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Rechtsfragen des externen Rating

Von Dr. Oliver Everling | 17.Februar 2008

Die Dissertation von Dr. Marc Meyer zu den „Rechtsfragen des externen Rating“ (Tectum Verlag, www.tectum-verlag.de, ISBN 978-3-8288-9081-7) gewinnt vor dem Hintergrund der Auseinandersetzungen um die Schuldfrage neue Aktualität. Meyer prognostizierte 2005 in seiner Arbeit die wachsende Bedeutung von externen Ratings, sowohl für Kreditinstitute als auch für Unternehmen. In der jetzigen Finanzkrise sind praktisch alle Verhältnisse angesprochen, die in seiner Doktorarbeit beleuchtet werden: Die Verhältnisse zwischen Ratingagentur und Ratingobjekt, zwischen Ratingagentur und Kapitalgeber, zwischen Kreditinstitut und Anleger wie auch zwischen Kreditinstitut und Kreditnehmer.

Haftungsfreizeichnungen scheiden nach Feststellungen von Meyer in allen Konstellationen auch für einfache Fahrlässigkeit weitestgehend aus. Neben den Ratingagenturen haftet ein anlageberatendes Kreditinstitut gegenüber einem Investition suchenden Anleger quasivertraglich für Schäden, die dieser erleidet, weil das Institut externe Ratings nicht ordnungsgemäß in seine Beratung einbezogen hat. Im Rahmen seiner Pflicht zur anlegergerechten Beratung hat das Institut den Anleger insbesondere über die Bedeutung eines Ratings aufzuklären und dieses bei der Ermittlung geeigneter Anlagetitel unter Berücksichtigung der individuellen Anlageziele und Vermögensverhältnisse in den Abwägungsvorgang einzustellen, so Meyer. Hinsichtlich seiner Pflicht zur objektgerechten Beratung muss das Institut den Anleger auf vorhandene Ratings der einzelnen Titel sowie deren Veränderung in der Vergangenheit hinweisen.

Neben den zivilrechtlichen Problemen eruiert Meyer auch die Regulierungsfragen. Der externe Ratingmarkt in seiner bestehenden Form beinhalte erhebliches Konfliktpotential, warnt Meyer. Ratingagenturen verfügen über eine starke wirtschaftliche Macht gegenüber Ratingobjekten und Kapitalgebern. Aufgrund der Oligopolstellung der drei großen internationalen Agenturen sei gleichzeitig die Auswahlfreiheit der Marktteilnehmer auf ein Minimum reduziert. Da die Agenturen von den Ratingobjekten bezahlt werden und zugleich selbst in Konzerne eingebunden seien, bestünden berechtigte Zweifel an ihrer Neutralität.

Die Arbeit der Agenturen selbst charakterisiert Meyer als vielfach intransparent und für Außenstehende kaum nachzuvollziehen. Dennoch würden die Urteile der Rater zunehmend für regulatorische Zwecke eingesetzt, ohne dass das Ratingwesen selbst in Deutschland einer irgendwie gearteten staatlichen Regulierung unterläge.

Bisherige Regulierungsansätze seien als gescheitert anzusehen, so Meyer. Zwar bilde die Kontrolle durch den Markt in Form des Reputationswettbewerbs zwischen den Agenturen gegenüber der Anlegerschaft im Ausgangspunkt ein brauchbares selbstregulatorisches Korrektiv. Solange und soweit jedoch Ratingverfahren die gebotene Minimaltransparenz nicht gewährleisten, sie der Markt von vornherein außerstande, seine Kontrollfunktion effektiv wahrzunehmen. Auch seien die Haftungsgefahren aus Sicht der Agenturen derart gering, dass sie nicht wesentlich zu deren Disziplinierung beitragen, urteilt Meyer, der inzwischen bei der Bayerischen Staatskanzlei tätig ist.

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