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Christian Lindner sieht Banken im Umbruch

Von Dr. Oliver Everling | 6.September 2017

Daniel Schäfer, Leiter Finanzzeitung, Handelsblatt, schürt Spekulationen, mit Christian Lindner, dem Spitzenkandidaten der FDP im Bundestagswahlkampf, den nächsten Vizekanzler auf der Handelsblatt-Spitzenveranstaltung „Banken im Umbruch“ in Frankfurt am Main zu sehen. Lindner ist der einzige Bundesvorsitzende einer Partei, der sich vor Ort der Diskussion mit den Vorständen der führenden Banken und Bankengruppen Deutschlands stellt. Finanzminister Wolfgang Schäuble lässt sich aus Berlin nur kurzfristig zuschalten.

Die zweiundzwanzigsten Mal durchgeführte Flagschiffkonferenz des Handelsblattes für das Bankwesen zieht diesmal mehr Teilnehmer an als je zuvor. Die Konferenz befasst sich seit zwei Jahrzehnten nicht nur mit Banken im Umbruch, sondern reflektiert auch den technologischen Umbruch des Veranstaltungsmanagements mit neuesten Anwendungen und unkonventionellem Design.

Die Politik der Europäischen Zentralbank steht bei fünf Thesen im Vortrag von John Cryan, CEO der Deutschen Bank, an vorderster Stelle. Cryan macht die Gefahr der Blasenbildung deutlich, die in einer ungebremsten Niedrigzinspolitik unausweichlich ist. Auch um den Preis eines höheren Eurokurses sei es wichtig, Zinsschritte in die richtige Richtung vorzunehmen.

„Die Niedrigzinsen sind eine erhebliche Wettbewerbsverzerrung“, kritisiert Cryan. US-Kunden seien bereit, ein Vielfaches an Marge zu bezahlen. Während Cryan Nachteile für Deutschland im Vergleich zu den USA weiterhin sieht, steht Deutschland innerhalb Europas immer besser da: Den Wettbewerb der Standorte sieht als gelaufen. Der Gewinner sei Frankfurt am Main, auch wenn in Amsterdam und anderen Städten auch neue Arbeitsplätze in der Finanzbranche aufgrund des Brexits entstehen.

Gabor Steingart, Herausgeber des Handelsblatts, spielt auf die deutsche Ängstlichkeit und – demgegenüber – „German Mut“ an, der in der Programmatik der Freien Demokraten einfließt. Cryan berichtet von einem Beispiel, nach em sich ein Unternehmen praktisch neu erfindet, indem es sich von den ursprünglichen Erfindungen seines Gründers trennt. Revolutionäre Veränderung sei nichts, was ängstlich stimmen müsse. Seit Jahren habe er beispielsweise keine Zeitung mehr in die Hand genommen, sagt Cryan im Gespräch mit dem Herausgeber des Handelsblatts. Das habe aber nicht zu weniger Lektüre geführt.

Danièle Nouy, Chair of the Supervisory Board der European Central Bank, greift die Frage nach Innovation und den Zusammenhang zum Wettbewerb auf. ATMs und Online-Banking seien unumstritten vorteilhafte Erfindungen gewesen. Andererseits habe es Finanzinnovationen gegeben, die zur Destabilisierung führten.

Nouy diskutiert die doppelte Herausforderung der Regulierer, einerseits Stabilität, andererseits auch Wettbewerb sicherzustellen. So seien auf der einen Seite Hürden für die Gründung von Banken zu setzen, die ihre Stabilität sichern, auf der anderen Seite sei zu gewährleisten, dass leistungsfähige Wettbewerber den Zugang zum Markt erhalten.

Bundesfinanzminister Dr. Wolfgang Schäuble glaubt in Großbritannien zu sehen, dass man dort verstanden habe, dass der Brexit nicht unbedingt zum Nutzen des Inselstaates vollzogen wird. Der Denk- und Lernprozess innerhalb Großbritanniens solle nicht durch Provokation behindert werden, so Schäuble. Gefragt nach dem neuen Standort der Bankenaufsicht, die bisher in London residiert, sieht es Schäuble als „ganz logisch“, dass diese in Frankfurt am Main angesiedelt wird.

Georg Fahrenschon, Präsident des DSGV, unterstützt Cryan in der Forderung nach einer Normalisierung der Geldpolitik. Fahrenschon fordert den EZB-Rat dazu auf, darüber nachzudenken, wie denn eine Normalisierung der Wirtsschaft aussehe. „Wenn nicht jetzt,“ fragt Fahrenschon, „wann dann?“

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