Emissionshäuser zögern mit geschlossenen Fonds

Von Dr. Oliver Everling | 13.Oktober 2009

Bei geschlossenen Beteiligungen ist es im 3. Quartal 2009 zu einem weiteren Rückgang der BaFin-Gestattungen gekommen. Gegenüber dem 2. Quartal 2009 sank das prospektierte Eigenkapital aller Assetklassen um über 16 Prozent. Immobilienfonds konnten diesem Trend im 3. Quartal widerstehen. Das prospektierte Eigenkapitalvolumen neuer Immobilienfonds legte um fünf Prozent auf 444 Millionen Euro zu. Auch New-Energy-Fonds verzeichneten beim geplanten Eigenkapitalvolumen Zuwächse. Dies sind die zentralen Ergebnisse der aktuellen Quartalsanalyse geschlossener Beteiligungen von Feri EuroRating Services.

Schiffsfonds gehören mit einem Minus von acht Prozent beim prospektierten Eigenkapital gegenüber dem 2. Quartal 2009 weiterhin zu den Verlierern. Insgesamt wurden im 3. Quartal von der BaFin zehn Fonds mit einem geplanten Eigenkapital von 218 Millionen Euro genehmigt. Nur ein Fonds mit einem Eigenkapitalvolumen von 15,6 Millionen Euro ist noch ein klassischer Containerschiffsfonds. Die übrigen im 3. Quartal aufgelegten Schiffsfonds sind opportunistische Fonds oder investieren in Zweitmarkanteile. In den ersten drei Quartalen 2008 waren Schiffsfonds sowohl bei der Anzahl der Fonds als auch bei der Höhe des geplanten Eigenkapitals die größte Assetklasse. Nach den ersten drei Quartalen 2009 sind Schiffsfonds in Bezug auf die BaFin-Gestattungen nach Immobilien- und Spezialitätenfonds nur noch die drittgrößte Assetklasse im Bereich der geschlossenen Beteiligungen. Ihr Anteil am geplanten Eigenkapitalvolumen fällt auf unter 20 Prozent.

Das geplante Eigenkapital der von der BaFin gestatteten Immobilienfonds betrug im 3. Quartal 444,6 Millionen Euro. Dies entspricht einem Zuwachs von über fünf Prozent gegenüber dem 2. Quartal 2009. Der Anteil der Immobilienfonds am prospektierten Eigenkapital aller Assetklassen stieg im 3. Quartal von 32 auf fast 40 Prozent.

New-Energy ist die andere Assetklasse, die sich in maßgeblichem Umfang dem Abwärtstrend im 3. Quartal widersetzen konnte. Das prospektierte Eigenkapital stieg gegenüber dem 2. Quartal um über 22 Prozent (von 58 Millionen auf 71 Millionen Euro). Ein Vergleich der ersten drei Quartale mit den Vorjahresquartalen zeigt, dass New-Energy-Fonds die geringsten Rückgänge aller Assetklassen zu verzeichnen haben. Das geplante Eigenkapitalvolumen reduzierte sich gegenüber 2008 nur um knapp 19 Prozent, während alle Assetklassen zusammengenommen ein Minus von fast 64 Prozent aufweisen. „Wir können eine kontinuierliche Qualitätssteigerung bei den New-Energy-Fonds feststellen“, urteilt Wolfgang Kubatzki, Leiter Geschlossene Beteiligungen bei Feri EuroRating.

„Wie befürchtet behindert insbesondere das eingeschränkte Angebot an den richtigen Produkten eine signifikante Markterholung. Das Marktpotenzial von der Anlegerseite ist nach unseren Erkenntnissen jedenfalls wieder vorhanden“, so Wolfgang Kubatzki. „Dies lässt sich nicht zuletzt am überwältigenden Platzierungserfolg einiger Fonds sehr gut ablesen.“

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Industrielle Revolution regenerativer Energien

Von Dr. Oliver Everling | 12.Oktober 2009

Energie ist ein Megatrend, der das 21. Jahrhundert prägen könnte. Der Ölpreis erreichte im Herbst 2008 einen kurzzeitigen Stand von über 130 Dollar pro Barrel, was als „schwaches Signal“ im Sinne der strategischen Frühwarnung interpretiert werden kann. Man könnte diese Preisspitze aber auch als vernehmbaren Paukenschlag ansehen, der die kommenden Trommelwirbel einleitet. Die durch kollektive Fehlbewertungen von Immobilien ausgelöste Finanzkrise scheint gerade überstanden, schreiben Prof. Dr. Johannes Kals und Denise Sommer in ihrem Beitrag für die Ausgabe 6/2009 der Zeitschrift „Kredit & Rating Praxis“ (http://www.krp.ch/).

Prof. Dr. Johannes Kals, Diplom-Kaufmann an der RWTH Aachen, wissenschaftlicher Angestellter an der Universität Duisburg-Essen, Promotion an der TU Berlin, Berater im Bereich Umweltmanagement in der Gerling Consulting Gruppe in Köln, ist Professor für Betriebswirtschaftslehre an der Fachhochschule Ludwigshafen (http://www.energyconsultingkals.de/). Denise Sommer, Bankkauffrau, Bachelor of Arts (B.A.) im Studiengang „Controlling, Management and Information“ an der Fachhochschule Ludwigshafen, Berufserfahrung in der RATING EVIDENCE GmbH, und ist derzeit bei der Plan Plus Faktor GmbH in Frankfurt am Main.

