Mit Private Debt risikoadjustierter Ertrag

Von Dr. Oliver Everling | 5.April 2018

Institutionelle Investoren wollen in diesem Jahr ihr Engagement im Bereich Private Debt / Alternative Credit ausweiten, da die voraussichtliche Anhebung der Zinsen für herkömmliche festverzinsliche Anlageformen sehr herausfordernd ist. Das ist das Ergebnis einer Umfrage von NN IP, die im Dezember 2017 unter 100 institutionellen Investoren weltweit durchgeführt wurde.

94 Prozent der befragten Investoren gehen davon aus, dass die Leitzinsen in den USA in den nächsten zwölf Monaten weiter steigen werden, 61 Prozent erwarten einen Anstieg von mindestens 0,5 Prozent. Zudem glauben 69 Prozent der Befragten, dass die quantitative Lockerung in Europa bis 2019 enden und es kontrollierte Zinsanhebungen geben wird. 37 Prozent der Investoren geben an, ihr Engagement in Private Debt auszubauen, sollte dieses erwartete Zinsszenario eintreten. Bezüglich ihres Engagements in allen anderen festverzinslichen Anlageklassen äußerten sich die Befragten zurückhaltender.

14 Prozent der befragten Investoren gehen davon aus, dass sie in den kommenden zwölf Monaten erstmals in Private Debt Instrumente investieren werden. Zudem wollen 45 Prozent derjenigen, die bereits in diese Anlageklasse investieren, ihr Engagement ausweiten – unter allen befragten Investoren liegt die Quote bei 37 Prozent.

Gabriella Kindert, Leiterin der Alternative Credit Boutique bei NN Investment Partners: „Private Debt / Alternative Credit hat sich in den vergangenen Jahren dynamisch in eine breit gefächerte Anlageklasse entwickelt, die jetzt eine große Vielzahl von Anlagemöglichkeiten für unterschiedliche Bedürfnisse bietet. Unter Anlegern wächst das Interesse, den Anteil dieser Anlageklasse in ihren Portfolios auszubauen, da sich damit höhere risikoadjustierte Erträge erzielen lassen. Zudem erreicht man durch die Beimischung von Alternative Credit ein höheres Maß an Diversifizierung und erhält Zugang zu Krediten, die die Bereiche Umwelt, Soziales und Governance (ESG) berücksichtigen. 2017 stiegen die Zuflüsse in unsere Alternative-Credit-Strategien gegenüber 2016, um 33 Prozent an. Sofern die Zinsen wie prognostiziert steigen, dürfte diese Anlageklasse, im Vergleich zu herkömmlichen festverzinslichen Strategien, immer attraktiver werden.“

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Kapitalmarktorientierung statt Wertorientierung?

Von Dr. Oliver Everling | 4.April 2018

Unternehmen und Finanzdienstleistern fehlt es vielfach an geeigneten Instrumentarien für eine fundierte Bewertung und Risikoquantifizierung unternehmerischer Entscheidungen. Oft werden vollkommene Märkte angenommen, die z.B. keine Rating- und Finanzierungsrestriktionen kennen. Derartige methodische Schwächen schlagen nicht nur auf das Unternehmen zurück, sondern sie können weitreichende volkswirtschaftliche Folgen haben.

Der Beitrag „Kapitalmarktorientierung statt Wertorientierung: Volkswirtschaftliche Konsequenzen von Fehlern bei Unternehmens- und Risikobewertungen“ von Werner Gleißner zeigt, wie sich Defizite im Risikomanagement zu Ursachen von Finanzmarktkrisen ausweiten können (wie zuletzt 2007/2009).

Gleißner, W. (2009): Kapitalmarktorientierung statt Wertorientierung: Volkswirtschaftliche Konsequenzen von Fehlern bei Unternehmens- und Risikobewertungen, in: WSI Mitteilungen, Heft 6/2009, S. 310-318.

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Erholung in Nigeria

Von Dr. Oliver Everling | 4.April 2018

Nach einer Reihe positiver Entwicklungen im vergangenen Jahr ist Nigeria wieder zurück auf der Investment-Landkarte. Diese Einschätzung sollte Oliver Bell, Portfoliomanager des Frontier Markets Equity Fund von T. Rowe Price, zufolge auch für 2018 Bestand haben. Der Experte für Emerging Markets hatte Nigeria Anfang des Jahres im Rahmen einer Research-Reise besucht und ist insbesondere vor dem Hintergrund eines nun besser funktionierenden Wechselkursystems und steigender Ölpreise optimistisch.

