Cognitive Banking: Mit Künstlicher Intelligenz zu mehr Relevanz und Kundenbindung

Von Dr. Oliver Everling | 1.Juli 2025

Thomas Friedrichkeit, Head of Sales DACH bei Personetics, eröffnete seinen Vortrag auf der Handelsblatt Jahrestagung mit einer eindringlichen Erkenntnis: „Wir sind bei einem Prozent Digitalisierung angekommen, 99 Prozent haben wir noch vor uns.“ Mit über 25 Jahren Erfahrung in Banken und Banksoftware, davon zehn Jahre in London, leitet der Österreicher seit Anfang 2025 das Business Development bei Personetics, einem führenden Anbieter im Bereich „Cognitive Banking“.

In seinem Beitrag mit dem Titel „Cognitive Banking – Wie 150 Millionen Bankkunden monatlich 1,2 Milliarden relevante Insights bekommen“ gab Friedrichkeit Einblicke in die aktuelle Entwicklung und die Möglichkeiten der datengestützten Personalisierung im Finanzsektor. Personetics betreibt eine Plattform, die bereits von über 100 Banken in mehr als 30 Ländern genutzt wird. Sie verknüpft „Financial Wellbeing“ mit „Need-Based Digital Upsell“ und bietet damit eine KI-gestützte Customer Experience, die sowohl aktuelle als auch zukünftige Kundenbedürfnisse analysiert und bedient.

Friedrichkeit betonte, dass der Finanzsektor einer massiven Disruption unterliegt. Das veränderte Verhalten der Konsumenten zwinge Banken zu Innovationen – oder sie würden vom Markt verdrängt. Studien belegen diese Dynamik: So haben in den letzten zwölf Monaten 59 Prozent der Bankkunden ein Finanzprodukt von einem neuen Anbieter erworben, bei der Generation Z sind es sogar 82 Prozent. Gleichzeitig planen 13 Prozent der Privatkunden, innerhalb eines Jahres ihre Bank zu wechseln.

Diese Entwicklungen werden unter anderem durch den Aufstieg der Neobanken und den regulatorischen Rahmen von Open Banking (etwa durch PSD2) befeuert. Gleichzeitig stellen alte Legacy-Systeme eine große Herausforderung dar und erschweren Innovationen. Hier setzt „Cognitive Banking“ an: Mithilfe von Künstlicher Intelligenz analysieren die Systeme Kundentransaktionen in Echtzeit, erstellen ein detailliertes Kundenprofil und erkennen sowohl gegenwärtige als auch zukünftige Bedürfnisse. Darauf basieren gezielte, bedarfsgerechte Maßnahmen, die Kunden personalisiert und kanalübergreifend angeboten werden.

Die Personetics-Plattform ermöglicht es Banken, „actionable insights“ zu generieren – also umsetzbare Erkenntnisse, die echten Mehrwert bieten und das Engagement der Kunden fördern. Vorgefertigte interaktive Funktionen erleichtern die Umsetzung dieser Strategien und helfen Banken dabei, Kunden besser zu verstehen und individuell zu bedienen.

Fazit von Friedrichkeit: Trotz erster Erfolge stehe die Branche erst am Anfang der Digitalisierung. Nur wer jetzt auf innovative, datengetriebene und kundenorientierte Lösungen setzt, kann im Wettbewerb bestehen und die Zukunft des Bankings aktiv mitgestalten.

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Perspektiven auf das Banking von morgen – Drei Stimmen zur Zukunft der Branche

Von Dr. Oliver Everling | 1.Juli 2025

Im Rahmen der Handelsblatt Jahrestagung „Zukunft Retail Banking 2025“ traten nicht nur CEOs großer Banken auf, sondern auch Vordenkerinnen und Strategen, die im Hintergrund die kulturelle und technologische Transformation der Branche gestalten. In drei separaten Interview-Formaten – Fireside Chat, Thesen-Talk und Best Practice – gaben Holger Sachse (Boston Consulting Group), Bianca Zwart (bunq) und Meike Keber (TARGOBANK) jeweils tiefgreifende Einblicke in ihre Perspektiven auf den Wandel des Bankings. Ihre Beiträge verdeutlichten, dass Banking heute weit über Produkte und Prozesse hinausgeht – es geht um Haltung, Kultur und Vertrauen.

Im Fireside Chat sprach Holger Sachse, Managing Director & Partner bei The Boston Consulting Group, über das neue Kundenverhalten und die sich verändernden Marktmechanismen. Für ihn ist klar: Das Wechselverhalten der Bankkundschaft hat sich nachhaltig verändert. Kunden seien nicht mehr so träge wie früher – sie sind neugieriger, kritischer und deutlich offener gegenüber Innovationen. Nicht zwangsläufig werde heute die Hauptbankverbindung gewechselt, wohl aber einzelne Produkte – insbesondere wenn sie relevant, digital und einfach zugänglich sind. Das erklärt laut Sachse auch, warum einige Neobanken wieder vom Markt verschwunden sind: Es fehle ihnen schlicht an einem echten Mehrwert. Innovation sei eben nur dann erfolgreich, wenn sie sichtbar, spürbar und gut kommuniziert sei. Ein wesentliches Unterscheidungsmerkmal erfolgreicher Fintechs sei heute ihre Marketingstärke.

Sachse analysierte zudem die aktuelle Marktdynamik aus internationaler Perspektive: Deutschland sei aufgrund seines hohen Einlagenvolumens ein besonders attraktiver Markt für ausländische Banken. Die Offensive der spanischen BBVA mit 3 % Tagesgeldzins wertet er nicht als kurzfristige Lockaktion für „Zinshopper“, sondern als gezielten Versuch, Einlagen strukturell aus Deutschland abzuziehen. Dass BBVA beispielsweise nicht ins Baufinanzierungsgeschäft einsteige, sei strategisch sinnvoll – denn dies würde den Vorteil der leichten Mobilisierung von Einlagen aushebeln. Sachse sieht einen klaren Trend zur Verlagerung der Kostenstrukturen: In Brasilien oder China erledigen viele Menschen Bankgeschäfte längst nicht mehr in der Banking-App, sondern über Chat-Plattformen wie WhatsApp oder WeChat. Diese Entkopplung vom klassischen Interface werde auch Europa erreichen. Seine These: Die Bank der Zukunft wird in ihrer Architektur viel fluider und ihre Kostenbestandteile radikal verschoben sein.