„Es ist als Hypothese zu prüfen, ob sich im Energiebereich Entwicklungen vorbereiten, die ebenfalls für kollektive Überraschung auf dem Immobilienmarkt führen. Fragen wir uns,“ so die Autoren, „welche Verwerfungen (oder Verwüstungen) ein dauerhafter Rohölpreis von 130 Doller pro Barrel bei der Bewertung von Immobilien auslösen könnte. Zum Verständnis entsprechender Szenarien und Analysemethoden für das Rating sind einige bautechnische Grundlagen wichtig, mit denen sich die folgenden Abschnitte zunächst beschäftigen.“

Es kann kollektive blinde Flecken geben, so das Ergebnis ihrer Betrachtung, das sei eine Lehre aus der Immobilienkrise des Herbst 2008. Bei der Förderung von Rohöl scheine „Peak Oil“ (die maximale Fördermenge) jetzt erreicht zu sein. Neben der mengenmäßigen Knappheit werde die Begrenzung der Emission von Treibhausgasen durch rechtliche Regelungen dringend gefordert. Einzelwirtschaftlich sei der Energieverbrauch von Neubauten und sanierten Altbauten über Jahrzehnte festgelegt. „In diesen Zeitspannen haben wir volkswirtschaftlich keine Wahl: Eine neue industrielle Revolution muss die fast vollständige Umstellung auf regenerative Energien bringen.“ Das bedeutete für Immobilien die Sanierung des gesamten Gebäudebestandes auf Passivhausniveau. „Die Technologie ist verfügbar. Es könnte sich als Fehler erweisen,“ warnen die Experten, „Neubauten heute noch schlechter als Passivhausstandard zu bauen.“

Rating von Immobilien könne diesen Übergang beschleunigen, indem die hier umrissenen Szenarien in die Bewertung Eingang finden. „Es entspricht nicht nur einzelwirtschaftlicher Rationalität, die Auswirkungen starker Energiepreissteigerungen auf das eigene Immobilienportfolio zu kennen. Es auch ethisch geboten,“ urteilen die Autoren, „über Bewertungen und die darauf folgenden Kauf- und Sanierungsentscheidungen Energieeffizienz und regenerative Energieformen voran zu bringen.“

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Deutschlands nächste Jahre

Von Dr. Oliver Everling | 11.Oktober 2009

„Deutschlands nächste Jahre“ muss jeden interessieren, der sich mit Ratings für Wirtschaftseinheiten in Deutschland beschäftigt – gleich ob Ratings für Gebietskörperschaften, Banken, Versicherungen oder Unternehmen. Daher lohnt es sich für Ratinganalysten, das Buch von Peter Felixberger „Deutschlands nächste Jahre – Wohin unsere Reise geht“ (http://www.murmann-verlag.de/, Buch ISBN 978-3-86774-071-5, E-Book 978-3-86774-085-2, 157 Seiten) auf ihr Portable Reader System zu laden.

Auf dem Höhepunkt der Weltwirtschaftskrise trafen sich im Berliner Kanzleramt ausgewählte Zukunftsforscher, um über die Zukunft Deutschlands zu debattieren. Der Publizist Peter Felixberger war als unabhängiger Gast bei allen Hearings, Workshops und Debatten mit Experten, der Kanzlerin und ihren engsten Mitarbeitern dabei. Mit seinem Buch legt er seinen unabhängigen Report über dieses Zukunftsprojekt vor.

Peter Felixberger war Gründer und Chefredakteur des Online-Magazins changeX, Herausgeber der 12-bändigen Buchreihe „Visionen für das 21. Jahrhundert“ und Kolumnist und Buchrezensent für die Süddeutsche Zeitung und brandeins. Er hat mehrere Bücher veröffentlicht, darunter „Arbeit neu denken“ (http://de.wikipedia.org/wiki/Peter_Felixberger).

„Deutschlands nächste Jahre. Wohin unsere Reise geht“ zeichnet drei große mögliche Zukunftslinien nach: Welche Werte, Leitbilder und Lebensziele werden das Leben der Deutschen bestimmen? Wie werden sich Wirtschaft, Arbeit und Bildung entwickeln? Und was wird aus unserem Wohlstand und der Lebensqualität? Das Buch packt die dafür wegweisenden Ideen und Konzepte der wichtigsten deutschen Zukunftsforscher in einen „Rucksack“. Alles dreht sich dabei um die Grundfrage: Was nehmen wir mit und was lassen wir zurück, um eine lebenswerte Zukunft zu realisieren? Der Leser begibt sich damit auf eine Erkenntnisreise über Chancen und Möglichkeiten, drohende Probleme und Niederlagen.

