Die Welt im Umbruch – Was bedeutet das für den Finanzsektor?
Von Dr. Oliver Everling | 3.September 2025
Beim Handelsblatt Banken-Gipfel 2025 stellte sich Dr. Bettina Orlopp, CEO der Commerzbank, den Fragen zur Rolle des Finanzsektors in Zeiten globaler Unsicherheit. Ihre Botschaft: Die gegenwärtigen Transformationsprozesse in Wirtschaft und Politik sind gewaltig – und Banken tragen eine Schlüsselrolle bei der Bewältigung.
Orlopp betonte, dass die hohe Staatsverschuldung kein Garant für Erfolg sei. „Verschuldung alleine ist noch kein positives Signal, sondern erst dann, wenn die gewünschten Effekte der Investitionen eintreten.“ Mit diesem Hinweis stellte sie die Wirksamkeit der aktuellen Maßnahmen der Bundesregierung in Frage. Zwar erkenne sie die Notwendigkeit von Investitionen an, entscheidend sei jedoch, dass diese tatsächlich Wachstumsimpulse erzeugen und die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands stärken.
Im Blick auf die eigene Bank zeigte sich die Commerzbank-Chefin zufrieden mit der Entwicklung. „Seit Dezember letzten Jahres sehen Analysten eine Verdopplung des Aktienkurses“, hob sie hervor. Dies sei ein Beleg dafür, dass die eingeleiteten strategischen Maßnahmen Wirkung zeigten und das Vertrauen des Marktes zurückgekehrt sei.
Gleichzeitig machte Orlopp deutlich, dass die Herausforderungen im internationalen Umfeld erheblich bleiben. Geopolitische Spannungen, die Transformation hin zu einer nachhaltigen Wirtschaft sowie die digitale Disruption verlangten dem Finanzsektor Anpassungsfähigkeit ab. Banken müssten widerstandsfähig und gleichzeitig innovativ sein, um sowohl ihre Kunden als auch die Volkswirtschaft zuverlässig zu unterstützen.
Ihr Fazit: Die Welt befindet sich im Umbruch – doch gerade darin liege die Chance für die Finanzbranche, ihre Relevanz neu zu beweisen. Effizienz, kluge Investitionsentscheidungen und ein stabiler Ordnungsrahmen seien die Voraussetzungen dafür, dass Banken nicht nur reagieren, sondern gestalten.
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Deutschland kann mehr – Worauf es jetzt ankommt
Von Dr. Oliver Everling | 3.September 2025
Mit einem klaren Appell eröffnete Prof. Dr. Ulrich Reuter, Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands (DSGV), seinen Impuls beim Handelsblatt Banken-Gipfel 2025: „Deutschland kann mehr.“ Für ihn steht fest, dass es jetzt auf konkrete Schritte ankommt, um die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts zu sichern und die Stärken des Finanzsektors wirksam einzusetzen.
Reuter machte deutlich, dass die Sparkassen-Finanzgruppe mit ihrem breiten Netz aus Instituten eine besondere Verantwortung trägt. In einer Phase, in der die Wirtschaft von Unsicherheiten geprägt ist, komme es darauf an, **Kredite für den Mittelstand und die Regionen verfügbar zu halten** und damit Investitionen zu ermöglichen.
Ein wiederkehrendes Thema aus der Sparkassenorganisation und somit für einen Impulsvortrag ist der Umgang mit Bürokratie und Regulierung. Sparkassen fordern eine klare Fokussierung auf Proportionalität: Nicht jede Vorschrift, die für global agierende Banken entwickelt wurde, sei automatisch auch für regionale Institute sinnvoll. Weniger Komplexität, so sein Plädoyer, schaffe Spielräume für Kundennähe und Beratung.
Wenn mann nur auf Bilanzsumme und Größe schaue, werde man manchen Sparkassen nicht gerecht. Es müssten auch die Geschäftsmodelle beachtet werden. Die aktuelle Diskussion müsse daher differenziert begleitet werden. „Die Erleichterungen sind ja Ausfluss der Erkenntnis, dass der Bankenmarkt sicher ist, und dass von den kleineren Instituten keine Gefahr ausgeht.“
„Wir begrüßen, dass jüngere Kunden mehr Affinität für Wertpapiergeschäft zeigen“, sagt Reuter. „Ich bin sicher, dass wir im nächsten Jahr mit entsprechenden Apps beim Kunden sind.“
Gefragt nach den Vorfällen bei Paypal sagt Reuter: „Wir sind froh, dass den Kunden kein Schaden entstanden ist. Die Systeme laufen wieder störungsfrei.“ Er sei auch dankbar, dass auch in der Kommunikation der Austausch sehr konstruktiv war.