Eine andere, aber nicht weniger visionäre Perspektive bot Bianca Zwart, Chief Strategy Officer der niederländischen Neobank bunq, in einem separaten Thesen-Interview. Ihre Mission ist es, bunq zu einer globalen Bank zu machen, die Menschen wirklich gern nutzen. Das zentrale Prinzip: „User first“. Für Zwart bedeutet das nicht nur gute Usability, sondern ein tiefes Verständnis dafür, wie, wo und warum sich das Leben ihrer Nutzer verändert – sei es durch einen Umzug, einen Jobwechsel oder eine neue Lebensphase. Genau dort will bunq präsent sein. Als Bank für Expats, Vielreisende und digitale Nomaden verfolgt bunq einen konsequent internationalen Ansatz. Live, love, work across countries – dieser Leitsatz spiegelt sich in jedem Aspekt des Produktdesigns.

Zwart betonte, dass Nutzerfeedback bei bunq nicht nur erwünscht, sondern integraler Bestandteil der Produktentwicklung sei. Marktakzeptanz werde nicht durch Marktforschung simuliert, sondern durch reale Nutzung getestet. Gleichzeitig zeigte sie ein hohes Maß an Pragmatismus: In Deutschland etwa bleibe Bargeld trotz aller Digitalisierung „King“ – entsprechend passe sich bunq dem Verhalten seiner Nutzer an. Zwart beschrieb auch die Herausforderungen eines globalen Angebots: Die Regulierungslandschaften in Europa seien noch immer extrem heterogen. Was für Kunden unsichtbar bleibe, sei für Banken ein immenser Koordinationsaufwand. Dennoch sei es machbar – wenn die Perspektive stimmt: nicht vom Produkt, sondern vom Nutzer aus denken. Ihre Rolle als Chief Strategy Officer umfasst bei bunq auch die Verantwortung für PR, Kommunikation und User Operations – ein Zeichen dafür, wie eng Strategie, Marke und Kundeninteraktion bei bunq verzahnt sind.

Einen sehr praxisnahen und zugleich kulturell fundierten Blick auf die Transformation des Bankings gewährte Meike Keber, B2C Transformation Lead der TARGOBANK, in ihrem Best Practice Interview. Sie sprach nicht über aktuelle Akquisitionen wie die Übernahme der OLB – sondern über das, was eine erfolgreiche Transformation im Kerngeschäft ausmacht: Struktur, Haltung und kulturelle Führung. Die TARGOBANK, traditionell stark im Konsumentenkredit verankert, befindet sich aktuell auf dem Weg von einem Monoliner zu einer Universalbank. Keber sprach von „vielen parallelen Wachstumspfaden“: Die Erweiterung des Angebots um Baufinanzierung, die Integration von Gruppenleistungen wie Versicherungen, der Markteintritt in Österreich über Check24, aber auch neue Vertriebspartner wie Joe Broker.

Diese Transformation sei nur durch eine klare Governance möglich: mit Roadmaps, Dashboards, einem Purpose Office und einem dedizierten B2C Management Team. Transformation dürfe kein Zufallsprodukt sein, sondern müsse bewusst priorisiert und gesteuert werden. Dabei betonte Keber vor allem die kulturelle Seite des Wandels. Ihr Bild: Die TARGOBANK sei heute eher ein Monokultur-Wald – das Ziel sei ein diverser Mischwald. Das bedeute nicht nur mehr Produktvielfalt, sondern auch eine veränderte Denkweise. Transformation brauche Begleitung – systemisch, psychologisch, menschlich. Ihre akademische Herkunft aus der Wirtschafts- und Positiven Psychologie spiegelt sich in ihrem Führungsstil wider: Veränderung beginne im Kopf, nicht im System. Sie zog die Analogie zum deutschen Wald – fragmentiert, aber zunehmend datengetrieben bewirtschaftet. So müsse auch eine Bank heute denken: komplex, langfristig, wachstumsfähig.

Drei Stimmen, drei Perspektiven – und doch ein gemeinsames Ziel: Banking neu denken. Nicht aus Sicht von Produkten, sondern aus Sicht der Menschen, die sie nutzen. Nicht als reine Digitalisierung, sondern als Transformation im kulturellen, technologischen und strategischen Sinne. Die Gespräche mit Holger Sachse, Bianca Zwart und Meike Keber zeigten, wie vielfältig, anspruchsvoll und chancenreich dieser Wandel ist.

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Zwischen Zöllen, Schulden und Zinssorgen: Amerikas Wirtschaftspolitik vor dem Stresstest

Von Dr. Oliver Everling | 1.Juli 2025

Die vorübergehende Entspannung im Nahen Osten rückt wirtschaftspolitische Themen in den Fokus zurück, die zuletzt zu Unrecht in den Hintergrund getreten waren. Axel D. Angermann, Chef-Volkswirt der FERI Gruppe, warnt insbesondere vor den Folgen einer zunehmend protektionistischen Handelspolitik der USA sowie einer fiskalischen und geldpolitischen Entwicklung, die Unsicherheit an den Finanzmärkten schürt. „Das generelle Zoll-Niveau auf US-amerikanische Importe wird letztlich mindestens dreimal so hoch sein wie vor dem Amtsantritt Trumps“, konstatiert Angermann. Daraus resultierten Risiken für die Preisstabilität: „Die absehbare unmittelbare Folge sind steigende Importpreise und damit wieder anziehende Inflationsraten.“ Zwar sei dies in den aktuellen Inflationsdaten noch kaum sichtbar, doch Angermann warnt: „Im Hintergrund droht Ungemach.“ Als Warnsignal verweist er auf den Anstieg der Preiskomponente des Einkaufsmanagerindex auf den höchsten Stand seit drei Jahren.