Ausgangspunkt ist Deutschland im Jahr 2009. „Ein Land, das in diesem Jahr 60 Jahre Bundesrepublik und 20 Jahre Wiedervereinigung feiert. Ziel der Überlegungen ist die nächste Generation,“ so Felixberger, „die im Jahr 2030 an den Schalthebeln in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft sitzen wird.“ Das Buch soll dazu einen Überblick über die Konzepte der Zukunft liefern. „Kurz: Es ist eine unverwechselbare Reise der Chancen und Möglichkeiten, der drohenden Probleme und Niederlagen.“

Der Nutzen des Buches für Ratinganalysten besteht darin, einen Einblick in die Ideen und Vorstellungen zu erhalten, mit denen sich das Kanzleramt und namhafte Zukunftsforscher befassen. Der Text von Felixberger ist kein Protokoll der Gespräche, stützt sich aber maßgebend auf die von verschiedenen Seiten vorgestellten Konzepte und Quellen. Felixberger bringt eigene Wertungen ein, ohne diese dem Leser zu Lasten der Nachvollziehbarkeit der von den Experten vorgetragenen Argumente aufzudrängen. So ist das Buch inhaltlich zwischen einem Bericht und einem eigenen Diskussionsbeitrag positioniert. Dabei kommt Felixberger seine umfassende Literaturkenntnis zugute.

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Preisträgernominierung für oekom research

Von Dr. Oliver Everling | 9.Oktober 2009

Die Nachhaltigkeitsrating-Agentur oekom research ist für den Deutschen Nachhaltigkeitspreis gleich zweimal nominiert: in der Kategorie „Deutschlands nachhaltigste Finanzdienstleistung“ und für den Sonderpreis „Deutschlands recyclingpapierfreundlichstes Unternehmen“. Unter der Schirmherrschaft von Bundeskanzlerin Angela Merkel werden die Preise am 6. November 2009 in Düsseldorf im Rahmen einer großen Gala vergeben.

Der Deutsche Nachhaltigkeitspreis wurde 2008 durch eine Initiative des Wissenschaftsjournalisten Stefan Schulze-Hausmann ins Leben gerufen. Der Preis prämiert Unternehmen, die vorbildlich wirtschaftlichen Erfolg mit sozialer Verantwortung und Schonung der Umwelt verbinden. Sonderpreise zeichnen Persönlichkeiten aus, die national oder international in herausragender Weise den Gedanken einer zukunftsfähigen Gesellschaft fördern. Träger des Deutschen Nachhaltigkeitspreises ist die Stiftung Deutscher Nachhaltigkeitspreis e.V. (in Gründung), in deren Kuratorium unter anderem Dr. Volker Hauff (Vorsitzender des Rates für Nachhaltige Entwicklung), Sylvia Schenk (Vorsitzende von Transparency International Deutschland e.V.) und Dr. Günther Horzetzky (Staatssekretär im Bundesministerium für Arbeit und Soziales) mitwirken.

„Wir freuen uns sehr über diese Nominierung. Diese Wertschätzung der prominent besetzten Jury ist ein wichtiges Signal für unsere Mitarbeiter und Geschäftspartner. Sie unterstreicht die Bedeutung und die Glaubwürdigkeit unserer Aktivitäten für eine stärkere Verankerung von Nachhaltigkeit in Unternehmen und auf dem Kapitalmarkt“, kommentiert Robert Haßler, CEO der oekom research AG, die gute Nachricht.

Dr. Günther Bachmann, Rat für Nachhaltige Entwicklung und Leiter der Jurysitzung erläutert die Bedeutung des unternehmerischen Engagements im Bereich Nachhaltigkeit: „Nachhaltige Unternehmen sind zunehmend auch ökonomisch erfolgreicher, hinzu kommen eine hohe Mitarbeiterorientierung und ein vorbildliches soziales Engagement.“

oekom research zählt zu den weltweit führenden Ratingagenturen im Bereich des nachhaltigen Investments. Seit 1993 ist das Unternehmen auf die Analyse von Unternehmen und Ländern hinsichtlich ihrer ökologischen und sozialen Performance spezialisiert. Als erfahrener Partner von institutionellen Investoren und Finanzdienstleistern identifiziert die Ratingagentur diejenigen Emittenten von Aktien und Rentenpapieren, die sich durch ein verantwortungsvolles Wirtschaften gegenüber Gesellschaft und Umwelt auszeichnen. Die Analysen von oekom research werden von über 60 verschiedenen Asset Managern und institutionellen Investoren genutzt und beeinflussen damit derzeit rund 90 Milliarden Euro Assets under Management.

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Luftfahrt erreicht den Boden

Von Dr. Oliver Everling | 8.Oktober 2009

Die Ausgangslage ist bekannt: Die Weltwirtschaft befindet sich in der schlimmsten Krise der letzten 50 Jahre. Der Ölpreis befindet sich nach einem historischen Höchststand im letzten Jahr wieder in einem Aufwärtstrend. Die Situation in der Luftverkehrsbranche ist dennoch sehr unübersichtlich, zeigt Alexander Zock auf, da mehrere Faktoren zusammenwirken, deren gemeinsame Auswirkungen zurzeit noch nicht klar ersichtlich sind. Zock, Ph.D., ist Geschäftsführer des European Center for Aviation Development (http://www.ecad-aviation.de/) und sprach als Referent bei der Scope Investment Conference Luftfahrt zum Thema „Luftfahrt in Turbulenzen? Marktstabilität, Nachfragetrends, Perspektiven“ (http://www.scope.de/).