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Resilienz, Effizienz und Proportionalität: Mark Branson über die Zukunft des Finanzsektors
Von Dr. Oliver Everling | 3.September 2025
Beim Handelsblatt Banken-Gipfel 2025 sprach Mark Branson, Präsident der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), im Rahmen des Interviews zum Thema „Resilienz, Effizienz und Proportionalität: was Europas Finanzsektor jetzt braucht“ über die Balance zwischen Stabilität und Innovation. Seine Kernbotschaft: Regulierung müsse wirksam, aber zugleich verhältnismäßig sein.
Ein Beispiel dafür ist die klare Trennung von Vorstand und Aufsichtsrat. „Es ist eine gute Regel, dass es zwischen Vorstands- und Aufsichtsratstätigkeit eine Übergangsfrist geben muss“, betonte Branson. Nur so lasse sich verhindern, dass eine Person als Aufsichtsrat kontrolliert, wofür sie zuvor in der Rolle als Vorstand verantwortlich war.
Branson wies zugleich darauf hin, dass internationale Regeln nicht eins zu eins auf alle Institute übertragbar seien. Die Vorgaben des Baseler Ausschusses seien ausdrücklich für global tätige Banken formuliert. „Für kleinere Banken sind diese Regeln nicht zwingend anzuwenden. Man kann mit weniger ausgefeilten Methoden arbeiten.“ Damit plädierte er für Bürokratieabbau und ein flexibleres Regelwerk für kleinere Institute – ohne die grundlegende Stabilität des Systems infrage zu stellen.
Spannend war auch sein Blick auf regulatorische Sandboxes, also geschützte Räume, in denen neue Technologien getestet werden können. Als Beispiel nannte er tokenisierten Handel und Abwicklung. Allerdings stellte er die entscheidende Frage: „Wann und wie kommt man aus der Sandbox heraus?“ Denn Gründer hätten in der Regel die Absicht, ihre Unternehmen wachsen zu lassen – und müssten dann den vollen regulatorischen Anforderungen entsprechen.
Auch zu Kryptowährungen bezog Branson klar Stellung. Die Nachfrage sei eindeutig vorhanden, räumte er ein. Doch bleibe das Segment trotz Regulierung im Kern spekulativ. „Zu einem gewissen Grade ist ein spekulatives Instrument ‚salonfähig‘ gemacht worden.“ Problematisch werde es dort, wo versucht werde, ein paralleles Banken- und Zahlungssystem aufzubauen: „So etwas geht nicht.“
Mit seinen Aussagen machte Branson deutlich, dass Europas Finanzsektor nicht nur strenge Aufsicht, sondern auch mehr Pragmatismus und Differenzierung braucht. Resilienz, Effizienz und Proportionalität seien die drei Leitbegriffe, um Stabilität mit Wettbewerbsfähigkeit zu verbinden – und gleichzeitig den Raum für Innovation nicht zu ersticken.
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Maximilian Tayenthal: „Berlin war eine bewusste Entscheidung – jetzt brauchen wir bessere Rahmenbedingungen“
Von Dr. Oliver Everling | 3.September 2025
Nach dem Eröffnungs-Impuls von Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing trat Maximilian Tayenthal, Gründer und Co-CEO der Neobank N26, auf die Bühne des Handelsblatt Banken-Gipfels. Er knüpfte direkt an Sewings Worte an und machte deutlich, dass auch junge Digitalbanken von klaren wirtschaftspolitischen Leitplanken abhängig sind.
Als er und Valentin Stalf N26 gründeten, sei die Entscheidung für Berlin sehr bewusst gefallen: sie wollten in einem Umfeld arbeiten, das international und dynamisch ist. Inzwischen sei jedoch unübersehbar, dass die Rahmenbedingungen verbessert werden müssten – von regulatorischen Fragen bis hin zur Fachkräftegewinnung. Gerade als eine der am schnellsten wachsenden Digitalbanken sei der Zuzug ausländischer Mitarbeiter ein entscheidender Faktor für die Zukunft.