Auch fiskalpolitisch droht eine weitere Verschärfung. Sollte Trump erneut Präsident werden, will er pünktlich zum 4. Juli den „One Big Beautiful Bill Act“ unterzeichnen. Angermann sieht in dem Gesetzespaket eine Gefahr für die Tragfähigkeit der Staatsfinanzen: „Die jährlichen Defizite des US-Haushalts werden aller Voraussicht nach auf jeden Fall groß bleiben – und den Schuldenstand weiter steigen lassen.“ Während die Aktienmärkte sich zunächst über die enthaltenen Steuersenkungen freuen dürften, erwartet er am Rentenmarkt eine gegenteilige Reaktion: „Ihre Kollegen am Rentenmarkt [dürften] auf die weiter erodierende Tragfähigkeit der staatlichen Verschuldung mit höheren Zinsforderungen für US-Staatsanleihen reagieren.“ Die Folgen höherer Zinsen seien bereits spürbar: „Man sieht es an der Entwicklung der Häusermärkte und der Bautätigkeit“, so Angermann. Auch die Konsumdaten signalisierten, „dass die Kauflaune der US-Amerikaner nicht mehr uneingeschränkt positiv ist.“

Vor diesem Hintergrund sieht Angermann die US-Notenbank Federal Reserve in einem Dilemma. „Mit Blick auf die absehbare Inflationsentwicklung verbieten sich Zinssenkungen, angesichts der voraussichtlichen Konjunkturentwicklung wären sie hingegen durchaus wünschenswert.“ Die Notenbanker hielten sich nach außen hin zwar beide Optionen offen, doch intern gebe es erbitterte Diskussionen darüber, „inwieweit man zollbedingte Inflationseffekte als ‚vorübergehend‘ ansehen soll – was den Weg zu Zinssenkungen frei machen könnte.“ Gleichzeitig werde die politische Unabhängigkeit der Fed zunehmend untergraben: „In aller Öffentlichkeit beschimpft der Präsident derweil den von ihm selbst eingesetzten Notenbankchef in einer Weise, die für die künftige Unabhängigkeit geldpolitischer Entscheidungen das Schlimmste befürchten lässt.“ Für Angermann ist klar: „Die Politisierung der Fed in den Diensten der MAGA-Bewegung hätte das Potenzial, die Kapitalmärkte ganz grundlegend zu erschüttern.“ Bereits die Andeutung, „knapp ein Jahr vor dem Ende der Amtszeit von Powell eine Art Schattenpräsidenten zu installieren, hat die Nervosität an den Märkten bereits steigen lassen.“

Angesichts dieser Entwicklungen rechnet Angermann nicht mit einer Ruhephase an den Märkten: „Eine echte Sommerpause ist an den US-Märkten eher nicht zu erwarten.“ Und weil die Vereinigten Staaten mit ihren Aktien, Staatsanleihen und ihrer Währung weiterhin global prägend seien, gilt dies laut Angermann „auch für Europa und andere Regionen weltweit.“

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René Babinsky: Banking zwischen App und Begegnung – die neue Balance im Kundenerlebnis

Von Dr. Oliver Everling | 1.Juli 2025

Auf der Handelsblatt Jahrestagung „Zukunft Retail Banking 2025 – Wettbewerb und Wandel: Wie Banken morgen erfolgreich bleiben“ stellte René Babinsky, Geschäftsführer Privatkundengeschäft der HypoVereinsbank, seine Vision eines hybriden Kundenerlebnisses vor – ein Banking, das zwischen digitaler Selbstbestimmung und persönlicher Nähe den richtigen Takt findet. In seinem Vortrag mit dem Titel „Hybride Kundenerlebnisse – zwischen App und Filiale die richtige Balance finden“ machte Babinsky klar: Es geht nicht mehr um entweder-oder, sondern um ein intelligentes sowohl-als-auch.

Babinsky betonte, dass Kunden nicht in starren Zielgruppen denken, sondern sich im Laufe ihres Lebens kontinuierlich weiterentwickeln – vom ersten Konto über Heirat und Hauskauf bis hin zur Vermögens- oder Nachfolgeplanung. Daraus leitet die HypoVereinsbank ein differenziertes Omnikanal-Verständnis ab: Nicht der Kanal entscheidet, sondern der Kunde. Ob App, Telefon, Videoberatung oder Filiale – die Wege müssen vernetzt, bruchfrei und vor allem situationsgerecht sein. Das Ziel ist ein digitales Angebot, das sich nicht in Einzellösungen verliert, sondern als durchgängige Erlebniswelt verstanden wird.

Mit dem Konzept des „Smart Banking“ verfolgt Babinsky eine klare Linie: flexibel, einfach, modern und zugleich persönlich. Dabei kommen zunehmend auch Technologien wie KI-gestützte Chatbots zum Einsatz – sowohl im Kundenservice als auch als digitale Assistenz für Mitarbeiter. Doch er warnt vor Überschätzung: „KI ist kein Allheilmittel für die 360-Grad-Beratung.“ Gerade bei sensiblen und komplexen Themen wie Geldanlage oder Nachfolgefragen bleibe der persönliche Kontakt unverzichtbar. Beratung sei Vertrauenssache – und Vertrauen entsteht durch Beziehung, nicht durch Algorithmen.

Die Rolle der Filiale erfährt in diesem Modell eine tiefgreifende Neuausrichtung. Sie ist nicht länger Ort der Transaktion, sondern Ort der Begegnung. Es gehe nicht mehr um die Reduktion von Standorten, sondern um deren qualitative Weiterentwicklung. Smarte Filialen sollen künftig emotionale Anker sein – für Gespräche, Orientierung und Bindung. Persönliche Beratung erfolgt dabei nicht nur vor Ort, sondern nahtlos auch per Video oder Telefon. Ziel ist eine Omnikanalstruktur ohne Medienbrüche, in der alle Kanäle gleichwertig eingebunden sind.

Diese Strategie zeigt Wirkung: Der Net Promoter Score (NPS), ein zentraler Indikator für Kundenloyalität und Weiterempfehlungsbereitschaft, konnte seit 2019 um beeindruckende **50 Punkte** gesteigert werden. Für Babinsky ist das ein klarer Beleg dafür, dass Kunden digitale Kompetenz schätzen – aber nicht auf persönliche Nähe verzichten wollen. Banking müsse digital überzeugen und persönlich verbinden.

René Babinsky, seit März 2024 Geschäftsführer für das Privatkundengeschäft der HypoVereinsbank, steht für eine starke Verbindung aus Vertriebsnähe und strategischem Wandel. Seit 2008 in verschiedenen Führungspositionen bei UniCredit tätig, begann er seine Laufbahn im Firmenkundengeschäft und war unter anderem Leiter für Corporates in Berlin. 2020 wechselte er ins Privatkundensegment, wo er zunächst die Verantwortung für den Regionalbereich Ost übernahm. Zwei Jahre später kam die Region Norddeutschland hinzu, bevor er 2024 an die Spitze der Privatkunden Bank der HVB aufstieg – einem Bereich, der Retail, Wealth Management, Privatkunden sowie Geschäftskunden umfasst.