Mit der asymmetrischen Verteilung des Nachfragewachstums auf der Welt erhalten neue Standorte und Geschäftsmodelle eine zunehmende Bedeutung (z. B. Dubai). Die mit der Konsolidierung in der Branche einhergehenden Strukturveränderungen beginnen sich erst grob abzuzeichnen. Die Einstufung der „Schweinegrippe – H1N1″ als weltweite Pandemie durch die WHO (letzte Pandemiewarnung liegt 40 Jahre zurück) schafft eine zusätzliche Verunsicherung im weltweiten Verkehrsmarkt, stellt Zock fest.

Der Luftverkehr zeigt auf globaler Ebene seit über 50 Jahren ein starkes Wachstum, welches nur temporär unterbrochen wurde. Die Krisen sind temporär, nicht zyklisch und stark mit der GDP-Entwicklung verbunden, unterstreicht Zock. In den letzten 35 Jahren fiel der weltweite Passagierluftverkehr (in RPK) drei Mal, allerdings jeweils nur für 1 – 3 Jahre. Nachfrageeinbrüche dauerten in den letzten 35 Jahren immer nur zwischen 1 – 3 Jahren. Auf Nachfrageeinbrüche folgten immer wieder nachfragestärkere Jahre mit Wachstumsraten wie vor der Krise.

Die Profitabilität der Luftverkehrsbranche zeigt einen klaren Zyklus mit wachsender Amplitude. Normiert man die Amplitude mit der Marktgröße, so nivelliert sich dieser Effekt. In den letzten 30 Jahren folgten auf 5 schlechte Jahre immer 6 gute Jahre, zeigt Zock an der Statistik. Die Branchenprofitabilität und die Flugzeugauslieferungen liefen weltweit über einen langen Zeitraum gegenläufig. Die Flugzeugbestellung erscheint hierbei in hohem Maße zyklisch zu erfolgen, so der Eindruck von Zock.

Auch in guten Jahren sind nicht alle Fluggesellschaften profitabel. Die Profitabilität ist dabei inhomogen verteilt, weist Zock in einer Übersicht nach. Die Krise im Luftverkehr begann bereits im Sommer 2008. Sowohl im Passagiermarkt als auch im Cargomarkt zeigt sich seit April 2009 eine Bodenbildung auf niedrigem Niveau. Zock analysiert die Veränderung der internationalen Nachfrage im Passagier- und Cargobereich.

Der Weg in die Krise war regional unterschiedlich, stellt Zock fest. Nachdem im weltweiten Passagierluftverkehr im ersten Quartal weltweit der Trend nach unten ging, zeigen sich in den meisten Regionen Bodenbildungen. „Eine Ausnahme ist die Region Middle East, in der sich wieder starkes Wachstum zeigt“, so Zock.

Dramatisch ist der Verlust im Premiumsegment. Die aktuelle Krise führte vor allem auch zu einer dramtischen Schrumpfung des Premiumsegments im Passagierbereich. Die Veränderung der internationalen Premiumnachfrage von August 2007 bis Juni 2009 ist unübersehbar. Die Airlines haben ihre Kapazität angepasst: Die aktuelle Krise führte sowohl im Passagierbereich als auch im Cargobereich zu starken Kapazitätsanpassungen. Die Reaktion der Fluggesellschaften auf den hohen Ölpreis und die Krise ist insbesondere im Bereich der Stilllegung von Flugzeugen zu sehen.

Als Reaktion auf die Krise sind weitere Maßnahmen der Fluggesellschaften zu beobachten: Verstärktes Kostenmanagement („Business as usual“), verstärkte Absenkung der Ticketpreise (z. B. Nordatlantik bis zu -20 %), Kapitalaufnahme an den Finanzmärkten (vor allem Nordamerika und Asien/Pazifik), verstärkte „Sales-Leaseback“ Aktivitäten (insbesondere in Nordamerika und Europa), um den Cashflow zu optimieren, Verschiebung von Flugzeugauslieferungen und verstärkte Konsolidierung (Lufthansa, New Alitalia, British Airways und Iberia etc.) zur Realisierung von Synergien.

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Zahlungsmoral muss im Blick bleiben

Von Dr. Oliver Everling | 7.Oktober 2009

Die Zahlungsmoral in Deutschland hat sich im September einer Studie des Wirtschaftsinformationsdienstes D&B Deutschland zufolge weiter leicht verbessert. Der im Auftrag der Finanz-Nachrichtenagentur dpa-AFX erstellte D&B-Zahlungsindex stieg damit zum vierten Mal in Folge. „Die Zahlen belegen die Erholung der deutschen Wirtschaft in den letzten Monaten und die positiven Zeichen aus vielen Unternehmen“, sagte D&B-Geschäftsführer Thomas Dold am Mittwoch in Darmstadt. Der D&B-Zahlungsindex stieg im September auf 78,82 (August 78,72) Prozent und nähert sich weiter dem Niveau vom März.

