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Risikolose Spekulation für private Anleger

Von Dr. Oliver Everling | 5.April 2011

Selbst wenn der Beratungskunde eine Aktie oder sonstiges Finanzprodukt selbst ins Anlageberatungsgespräch gebracht hat, muss der Finanzberater der Bank dem Kunden ein Produktinformationsblatt dazu zur Verfügung stellen. Erforderlich sind Produktionformationsblätter ab 1. Juli 2011. Bei jeder auf den Kauf oder die Zeichnung eines Fnanzinstrumentes ausgerichteten Anlageberatung müssen Produktinformationsblätter vorgelegt werden – dazu ist der Berater verpflichtet.

Jedes PIB muss auf 2 bzw. 3 Seiten die Art des Instruments, seine Funktionsweise, die Risiken, die Aussichten für die Kapitalrückzahlung und Erträge unter verschiedenen Marktbedingungen und die damit verbundenen Kosten, nicht aber Werbung. Fraglich erscheinen dabei Angaben zur Performance, die per se als Werbung angesehen werden könnten, warnt FrankHerring, Partner von Allen & Overy LLP auf der vwd Info-Veranstaltung KID/PIB mit Allen & Overy, WM Datenservice und der EDG in Frankfurt am Main.

PIB sind gegenwärtig nicht erforderlich bei Geschlossenen Fonds (zukünftig jedoch erfasst im Vermögensanlagengesetz), Versicherungsprodukten, z.B. FLV, vinkulierten Namensgenussrechten, offenen deutschen Fonds nach InvG, offenen ausländischen Fonds UCITS Status. Herring weist darauf hin, dass für offene ausländische Nicht-UCITS (z.B. Schweizer Fonds) KIID erforderlich ist.

Am Beispiel einer Aktie stellt Herring die Art des Finanzinstruments dar – Aktie, mit WKN und Emittent, gegebenenfalls Stammaktie, Funktionsweise – wie funktioniert eine Aktie, also Darstellung der Rechte. Die Risikodarstellung hat einzeltitelspezifisch zu erfolgen. „Wie weit will man gehen? Das Gesetz macht keine Vorgaben!“ Herring zählt das Marktrisiko, das Sektorrisiko (generisch), bei ausländischen Aktien das Währungsrisiko und Länderrisiko oder bei Small Caps das Liquiditätsrisiko auf. Ganz konkrete Einzeltitelrisiken (Patentrechtsstreich in den USA oder ähnliches) seien dem Anlageberatungsgespräch vorbehalten.

Im Rahmen der diskretionären Vermögensverwaltung werden PIB nicht benötigt, berichtet Herring. Die Anlageberatung gegenüber professionellen Anlegern bedarf ebenfalls keines pIB. Die Hochstufung pauschal oder nur für PIB/Anlageberatungsprotokoll ist möglich, wenn 2 oder 3 Kriterien erfüllt sind – allerdings „ist dies alles andere als trivial“, sagt Herring.

Was passiert ohne PIB? Der Berater geht erhebliche Compliance- und Haftungsrisiken ein. Der Compliance-Officer ist mitverantwortlich dafür, dass zukünftig alle Anleger ordnungsgemäße PIB erhalten, er muss gegen einen Vertrieb ohne solche PIB vorgehen. Die BaFin werde keine Sanktionen ergreifen, wenn die Umsetzugn erst kurz nach dem 1. Juli erfolge, vermutet Herring, sagt aber unmissverständlich: „Aber die Zivilgerichte werden keine Gnade kennen!“

Für private Anleger bedeuten die neuen Regeln, dass sie risikolos zu Lasten der Bank mit Wertpapieren spekulieren können, solange die Bank keine ordnungsgemäßen PIBs an den Kunden ausgehändigt hat oder die Bank es versäumt, die Aushändigung entsprechend zu dokumentieren. Im Falle eines Verlustes kann der Kunden Schadensersatz von seinem Berater fordern, weil er als Anleger über die wesentlichen Merkmale des von ihm erworbenen Finanzprodukt nicht ordnungsgemäß informiert wurde.

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