In jüngster Zeit hat sich der Umtauschkurs des NAFEX (Nigerian Autonomous Foreign Exchange Fixing) als recht gut funktionierender Markt erwiesen, der dazu geführt hat, den Schwarzmarkt-Kurs verschwinden zu lassen. „Obwohl wir lieber einen frei schwankenden Wechselkurs sehen würden, hatten wir genug Vertrauen, unsere nigerianischen Positionen seit Mitte letzten Jahres wieder aufzustocken“, sagt Oliver Bell. „Unsere Frontier-Markets-Equity-Strategie haben wir zuletzt zugunsten einer übergewichteten Position Nigerias verändert“, so der Experte weiter.

Steigende Ölpreise haben die wirtschaftliche Erholung des Landes angetrieben. Zugleich sieht das Portfoliomanagement eine Verbesserung der Verbraucherdaten. Dangote Cement – ein verkappter Konsumwert, da das Unternehmen Zement in Säcken verkauft – vermeldete im letzten Quartal 2017 den ersten Anstieg der verkauften Mengen seit zwei Jahren. „Durch unsere Research-Reise, die Lagos und Abuja einschloss, haben wir die positiven Signale mit eigenen Augen gesehen. Dies stärkt unsere Zuversicht, dass sich Nigeria in diesem Jahr erholt“, unterstreicht Bell.

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Lebenslang

Von Dr. Oliver Everling | 30.März 2018

„Lebenslang“ lautet die Haftstrafe für Kapitalverbrechen. Die abschreckende Wirkung scheint bei vielen Menschen jedoch nicht groß genug zu sein. Zu sprechen ist nicht nur von Kriminellen, sondern auch von vielen Menschen, die ein Leben lang ziellos bleiben oder sich von falschen Zielen gefangen nehmen lassen. Begeben sich Menschen freiwillig in lebenslange Haft, eine Haft dauernder Unzufriedenheit?

Im Tilman Riemenschneider Verlag erscheint ein Buch mit dem originellen Titel „Lebenslang …einfach glücklich sein!“ Als Autoren finden sich mit Michael Mey und Frank Koschnitzke zwei positiv denkende Menschen zusammen.

Dem ersten Anschein nach handelt es sich lediglich um ein Buch, in dem zwei Autoren im Lebensalter von über 50 Jahren ihre Lebensweisheiten und Erfahrungen zu Papier bringen – keine schlechte Idee, denn auch Napoleon Hill schloss sein seit 1937 über 70 Millionen Mal verkauftes Buch „Denke nach und werde reich“, in dem es im Kern um das Setzen von Zielen geht, im Alter von 54 Jahren ab.

Bei genauerer Betrachtung aber zeigt sich, das hier dem Leser nicht altklug Binsenweisheiten präsentiert werden. Die Autoren haben vielmehr erkannt, dass vielen Menschen der rote Faden im Leben verloren gegangen ist. Im Zeitalter der neuen Informations- und Kommunikationstechnologien wird dieser rote Faden unter der Fülle der medialen Eindrücke nicht nur verschüttet, sondern auch durch disruptiven wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und sozialen Wandel zerrissen.

Es ist das erste Buch von Michael May, der als Experte der Finanzwirtschaft bisher in der Literatur nur durch Fachbeiträge z.B. im Bank-Verlag bekannt wurde. Wie kaum andere Branchen sind derzeit Banken und Versicherungen von disruptiven Veränderungen bedroht, da sie einerseits seit der Finanzkrise durch eine überbordende Regulierung in Ketten gelegt werden, andererseits mit der Globalisierung und Digitalisierung der Schnittstelle zum Kunden einer völlig neuen Schärfe des Wettbewerbs ausgesetzt sind. Viele Finanzleute stellen sich daher existenzielle Fragen. Michael May zeigt mit der Wahl seines Buchtitels ein Gespür dafür, worauf es jetzt ankommt.