Sein Vortrag auf der Handelsblatt-Jahrestagung zeigte klar: Der Wandel im Retail Banking ist nicht nur technologisch, sondern vor allem kulturell. Kunden wollen mehr Selbstbestimmung, aber sie wünschen sich auch echte Verbindlichkeit. Die Zukunft liegt in einer neuen Balance – zwischen App und Begegnung.

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Dr. Dominik Hennen: Mit Daten, Dialog und Dynamik zur Zukunft des Retail Bankings

Von Dr. Oliver Everling | 1.Juli 2025

Auf der Handelsblatt Jahrestagung „Zukunft Retail Banking 2025 – Wettbewerb und Wandel: Wie Banken morgen erfolgreich bleiben“ in Frankfurt am Main präsentierte Dr. Dominik Hennen, Head of Personal Banking der Deutschen Bank, die digitale Transformationsstrategie des Hauses. In seinem Vortrag mit dem Titel „Kunden im Mittelpunkt: Datengetriebener Omnikanal-Ansatz als Schlüssel der Transformation“ zeigte Hennen eindrucksvoll, wie die Deutsche Bank ihr Privatkundengeschäft neu ausrichtet – technologiegestützt, kanalübergreifend und strikt kundenorientiert.

Ein zentrales Element der Strategie ist die effiziente Verbindung physischer Vertriebswege. Besonders hervorgehoben wurde die reibungslose Zusammenarbeit zwischen den stationären Beratern und den Maklern von Deutsche Bank Immobilien. Über 10.000 Leads wurden im vergangenen Jahr erfolgreich zwischen beiden Einheiten vermittelt. Dabei zahlt sich ein datengetriebener Ansatz doppelt aus: Objektinteressenten mit Baufinanzierungsbedarf werden gezielt identifiziert und weitergeleitet, ebenso wie Hausverkäufer, die über signifikantes Anlagepotenzial verfügen. Diese „Tippings“ erhöhen nicht nur die Relevanz der Angebote, sondern auch deren Abschlusswahrscheinlichkeit.

Auch im digitalen Vertrieb verzeichnet die Bank deutliche Fortschritte. Mit der neuen Adobe-Plattform konnte die Zahl der hochwertigen Neukundenleads bereits um nahezu 50 Prozent gesteigert werden. Die Grundlage dafür bildet eine immer präzisere Segmentierung der Zielgruppen und eine personalisierte Ansprache über Social Media. Ergänzt wird dieser Ansatz durch intelligentes Nachfassen bei Kunden, die Online-Antragsstrecken nicht abgeschlossen haben. So wird aus Abbruchverhalten eine neue Chance zur Konversion.

Ein weiterer Hebel liegt in der Verbindung von digitalem Einstieg und physischer Beratung. Kunden, die über die digitalen FreshMoney-Kampagnen angesprochen werden, werden zunehmend in stationäre Beratungskanäle überführt. Automatisierte Customer Journeys ermöglichen dabei eine deutliche Effizienzsteigerung. Laut Hennen konnten dadurch Terminquoten und Cross-Selling-Raten verdoppelt werden – ein Beleg für die Wirksamkeit intelligenter Verzahnung von Kanälen und Prozessen.

Besonders im Fokus steht dabei das Prinzip „Next Best Offer“: Kunden erwarten heute relevante, personalisierte Angebote – und reagieren positiv darauf. Auf Basis des individuellen Nutzerverhaltens erstellt die Bank passgenaue Vorschläge für Produkte oder Services. Die Erfolgsquote spricht für sich: Im vergangenen Jahr konnte die Zahl der aktiven Transaktions-Opt-Ins um 60 Prozent gesteigert werden. Der Weg führt weg vom Standardangebot, hin zu situativ passenden Lösungen in Echtzeit.

Für die nahe Zukunft kündigte Hennen weitere Innovationen an: Mehr Gamification-Elemente sollen das Banking-Erlebnis emotionalisieren und Kunden spielerisch aktivieren. Zudem plant die Deutsche Bank neue Partnerschaften, darunter mit Miles & More, um ihren Kunden zusätzliche Mehrwerte zu bieten. Herzstück der nächsten Entwicklungsstufe wird eine „Next Level Digital Platform“ sein, die alle Kanäle noch nahtloser vernetzen und datenbasierte Kundeninteraktionen auf ein neues Niveau heben soll.

Dr. Dominik Hennen steht für diese Transformation wie kaum ein anderer: Seit Oktober 2023 leitet er als Head of Personal Banking das Privatkundengeschäft der Deutschen Bank in Deutschland über alle Marken und Vertriebskanäle hinweg – von Deutsche Bank über Postbank bis hin zu digitalem, mobilem und Partnervertrieb. Zuvor war er über zehn Jahre in leitenden Funktionen bei der HDI/Talanx-Gruppe tätig, unter anderem als Vorstandsmitglied der HDI Versicherung und Chief Transformation Officer HDI Deutschland. Seine akademische Laufbahn führte ihn von einem Diplom in Betriebswirtschaftslehre an der Goethe-Universität Frankfurt über einen MBA in Finance an der University of Iowa bis hin zur Promotion zum Thema „The portfolio performance of household investors on the stock market“. Beruflich geprägt durch seine Zeit als Engagement Manager bei McKinsey, bringt Hennen über 15 Jahre Erfahrung in der Finanzbranche mit – mit einem klaren Fokus auf Kunden, Vertrieb und digitale Transformation. Bemerkenswert ist auch seine Vergangenheit als Profisportler: Zwischen 2000 und 2004 spielte er in der 1. Basketball-Bundesliga für die Frankfurt Skyliners und war Mitglied der deutschen Junioren- und A2-Nationalmannschaft.

Mit analytischer Tiefe, strategischer Klarheit und spürbarem Veränderungswillen präsentierte Hennen auf der Jahrestagung nicht nur den Status quo, sondern einen ambitionierten Ausblick auf die Zukunft des Retail Bankings – datenbasiert, kundenzentriert und konsequent vernetzt.