Der Index sagt aus, dass im September 78,82 Prozent der beobachteten Unternehmen ihre Rechnungen pünktlich bezahlten – dies sind 0,8 Prozentpunkte weniger als noch Ende 2008, rechnet das zur Bisnode Gruppe gehörende Unternehmen vor. Der Indikator wird seit Anfang des Jahres auf Monatsbasis veröffentlicht und fiel dabei von Januar bis Mai deutlich – seit Juni erholt er sich wieder leicht. Die durchschnittliche Verzugszeit betrug im September 9,5 (August: 9,41) Tage. Bei den einzelnen Branchen verbesserte sich die Zahlungsmoral vor allem im Baugewerbe sowie im Groß- und Einzelhandel. Deutlich abwärts ging es dagegen bei den Banken – die Branche zählt allerdings immer noch zu den zuverlässigsten.

„Ob jedoch die Erholung in einen stabilen Aufschwung mündet, ist derzeit schwer abzuschätzen. Zu unsicher ist derzeit noch, wie stark ein Anziehen der Weltwirtschaft auch auf deutsche Unternehmen wirkt“, betonte Thomas Dold, Geschäftsführer von D&B. Zudem stehen die Unternehmen vor der Herausforderung, ihre Investitionen solide zu finanzieren. Dies sei angesichts der sehr restriktiv gewordenen Kreditpraxis sehr viel schwieriger als noch vor der Finanzkrise.

Seit Ende 2008 ging nach Feststellungen von D&B in fast allen Branchen die Zahlungsmoral zurück. Lediglich der Maschinenbau ist hier eine Ausnahme. Am Schlechtesten um die Zahlungsmoral ist es weiterhin in der Transport- und Logistiksparte bestellt. Hier sank die Zahlungsmoral im Jahresverlauf auch am Stärksten. Spitzenreiter in puncto Zuverlässigkeit bei den Zahlungen sind weiter die Pharmaunternehmen. Hier zahlen fast 94 Prozent der Unternehmen ihre Rechnungen pünktlich, während dies nur rund 68 Prozent in der Transport- und Logistikbranche machen.

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LTAV zur Schiffsbewertung

Von Dr. Oliver Everling | 7.Oktober 2009

Erhöhte Neubautätigkeit in der zurückliegenden Boomphase hat bei Schiffen ein Überangebot an Schiffsraum bewirkt. Die Schifffahrtsmärkte sind am Boden infolge langer Planungs- und Bauzeiten von Schiffen und kaum zu glättender Marktentwicklung (3 bis 4 Jahre). Der Zusammenbruch der Container gründet auf der starken Abschwächung der Bulker, den Liquiditätsengpässen an den Kapitalmärkten und den zunehmenden Auftragsstornierungen, Wandlungen und Verschiebungen bei Neubauten. Bernd Holst von der INGENIEURBÜRO WESELMANN GmbH (http://www.weselmann.de/) gibt auf der SCOPE CIRCLES Investment Conference Schiffe (http://www.scope.de/) einen Überblick über die Container-, MPP- und Car Carrier-Märkte sowie Bulker.- und Tankermärkte.

Wegen Marktstörungen in etlichen Schifffahrtssegmenten sind zum Teil keine Marktwertermittlung möglich. Die Marktwertermittlung erfolgt grundsätzlich charterfrei. Der Chartermarkt hat erheblichen Einfluss auf Wertentwicklung von Gebrauchtschiffen, positiv als auch negativ. Der Einfluss von Betriebskosten relativiert sich, je nach Chartermarkt – hoher Chartermarkt: wenig Einfluss, – niedriger Chartermarkt: wesentlicher Einfluss. Schiffe mit hohen Betriebskosten werden von Charterern benachteiligt.

Alter und Zustand sind für die Bewertung von zentraler Bedeutung: Technischer Zustand hat ab gewissem Schiffsalter großen Einfluss. Je älter das Schiff, desto mehr hängt Wert vom Zustand ab. Die Neubauqualität und Wartung beeinflussen Betriebskosten mit zunehmendem Alter. Die Neubauqualität hat erheblichen Einfluss auf Betriebskosten/Schiffswert. Bei schweren Montagefehlern von Aussenhautplatten und Bodenträgern, gibt Holst ein Beispiel, wird der Wert des Schiffes erheblich beeinträchtigt.

Wer führt Schiffswertschätzungen durch? Zu nennen sind durch IHK öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige für Schiffswertschätzungen, An- und Verkaufsmakler für Schiffe sowie freie Sachverständige für Schiffswertschätzungen. Diese wenden Vergleichswertverfahren – der Regelfall zur Ermittlung des Schiffswertes – oder Ertragswertverfahren an, die nicht üblich sind, aber der Überprüfung des Marktwertes dienen. Das Sachwertverfahren / Substanzwertverfahren wird nur bei Spezialschiffen angewandt.

Holst stellt den „Long Term Asset Value“ vor: Ein auf historischen TC-Raten basiertes DCF Wertermittlungsverfahren beruht darauf, ahnliche Schiffe mit dem zu bewertenden Objek zu vergleichen. Wichtig ist die Durchführung von Anpassungsrechnungen und die Berücksichtigung von Kriterien wie Schiffstyp, Schiffsgröße, Alter, Ausrüstung, Bauart und Zustand. Zu- oder Abschläge berücksichtigen Abweichungen.

Das Vergleichswertverfahren wird mit Zu- und Abschlägen dargestellt. Das derzeitige Verfahren bei gestörten Märkten: 10 Jahres Durchschnittswerte ähnlicher Schiffe (nicht immer möglich), Durchführung von Anpassungsrechnungen nicht möglich, Durchschnitt nur auffindbar bei Wahl eines entsprechenden Suchkorridors. Kriterien sind hier Schiffstyp, Schiffsgröße, Alter.