Mit Witz und Karikaturen erschüttern die Autoren das Weltbild auch jener Kreaturen, die in der heutigen Zeit nur Fehlentwicklungen und Bedrohungen zu sehen glauben. So erinnern sie daran, welchen elementaren Ängsten unsere Vorfahren ausgesetzt waren, und sie werfen immer wieder einen Blick in die Zukunft, wie unsere Welt von morgen mit neuen Berufen wie zum Beispiel digitalen Entgiftern, digitalen Bestattern, Privatheitsberatern, Webinatoren, Selbstorganisationsberatern, urbanen Gärtnern und Drohnenpiloten aussehen könnte.

„Wie töricht ist es, Pläne für das ganze Leben zu machen, da wir doch nicht einmal Herren des morgigen Tages sind“, so das angebliche Zitat des römischen Philosophen Seneca vor rund 2000 Jahren. Die heutigen Herausforderungen des Lebens scheinen den Autoren daher nicht völlig neu zu sein.

Den Autoren geht es nicht darum, ein bestimmtes Zukunftsszenario zu entwerfen oder den Leser von bestimmten Dogmen zu überzeugen. Anders als andere Bücher desselben Genres merkt man diesem Buch an, dass es nicht lediglich als Baustein einer Coachingkarriere geschrieben wurde, sondern im ehrlichen und unprätentiösen Bemühen entstanden ist, die besten Ideen fürs Leben zusammenzuschreiben. Es geht den Autoren nicht um ein wissenschaftliches Werk, sondern um Anleitung zur Selbstreflexion.

Dementsprechend werden viele Fragen aufgeworfen, die sich der Leser nur selbst beantworten kann. In der Art der seit der Antike bekannten sokratischen Methode erfährt der Leser so mehr über sich selbst. Das Buch ist ein „Mut-mach-Buch“, wie es die Autoren selber getauft haben, frei von religiösen, politischen oder sachfremden kommerziellen Absichten.

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Risiko und Unternehmenswert

Von Dr. Oliver Everling | 28.März 2018

Vorstände und Aufsichtsräte unterschätzen noch häufig die zentrale Bedeutung der betriebswirtschaftlichen Methoden für eine quantitative Risikoanalyse und risikogerechte Bewertung. Sie sind jedoch bei einer nicht sicher vorhersehbaren Zukunft notwendig, um Entscheidungen z.B. bezüglich Investitionen, Akquisitionen oder Strategieveränderung fundiert vorbereiten zu können.

Mit § 93 Aktiengesetz (Business Judgement Rule) fordert auch der Gesetzgeber Entscheidungsvorlagen basierend auf „angemessenen Informationen“, wobei zu dieser Informationsmenge natürlich gerade die Ergebnisse einer Risikoanalyse zu zählen sind. Methoden zur Beurteilung des Ertrag-Risiko-Profils verschiedener Handlungsmöglichkeiten nennt man „Bewertungsverfahren“.

Im Fachtext „Risiko und Unternehmenswert – eine Einführung“ von Werner Gleißner wird der Zusammenhang zwischen den Ertragsrisiken als Erfolgsmaßstab (Performancemaß) erläutert. Dabei wird auch gezeigt, dass die heute in der Praxis noch oft vorzufindenden „kapitalmarktorientierten“ Bewertungsverfahren (z.B. auf Grundlage des Capital-Asset-Pricing-Models, CAPM) für die Entscheidungsvorbereitung, z.B. also die Investitions- oder Strategiebewertung, völlig ungeeignet sind.
Gleißner, W. (2017b): Risiko und Unternehmenswert – eine Einführung, in: BOARD, Heft 5/2017, S. 203-206.

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Denke nach und werde reich

Von Dr. Oliver Everling | 28.März 2018

Wer eine Ausgabe von Napoleon Hills „Denke nach und werde reich“ auf deutsch lesen will, die dem genauen Text der über 25 Jahre hinweg entstandenen amerikanischen Erstveröffentlichung von 1937 folgt, hat jetzt Gelegenheit dazu. Der FinanzBuch Verlag legt erstmals eine ungekürzte deutsche Übersetzung des klassischen Finanz- und Selbsthilfebuchs vor, die von der Napoleon Hill Foundation autorisiert wurde. Der historische Text ist nicht durch Modernisierungen verändert. Da einige Bemerkungen und Bezugnahmen Hills sehr zeitbezogen sind – gerade für Leser außerhalb der USA –, wurden zum besseren Verständnis einige erklärende Anmerkungen eingefügt.