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China baut seine technologische Vorreiterrolle weiter aus

Von Dr. Oliver Everling | 25.Juni 2025

Laut des Anfang Juni veröffentlichten Berichts der Internationalen Energieagentur (IEA) zum weltweiten Investitionsaufkommen im Energiebereich floss 2024 eine Rekordsumme von 2.200 Mrd. USD in die Energiewende (erneuerbare Energien, Kernenergie, Netze, Speicherung, Biokraftstoffe). Das ist doppelt so viel wie in fossile Energieträger (Öl, Gas, Kohle), heißt es in einem aktuellen Marktkommentar von ODDO BHF Asset Management. Wurde das rasante Wachstum der Investitionen in die Energiewende in den letzten fünf Jahren zunächst durch die nach der Corona-Pandemie aufgelegten Konjunkturprogramme befeuert, entwickelten sich bald andere Faktoren wie Technologie, Reindustrialisierung und Energieversorgungssicherheit zu treibenden Kräften. „Die Elektrifizierung der Wirtschaft dürfte auch in den kommenden Jahren dynamisch voranschreiten und die Energienachfrage hochhalten“, erwartet Nicolas Jacob, Fondsmanager des Aktienthemenfonds ODDO BHF Green Planet. Grüne Technologien seien unverzichtbar und würden zu den großen Gewinnern zählen.

Der IEA zufolge sind etwa 70% des Anstiegs der Investitionen in die Energiewende auf die Länder mit den höchsten Nettoimporten an fossilen Brennstoffen zurückzuführen. An der Spitze steht China, das sich ehrgeizige Ziele gesetzt hat und entschlossen ist, bei grünen Technologien weltweit eine Führungsrolle zu übernehmen. Auch Europa hat seine Investitionen in erneuerbare Energien und Energieeffizienz deutlich ausgebaut. Auslöser waren hier die russische Invasion der Ukraine und der Stopp der Gasimporte. Die USA tragen etwa 20% zum Investitionsplus bei. Für Schub sorgten hier zum einen Infrastrukturprogramme und der Inflation Reduction Act. Fondsmanager Jacob weist darauf hin, dass die Folgen der Kehrtwende der Trump-Regierung aktuell noch nicht spürbar seien. Ein weiteres Anliegen war, Chinas Vormachtstellung im Bereich der grünen Technologien etwas entgegenzusetzen.

„Noch vor zehn Jahren flossen 30% mehr Investitionen in fossile Brennstoffe als in Stromerzeugung, -netze und -speicherung. Mittlerweile haben sich die Verhältnisse umgekehrt: Im Jahr 2024 beliefen sich die Investitionen in den Stromsektor auf 1.500 Mrd. USD und lagen damit etwa 50 % über den Gesamtausgaben für die Vermarktung von Erdöl, Erdgas und Kohle,“ hebt der Experte von ODDO BHF AM hervor. Ein Großteil davon – 800 Mrd. USD – entfiel auf die zunehmende Elektrifizierung, sei es in der Industrie oder für Kühlsysteme, Elektromobilität, Rechenzentren und künstliche Intelligenz. Dies habe die Nachfrage nach Strom deutlich steigen lassen. Zugleich summierten sich die Investitionen in Stromnetze bzw. Speicher im Jahr 2024 auf jeweils 390 Mrd. USD bzw. 66 Mrd. USD. Nicht zuletzt erlebte auch die Kernenergie einen Aufschwung. Hier stiegen die Investitionen in den letzten fünf Jahren um mehr als 50% und lagen 2024 bei rund 70 Mrd. USD.

China investierte 2024 rund 630 Mrd. USD in die Energiewende und unterstrich damit seine Spitzenposition in diesem Bereich vor den USA und Europa, die jeweils ca. 500 Mrd. USD investierten. „China dominiert die Wertschöpfungsketten in den Bereichen Solarenergie, Energiespeicherung und Elektromobilität. Darüber hinaus verfügt das Land mit dem Batteriehersteller CATL* und dem Automobilhersteller BYD* über zwei Konzerne, die weltweit am meisten für Forschung und Entwicklung im Energiebereich ausgeben“, konstatiert Nicolas Jacob. „Der Rückzug der USA aus der Förderung grüner Technologien könnte Chinas Dominanz weiter stärken, auch wenn das erwartete starke Wachstum von Rechenzentren und künstlicher Intelligenz bis 2030 zu zusätzlichen Investitionen in saubere Energieerzeugungs-, Netz- und Speicherkapazitäten führen dürfte.

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Zwischen Resilienz und Risiko: ODDO BHF warnt vor zu viel Optimismus an den Märkten

Von Dr. Oliver Everling | 18.Juni 2025

Die Finanzmärkte haben nach dem Liberation Day eine bemerkenswerte Widerstandskraft gezeigt. Doch wie nachhaltig ist diese Entwicklung wirklich? Bei ODDO BHF warnt man davor, sich von der aktuellen Marktlage blenden zu lassen. „Die Gesamtlage spricht für einen zurückhaltenderen, ausgewogeneren Ansatz. Märkte kennen zwar nach oben keine Grenzen, doch fliegen können sie nicht“, schreibt Laurent Denize, Co-CIO von ODDO BHF, in seinem monatlichen Investment-Brief. Tatsächlich lasse sich die jüngste Marktresilienz insbesondere in Europa gut erklären – politische Entscheidungsträger weltweit setzen auf Fortschritte in den Handelsgesprächen, und selbst die Unsicherheit rund um Zollfragen wird mittlerweile als gegeben akzeptiert.

Doch während der „Handelskrieg“ in den Hintergrund rückt, tritt ein neues geopolitisch-finanzielles Thema in den Vordergrund: der „Kapitalkrieg“. Denize verweist dabei auf den „One Big Beautiful Bill Act“, der weitreichende Steuer- und Ausgabereformen vorsieht. Sollte dieses Gesetz verabschiedet werden, könnte das zwar positive Impulse für den Aktienmarkt geben. Doch es sind gerade die Details, die für Unsicherheit sorgen. Besonders kritisch sieht Denize Abschnitt 899 des Gesetzentwurfs, der steuerliche Strafmaßnahmen gegen Nicht-US-Personen vorsieht. „Beunruhigend ist zum Beispiel Abschnitt 899 des derzeit dem Senat vorliegenden Steuergesetzes. Dieser sieht steuerliche Vergeltungsmaßnahmen gegen Nicht-US-Personen, Unternehmen und Regierungen aus Ländern vor, die ‚unfaire ausländische Steuern‘ auf US-Personen erheben.“ Eine Erhöhung der Quellensteuer auf bis zu 20 Prozent soll auf Gewinne, Dividenden, Zinsen und Kapitalgewinne erhoben werden – eine Maßnahme, die vor allem ausländische Anleger und Institutionen treffen dürfte. Zudem ist eine Steuer auf Auslandsüberweisungen geplant. „Diese beiden Vorhaben lassen Zweifel daran aufkommen, wie es künftig um die volle Freiheit des Kapitalverkehrs in der US-Wirtschaft bestellt sein wird“, so Denize. Die Unsicherheit sei groß, und für ausländische Investoren werde eine Reinvestition in den US-Dollar zunehmend zur strategischen Abwägung. „Erstens herrscht Unsicherheit über die künftige Politik. Zweitens erweist sich Trumps Ankündigung, die Staatsausgaben zu senken, immer mehr als leeres Versprechen. Und drittens sind alle Maßnahmen Trumps von der Maxime geleitet, ‚Ausländer zahlen‘ zu lassen.“