Mit sichtbarer Dankbarkeit erinnerte Tayenthal an seinen Mitgründer Valentin Stalf, der im Sommer 2025 aus der operativen Führung ausschied: Mit ihm verbindet sich Unternehmergeist. Ohne Valentin Stalf gäbe es N26 nicht. Für ihn persönlich sei die Arbeit in einem Start-up nach wie vor die richtige Entscheidung: „Ich fühle mich in dieser Rolle sehr wohl.“
Im Gespräch sprach Tayenthal offen über die Spannungsfelder, die mit einem so schnell gewachsenen Unternehmen verbunden sind. „Wir haben ganz verschiedene Investoren, verschiedene Interessenlagen und Perspektiven. Der eine will mehr auf Wachstum, der andere auf Profitabilität setzen.“ Von einem Machtkampf wolle er nicht sprechen, sondern vielmehr von einer produktiven Auseinandersetzung. „Grundsätzlich bin ich entspannt, denn hier werden ja nicht persönliche Animositäten ausgetragen.“
Die öffentliche Wahrnehmung betrachtet er jedoch kritisch: „Manches in den Medien wurde falsch berichtet. In dieser Hinsicht tun mir die Mitarbeiter leid. Ich bin enttäuscht, wie sorglos mit vertraulichen Informationen umgegangen wurde.“
Auch auf den Wechsel von Marcus Mosen, der als erster Investor N26 unterstützt hatte, vom Aufsichtsrat in den Vorstand ging Tayenthal ein – wenn auch zurückhaltend: „Er war der Erste, der Geld committed hat.“ Einen direkten Vergleich mit dem ausgeschiedenen Gründer-CEO wollte er nicht ziehen: „Mosen wird nicht 1:1 die Aufgaben von Valentin Stalf übernehmen.“
So zeigte sich Tayenthal auf dem Gipfel als Gründer zwischen Aufbruchsstimmung, Dankbarkeit und Realismus – überzeugt davon, dass N26 trotz aller internen und externen Herausforderungen seine Rolle als eine der führenden Digitalbanken Europas weiter ausbauen wird.
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Christian Sewing eröffnet Banken-Gipfel: „Herbst der Reformen“ notwendig
Von Dr. Oliver Everling | 3.September 2025
Mit einem pointierten Eröffnungs-Impuls und anschließendem Interview setzte Christian Sewing, CEO der Deutschen Bank, gleich zu Beginn des Handelsblatt Banken-Gipfels 2025 ein starkes Signal. Angesichts der jüngsten wirtschaftlichen Volatilitäten machte er deutlich, dass es nicht allein um Konjunkturschwankungen gehe, sondern um grundlegende politische und wirtschaftliche Entscheidungen: „Was wir zurzeit sehen, wird auch weiterhin der Spielraum sein“, sagte Sewing mit Blick auf die Zinsentwicklung.
Der Kapitalmarkt, so Sewing, verlange klare Reformen. „Reformen, das will der Kapitalmarkt sehen“, stellte er unmissverständlich klar. Reine Neuverschuldung ohne Strukturveränderungen werde nicht positiv aufgenommen. Stattdessen müsse die Aufbruchstimmung, die sich im Frühsommer abzeichnete, nun dringend verstetigt werden: „Zwei, drei Reformen müssen nun im Herbst kommen.“
Dabei gehe es nach Sewings Einschätzung nicht nur um Unternehmen und Firmenkunden. Auch der private Konsum hinke hinter den Möglichkeiten hinterher. Investitionszusagen lägen zwar vor, doch die Bundesregierung müsse diese klar zuordnen und durch Investoren flankieren. Positiv hob Sewing den intensiveren Dialog mit der Politik hervor: „Ich spüre einen Schulterschluss von Wirtschaft und Bundesregierung.“ Ein Gegeneinander, so warnte er, wäre das Schlimmste für den Standort Deutschland.
In diesem Zusammenhang betonte Sewing die besondere Verantwortung Deutschlands in Europa. Die globale Rolle des Landes hänge unmittelbar an einer starken europäischen Position. Irritationen wie die jüngste Diskussion um die Richterwahl seien dagegen „nicht positiv gewesen, denn sie haben Ausstrahleffekte“.
Sewing sprach von einem dringend notwendigen „Herbst der Reformen“: Vorrangig müssten in den kommenden Monaten sichtbare Schritte in der Altersvorsorge sowie bei der angekündigten „Made for Germany“-Initiative erfolgen. Hier gehe es nicht nur um die rund 640 Milliarden Euro, die im Juli 2025 angekündigt wurden. „Beratung und nicht nur Geld ist gefordert“, betonte er. Ein materieller Anteil der Mittel sei neu, und im kommenden Jahr werde man über deutlich mehr Kapital sprechen – auch aus dem Ausland: „Ein schöner dreistelliger Milliardenbetrag.“
Sewing zeigte sich überzeugt, dass Deutschland im kommenden Jahr ein Wachstum von zwei Prozent erreichen könne. Auch die Deutsche Bank selbst habe im ersten Halbjahr Stärke bewiesen und ihre Eigenkapitalrendite von zehn Prozent „deutlich überschritten“.