„Im Zuge meiner 20-jährigen Recherchen,“ schreibt Napoleon Hill, „die ich auf Andrew Carnegies Bitte hin anstellte, analysierte ich Hunderte bekannter Persönlichkeiten, von denen viele offen zugaben, sie hätten ihr enormes Vermögen dem Carnegie-Geheimnis zu verdanken.“ Hill wusste das Geschenk zu nutzen, mit mehr als 500 Superreichen der damaligen Zeit über ihren Erfolg sprechen zu dürfen. Manche von ihnen sind noch heute jedem bekannt, wie Henry Ford, Theodore Roosevelt, William Wrigley Jr., George Eastman, Charles M. Schwab, King Gillette, John D. Rockefeller, F.W. Woolworth, Dr. Alexander Graham Bell und viele andere.

„Wer das Carnegie-Geheimnis kennt und anwendet, kommt im Leben weit“, verspricht Hill und zeigt den „Wert der sicheren Erkenntnis, dass ein vager gedanklicher Impuls in konkrete Fakten verwandelt werden kann, wenn man sich nach bestimmten Grundsätzen richtet.“

Als ob Napoleon Hill von heutigen Wutbürgern oder linken Parteigenossen berichten würde, die den Umständen ihres Lebens, dem Staat oder dem Kapitalismus alle Schuld für ihr Schicksal zuweisen und sich Reichtum nur durch Wegnehmen von anderen vorstellen können, spricht Hill die „nur allzu verbreitete menschliche Schwäche“ an, „die eigenen Eindrücke und Überzeugungen für das Maß aller Dinge zu halten. Manche Leser glauben sicher, dass man sich nicht reich denken kann. Sie sind so an Armut, Bedürftigkeit, Elend, Misserfolg und Niederlage gewöhnt, dass sie sich Reichtum gar nicht vorstellen können.“

„Millionen Menschen blicken neidvoll auf die Leistungen des arrivierten Henry Ford, weil er das Glück oder Genie oder was auch immer hatte, dem er sein Vermögen verdankt“, schreibt Hill. Man bräuchte nur die Namen gegen die der heutigen Stars von Alibaba, Apple, Facebook, Google, Huawei, Tencent, Tesla usw. auszutauschen, um Hills Beschreibungen zu aktualisieren.

Die Lektüre des Originaltextes von Napoleon Hill lohnt sich gerade auch deshalb, weil Hill u.a. von Erfindern spricht, deren Entdeckungen im SmartPhone-Zeitalter so selbstverständlich sind, dass kaum noch jemand über diese diskutiert: „Als Guglielmo Marconi verkündete, er habe entdeckt, wie sich Nachrichten ohne Kabel oder andere direkte physische Kommunikationsmittel durch die Luft übertragen ließen, wurde er von ‚Freunden‘ entmündigt und zur Untersuchung in eine psychiatrische Klinik eingewiesen.“

„Wer Angst vor neuen Ideen hat,“ warnt Hill (als ob er die Worte nicht 1937, sondern 2017 geschrieben hätte!), „ist von vornherein zum Scheitern verurteilt. Nie war die Zeit so ideal für Pioniere wie jetzt. Natürlich gibt es keinen Wilden Westen mehr zu erobern wie in den Tagen der Pioniere mit ihren Planwagen. Doch es gilt, eine große Wirtschafts-, Finanz- und Industriewelt umzubauen und neu und besser zu gestalten.“

Hills Buch ist heute gleich für mehrere Leserzielgruppen interessant. Es liefert historische Einblicke aus einer Zeit, zu der Hill noch nicht von der Ermordung Mahatma Ghandis wissen konnte, zeigt wirtschaftliche Zusammenhänge auf und liefert eine Anleitung zum Selbstmanagement. Hills Buch ist der Prototyp für inzwischen in Tausenden zu zählende Bücher, die genau seinem Muster folgten. Für Manager, Coaches, Marketingleute, Motivatoren usw. bietet seine Lektüre eine einzigartige Chance, die Wurzeln der Fachliteratur zum Thema zu erkennen.

