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Schwellenländer – Gewinner der Wirtschaftskrise

Von Dr. Oliver Everling | 24.Januar 2011

Klare Gewinner der Wirtschaftskrise sind die Schwellenländer. Bei weiterhin stabilen Wachstumsaussichten schwinden die Unterschiede zu den etablierten Industrieländern zusehends. Zu diesem Ergebnis kommt der internationale Forderungsspezialist Coface, der anlässlich der 15. Country Risk Conference in Paris seine Prognosen zu den Länderrisiken in 2011 veröffentlichte. Kernpunkte beim Länderrisiko bilden demzufolge die Staatsverschuldung in der Eurozone und die Finanzierung des Aufschwungs in den Schwellenländern.

Im Länderrating von Coface nähern sich die Schwellenländer immer stärker an die Industrieländer an. Vor der Krise war das niedrigste Rating bei den Industrieländern A2 eine Bewertung, die zu diesem Zeitpunkt lediglich von neun Schwellenländern erreicht oder übertroffen wurde. Seit 2010 werden manche Industrieländer nur noch mit A4 bewertet. Jetzt erzielen 27 Schwellenländer ein Rating, das gleich oder besser ist. Dazu zählen China, Brasilien, Indien und Polen (alle A3), deren Rating heute besser ist als jenes von Griechenland, Irland und Portugal, den Opfern der Schuldenblase. Die Türkei (A4) liegt heute nur noch knapp hinter Großbritannien und Polens Rating ist besser als das von Island.

Diese Entwicklung bestätigt Coface darin, zwischen den Schwellenländern und den etablierten Industrieländern bei der Methode der Risikobewertung keine Unterschiede zu machen. „Ursprünglich konzentrierte sich die Bewertung von Länderrisiken auf Schwellenländer, da bei diesen die Risiken hoch sind, nicht zuletzt aufgrund des Einflusses von Fremdwährungen. In der Eurozone hat sich jedoch gezeigt, dass auch mit hohen externen Schulden in der eigenen Währung eine Krise möglich ist“, erklärte Coface-Präsident François David.

Allerdings sieht Coface für die Schwellenländer auch Gefahren. Hinsichtlich der Verschuldung der privaten Unternehmen und der Frage der Wachstumsfinanzierung registriert der Forderungsspezialist zwei unterschiedliche Risikoprofile: Während Unternehmen in Ländern wie Brasilien und Polen vorrangig ausländische Kreditgeber bevorzugen und somit die Verschuldung in Fremdwährungen wächst, verschulden sich Unternehmen in Ländern wie China und Vietnam bevorzugt in ihrer Landeswährung bei inländischen Banken. Diese können jedoch häufig das Risiko der hoch verschuldeten Unternehmen nicht korrekt einschätzen, zumal bei der mangelnden Transparanz, die immer wieder anzutreffen ist. Coface spricht daher von einem „Polnisch-Brasilianischen“ und einem „Chinesisch-Vietnamesischen“ Risikoprofil.

Insgesamt ist bei den Länderbewertungen ein positiver Trend zu verzeichnen. Während Coface 2009 nahezu 50 Länder herabgestuft bzw. ihre Bewertungen mit negativem Ausblick versehen hatte, gegen Ende des Jahres lediglich 23 Länder wieder höher einstufte bzw. unter Beobachtung für eine Aufwertung stellte, kam es im Laufe von 2010 bei 47 Ländern zu einer besseren Einschätzung. Hingegen wurden nur sechs Länder im vergangenen Jahr abgestuft oder mit negativem Ausblick versehen. Vor diesem Hintergrund verwirft Coface das gefürchtete „Double Dip“-Szenario einer Rückkehr der Rezession.

Mit dem Länderrating dokumentiert Coface das durchschnittliche Risiko eines Zahlungsausfalls bei Unternehmen in einem bestimmten Land. So fließen neben makroökonomischen Daten vor allem die Zahlungserfahrungen mit den Unternehmen ein. Darin unterscheidet es sich von den Länderratings anderer Agenturen, die in der Regel die Staatsbonität oder Sicherheit von Anleihen zum Gegenstand haben. Regelmäßig werden 156 Länder analysiert und bewertet. A1 bis A4 kennzeichnen Investmentgrades, B bis D stehen für mittleres bis hohes Risiko.

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