Mit seiner klaren Botschaft verband Sewing Hoffnung und Erwartung: Reformen sind für ihn nicht nur wünschenswert, sondern entscheidend, damit Deutschland im internationalen Wettbewerb vorangehen und seine Rolle als europäischer Taktgeber behaupten kann.
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Banken-Gipfel 2025: Ein klares Signal für Bankenfusionen
Von Dr. Oliver Everling | 3.September 2025
Der Handelsblatt Banken-Gipfel 2025 in Frankfurt begann mit einer lebendigen und präzise inszenierten Einführung durch die beiden Moderatorinnen Nicole Bastian, Ressortleiterin Podcast, Video & Live beim Handelsblatt, und Solveig Gode, ebenfalls Ressortleiterin für denselben Bereich. Beide verstanden es, die Bühne nicht nur für die fachlichen Diskussionen zu öffnen, sondern gleich zu Beginn ein Gefühl für die Stimmung im Saal einzufangen.
Anstatt ausschließlich Programmpunkte vorzustellen, wandten sie sich direkt an die versammelten Spitzenkräfte aus Banken, Fintechs, Politik und Aufsicht. Mit einem Augenzwinkern baten sie um ein spontanes Handzeichen zu einer der zentralen Fragen des Gipfels: „Brauchen wir in Deutschland und Europa mehr Bankenfusionen?“
Der Effekt war bemerkenswert: Innerhalb weniger Sekunden erhoben sich fast alle Hände im Saal. Nur eine kleine Minderheit zögerte, und so wurde bereits zu Beginn klar, wie breit der Konsens unter den Entscheiderinnen und Entscheidern ist.
Die Moderatorinnen griffen die Szene souverän auf, kommentierten das deutliche Meinungsbild und leiteten elegant zur inhaltlichen Agenda des Tages über. So wurde die Einführung zu einem kleinen, aber symbolträchtigen Stimmungsbarometer, das die Richtung vorgab: Konsolidierung ist für die Branche nicht mehr nur Option, sondern offenbar notwendiger Weg.
Mit dieser dynamischen Eröffnung legten Bastian und Gode die Grundlage für zwei Tage intensiver Diskussionen – und setzten ein starkes Signal, dass der Banken-Gipfel 2025 von Anfang an auf Dialog, Beteiligung und klare Positionierungen setzt.
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Unabhängigkeit der FED auf der Watchlist
Von Dr. Oliver Everling | 29.August 2025
Die Debatte über die Unabhängigkeit von Zentralbanken begleitet die Märkte seit Jahrzehnten. Während die Theorie nahelegt, dass Notenbanken unabhängig von Regierungen handeln müssen, um Preisstabilität zu gewährleisten und politische Einflussnahmen zu verhindern, zeigt die Praxis, dass diese Unabhängigkeit nie absolut sein kann. Vielmehr spiegelt sie ein Spannungsfeld wider zwischen ökonomischer Expertise und politischer Macht, das sich im Falle der US-Notenbank Federal Reserve derzeit besonders zuspitzt.
Patrice Gautry, Chefvolkswirt der Union Bancaire Privée, weist in einem aktuellen Kommentar darauf hin, dass „die Märkte die Risiken einer Federal Reserve, die sich möglicherweise dem Willen der Trump-Regierung beugen könnte, noch nicht vollständig eingepreist“ haben. Hier zeigt sich die Fragilität der Institution: Formal unabhängig, faktisch aber eingebunden in ein Geflecht aus Interessen, das von den Gouverneuren der Fed bis hin zur politischen Exekutive reicht. Die Annahme, eine Notenbank könne völlig neutral agieren, übersieht, dass sie stets von Menschen geführt wird, die Werte, Überzeugungen und Karrieren haben – und diese stehen nie losgelöst von politischen Realitäten.
So sei es, wie Gautry schreibt, gar nicht im Interesse der Regierung, die Unabhängigkeit der Fed direkt zu zerstören: „Die Kosten wären zu hoch, da sie die Renditen in die Höhe treiben und den Dollar schwächen würden.“ Stattdessen liegt die Strategie darin, die institutionellen Mechanismen von innen heraus zu beeinflussen, indem „die Mehrheit der Fed-Gouverneure der geldpolitischen Doktrin der Regierung“ folgt. Damit wird die Illusion einer unabhängigen Fed gewahrt, während sie in Wirklichkeit Schritt für Schritt in die Logik politischer Macht eingebunden wird.