Das Aufschreiben von klaren, persönlichen Zielen sieht Hill als einen zentralen Erfolgsfaktor für jeden. Heute wären Menschen möglicherweise aber nicht mehr so sehr auf Geld fixiert wie zu seiner Zeit: „Lesen Sie sich zweimal am Tag laut vor, was Sie aufgeschrieben haben – einmal kurz vor dem Schlafengehen und einmal gleich nach dem Aufstehen. Stellen Sie sich beim Lesen möglichst plastisch und überzeugend vor, das Geld bereits zu besitzen.“ Wahrscheinlich ist es auch heute noch die „einzige bekannte Methode zur gezielten Herbeiführung des mit Glauben verbundenen Gefühlszustands“, wie Hill anleitet, „Anweisungen an Ihr Unterbewusstsein immer wieder zu bekräftigen.“

Hills „zehn Hauptgründe für Führungsversagen“ lesen sich wie der Kriterienkatalog eines Managementratings: Unfähigkeit, Details zu regeln; Überheblichkeit; die Erwartung, für ihr „Wissen“ und nicht das, was sie aus diesem Wissen machen, honoriert zu werden; Angst vor Konkurrenz aus den eigenen Reihen; Fantasielosigkeit; Selbstsucht; Maßlosigkeit; Illoyalität; autoritäre Führung; Titelbesessenheit.

Wenn Napoleon Hill vom „Weltkrieg“ spricht, meint er den ersten Weltkrieg, denn der zweite war noch nicht ausgebrochen. Geradezu tragisch ist es zu lesen, dass aus einer „Mode“ der 1930er Jahre ein Grundmuster geworden ist, mit dem noch heute Wähler gefangen, Kirchenkanzeln genutzt, Zeitungen gefüllt und Blogs betrieben werden, denn Hill schreibt 1937: „Seit über 20 Jahren ist es unter Radikalen, opportunistischen Politikern, Gaunern, korrupten Gewerkschaftsführern und gelegentlich auch religiösen Vorrednern zur Mode und zum zunehmenden Zeitvertreib geworden, auf die ‚Wall Street, die Spekulanten und die großen Konzerne‘ zu schimpfen.“

„Gehören Sie auch zu denjenigen,“ fragt Hill mit Blick auf die Gewerkschaften seine Leser, „die der Ansicht sind, dass Menschen allein dadurch reich werden können, dass sie sich zusammenschließen und mehr Geld für weniger Leistung fordern? Die staatliche Unterstützung verlangen, aber morgens nicht vom Geldzusteller belästigt werden möchten?“

Hills Thesen stehen heute inmitten der 4. Industriellen Revolution im Kreuzfeuer: „Das kapitalistische Amerika sorgt dafür, dass jeder die Möglichkeit hat, sich nützlich zu machen und entsprechend zu verdienen.“ Diese These von Hill wird heute mehr als je zuvor in Frage gestellt. Hill kannte schon damals Kritiker, die das Gegenteil behaupteten, inzwischen aber durch die Geschichte widerlegt sind.

Das Buch von Hill lohnt sich zur wiederholten Lektüre, denn es ist keine einseitige, wissenschaftliche Monografie, sondern versammelt eine Fülle von Erfahrungswissen, das zeitlos von Nutzen ist.

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Napoleon Hills Weg zu Freiheit und Erfolg

Von Dr. Oliver Everling | 26.März 2018

„Der geheime Weg zu Freiheit und Erfolg – Wie man den Teufel in sich selbst besiegt“ vom verstorbenen Autor des 60-Millionen-Bestsellers „Denke nach und werde reich“, Napoleon Hill, fand erst nach 72 Jahren den Weg in die Öffentlichkeit. Angesichts des Erfolgs der Bücher von Napoleon Hill kaum erstaunlich, dass der FinanzBuch Verlag nicht zögerte, dem deutschen Leserpublikum gleich eine Übersetzung zu präsentieren.

