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Kapitalanlage in der Null-Zins-Phase

Von Dr. Oliver Everling | 13.April 2015

Für Erspartes keine Zinsen mehr bekommen, daran haben sich Sparer allmählich gewöhnt. Doch nun drohen Negativzinsen: Robert Michele, Anleihechef bei JP Morgan Asset Management, rechnet mittelfristig mit Renditen für Bundesobligationen von minus drei Prozent. So begann die Suche nach Auswegen: solide Geldanlagen, die auch heute Renditen oberhalb der Inflationsrate abwerfen. Die Autoren Rolf Morrien und Lars Günther stellen in einem neuen Buch des FinanzBuch Verlags kurz und knapp die Chancen und Risiken von Unternehmensanleihen, Genussscheinen, Wandelanleihen, Aktienanleihen, dividendenstarken Aktien, Real Estate Investment Trusts, Pfandbriefen, Lebensversicherungen, Investmentfonds und weiteren Kapitalanlagen vor.

„Als das ‚Magische Dreieck der Geldanlage‘ werden die drei konkurrierenden Ziele Sicherheit, Liquidität und Rendite bezeichnet. Sie bilden sozusagen“, berichten die Autoren, „die Eckpunkte eines Dreiecks. Mit diesem Bild soll ausgedrückt werden, dass man zwar jedes dieser Ziele für sich genommen und meist auch zwei gemeinsam erreichen kann, aber nicht alle drei zugleich.“ Das von den Autoren zitierte „Magische Dreieck der Geldanlage“ bereichert seit Jahrzehnten schon die Literatur für Sparer; leider fehlt ein Hinweis darauf, dass für viele Anleger das Dreieck inzwischen zum Viereck geworden ist, da diese Anleger neuerdings auch nach Nachhaltigkeit fragen.

Heute ist es nicht mehr jedem Sparer egal, unter welchen ethischen, ökologischen und sozialen Aspekten seine Ersparnisse Rendite erwirtschaften. Morrien und Günther erheben allerdings auch keinen Anspruch, in ihrem Buch alle relevanten Aspekte erschöpfend behandelt zu haben – Sicherheit, Liquidität, Renditechance, Einfachheit, Kosten, Haltedauer: „Diese sechs Kriterien lassen gewisse Bewertungsspielräume zu. Es gibt nicht die eine richtige Einordnung.“

Es ist das Verdienst der Autoren, sachlich und fundiert in Fragen der Geldanlage allgemeinverständlich einzuführen. „Dieses Buch kann nicht das nachholen, was unser Bildungssystem seit Jahrzehnten versäumt hat, aber die folgenden Grundlagen erleichtern Ihnen die Entscheidungsfindung beim Thema Geldanlage.“ Die Autoren zeigen, was insbesondere der Verzicht auf jede Aktienanlage bedeutet: „In der abgeschlossenen 25-Jahres-Phase von 1988 bis 2013 hat der DAX
einen durchschnittlichen Jahresgewinn von rund 8 % abgeworfen (Kursgewinn + Dividenden).“

Die Autoren machen Geldanlage begreiflich, insbesondere auch durch Klärung von Begriffen. Zum Beispiel Rating: „Damit Sie als potenzieller Anleihenkäufer einschätzen können, wie hoch die Zahlungskraft (Bonität) des Emittenten ist, gibt es die sogenannten Ratings. Das ist ein Notensystem – vergleichbar mit Schulnoten. Ein sehr gutes Rating bedeutet, dass weder laufende Zinszahlungen noch die Rückzahlung des Nominalbetrags zum Fälligkeitszeitpunkt aus heutiger Sicht in Gefahr sind. Ein schlechtes Rating zeigt an, dass es Schwierigkeiten geben könnte.“

Nicht ganz zur Zielgruppe des Buches passt allerdings diese Empfehlung: „Vertrauen Sie nicht blind auf Rating-Noten! Bilden Sie sich zum jeweiligen Emittenten auch ihre eigene Meinung.“ Sicher ist es immer ein vernünftiger Rat, sich eine eigene Meinung zu bilden. Ob die Hoffnung aber begründet ist, als Laie ein treffsichereres Urteil als die Ratingagenturen zu bilden, die seit einem Jahrhundert mit tausenden von Experten darauf spezialisiert sind, erscheint doch fraglich.

In jedem Fall aber kann der Leser praxiserprobten Empfehlungen wie dieser folgen: „Da sich jedoch die wenigsten Privatanleger intensiv mit dem Aktienmarkt beschäftigen können oder wollen, ist es schwierig, das richtige Timing beim Aktienkauf zu erwischen. Diese Hürde können Sie mit einem einfachen Trick überspringen: Nutzen Sie den Cost-Average-Effekt.“

Das Buch teilt sich in „Grundlagen“ und in „Geldanlagen im Check“, wo die oben genannten Kriterien Anwendung finden. „Die Informationsbeschaffung ist durch das Internet viel einfacher geworden, und die Transaktionskosten sind für Privatanleger so niedrig wie nie zuvor. Wenn Sie zum Beispiel für 2.000 € Anteile eines Indexfonds oder auch einzelne Aktien kaufen möchten, kostet Sie das bei einer günstigen Depot-Bank keine 10 € an Gebühren.“

Die Autoren befassen sich mit allen Formen der Geldanlage, wie sie in den Lehrbüchern stehen. Wer aber nach „Kapitalanlage“ in Google usw. sucht, wird heutzutage mit Versuchungen konfrontiert, die in Werbebannern für Tradingplattformen, Crowdinvesting oder sich in Angeboten sonstiger FinTech-Unternehmen konkretisieren. Zu diesen wie auch Instrumenten wie CFDs oder Wikifolios haben die Autoren (noch) keinen Kommentar.

Denn schon Lenin wusste: »Um die bürgerliche Gesellschaft zu zerstören, muss man nur ihr Geldwesen verwüsten.“ „Sie fragen sich vielleicht, warum die in diesem Buch geäußerten Gedanken und Anregungen die Möglichkeit eines solchen Crashs nicht berücksichtigen.“ „Da bei einem Zusammenbruch nicht notwendigerweise alle Teilsysteme gleich stark betroffen sein werden, bietet der Rat, das eigene Kapital auf verschiedene Vermögensanlagen zu streuen, auch im Falle eines großen Crashs die besten Chancen, wenigstens einen Teil dieses Vermögens zu retten.“

Das Buch von Morrien und Günther ist im FinanzBuch Verlag als gedrucktes Buch (ISBN Print 978-3-89879-908-9) oder auch elektronisch erhältlich: ISBN E-Book (PDF) 978-3-86248-726-4, ISBN E-Book (EPUB, Mobi) 978-3-86248-727-1.

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