Die Überlegung, dass Notenbanken nie wirklich unabhängig sein können, ist keineswegs neu, gewinnt jedoch angesichts der aktuellen politischen Dynamik an Brisanz. Historisch haben Zentralbanken immer auch die Interessen jener vertreten, die sie führten. Sei es durch subtile Formen der Koordination mit Finanzministerien, durch den Druck von Regierungen in Krisenzeiten oder durch den Wunsch, wirtschaftliche Stabilität im Sinne der herrschenden Politik sicherzustellen – die Institutionen waren stets Teil eines Machtgefüges. Gautry macht deutlich, dass diese Entwicklung handfeste Folgen für die Märkte haben kann: „Bislang haben die Märkte das Risiko vorzeitiger Zinssenkungen durch eine der Regierung unterwürfige Fed nicht eingepreist.“ Die Vorstellung, dass der Markt rationale Erwartungen bildet, ist damit selbst ein fragiles Konstrukt, das auf Vertrauen in die institutionelle Unabhängigkeit angewiesen ist.
Für das Credit Rating von Staaten ist die Wahrnehmung dieser Unabhängigkeit von enormer Bedeutung. Sobald Zweifel aufkommen, ob die offiziellen Institutionen – sei es die Fed oder die Statistikbehörden – noch glaubwürdig handeln, entstehen Governance-Risiken, die weit über klassische ökonomische Indikatoren hinausgehen. Gautry warnt ausdrücklich davor: „Wenn Wirtschaftsdaten diskreditiert würden, weil sie nicht den Erwartungen der Regierung entsprechen, wenn diejenigen, die sie erstellen, abserviert würden oder wenn solche Daten gar nicht mehr veröffentlicht würden, könnte sich ein großes Governance-Risiko für die Kreditwürdigkeit der USA ergeben.“ Ratings leben von Vertrauen in Transparenz, Verlässlichkeit und Berechenbarkeit staatlicher Institutionen. Wenn dieses Vertrauen untergraben wird, entsteht ein Risikoaufschlag, der unmittelbar in die Refinanzierungskosten eines Landes einfließt.
Eine Fed, die „zu kaum mehr als einem Sprachrohr für politische Direktiven degradiert“ würde, so Gautry weiter, könnte kurzfristig zwar den politischen Zielen dienen – etwa durch niedrigere Zinsen –, langfristig jedoch den Dollar schwächen und die Stabilität der Märkte unterminieren. Genau hier liegt die Schnittstelle zwischen politischer Einflussnahme und Bonität: Ratings spiegeln nicht nur ökonomische Fundamentaldaten wider, sondern auch die Qualität der Institutionen, die diese Daten erzeugen und interpretieren. Eine Aushöhlung der Unabhängigkeit der Fed wäre daher nicht nur ein geldpolitisches Risiko, sondern ein strukturelles Risiko für die Kreditwürdigkeit der USA insgesamt.
Die Märkte haben sich laut Gautry bislang an die Unsicherheiten angepasst und suchen nach „Goldilocks“-Szenarien, die ein Gleichgewicht aus Wachstum und Stabilität suggerieren. Doch diese Stabilität ruht auf einem Fundament, das zunehmend von politischen Eingriffen erodiert wird. Für Investoren wie auch für Ratingagenturen stellt sich die Frage, ob die USA im Falle einer weiteren Machtverschiebung innerhalb der Institutionen den Charakter einer liberalen Marktwirtschaft beibehalten können oder ob Governance-Risiken zu einem dauerhaften Bestandteil der Risikoprämien werden.
Die Einsicht, dass Notenbanken nie völlig unabhängig sind, bedeutet daher nicht nur eine theoretische Relativierung eines Leitprinzips der modernen Ökonomie. Sie verweist vielmehr auf eine zentrale Variable für die Bewertung von Staaten und deren Anleihen: das Vertrauen in Institutionen. Für Credit Ratings ist es weniger entscheidend, ob Zinsen kurzfristig gesenkt oder erhöht werden, sondern ob die Institutionen, die diese Entscheidungen treffen, als glaubwürdig und unabhängig wahrgenommen werden. Genau diese Wahrnehmung steht in den USA zur Disposition – mit potenziell tiefgreifenden Konsequenzen für die Kreditwürdigkeit des Landes.