Warum wurde das Buch nicht schon zu Lebzeiten verbreitet? Sharon Lechter, Co-Autorin des Beststellers „Rich Dad Poor Dad“, glaubt, dass die Familie Napoleon Hills „Angst vor den Reaktionen hatte, die es zweifellos hervorgerufen hätte. Hills Mut, das Werk des Teufels in unserem alltäglichen Leben, unseren Kirchen, unseren Schulen und unserer Politik aufzuzeigen, hätte seinerzeit als Bedrohung der gültigen Werte gegolten.“ Sharon Lechter begleitet den Leser durch das Buch mit Kommentaren und nützlichen Hinweisen auf seine Entstehungsgeschichte. So vermag sie dem Leser die Zeit und die Umstände in Erinnerung zu rufen, unter denen Napoleon Hill seine Arbeit begann und das Buch schrieb.

Wer die Werke von Napoleon Hill kennt, wird sich für die autobiografischen Passagen seines Buches interessieren. So schrieb er seine – nicht gerade bescheidene – Mission nieder, die ihm fortan Orientierung in seinem Leben geben sollte. „In nur wenigen Jahren wird die ganze Welt eine Erfahrung durchmachen, in deren Folge Millionen von Menschen jene Philosophie brauchen werden, mit deren Vollendung Du beauftragt wurdest“, sagt sich Napoleon Hill.

Hill beschreibt seine Entdeckung seines „anderen Ichs“, das voll Zuversicht lähmenden Ängsten und Befürchtungen entgegentritt. „Inzwischen hoffe ich inständig,“ schreibt Hill, „dass einige der Millionen Männer und Frauen, die unter der großen Wirtschaftskrise zu leiden hatten und unangenehme Erfahrungen machen mussten, in sich dieses merkwürdige Wesen entdecken, das ich als das ‚andere Ich‘ beschreibe, und dass diese Entdeckung sie ebenso wie mich damals enger bindet an jenen Quell der Kraft, der einem hilft, alle Hindernisse zu überwinden und alle Schwierigkeiten zu meistern, anstatt sich ihnen zu ergeben. Das ‚andere Ich‘ birgt eine unschätzbare Kraft. Wenn Sie nur aufrichtig genug danach suchen, werden Sie es finden.“

Wer sich vielleicht am Flughafen ein Buch von Napoleon Hill mitnimmt, ahnt nicht, in welcher religiösen Vorstellungswelt sein Autor lebte. Auch die Kommentatorin, Sharon Lechter, ist sich nicht immer sicher, wie die Erlebnisschilderungen von Hill zu verstehen sind. So erzählt Hill von seinem Interview mit dem Teufel: „In dem Interview mit dem Teufel ist die Kraft genau beschrieben, die mir meinen Unternehmungsgeist und Mut raubte. Es ist dieselbe Kraft, die Millionen andere während der Großen Depression fesselte. Sie ist das wichtigste Instrument, mit dem der Teufel die Menschen verführt und kontrolliert.“ Napoleon Hill selbst schränkt ein, dass „der Teufel, den ich interviewt habe, genauso echt sein könnte, wie er es von sich behauptete, er könnte aber auch das Werk meiner Einbildung gewesen sein.“

Hill lässt den „Teufel“ die Tricks aussprechen. mit denen Menschen Opfer ihrer Unselbständigkeit werden und sich treiben lassen. Hill lässt den Teufel sprechen: Den „Trick, um Menschen das sich treiben zu lassen beizubringen, setze ich mit der Hilfe von Eltern, Lehrern öffentlicher Schulen und religiösen Vermittlern um.“

Die im „Interview mit dem Teufel“ liegende Kritik an Eltern, Lehrern und Kirchenführern, die allesamt nach Ansicht von Hill „die Fähigkeit des Kindes, unabhängig zu denken“ zerstören, sieht Sharon Lechter als wichtigsten Grund dafür, dass es früher nicht zu einer Veröffentlichung des Manuskripts kommen konnte. Hill lässt den „Teufel“ detailliert Antwort auf diese Frage geben: „Wie genau helfen die Eltern den Religionslehrern, die Kraft des eigenständigen Denkens ihrer Kinder zu zerstören?“

Sharon Lechter sieht Hill theologisch explizit: „Er benutzt den Teufel als Kontrastfigur und legt dem Symbol des Bösen Worte in den Mund, um so seine Gedanken und Gefühle über Gott – die Unendliche Intelligenz – als ultimative Quelle seiner allumfassenden Erfolgsphilosophie darlegen zu können.“ Hill sagt zum Teufel: „Sie benutzen die Kirche, um die Saat der Angst, der Unsicherheit und Unbestimmtheit in die Köpfe der Menschen zu streuen. Diese negativen Bewusstseinszustände führen zu der Gewohnheit, sich treiben zu lassen.“