Mit Blick auf die Märkte warnt Denize vor einer möglichen Abschwächung der US-Aktien. Sechs Gründe führt er dafür an: die Diskrepanz zwischen weichen und harten Konjunkturdaten, mögliche Inflationsanstiege ab Juli, steigende Anleiherenditen durch fiskalische Bedenken, ambitionierte Gewinnwachstumsprognosen, ein hohes Kurs-Gewinn-Verhältnis sowie ein Rekordhoch bei der Aktienquote der US-Haushalte. Zusätzlich werde der Status amerikanischer Vermögenswerte als sicherer Hafen zunehmend infrage gestellt. Diese Entwicklung könnte einen Trend hin zu europäischen und Schwellenländer-Märkten beschleunigen.

Vor diesem Hintergrund bleibt ODDO BHF bei seiner leicht übergewichteten Position in europäischen Aktien. Besonders positiv wertet man Deutschlands fiskalische Expansion – mit Investitionen in Infrastruktur und Verteidigung sowie geplanten Unternehmenssteuersenkungen in Milliardenhöhe. „Wir sind recht zuversichtlich, dass die Handelsgespräche zu einem positiven Ergebnis führen werden“, erklärt Denize. Innerhalb Europas bevorzugt er Large- und Mid-Caps mit starker Deutschland-Ausrichtung. Auch wenn es im Verteidigungssektor zu kurzfristigen Gewinnmitnahmen kommen könnte, hält ODDO BHF strukturell an einer Long-Position in diesem Bereich fest. Taktisch richtet sich der Blick auf die Schwellenländer. Dort könnten nachlassende Handelsspannungen mit China, ein schwächerer US-Dollar und neue Konjunkturmaßnahmen für Auftrieb sorgen. „Die Region ist günstig bewertet und in Portfolios unterrepräsentiert. Innerhalb der Schwellenländer bleiben wir für chinesische Technologiewerte weiterhin optimistisch“, so Denize.

Bei Anleihen bevorzugt ODDO BHF derzeit eine neutrale Duration und hat sowohl in den USA als auch in Europa länger laufende Titel aufgenommen – gestützt durch den anhaltenden Disinflationstrend und schwächere Inflationszahlen. Bei Unternehmensanleihen bleibt das Bild gemischt: Zwar schätzt man die Kreditrisiken positiver ein, die niedrigen Spreads bieten jedoch nur begrenzten Schutz gegen mögliche Wachstumsdellen. Kurzlaufende Investment-Grade- und Hochzinsanleihen sieht man hingegen als attraktiv an – nicht zuletzt wegen ihres überschaubaren Verlustpotenzials. Denize betont die Präferenz für europäische gegenüber US-amerikanischen Papieren: „Wir bleiben bei unserer leicht negativen Sicht auf den US-Dollar, da langfristige Indikatoren wie die Kaufkraftparität und das Leistungsbilanzdefizit eine Aufwertung des Euros erwarten lassen. Zudem könnte eine Wachstumsverlangsamung in den USA den Dollar schwächen.“

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Perspektiven für Ratings japanischer Aktien und Anleihen

Von Dr. Oliver Everling | 17.Juni 2025

Japans wirtschaftlicher Aufschwung hat das Potenzial, langfristige Auswirkungen auf die Ratings von Aktien und Anleihen zu entfalten. Laut June-Yon Kim, Lead Portfolio Manager für japanische Aktien bei Lazard Asset Management, basiere die wirtschaftliche Renaissance auf drei strukturellen Kräften: „eine neue Inflationsrealität, steigende Löhne und die Rückkehr der Investitionsfreude“. Diese Veränderungen wirken sich direkt auf die finanzielle Stabilität von Unternehmen und Haushalten aus – und damit auch auf ihre Bonität.

Nach Jahrzehnten der Deflation etabliert sich in Japan eine moderate Inflation. Zwischen 1995 und 2021 seien die Preise kontinuierlich gefallen, doch inzwischen liege die Teuerung konstant zwischen 2 und 3 Prozent. Dies habe „das Verhalten von Investoren und Haushalten grundlegend verändert – und das anders, als die westliche Welt das vielleicht erwartet“, erklärt Kim. Das neue Preisumfeld schafft eine günstigere Grundlage für Unternehmenswachstum, was wiederum zu positiven Anpassungen bei Kreditratings führen kann – vor allem für Unternehmen mit preissetzender Macht oder hoher Inlandsnachfrage.

Auch auf Konsumentenseite verändert sich das Verhalten grundlegend. Während früher fallende Preise zum Aufschieben von Ausgaben führten, passt sich die Bevölkerung heute aktiver an: „Eine Umfrage unter rund 11.000 japanischen Verbrauchern zeigt, dass diese seit dem Beginn der Inflation eher bereit sind, sich an steigende Preise anzupassen“, so Kim. Dies deutet auf eine wachsende Konsumfreude hin – ein positiver Impuls für die Binnenwirtschaft und die Bonität konsumorientierter Unternehmen.

Ein entscheidender Faktor ist zudem die Entwicklung der Löhne. Kim verweist auf steigende Gehälter „über viele Sektoren hinweg – angetrieben durch strukturellen Fachkräftemangel, Tarifverhandlungen und politische Reformen“. Dadurch wachse das reale Einkommen vieler Haushalte, was sich „direkt positiv auf Konsum und Investitionen auswirkt“. Für Anleihen bedeutet dies ein verbessertes Umfeld: höhere Kaufkraft stärkt die Kreditwürdigkeit von Schuldnern, insbesondere im privaten Sektor.