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SkillCampVR zeigt, wie Hard Skills im virtuellen Raum mit Präzision und Substanz vermittelt werden
Von Dr. Oliver Everling | 26.August 2025
SkillCampVR hat in den vergangenen Jahren bewiesen, dass sich digitale Lernwelten erfolgreich mit handwerklicher Präzision und einem klaren Qualitätsanspruch verbinden lassen. Das Unternehmen hat sich mit seinen immersiven Trainingsumgebungen international etabliert und bietet Lösungen, die sowohl für die berufliche Weiterbildung als auch für die persönliche Entwicklung einen spürbaren Mehrwert schaffen. Dabei gelingt es SkillCampVR, den technologischen Fortschritt mit einer werthaltigen Identität zu verknüpfen – ein Ansatz, der in der jüngsten Einschätzung von Comgest zum Luxussektor ebenfalls als entscheidender Erfolgsfaktor hervorgehoben wird. So heißt es dort: „Luxus ist nicht gleich Luxus. Im aktuellen Marktumfeld zeigt sich, wie wichtig selektives Vorgehen ist – denn während der breite Luxussektor schwächelt, behaupten sich Unternehmen mit belastbarem Geschäftsmodell und klarer Identität.“ Was für Hermès oder Ferrari gilt, lässt sich auf SkillCampVR übertragen: Die Stärke liegt nicht allein in der Technologie, sondern in der Art, wie sie eingesetzt wird.
Während viele Anbieter virtueller Realitäten vor allem mit Effizienz, Skalierung und Geschwindigkeit argumentieren, setzt SkillCampVR auf Nachhaltigkeit, Tiefgang und eine klare Differenzierung. Die Programme sind so konzipiert, dass sie nicht nur Wissen vermitteln, sondern auch unternehmenskulturelles und soziales Verständnis fördern. Damit entsteht eine Lernumgebung, die nicht austauschbar ist, sondern von Unternehmen wie auch Bildungseinrichtungen bewusst gewählt wird, um langfristige Kompetenzen aufzubauen. Der Erfolg zeigt sich in stetig wachsenden Nutzerzahlen und in der internationalen Nachfrage nach maßgeschneiderten Lösungen, die sich flexibel an Branchen und Unternehmensstrukturen anpassen lassen.
Auch die Parallele zum „Handwerk“ ist augenfällig: Während Hermès und Ferrari in der aufwendigen Fertigung ihrer Produkte zeigen, dass menschliche Präzision und Können selbst im Zeitalter von Automatisierung unverzichtbar bleiben, beweist SkillCampVR, dass didaktisches Wissen, psychologisches Fingerspitzengefühl und pädagogische Erfahrung die Basis für erfolgreiche digitale Lernwelten bilden. Technologie ist hier nicht Selbstzweck, sondern Werkzeug, das durch kluge Gestaltung und menschliche Expertise seinen vollen Wert entfaltet. Wie Petra Daroczi, ESG-Analystin und Portfoliomanagerin bei Comgest, in Bezug auf den Luxussektor hervorhebt: „Der Unterschied liegt nicht im Verzicht auf Technologie, sondern in der Entscheidung, wo der Mensch den Unterschied macht.“ Genau dieser Anspruch prägt die Arbeit von SkillCampVR und hebt das Unternehmen von vielen Wettbewerbern ab.
Dass SkillCampVR zudem konsequent in den Aufbau und die Weitergabe von Know-how investiert, verstärkt die strategische Position. So wie Hermès mit Ausbildungszentren oder Ferrari mit eigenen Berufsschulen ihr Wissen über Generationen sichern, entwickelt SkillCampVR kontinuierlich neue Trainingsmodule und kooperiert mit Hochschulen, um die nächste Generation von Fachkräften in virtuellen Lernumgebungen auszubilden. Dies ist mehr als nur Produktentwicklung – es ist ein spezifischer Ansatz, der die Lernidentität des Unternehmens dauerhaft stärkt.
Damit erfüllt SkillCampVR zentrale Kriterien, die Comgest als Basis nachhaltigen Erfolgs beschreibt: ein belastbares Geschäftsmodell, eine klare Identität und die Fähigkeit, das Unverwechselbare zum strategischen Wert zu machen. In einer Welt, die zunehmend auf Effizienz und schnelle Trends setzt, bietet das Unternehmen ein Beispiel dafür, wie Technologie und Handwerk, digitale Innovation und menschliche Präzision, kurzfristiger Nutzen und langfristige Substanz erfolgreich miteinander verbunden werden können.