Kirchen und Schulen sieht Napoleon Hill als hilfreichste Verbündete des Teufels: „Der einzige Wert, der für einen Menschen beständig zählt, ist die Kenntnis, wie sein Verstand funktioniert. Die Kirchen erlauben es den Menschen nicht, die Möglichkeiten ihres Verstandes zu ergründen, und die Schulen begreifen gar nicht, dass so etwas wie ein individueller Verstand existiert.“

„Die einzige Form von Erlösung, die für die Menschen auch nur den geringsten Wert hat, ist diejenige, die sich einstellt, wenn er die Kraft seines eigenen Verstandes erkennt“, schreibt Hill. Heilig sei nur die „Kraft der unabhängigen Gedanken, unterstützt von einem klaren Ziel“.

Napoleon Hill wählte 1938 das klassische Genre des philosophischen Dialogs, um seine intimsten Gedanken über existentielle Fragen niederzuschreiben. Wie Michael Bernard Beckwith, bekannt als Autor von „Spiritual Liberation – Fulfilling Your Soul’s Potential“, in seinem Nachwort zum Buch feststellt, „scheint sich in unserem kollektiven Bewusstsein und damit in unserer gemeinsamen Erfahrung wenig geändert zu haben.“ Was Hill vor 80 Jahren mit seiner mechanischen Schreibmaschine zu Papier brachte, liefert heute Denkanstöße mit hoher Aktualität. Das Buch ist insbesondere für jeden zu empfehlen, der sein Verständnis der Lehren von Napoleon Hill vervollständigen will.

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Vermögenswirksame Leistungen unwirksam?

Von Dr. Oliver Everling | 26.März 2018

Mehr als 20 Millionen Arbeitnehmer in Deutschland haben Anspruch auf Vermögenswirksame Leistungen, aber nur rund 13 Millionen Menschen machen davon Gebrauch, wie Prof. Jens Kleine vom CFin – Research Center for Financial Services in München analysiert hat. Damit verfallen jährlich rund 1,6 Milliarden Euro an Ansprüchen. In Westdeutschland bleiben dabei jährlich deutlich mehr Ansprüche ungenutzt als im Osten. Gemäß den Studienergebnissen verfallen in Westdeutschland jährlich 1,4 Milliarden Euro nicht genutzter Ansprüche, in Ostdeutschland sind es rund 240 Millionen Euro.

„Zu viele in Deutschland lassen die Möglichkeit des VL-Sparens ungenutzt“, so Rudolf Geyer, Sprecher der Geschäftsführung der ebase. „Das ist bares Geld in Milliardenhöhe, das hier Jahr für Jahr verschenkt wird und mit der entsprechenden Anlage bspw. sehr gut bei der Altersvorsorge helfen könnte.“

„Es hat uns sehr überrascht, dass so viele Menschen in Deutschland ihren bestehenden Anspruch auf Vermögenswirksame Leistungen nicht nutzen, obwohl die Problematik der Rentenlücke für viele präsent ist“, so Christoph König, Digital Officer von ebase.

Vermögenswirksame Leistungen sind nicht etwa die Erfindung der neuen Bundesregierung, sondern werden schon seit vielen Jahren erbracht. Es fehlt Arbeitnehmern nicht an Möglichkeiten, sich über die Vorteile zu informieren. Die mangelnde Wirksamkeit der Leistungen sollte zum Umdenken Anlass geben: der Aufbau von Vermögen muss jedem Menschen selbstverständlich werden und darf nicht von staatlichen Leistungen abhängig sein.

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Wohnungen – zu wenig Neubau

Von Dr. Oliver Everling | 22.März 2018

Das Seminar „Wohnimmobilien 2018 – Wohnungs- und Kapitalmarkt“ von der Börsen-Zeitung und JLL in Frankfurt am Main versammelt die Immobilienbranche: Zu wenig Neubau in Deutschland – wie lange brauchen wir aus dem Tal? Dieser Frage gehen in der Podiumsdiskussion Sebastian Grimm, Team Leader Residential Valuation Advisory Frankfurt, JLL, Christoph Gröner, Vorstandsvorsitzender der CG Gruppe AG, sowie Bernd Lechner, Geschäftsführer der Lechner Group GmbH, nach.