Besonders hervorzuheben ist der kulturelle Wandel im Umgang mit Geld: „Wir sehen eine Renaissance der privaten Investitionskultur“, so Kim. Die ehemals ausgeprägte Sparneigung weicht einer neuen Offenheit gegenüber Aktien und Fonds. Diese Entwicklung, getragen durch technologische Fortschritte und politische Anreize, wirkt sich direkt auf die Bewertung japanischer Aktien aus – insbesondere auf Finanz- und Vermögensverwaltungsunternehmen. Ein größerer Kapitalzufluss an die Börse kann zu einer Neubewertung von Unternehmen führen, was die Aktienratings nach oben treiben könnte.

Schließlich hebt Kim hervor: „Japan ist wieder ein Land, in dem Menschen investieren – in die eigene Zukunft und in den Kapitalmarkt.“ Die strukturellen Verbesserungen seien „tiefgreifend, stabil und nachhaltig“. Für Investoren signalisiert dies ein geringeres Länderrisiko und mehr Transparenz, was sich sowohl auf Staatsanleihen als auch auf Unternehmensbonds positiv auswirken dürfte. In einem Umfeld globaler Unsicherheit könne Japan so „eine neue Rolle als verlässlicher Baustein in global diversifizierten Portfolios“ einnehmen. Das steigert nicht nur die Attraktivität japanischer Wertpapiere, sondern könnte auch mittelfristig deren Ratings verbessern.

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Arbeitgeberranking 2025: Studierende setzen auf Werte, Stabilität – und KI

Von Dr. Oliver Everling | 17.Juni 2025

Der Universum Student Survey 2025 zeigt deutlich, was Deutschlands Studierende heute von attraktiven Arbeitgebern erwarten – und welche Branchen und Unternehmen besonders punkten können. Dabei wird klar: wirtschaftliche Sicherheit, respektvoller Umgang und sinnstiftende Arbeit stehen bei jungen Talenten höher im Kurs als je zuvor. Gleichzeitig hat sich das Bild von Technik und Digitalisierung verändert – auch Künstliche Intelligenz wird zunehmend positiv bewertet.

Besonders die Automobilbranche verliert in der Gunst der Studierenden an Boden – allen voran Unternehmen, die in jüngerer Vergangenheit Entlassungen verkündet oder durchgeführt haben. Tesla rutscht bei den Wirtschaftsstudierenden um 22 Plätze ab, bei den Ingenieur*innen um 17. Volkswagen verliert 14 Plätze bei Wirtschaftsstudierenden und 6 im Ingenieurwesen – und gehört damit nicht mehr zu den Top 10 Arbeitgebern dieser Disziplin. Auch MAN Truck & Bus (-30), Ford Motor Company (-34), Continental (-12) und ZF Friedrichshafen (-32) büßen massiv ein. „Damit zeigt sich erstmals bei den Studierenden ein direkter Zusammenhang zwischen der aktuellen wirtschaftlichen Lage und der Wahrnehmung von Unternehmen als attraktive Arbeitgeber“, so David Falzon, Deutschlandchef von Universum. Bisher war dieser Effekt vor allem bei Young Professionals sichtbar. Eine Ausnahme bildet Porsche: Das Unternehmen verteidigt seine Spitzenposition sowohl bei den Wirtschaftsstudierenden als auch im Ingenieurwesen. „Mit seinem Lifestyle-Image vermittelt Porsche ein Gefühl von Exklusivität“, erklärt Falzon. Gleichzeitig setze das Unternehmen konsequent auf Innovation, Digitalisierung und Nachhaltigkeit – und bleibe dabei seiner traditionsreichen Markenidentität treu.

Während klassische Industrieunternehmen verlieren, steigen Arbeitgeber in sicherheitsrelevanten Branchen wie Verteidigung, Luft- und Raumfahrt deutlich im Ansehen. Rheinmetall klettert im Ingenieurwesen um 7 Plätze auf Rang 8, bei IT-Studierenden sogar um 19 Plätze. Der Ukrainekrieg und das gestiegene öffentliche Interesse an nationaler Sicherheit verleihen diesen Bereichen neue gesellschaftliche Relevanz. Unternehmen mit Bezug zu Sicherheit werden von technisch interessierten Studierenden zunehmend als zukunftsorientiert wahrgenommen – nicht zuletzt durch den Einsatz moderner Technologien wie KI, Robotik und Sensorik.

Große Gewinner des Rankings sind Banken und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften. Die Finanzbranche kann um 1,9 Prozent zulegen – mehr als jede andere. Offenbar zeigt ein moderneres Image Wirkung: Digitalisierung, Kooperationen mit Start-ups und nachhaltige Finanzprodukte verbessern das Arbeitgeberprofil deutlich. Zudem bieten Banken Stabilität, klare Karrierewege und vergleichsweise hohe Einstiegsgehälter – alles Aspekte, die in Zeiten geopolitischer Unsicherheit wieder attraktiver wirken. Auch Accounting und Wirtschaftsprüfung legen um 1,5 Prozent zu. Besonders die Big Four – Deloitte, EY, KPMG und PwC – profitieren von ihren intensiven Hochschulaktivitäten und einem klaren Karriereversprechen für Absolvent*innen.

An der Spitze der Rankings bleibt es dennoch größtenteils stabil. Porsche belegt sowohl bei Wirtschaftswissenschaften als auch im Ingenieurwesen Platz 1. Bei IT-Studierenden führt Google vor Apple und Microsoft, während in den Naturwissenschaften die Max-Planck-Gesellschaft vor BioNTech und der Fraunhofer-Gesellschaft liegt. Die größten Sprünge nach oben verzeichnen Siemens und SAP: Siemens steigt bei angehenden Ingenieur*innen auf Rang 2, SAP zieht bei IT-Studierenden in die Top 5 ein.

Inhaltlich zeigt sich eine klare Entwicklung bei den Auswahlkriterien: Respekt gegenüber Mitarbeitenden (59 Prozent) und deren Wohlbefinden (51 Prozent) sind für Studierende heute wichtiger als Gehalt oder Prestige. Diese sogenannten „weichen Faktoren“ verdrängen erstmals klassische Karriereparameter von den Spitzenplätzen. Der Wunsch nach emotionaler Sicherheit, insbesondere in einem unsicheren wirtschaftlichen Umfeld, scheint dabei eine zentrale Rolle zu spielen.