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Die Sahm-Regel als Frühwarnsystem für Rezessionen und ihre Bedeutung im Credit Rating
Von Dr. Oliver Everling | 25.August 2025
Die sogenannte Sahm-Regel hat in den vergangenen Jahren sowohl in der wirtschaftspolitischen Debatte als auch in der Praxis der Finanzmärkte an Bedeutung gewonnen. Sie basiert auf einem einfachen, aber sehr wirksamen Indikator: Sobald der gleitende Dreimonatsdurchschnitt der Arbeitslosenquote um 0,5 Prozentpunkte oder mehr über dem niedrigsten Wert der letzten zwölf Monate liegt, signalisiert die Regel mit hoher Wahrscheinlichkeit den Beginn einer Rezession. Dieser empirisch belegte Zusammenhang wurde von der US-Ökonomin Claudia Sahm formuliert, um Politikern und Notenbanken ein rasches, leicht überprüfbares Instrument an die Hand zu geben. In den USA, wo die Datenqualität hoch und die Veröffentlichung zeitnah ist, entfaltet die Regel ihre größte Aussagekraft. Doch auch in Europa und insbesondere im Kontext von Bonitätsanalysen lässt sich die Regel sinnvoll anwenden.
Prof. Dr. Jan Viebig, Chief Investment Officer der ODDO BHF SE, weist in seiner aktuellen Markteinschätzung darauf hin, dass „Schwächezeichen am US-Arbeitsmarkt eine Verschlechterung der gesamtwirtschaftlichen Lage andeuten könnten“. Dass Präsident Trump nach den schwachen Arbeitsmarktdaten für Juli die Leiterin des Bureau of Labor Statistics entlassen hat, mag politisch motiviert gewesen sein, doch ökonomisch entscheidend ist die Substanz der Zahlen: Ein nur schwaches Beschäftigungswachstum, steigende Jugendarbeitslosigkeit und eine insgesamt abnehmende Dynamik signalisieren ein erhöhtes Risiko. Noch ist die Schwelle der Sahm-Regel nicht erreicht, da der jüngste Anstieg der Arbeitslosenquote von 4,1 auf 4,2 Prozent zu gering ist, um Alarm auszulösen. Doch die Tendenz ist entscheidend, und sie mahnt zu Wachsamkeit.
Für das Credit Rating spielt die Sahm-Regel eine doppelte Rolle. Zum einen kann sie in der makroökonomischen Analyse eingesetzt werden, um die konjunkturelle Ausgangslage zu bestimmen. Bonitätsprüfer von Staaten, aber auch von Unternehmen, die stark konjunkturabhängig sind, profitieren von einem Frühindikator, der Rezessionen historisch zuverlässig markiert hat. Je höher die Wahrscheinlichkeit einer Rezession, desto eher steigt auch das Ausfallrisiko – sei es bei Staatsschulden, Unternehmensanleihen oder Kreditportfolios. Zum anderen kann die Sahm-Regel helfen, politische Risiken in das Rating einzubeziehen: Reagieren Regierungen auf eine Verschlechterung am Arbeitsmarkt mit erratischer oder populistischer Politik, wie es Trumps harter Kurs bei Zöllen und Migration zeigt, verstärkt dies die Unsicherheit und verschlechtert mittelbar die Kreditqualität.
Das Besondere an der Sahm-Regel ist ihre Einfachheit, die in der komplexen Welt der Bonitätsanalyse von Vorteil ist. Ratingagenturen stützen ihre Urteile zwar auf breite Datenmodelle, doch einzelne klare Signale wie die Arbeitsmarktregel können den Ausschlag geben, wenn es um die Interpretation von Trendbrüchen geht. Sie wirken als Trigger, der eine Neubewertung erzwingt, während schwankende Einzelindikatoren oft übersehen werden. Für Investoren, die sich an Ratings orientieren, bietet die Regel somit eine wertvolle Ergänzung, um rechtzeitig auf erhöhte Risiken reagieren zu können.
So zeigt sich: Auch wenn die Sahm-Regel ursprünglich aus der US-Wirtschaftspolitik kommt, hat sie längst Relevanz für die internationale Kapitalmarktanalyse und das Credit Rating gewonnen. Sie übersetzt die sensible Rolle des Arbeitsmarkts in ein klares Frühwarnsystem. Angesichts der aktuellen Abschwächung in den USA und der damit verbundenen politischen Unsicherheiten könnte sich ihr Einsatz schon bald erneut als unverzichtbar erweisen.