„Warum wählen Polizeiobermeister AfD?“ Fragt Gröner und sieht die Antwort darin, dass bestimmte Bevölkerungsgruppen von der derzeitigen Politik nicht bedient werden. „Man müsste mehr Bauland ausweisen“, argumentiert Lechner. Oft liegen die Mängel in der Baurechtsbeschaffung.

Grimm sieht in der Ausweisung von Bauland das Problem. „Es lässt sich politisch besser verarbeiten, es fehlen soziale Wohnungen. Tatsächlich fehlen aber Wohnungen in allen Segmenten“, warnt Grimm. „Wir bekommen jedes Jahr 15000 neue Einwohner in Frankfurt. Was sind da 3000 neue Wohnungen?“

Gröner sprudelt mit kreativen Ideen, wie mehr Bauland gefunden werden kann. So fragt er sich, warum nicht über Bahnlinien zum Beipiel noch gebaut werden darf, was ohne weiteres möglich wäre und außerdem weitere Vorteile im Stadtbild biete. Lechner erinnert auch an die Begrünung von Dachflächen.

Grimm gibt Beispiele dafür, wie die Effekte energieeffizienter Bauweise konterkariert werden, wenn nicht ganzheitlich gedacht wird. Ein zu lange geöffnetes Fenster könne die gesamten Einsparungseffekte zunichte machen, die zuvor mit großem Aufwand realisiert wurden.

Gröner sieht das Wohnungsproblem klar beim Bauland. Es seien nicht die Baukosten, die es Menschen unmöglich machen würden, günstig Wohneigentum zu erwerben. Gröner stellte in seinem Vortrag Bauen in einer neuen Dimension vor. Die Vergangenheit – „2D“ – sei durch Architekturplanung gekennzeichnet. Die Zukunft gehöre digitaler Projektentwicklung „3D“, Bauablaufmanagement „4D“, Leistungs- und Kostenkontrolle „5D“ und Vermietung und Betrieb „6D“.

Gröner wagt zu bezweifeln, dass die Politik jedem mittellosen Menschen das Wohnen in zentraler Lage der Städte in renovierten Altbauwohnungen mit Tiefgarage ermöglichen kann, wie es derzeit versprochen werde. Ganz abgesehen von den räumlichen und ökonomischen Voraussetzungen seien solche Eingriffe auch mit der Idee einer sozialen Marktwirtschaft nicht vereinbar.

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Früherkennung „bestandsbedrohender Entwicklungen“

Von Dr. Oliver Everling | 21.März 2018

Ohne eine Aggregation der Einzelrisiken kann eine bestandsbedrohende Entwicklung (§ 91 Abs. 2 AktG) nicht erkannt werden, weil meistens Kombinationseffekte mehrerer Risiken das zukünftige Rating und den Bestand eines Unternehmens bedrohen.

Die im IDW PS 340 geforderte Risikoaggregation ist der Kernbaustein jedes Risikomanagements. Um mittels Risikoaggregation mögliche bestandsgefährdende Entwicklungen zu erkennen, benötigt man fundiertes Rating-Know-how. Nur so kann man die Auswirkungen von Risiken auf das Rating in der Zukunft berechnen und feststellen, welche Zukunftsszenarien zu einem Rating führen können, das die Finanzierung des Unternehmens gefährdet (B oder schlechter). Da Risiken nicht addierbar sind, gelingt die Risikoaggregation nur mithilfe einer Monte-Carlo-Simulation, schreibt Prof. Dr. Werner Gleißner.

Mehr dazu in Gleißner, W. (2016): Die Risikoaggregation: Früherkennung „bestandsbedrohender Entwicklungen“, in: Der Aufsichtsrat, 13. Jg., Heft 04/2016, S. 53-55, Download unter: http://www.werner-gleissner.de/site/publikationen/WernerGleissner_offiziell-Nr-1399-Die-Risikoaggregation-Frueherkennung-bestandsbedrohender-Entwicklungen.pdf (abgerufen am: 22.02.18).

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