bäumen nicht gesehen worden, sagt Hufeld mit Blick auf die vielen Detailregeln, mit denen sich die BaFin befasst. Der Präsident der BaFin betont, dass die Wirecard Bank der Aufsicht untersteht, nicht aber die Wirecard AG, die er als Technologiekonzern bezeichnet und deshalb nicht als Finanzdienstleister der Aufsicht der BaFin untersteht.

Noch unter dem Eindruck der Anhörung im Finanzausschuss des Deutschen Bundestages am Vortag drehen sich die Ausführungen von Hufeld um Vergangenheitsbewältigung und Schuldfragen. Zur Rücktrittsfrage führt er aus, Deutschland und Europa zu dienen, solange er das Vertrauen genieße, das er immer noch verspüre.

Um die Metapher einer mündlichen Prüfung heranzuziehen: Das Klassenziel wird für die Rolle eines Präsidenten der BaFin trotz seiner glaubwürdigen Ausführungen nicht erreicht. Für den Präsidenten der BaFin muss es darauf ankommen, seine Behörde in die richtige Richtung zu führen. Diese Aufgabe muss klar im Vordergrund stehen und darf nicht durch Vergangenheitsbewältigung belastet werden.

Die ungeheure Last, die von jedem Finanzdienstleister nicht nur in Form der Kostenbeiträge zur Finanzierung der BaFin, sondern insbesondere auch durch die vielen Berichtspflichten usw. zu tragen ist, kann nur rechtfertigt werden, wenn die BaFin mit dem kompetenten Einsatz ihrer Möglichkeiten überzeugt – behördlichen Möglichkeiten nämlich, über die private Unternehmen wie Ratingagenturen nicht verfügen.

Den nun zum Fall Wirecard beschlossenen Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestages wird der amtierende Präsident der BaFin nicht überstehen, wenn er nicht zu zeigen weiß, was die BaFin besser oder zumindest anders und effizienter machen kann, um einen Fall wie Wirecard für die Zukunft auszuschließen. Die Verteidigung, Dienst nach Vorschrift gemacht zu haben, wird für die Rolle des Präsidenten nicht ausreichen.

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