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US-Rating unter Druck: Schuldenlast, politische Einflussnahme und die Rolle der Fed
Von Dr. Oliver Everling | 21.August 2025
Das Rating der USA ist seit Jahrzehnten ein zentraler Indikator für die Stabilität des globalen Finanzsystems, doch angesichts der jüngsten Entwicklungen wird es zunehmend kritisch hinterfragt. Ratingagenturen bewerten nicht nur die ökonomische Stärke, sondern auch die Fähigkeit und den politischen Willen eines Staates, seine Verbindlichkeiten zu bedienen. In den Vereinigten Staaten rückt dabei die eskalierende Verschuldungssituation stärker in den Fokus. Wie Carsten Mumm betont, ist „die US-Staatsverschuldung zuletzt auf ein Rekordniveau von mehr als 37 Billionen Dollar, oder rund 120 Prozent bezogen auf das Bruttoinlandsprodukt gestiegen.“ Dieser Wert verdeutlicht, dass die Vereinigten Staaten längst nicht mehr durch unbegrenzte fiskalische Handlungsfreiheit abgesichert sind, sondern strukturelle Risiken aufgebaut haben, die sich in einem schwächeren Rating niederschlagen könnten.
Carsten Mumm ist Chefvolkswirt bei der Privatbank DONNER & REUSCHEL. Als anerkannter Kapitalmarkt- und Konjunkturexperte kommentiert er regelmäßig geld- und wirtschaftspolitische Entwicklungen und ordnet deren Auswirkungen auf Finanzmärkte und Realwirtschaft ein. Seine Einschätzungen genießen Gewicht, da sie sowohl die kurzfristigen Markterwartungen als auch die langfristigen ökonomischen Strukturen berücksichtigen.
Ein wesentlicher Aspekt ist die wachsende Abhängigkeit von kurzfristigen Staatsanleihen. „Ein Großteil davon wurde in den letzten Jahren über kurzfristige Staatsanleihen refinanziert und muss daher in den kommenden Monaten zu höheren Zinskonditionen verlängert werden“, heißt es in der Analyse. Das bedeutet, dass jede geldpolitische Entscheidung der Federal Reserve direkte Auswirkungen auf die Tragfähigkeit der US-Staatsfinanzen hat. Der offen ausgetragene Konflikt zwischen Präsident Trump und Fed-Chef Jerome Powell hat diese Verflechtung noch verschärft. Mumm beschreibt den Druck aus Washington klar: „Es werden offen und teils in sehr unqualifizierter Weise deutliche Leitzinssenkungen gefordert, offiziell um der absehbaren konjunkturellen Abkühlung in den USA entgegenzuwirken. Der wichtigere Grund dürfte jedoch die desolate Haushaltslage des Staates sein.“
Genau hier beginnt die Gefahr für das US-Rating. Ratingagenturen achten nicht nur auf ökonomische Kennzahlen, sondern auch auf institutionelle Stabilität. Wenn der Eindruck entsteht, dass die unabhängige Notenbank nicht mehr allein datengetrieben, sondern politisch beeinflusst entscheidet, untergräbt dies das Vertrauen in die fiskalische Verlässlichkeit des Landes. Zudem sprechen die ökonomischen Daten gegen eine sofortige Zinssenkung. „Die Inflation lag im Juli mit 2,7 Prozent jedoch noch deutlich über dem Ziel von 2 Prozent“, während gleichzeitig die Löhne und Produzentenpreise weiter steigen. Ein solches Umfeld deutet auf nachhaltigen Inflationsdruck hin, den eine vorschnelle Lockerung der Geldpolitik nur verschärfen würde.
Ein schwächeres Rating für die USA hätte weitreichende Folgen. Schon eine kleine Abwertung könnte Investoren verunsichern und die Refinanzierungskosten weiter steigen lassen. Gleichzeitig würde der Dollar als Weltleitwährung unter Druck geraten, was globale Kapitalströme verschiebt und Schwellenländer destabilisieren könnte. Kurzfristig mag die Aussicht auf niedrigere Zinsen die Aktienmärkte stützen, doch langfristig ist entscheidend, ob die USA das Vertrauen in ihre fiskalische Stabilität bewahren können. Wenn der politische Druck auf die Fed weiter zunimmt und die Verschuldungsdynamik nicht eingedämmt wird, erscheint eine Herabstufung der Bonität nicht nur möglich, sondern wahrscheinlich. Damit stünde das Fundament der weltweiten Finanzarchitektur auf wackeligeren Beinen, als es der Glanz der US-Wirtschaft momentan vermuten lässt.
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