Schiffsschätzer / Makler haben Bewertungen wegen gestörter Märkte z.T. ausgesetzt, denn Transaktionen sind in gestörten Segmenten in der Regel Notverkäufe, es gibt keine repräsentative Basis für Vergleichswertermittlung und im Bereich Betriebskosten liegende Charterabschlüsse können nicht für Ertragswertanalyse berücksichtigt werden.

Der LTAV muss als von Marktstörungen unabhängige, am langfristigen, nachhaltigen Ertragspotential orientierte Bewertungsgrundlage verstandnen werden. Die Basis bildet das Barwertverfahren / DCF (an Erfordernisse der Schiffsbewertung angepasst) mit konservativen, nachhaltigen und statistisch belegbaren bzw. transparenten Ansätzen. Übliche Bewertungsverfahren sollen nicht ersetzt werden, plädiert Holst, da der LTAV bei funktionierenden und gestörten Märkten einsetzbar ist (bei Marktuntertreibungen / Marktübertreibungen)

Ein überarbeiteter LTAV wurde theoretisch / methodisch durch PWC untersucht, berichtet Holst, durch Auswertung von 135.600 Fallbeispielen mit dem Ergebnis, dass der LTAV grundsätzlich zuverlässige Methode sei. Er genüge in theoretischer Hinsicht allen Anforderungen, allerdings schlägt PWC eine Modifikation des LTAV Konzepts vor. Die Überarbeitung hat VHSS mit PWC vorgenommen, der überarbeitete LTAV entspricht dem Wirtschaftsprüfungsstandard (IDW S1) zur Unternehmensbewertung und wird zur Anwendung empfohlen.

Die Bewertungsvorschriften ergeben sich aus dem Gesetz zur Neuordnung des Pfandbriefrechts vom 22. Mai 2005 (BGBL.2005 Teil I, S 1373 – 1393), der Verordnung über die Ermittlung der Beleihungswerte von Schiffen gem. § 24, Abs. 1 – 3 des Pfandbriefgesetzes, Fassung vom 06.05.2008 (Beleihungswertermittlungsverordnung) und den Wertermittlungsanweisungen verschiedener Banken nach Schiffsbankgesetz / Gesetz zur Neuordnung des Pfandbriefrechts.

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Marktumfeld der Schiffsfinanzierung

Von Dr. Oliver Everling | 7.Oktober 2009

Frachtvolumen/-raten und Charterraten, insbesondere für Container) sind massiv eingebrochen, berichtet Benjamin Kirchhoff, Leiter Strukturierung und Analyse Inland Shipping von der HSH Nordbank (http://www.hsh-nordbank.de/) auf der Scope Circles Investment Conference Schiffe in Frankfurt am Main (http://www.scope.de/). Die Schiffswerte sind von ihren Höchstständen deutliche gefallen. Schiffe fanden keine Beschäftigung oder nur niedrigen Raten. Charterer verhandeln die Charterraten nach, einige wurden insolvent. Covenants (Kreditschutzklauseln) wurden verletzt. Eigenkapital konnte nicht im geplanten Maß eingeworben werden. Projekte benötigen Tilgungsstundungen und Refinanzierungen, während sich die Banken im Kreditgeschäft zurückhalten, berichtet.

Die Neigung der Beteiligten, sich an Restrukturierungen zu beteiligen, variiert stark, stellt Kirchhoff fest. Nur eine geringe Anzahl von Schiffen wurden zwangsversteigert. Die großen Charterer haben massive Restrukturierungsprogramme durchlaufen. Die zunächst harte Haltung der Werften habe sich geändert, sie zeigen sich flexibler. Viele Neubauten konnten verschoben, gewandelt oder storniert werden. Eine Vielzahl von innovativen Finanzierungsvehikeln ist entstanden. Unterm Strich war das Verhalten der Beteiligten – mit Ausnahmen – besonnen, berichtet Kirchhoff. „Alle Beteiligten versuchen, aktiv an einer Lösung zu arbeiten.“

„Gemessen an dem, was wir durchgemacht haben, hätte ich Sodom und Gomorra erwartet“, bekennt Kirchhoff und lobt das Verhalten der Beteiligten. Alle Beteiligten müssen einen angemessenen Beitrag zur Lösung der Probleme leisten. Der Beitrag der Eigenkapitalseite müsse wesentlich sein. Erhöhte Risiken in der Finanzierung erfordern eine höhere Bepreisung. Wenn die Bank eine Eigenkapitalposition einnimmt, müsse diese auch wie Eigenkapital verzinst werden. Voraussetzungen für eine erfolgreiche, für die Bank akzeptable Restrukturierung seien die Transparenz, zeitnahe und umfassende Informationen, Vorschläge des Managements zur Lösung der Probleme, rasche und professionelle Entscheidungen und Handlungen sowie erfahrenes und engagiertes Management. Erst wenn alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft sind, greifen die Banken zur Verwertung der Sicherheiten. Allerdings sei die Verwertung nie ausgeschlossen, fügt Kirchhoff hinzu.

