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Marktergebnis eines beschränkten Duopols

Von Dr. Oliver Everling | 8.Februar 2008

Im aktuellen Finanzmarktgeschehen haben die beiden führenden US-amerikanischen Ratingagenturen eine enttäuschende Rolle gespielt. Die in einen Teil der Ratings für vermögensgedeckte Wertpapiere gesetzten Erwartungen wurden nicht erfüllt. Die Duopolisten Moody’s Investors Service (Moody’s) und Standard & Poor’s (S&P’s) sind in den letzten 10 Jahren der Versuchung erlegen, ihr in den 90 Jahren zuvor aufgebautes Vertrauenskapital und ihre dominante Marktstellung zur schnelleren Steigerung ihrer Erträge zu nutzen. Seit 1997 wuchsen die Erträge aus dem Rating vermögensgedeckter Wertpapiere zum Beispiel bei der seit 2000 börsennotierten Moody’s Corp. mit durchschnittlich 24 % pro Jahr noch stärker als die Emissionsvolumina und sicherten weiter steigende Umsatzrenditen von durchweg über 50 %.

Ihre Ertragskraft gründen die führenden Agenturen darauf, dass sie – im Gegensatz zu anderen Agenturen – in der Lage sind, ertragsmäßig einen „investorengetriebenen“ und „emittentengetriebenen“ Ansatz unter einem Dach zu vereinen. Von 1909 bis Anfang der 1970er Jahre resultierten die Erträge der Agenturen hauptsächlich aus dem Verkauf ihrer Publikationen an Investoren. Seitdem haben sich die Verhältnisse umgekehrt: Die Geschäftsbeziehungen zu Emittenten begründen mehr als 80 % ihrer Erträge, ohne dass sie aber zu dem Geschäftsmodell einer rein „emittentengetriebenen“ Ratingagentur übergegangen wären.

Dies führt dazu, dass die Duopolisten ihre Leistungen praktisch doppelt verkaufen: Emittenten bezahlen für Ratings, um damit ihren Zugang zu den Kapitalmärkten zu erhalten oder zu sichern, Anleger bezahlen außerdem dafür, Zugang zu den analytischen Berichten der Ratingagenturen zu bekommen.

Pressemitteilungen bleiben nur drei Tage der Öffentlichkeit zugänglich, danach muss selbst das Nachlesen einer kurzen Meldung bezahlt werden. Moody’s Corp. z. B. erzielte 2006 rund 13 % des Umsatzes (258,7 Mio. US$) durch den Verkauf von Credit Research an weltweit 9.300 Kunden mit insgesamt 29.000 Nutzern (in Banken, Versicherungen usw.). Pro Kunde errechnen sich daraus rund 27.000 US$ pro Jahr: Die in Relation zu ihrer volkswirtschaftlichen Bedeutung (in mindestens 110 Ländern der Welt) geringe Anzahl der Abonnenten beweist, dass für viele Anleger selbst das preisgünstigste Abonnement prohibitiv teuer ist. Da die Grenzkosten der Distribution des Researchs über das Internet gegen Null gehen, ist diese Unterversorgung nach den Lehren der Mikroökonomie das klassische Marktergebnis eines Duopols.

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