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Bargeldverbot – Bargeldabschaffung

Von Dr. Oliver Everling | 5.Juni 2015

Wenn Josef Wissarionowitsch Stalin und Adolf Hitler den Fortgang der Weltgeschichte beim Absitzen ihrer gerechten Höllenstrafen beobachten müssen, wird ihre Seelenqual mit der heutigen Digitalisierung der Gesellschaft noch um ein Vielfaches gesteigert. Beide dürfte der Gedanke quälen, zu früh geboren worden zu sein, um ihre totalitären Regime mit den modernen Möglichkeiten digitaler Überwachung zu perfektionieren. Denn gleich, ob Sozialismus oder Nationalsozialismus – jede Art von Sozialismus hat letztlich die heilsversprechende, perfekte Bevormundung aller Bürger zum Ziel. Wie schön wäre es für beide gewesen, durch digitales Geld auch noch die kleinste wirtschaftliche Bewegung ihrer Genossen und Volksgenossen unter ihre Herrschaft zu stellen!

Ganz im Gegensatz zum libertären Konzept einer freien Gesellschaft, in der Menschen aus eigenen Produktionsmitteln mit Tauschgütern in einen fairen Handel miteinander treten und Märkte Produzenten wie Konsumenten freie Wahl erlauben, wird im Sozialismus unter den mehr oder weniger enteigneten Menschen „Kameradschaftlichkeit“ (lateinisch: „socialis“) durch Appell und Kontrolle erreicht. Sozialismus und Nationalsozialismus setzen auf den Überwachungsstaat. Jeder Misstand wird durch noch detailliertere Gesetze und Maßregelungen beantwortet. Abweichungen werden streng geahndet.

Stalin und Hitler hätten sicherlich die Machtfülle erkannt, die ihnen durch Abschaffung des Bargeldes im (bis heute fortwährenden) staatlichen Zwangsgeldsystem zugewachsen wäre. Noch heute sind die Zentralbanken staatlich monopolisiert, so dass es zur Abschaffung des Bargeldes nicht viel bedarf. Nach wie vor wird in der EU und vielen anderen Staaten streng bestraft, wer in einer Alternativwährung Guthaben entgegen nimmt oder Kredite gewährt – das ist verbotenes Bankgeschäft, denn dieses ist staatlich kontrollierten Instituten vorbehalten, die nur nach staatlich vorgegebenen Regeln Zentralbankgeld verwenden dürfen.

Während die Ideen von Stalin und Hitler als lange tot erachtet werden, lauern heute die Gefahren in der Kombination konservativer Absichten, alte Gesellschafsstrukturen in Europa zu bewahren, mit den Absichten, soziale Gerechtigkeit staatlich zu verordnen.

Negativzinsen auf Sparkonten, dauerhaft drohende Staatspleiten nicht nur auf fernen Kontinenten, sondern auch in Europa und im Eurowährungsraum: einmal im Urlaub im südlichen Europa von einem Bank-Run-Szenario überrascht zu werden, ist für Europäer immer wahrscheinlicher geworden. „Diese Situation macht ein generelles Bargeldverbot für Banker und Politiker äußerst attraktiv. Seitens der EU soll es sogar bereits für 2018 konkrete Pläne für eine vollständige Bargeldabschaffung geben“, warnen die Buchautoren Ulrich Horstmann und Gerald Mann. Aber welche Auswirkungen hätte ein solches Bargeldverbot? Ist ein Bank Run damit wirklich vollständig zu vermeiden?

Mit diesen Fragen beschäftigen sich Ulrich Horstmann und Gerald Mann in ihrem neuen Buch „Bargeldverbot. Alles, was Sie über die kommende Bargeldabschaffung wissen müssen“ aus dem FinanzBuch Verlag. Als erfahrene Rechercheure der Finanzbranche liefern sie detailliertes Hintergrundwissen über dieses elementare Thema und informieren die Leser über die möglichen Szenarien. Außerdem beleuchten sie die durchaus drastischen Folgen eines Bargeldverbots auf die wirtschaftliche Gestaltungsfreiheit der Bürger und zeigen auf, wie man sich als Sparer schützen kann.

Das Buch spart die vielen Argumente nicht aus, die für eine Bargeldabschaffung aus unterschiedlichen Erwägungen sprechen: Bekämpfung der Kriminalität, Beseitigung von Gefahren durch Übertragung von Bakterien auf Geldscheinen und Münzen usw. Die Autoren zeigen dann aber, dass die entscheidenden Impulse hin zur Abschaffung des Bargeldes aktuell durch das Bedürfnis des Staates geprägt sind, Steuereinnahmen zu sichern und konjunkturelle Wachstumsimpulse zu setzen.

Seit Jahrzehnten wird Wirtschaftspolitik vorgeblich nach den Ideen von John Maynard Keynes betrieben, so dass die Anhänger dieser Politik nicht zögern, zum konjukturstimulierenden Zweck der Erhöhung der staatlichen Investitionsquote eine überbordende Staatsverschuldung in Kauf zu nehmen. Um nach dem Prinzip des „Josephspfennigs“ vorhersehbaren, utopischen Zinsbelastungen des Staatshaushaltes zu entkommen, werden die Zinsen für Staatspapiere auf Null gedrückt und die Inflation zur Entwertung der Gläubigeransprüche angekurbelt. Da auch bei Nullzinsen die Volkswirtschaften nicht zum Wachstumspfad nach Keynes’scher Theorie zurückfinden, richtet sich manche Hoffnung auf die Digitalisierung des Geldes, das dann nach Gesell zum „Schwundgeld“ umgewandelt und zur massenhaften Enteignung eingesetzt werden könnte.

Schon heute machen sich viele Politiker für eine „Finanztransaktionssteuer“ stark. Folgerichtig könnte in einer bargeldlosen Gesellschaft „unsoziales“ Verhalten mit einer „Konsumverweigerungssteuer“ belegt werden. Digitales Geld würde es möglich machen, jeden zu identifizieren, der durch seinen Konsumverzicht nicht zu weiterem Wachstum und nicht zur Steigerung von Beschäftigung zu Mindestlöhnen beiträgt.

„Die Freiheit der Bürger steht gegen die Interessenlagen der Banken und Regierungen. Die Kontrolle aller wirtschaftlichen Vorgänge mag nur am Rande ein Ziel sein,“ räumen die Autoren ein, „wird aber für das gesellschaftliche Leben eine entscheidende Rolle spielen.“

Die zwangsweise Abschaffung von Bargeld würden jedem Bürger letzte Wahlmöglichkeiten bezüglich des Einsatzes von Zahlungs- und Wertaufbewahrungsmitteln nehmen. Die Alternative zum heutigen, Staatsgeldsystem wäre die freie Wahl von privaten wie auch öffentlichen Währungen, gleich, ob diese in Münzen geprägt oder – wie Bitcoin – digital codiert werden. Das Buch befriedigt den Leser nicht nur mit Antworten auf die vielen praktischen Fragen, sondern auch durch Antworten auf Fragen nach den hinter dem Abschaffungsvorhaben stehenden Theorien, die die Freiheit der Menschen bedrohen.

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