Die Schiffahrt wird sich erst im Nachgang zu einem Anziehen der Konjunktur erholen, so seine Prognose. Die Zahl der Zwangsversteigerungen wird nicht nennenswert ansteigen, bei den meisten Projekten lohne sich für die Beteiligten die Option „Durchhalten“.

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Eskalationsmodell für Zertifikate

Von Dr. Oliver Everling | 5.Oktober 2009

„Risiken nicht zu kennen bedeutet, Risiken zu haben“, warnt Florian Schoeller, Chef der Scope Group, in Anknüpfung an ein Zitat von Warren Buffet. Das Motiv für die Entwicklung des Risikokontrollsystems (RKS) war die mangelhafte Information der eigenen Kunden, berichtet Schoeller. So seien die Warnungen vor den Lehmann-Zertifikaten nur von einem Teil der Kunden berücksichtigt und umgesetzt worden. Scope hatte bereits 3 Wochen vor der Insolvenz die Zertifikate von Lehman Brothers auf „distress“ gesetzt.

Das Risikokontrollsystem lässt die Beobachtung aller relevanten Parameter zu: Laufzeitparameter – Restlaufzeit (Tage), Restlaufzeit (Datum), Kupon-/ Rückzahlung (Tage) -, Strukturparameter – Puffer 1., 2. und 3. Schwelle, Seitwärtsrendite -, Kurs- und Spreadparameter – Basiswert Kurs, Zertifikat Briefkurs, Zertifikat Geldkurs, Spread in %, Spread Volatilität -, Bewertungsparameter (Investment-Rating, Risiko-Klasse, Peer Group Ranking), Analyseparameter – Renditeniveau (gesamt), Delta (theoretisch), Max. Gewinn, Max. Verlust (VaR), Null-Verlust-Wahrscheinlichkeit, Differenz zu bestehendem Angebot – sowie Bonitätsparameter – Bonitätsbewertung Scope, Bonitätsrating S&P, Bonitätsrating Moody`s, Bonitätsrating Fitch, Credit Default Swap (CDS) und CDS 3-Monate-Mittel.

Welche Parameter überwacht und bei welchen Schwellen informiert werden soll, bestimmt der Nutzer. Das System informiert, wenn ein Zustand eintritt und zeigt den Zustand so lange an, bis ein anderer Zustand eintritt. Der Risikomonitor zeigt alle Ereignisse auf einen Blick, demonstriert Schoeller live am System. Die Analysedaten werden auf täglicher Basis aktualisiert. Alle Kursdaten oder solche, die sich aus den Kursdaten berechnen, werden im 30-Minuten-Takt aktualisiert.

Die Vorteile des Risikokontrollsystems (RKS) sieht Schoeller in folgenden Aspekten: Das RKS diszipliniert Portfoliomanager und Intermediäre, sich nachhaltig über die Risiken einzelner Produkte und Anbieter Gedanken zu machen. Das RKS ermöglicht die lückenlose Kontrolle von 26 Parametern über viele Produkttypen und Produkte hinweg. Der Risikomonitor verschafft einen kompakten und übersichtlichen Überblick über alle Ereignisse der zu überwachenden Produkte.

Zusätzlich informiert das Email-System proaktiv über alle Ereignisse und verhindert, dass dem Anleger neue Risiken entgehen. Die Informationshierarchien des Email-Systems ermöglichen das Aufsetzen eines eigenen internen Warnsystems. Das Handling des Systems ist äußerst einfach und das Service-Center der Scope Analysis unterstützt Kunden bei der Einrichtung und der Pflege des Systems. Am Beispiel Lehman zeigt sich, dass das Eskalationsmodell die Risiken systematisch reduziert.

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PRIPs zwischen Selbst- und Überregulierung

Von Dr. Oliver Everling | 5.Oktober 2009

„Derivate und EU – zwischen Selbst- und Überregulierung“, mit diesem Thema befasst sich Dr. Ralf Fischer zu Cramburg auf dem Deutschen Derviate Tag des DDV in Frankfurt am Main. Er ist Generalsekretär der European Structured Investment Products Association (eusipa). DDV, SVSP, Zertifkate Forum Austria, ACEPI, SSS und afpdb gehören zu den Mitgliedern des Verbands, der international auf Mitgliedersuche in Europa ging.

„Es gehört zu den Grundüberzeugungen von eusipa,“ zitiert Fischer zu Cramburg, „dass die europäische Harmonisierung prinzipiell durch die Selbstregulierung des Sektors erfolgen sollte. Daher arbeitet eusipa an Grundsätzen für europäische strukturierte Investmentprodukte, die auf den nationalen Kodizes basieren. Deren Ziel soll es sein, die Governance-Vorschriften des Sektors für internationale Investoren transparent zu machen und den nationalen Verbänden Leitlinien vorzugeben.“

Er gibt einen Ausblick auf die voraussichtlichen Inhalte der eusipa-Prinzipien, auf die sich ihre Mitglieder festlegen wollen. Dazu gehört an erster Stelle die Herstellung der Transparenz über die Solvenz der Emittenten. Der Markt für Zertifikate soll transparenter und übersichtlicher gemacht werden, u. a. auch dadurch, dass die Produktkategorien strukturiert werden.

