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Terták, Paravicini fordern Selbstkritik

Von Dr. Oliver Everling | 17.September 2008

Die aus den USA auf Europa übergangene Finanzmarktkrise wird nicht nur die betriebswirtschaftlichen Modelle der Bankunternehmensführung, sondern auch die politische Diskussion nachhaltig beeinflussen. Dies zeigte sich am 17. September 2008 auf der Konferenz „Determinanten und Konsequenzen der Finanzkrise“ in Frankfurt am Main. Prof. Dr. Udo Steffens, Präsident und Vorsitzender der Geschäftsführung der Frankfurt School of Finance & Management, wendet sich gegen die Vorstellung, als Konsequenz aus der internationalen Finanzmarktkrise die Zukunft des deutschen Kreditwesens im „Dorfbanking“ zu suchen.

Steffens sieht in den Entwicklungen auch eine ethische Krise, wie man mit solchen Dingen umgeht. Seit Jahren würden an seiner Hochschule auch Ethikkurse angeboten. „Die Fragen müssen auch unter Governance-Gesichtspunkten gesehen werden“, sagt Steffen. „Diese müssen in den Vordergrund gesetellt werden.“ Dr. Heike Brost, Stv. Leiterin Konzeption und Programmentwicklung der Frankfurt School of Finance & Management, stellt ihre Hochschule als Plattform für die Vertiefung aktueller Finanzmarktthemen vor.

„Der Kaiser ist nackt“, bringt Elemér Terták, Direktor, Finanzinstitute, Europäische Kommission, Generaldirektion Binnenmarkt und Dienstleistungen, die aktuelle Situation an den Finanzmärkten auf den Punkt. Hat dies erst einmal jeder gesehen, sei es schwierig, das Vertrauen wieder herzustellen. Terták verweist auf die in Deutschland verbreiteten Börsenweisheiten des verstorbenen André Kostolany, der nach jeder Börsendepression eine Phase sah, in der alle Wunden vergessen sind. Bulle und Bär kämen ohne den anderen nicht aus.

Gefährliche, starke Anschwellungen müssten künftig frühzeitiger erkannt werden. Terták ruft dazu auf, frühzeitiger Blasenentwicklungen entgegenzuwirken. Die Hauptverantwortung läge weiterhin bei den Finanzinstituten. Die Regulierung und Aufsicht müsse jedoch ihre Rolle wahrnehmen. Die Aufsichtstätigkeit müsse vertieft werden. Dies bezieht Terták auch auf die Ratingagenturen. Zugleich warnt Terták davor, den Ratingagenturen zu viel Verantwortung zu übertragen: Terták entlässt Marktteilnehmer nicht aus ihrer Verantwortung, sich eigene Urteile zu bilden und sich nicht lediglich auf die Agenturen zu verlassen.

Terták sieht einen Zusammenhang zwischen der Finanzmarktkrise und den Managergehältern. Das Problem ist nach seinen Vorstellungen die Höhe der Vergütung, sondern vielmehr das System, nach denen Boni berechnet würden. Letztlich greift Terták insbesondere Situationen an, in denen Manager Spitzengehälter davontrugen und Schieflagen hinterließen. Gewinne zu privatisieren und Verluste zu sozialisieren, sei verständlicherweise auch für die Öffentlichkeit nicht tragbar.

Dr. Eugen Paravicini, Leiter der Abteilung Wirtschaftsordnung, Finanzdienstleistungen, Börsen, Hessisches Ministerium für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung, sieht die Finanzdienstleistungsaufsicht im internationalen Vergleich an vorderer Stelle platziert. Der richtige Weg zwischen der Regulierung durch den Gesetzgeber und der Selbstregulierung sei zu finden. Die Finanzmarktakteure seien aufgefordert, sich aktiv einzubringen. Am Beginn des Prozesses müsse das Eingestehen der eigenen Fehler stehen, macht Paravicini deutlich.

Neue Krisen können nicht ausgeschlossen werden und würden wahrscheinlich von neuen Produkten ausgehen, deren Gefährdungspotential schwer erkannt werden könne. Man müsse aber zumindest die erkannten Probleme abarbeiten. Es werde immer wieder Fälle geben, in denen staatliches Eingreifen zu Lasten der Steuerzahler gerechtfertigt werden könne, jedoch müsse die Messlatte dafür sehr hoch gelegt werden.

Unterjährige Bankenkredite als risikolos zu betrachten, lässt sich für Paravicini nicht nachvollziehen. Paravicini argumentiert, dass diese Risikolosigkeit nur behauptet, aber nicht dokumentiert worden sei. Hier sei die Frage nach der Eigenmittelunterlegung zu stellen. Paravicini macht das Bedürfnis der Politik deutlich, aus der Forschung mehr Unterstützung zu unterhalten, um Zusammenhänge richtig zu interpretieren.

Paravicini klammert die Thematik des Ratings mit Verweis auf die Ausführungen von Terták aus. Eine europäische Finanzmarktaufsicht werde ohne Loslassen von nationalen Zuständigkeiten nicht möglich sein. Der Beaufsichtigung von Konzernentscheidungen fehle noch die letzte Stabilität, die noch entwickelt werden muss“, sagt Paravicini. Das Ecofin-Treffen in Nizza sei informatorischen Charakters gewesen. Regulierungen von internationaler Ebene müssen mit einem Gleichklang einhergehen. Ein kompakter, gemeinsamer Ansatz müsse zeitglich und global an allen wesentlichen Finanzmärkten implementiert sein.

Themen: Bankenrating | Kein Kommentar »

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