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Chinas Drachenflug

Von Dr. Oliver Everling | 19.Dezember 2007

Wer Rainer Rau kennt, den früheren Chef der Feri in Bad Homburg, weiß um seine Fähigkeit, scharf zu analysieren und – falls berechtigt – auch zu kritisieren. Umso bemerkenswerter dann, wenn es jemand schafft, sein uneingeschränktes Lob zu ernten – und dies auch noch vor dem hochkarätigen Publikum der Feri Herbsttagung 2007. So geschehen mit den Autoren des Buches „Drachenflug – Wirtschaftsmacht China quo vadis?“, Helmut Becker und Niels Straub, die im Springer-Verlag Berlin Heidelberg (www.springer.de, ISBN 978-3-540-71170-4) auf 295 Seiten Chinas langen Marsch durch die Weltgeschichte, seine Gesellschaft im Umbruch und den Aufstieg des „Drachens“ zur Wirtschaftsmacht dokumentieren.

Wer sich noch nicht mit China eingehend befasst hat, für den wird es jetzt Zeit: China ist nach Kaufkraftparitäten zur zweitgrößten Wirtschaft der Welt aufgestiegen. Gleich, nach welcher statistischen Berechnung, die wirtschaftliche Bedeutung Chinas und das dort zu verzeichnende Wachstum überholt fast alle anderen Staaten der Welt. Das Buch von Becker und Straub ist das beste, das 2007 in deutscher Sprache für den „China-Einsteiger“ geschrieben wurde. Es findet fachlich seinen Platz neben dem Beststeller von dem Wirtschaftsjournalisten Frank Sieren („Der China Code“), der zum Buch „Drachenflug“ sein Geleitwort gab.

Durch seine bessere Durchstrukturierung und prägnantere Formulierung zwingt das Buch den Leser nicht dazu, es wie einen Roman von vorne bis hinten zu lesen, sondern der Leser kann – je nach Vorkenntnissen – besser nach seinen Interessen selektieren. Wer das heutige China und seine aktuelle Situation aber verstehen will, für den lohnt es sich, ganz vorne anzufangen: Den Autoren gelingt es, obwohl sich nur auf harte Fakten stützend, eine packende Geschichte zu erzählen. Hier erweist sich, dass selbst nüchterne Zahlen die ganze Aufmerksamkeit des Lesers zu binden wissen, wenn sie im richtigen Kontext präsentiert, historisch eingeordnet und zur Basis von Prognosen bis 2015 und darüber hinaus gemacht werden.

Die lokalen Aufstände, die in China immer wieder vorkommen und von denen in westlichen Medien zunehmend berichtet wird, „richten sich meist gegen lokale Missstände, nicht gegen das zentrale System und sie werden auch in näherer Zukunft durch die Parteiführung mit autoritären Mitteln relativ leicht zu unterdrücken sein“, prognostizieren die Becker und Straub. „Demokratie ist dem Wesen der Chinesen seit Jahrtausenden fremd.“ Die zunehmende Kluft zwischen Arm und Reich stelle in China so lange kein Problem für die Stabilität der Gesellschaft dar, solange die armen Teile der Bevölkerung genügend zu Essen haben und am wirtschaftlichen Fortschritt des Landes zumindest bescheiden partizipieren. Wichtig ist daher die Schlussfolgerung der Autoren, dass die chinesische Führung vor allem vor wirtschaftlichen Herausforderungen zur Sicherung der inneren Stabilität des Landes stehe.

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