Fischer zu Cramburg zeigt einige Schwierigkeiten mit der PROSPEKTRICHTLINIE 2003/71/EC und VERORDNUNG 809/2004 auf, die den „europäischen Pass“, das Sprachenregime und das „Ein-Prospekt-Konzept“ betreffen. Notifizierung der Prospekte nach Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde nach Artikel 18, der Prospekt in einer in internationalen Finanzkreisen gebräuchlichen Sprache nach Artikel 19 sowie die Forderung, dass der gleiche Prospekt für das öffentliche Angebot und die Einführung an einen regulierten Markt nach Artikel 1 (1) zu verwenden ist, führen zu einem Mangel an Harmonisierung bei Umsetzung und Anwendung.

Die Überpüfung der Prospektrichtlinie (II) führte zu einer Reihe von eusipa-Kritikpunkten. Bezüglich des Registrierungsformulars vermerkt der Verband: Keine dreiteiligen Basisprospekte, keine „Passfähigkeit“ und kein Nachtrag auf Registrierungsformular. Mit Blick auf die Nachtragspflicht wird auf die mangelnde Konsistenz mit Transparenzrichtlinie, das unklare Fristende für die Nachtragspflicht und das zu weitgehende Widerrufsrecht verwiesen. Beim Sprachenregime ist kritisch anzumerken, dass die Prospekt–Vollübersetzung von vielen Behörden nicht als genehmigte Fassung betrachtet wird.

Zur Mitteilung der EU-Kommission zu „Packaged Retail Investment Products“ (PRIPs) zunächst seine Bestandsaufnahme: Das „patchwork“ bei nationaler Gesetzgebung sei eine ungeeignete Grundlage, einheitliche Regulierung sei daher notwendig. Als Form der Regulierung wird ein „hard law“ angestrebt, Selbstregulierung sei „keine glaubwürdige Antwort“, „von der Wirklichkeit überholt“. Es werde ein horizontaler Ansatz gewählt, der die besten bestehenden Vorschriften zum Vorbild nimmt und auf alle einschlägigen Produkte anwendet. Der Anwendungsbereich ist speziell ausgerichtet auf die auf den privaten Kunden zugeschnittene Finanzprodukte (retail oder package products) wie Investmentfondsanteile, Kapitallebensversicherungen und Strukturierte Produkte.

„Die Märkte für diese Produkte sind (…) charakterisiert“, zitiert Fischer zu Carmburg aus der Mitteilung der EU-Kommission zu „Packaged Retail Investment Products“ (PRIPs), „durch heftige Informationsasymetrien zwischen Emittenten und Vertrieb auf der einen und Privatanlegern auf der anderen Seite sowie Principle/Agent-Konflikte beim Vertrieb an Privatanleger. Dieses Marktversagen führt zur Schädigung der Anleger auf der Mikro-Ebene, wenn Produkte entgegen den Bedürfnissen ver- bzw. gekauft werden. Auf der Makro-Ebene besteht die Gefahr, dass sich die Anleger von den Märkten zurückziehen (…). Die Schädigung von Anlegern, verzerrter Wettbewerb zwischen den Produktfamilien auf Grundlage des Ausnutzens unterschiedlicher Regulierung und zu einem geringeren Ausmaß die Hindernisse bei der Entwicklung eines einheitlichen Markts werden erhebliche Probleme bleiben, wenn es nicht zu einer Gesetzgebung auf europäischer Ebene kommt. Eine Analyse der Optionen ergibt, dass dies zwar zu einer Steigerung der Kosten, aber auch zu Vorteilen in diesen Bereichen führen würde. Auf dieser Grundlage wird empfohlen, neue Vorschriften zu den vorvertraglichen Veröffentlichungspfllichten und zu Vertriebspraktiken einzuführen.“

Bezüglich der Regelungen zu den Packaged Retail Investment Products (PRIPs) hebt die eusipa-Stellungnahme folgende Punkte hervor: Unterstützung für das Anliegen der Kommission, konsistente Standards für den Anlegerschutz im Hinblick auf den Vertrieb und Veröffentlichungspflichten für Anlageprodukte einzuführen – ein neues „KID“ sollte jedoch nicht derart für sämtliche Produkte vereinheitlicht werden, dass die Unterschiede überdeckt werden – statt einer Verpflichtung der Emittenten zur Erstellung eines „KID“ sollte es lediglich eine solche für den Vertrieb geben, dieses dem Anleger vor seiner Entscheidung zugänglich zu machen. Es würde dann beiden Parteien überlassen bleiben, welchen Beitrag sie zum Erstellen des „KID“ zu leisten haben. Die Vorschriften zum „KID“ sollten im Einklang mit denen der Prospektrichtlinie stehen: Insbesondere sollte kein „KID“ erstellt werden müssen, wenn das Produkt mit einem Nennwert oder Preis von mindestens 50.000 Euro angeboten wird oder das Angebot an Privatanleger aus anderen Gründen von der Prospektrichtlinie ausgenommen ist. Es sollte keine Zusammenfassung für den Prospekt produziert werden müssen, wenn ein „KID“ zu erstellen ist, da beide dieselbe Funktion erfüllen. Zudem sollte keine Genehmigung durch die erforderliche Behörde erforderlich sein.

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