Trotz aller Unsicherheiten stehen Studierende der Digitalisierung offen gegenüber – insbesondere der Künstlichen Intelligenz. Laut der Erhebung sind 86 Prozent der befragten Frauen und 91 Prozent der Männer neugierig, optimistisch oder grundsätzlich positiv gegenüber KI im Job eingestellt. Allerdings zeigen sich in der Detailbetrachtung Unterschiede: Die jüngste Altersgruppe (16–19 Jahre) hat in den Wirtschaftswissenschaften und der IT die geringsten, die älteste (30–39 Jahre) die meisten Kenntnisse. Im Ingenieurwesen bleibt das KI-Wissen über alle Altersgruppen hinweg konstant – was auf Lücken in der Lehrplangestaltung hinweist. Im Gegensatz zu Wirtschaft und IT scheint der Studiengang Maschinenbau etwa noch nicht ausreichend auf den Umgang mit KI vorbereitet. Auch zwischen den Geschlechtern bestehen Unterschiede: Männliche Studierende sind insgesamt positiver eingestellt, während weibliche Studierende vor allem neugierig sind – was auf fehlende Erfahrung, aber auch auf Potenzial für gezielte Bildungsangebote hindeutet.

Insgesamt liefert der Universum Student Survey 2025 ein differenziertes Bild davon, wie junge Menschen in Deutschland ihre berufliche Zukunft einschätzen – und was sie sich von Unternehmen wünschen. Die rund 23.600 befragten Studierenden machen deutlich: Arbeitgeberattraktivität bemisst sich heute nicht mehr nur am Namen oder Gehalt, sondern vor allem an Haltung, Fürsorge und Fortschrittsfähigkeit.

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Emerging Markets Aktien als Profiteure der US-Schwäche

Von Dr. Oliver Everling | 10.Juni 2025

James Donald, Leiter der Emerging Markets-Plattform von Lazard Asset Management, sieht ein verstärktes Interesse der Investoren an Schwellenlandaktien. Grund dafür sei weniger eine Veränderung der Attraktivität der Emerging Markets (EM), als vielmehr eine erhöhte Skepsis gegenüber den entwickelten Märkten – insbesondere dem US-Markt.

„Relative Attraktivität ist das Phänomen, dass die Performance von Aktien aus Schwellenländern im Vergleich zu solchen aus den entwickelten Ländern in den letzten Jahren gedrückt hat. Investoren wollten US-Qualitätstitel – auch wenn diese sehr teuer bewertet waren und sind. Damit konnten Anleger gute Renditen erzielen, und das bei einem vergleichsweise geringeren Risikoprofil. Doch gerade mit Blick auf die Bewertungen sind die Emerging Markets im Vergleich eigentlich deutlich attraktiver: Das Kurs-Gewinn-Verhältnis im MCSI USA liegt bei fast 20,5 gegenüber 12 im MSCI EM Index. Das ist ein sehr großer Unterschied. Die Gewinne pro Aktie liegen bei 15,6 US-Dollar für die Schwellenländer gegenüber 13 US-Dollar für die USA. Nur der Return on Equity ist in den USA mit 20 Prozent höher als in den EM mit 13 Prozent.

Jetzt wendet sich womöglich das Blatt, denn die geopolitischen Risiken der jüngsten Geschichte haben die vermeintliche Sicherheit der entwickelten Staaten jüngst infrage gestellt. Auf den globalen Finanzmärkten treten aufgrund von Importzöllen, Vergeltungsmaßnahmen und Unsicherheiten rund um bilaterale Verhandlungen verstärkt Volatilität und Turbulenzen auf.

Dagegen scheinen manche Schwellenländer sogar von der Zollpolitik des US-Präsidenten zu profitieren. Mexiko etwa wurde nicht nur von den US-Maßnahmen verschont, auch scheint Präsidentin Sheinbaum sich als wirtschaftsfreudiger als ihr Vorgänger zu erweisen. Viele Forderungen der USA zu Einwanderung, Sicherheit und der Bekämpfung diskriminierender Praktiken im Energiesektor sind tatsächlich positiv für Mexikos Nearshoring-Initiative. Damit lockt Mexiko nach einem sehr schlechten Aktienjahr 2024 wieder das Interesse von Investoren. Auch Brasilien halten wir auf dem lateinamerikanischen Kontinent für eine spannende Region mit großem Aufholpotenzial, nachdem auch hier das letzte Jahr mit Verlusten von fast 30 Prozent sehr unerfreulich war.

In Asien sieht die Situation anders aus, hier sind einige Länder von den höchsten US-Zöllen betroffen – insbesondere China, trotz der 90tägigen Pause. Gerade China hat jedoch einen klaren Vorteil: Das Land gehört zur globalen Spitze des technologischen Fortschritts. Die Einführung von DeepSeek und das rasante Tempo der Entwicklungen machen China zu einer Option, die Investoren zumindest beobachten sollten. Es gibt viele Argumente für ein Engagement Asia ex China, aber allein die schiere Größe des Marktes und die damit einhergehenden Diversifikationsmöglichkeiten sprechen für ein ausgewähltes Investment in chinesische Aktien.

Es sind jedoch weder die asiatischen noch die südamerikanischen Märkte, die Year-to-Date am besten performt haben, sondern Süd-Ost-Europa: Griechenland liegt bei plus 44,3 Prozent, Polen plus 42,9 Prozent, die Tschechische Republik plus 40,3 Prozent und Ungarn plus 34,6 Prozent – jeweils gemessen in US-Dollar am jeweiligen MSCI Länderindex. Woran liegt das? Europa erlebt gerade keinen Wachstumsschub – im Gegenteil, in Summe sieht es nach einer anhaltenden Rezession aus. Doch einige Länder am Rande der Europäischen Union erleben eine Blütezeit. Griechenland ist ein interessantes Beispiel: Lange Zeit war der Staat in einer wirtschaftlich desolaten Lage mit einer politischen Führung, die Anleger verschreckte. Heute wird das Land politisch zuverlässig geführt, die Menschen können wieder ihre Rechnungen und ihre Kreditraten bezahlen. Mit Blick auf die nächsten zehn Jahre glauben wir, dass die griechische Wirtschaft die besten Chancen in Europa hat.

In den Schwellenländern bieten sich Investoren aktuell große Chancen, unterbewertete Investments zu finden. Nirgendwo sonst sind Qualitätstitel mit hervorragenden Aussichten so günstig. Voraussetzung für ein erfolgreiches Portfolio bleiben die sorgfältige Betrachtung der geopolitischen und regionalen Risiken – so wie aktuell überall auf der Welt.“

Themen: Aktienrating | Kommentare deaktiviert für Emerging Markets Aktien als Profiteure der US-Schwäche

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