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Reale Nettoeinkommen bremsen Hotellerie

Von Dr. Oliver Everling | 16.September 2008

Im Vergleich zu anderen Branchen weist die Hotellerie in Deutschland ein durchschnittliches Branchenrisiko auf, schreibt die Feri EuroRating Services AG (www.feri.de) in ihrem jüngsten Bericht zum Branchenrating für die Hotellerie. Das Geschäft mit den Hotels sei durch eine befriedigende Branchenentwicklung, allerdings weit unterdurchschnittliches Wachstum bei weit überdurchschnittliche Wettbewerbsfähigkeit, leicht überdurchschnittliche Ertragskraft und weit unterdurchschnittliche Konjunkturabhängigkeit gekennzeichnet, stellen die Analysten aus Bad Homburg fest.

Der Branchenreport der Feri EuroRating Services umfasst Einheiten, die vorübergehend Unterkunft gewähren und jedermann zugänglich sind. Dazu sind Hotels, Motels, Gasthöfe, Pensionen und Hotels garnis wie auch Hotels mit Konferenzeinrichtungen zu zählen. Diese Gruppe umfasst nicht die langfristige Vermietung von Unterkünften, so die Erläuterungen der Feri EuroRating Services zur Klassifikation des Wirtschaftszweigs.

Gemessen an den Gästeübernachtungen entfallen in der Hotelleriebranche rund 65 % der Nachfrage auf die Hotels i.e.S., gefolgt von Hotels garnis (20 %), Gasthöfen (9 %) und Pensionen (6 %), listet der zum 2. Quartal 2008 erschienene Branchenreport auf. Noch 1980 betrug der Anteil der Hotels (ohne Hotels garnis) 46 %. „Hintergrund ist der Nachfragetrend zu höherwertigen Angebotsformen, der die Markenhotels bzw. Hotelketten und -kooperationen begünstigt und kleinere, oftmals inhabergeführte Einheiten wie Gasthöfe oder Pensionen benachteiligt“, erläutert Dr. Eberhard Weiß, Vorstand der Feri EuroRating Services AG.

Nach der merklichen Steigerung des Reiseaufkommens ausländischer Gäste durch die Fußballweltmeisterschaft und den Außenhandelsboom in 2006 hat sich das Geschäftsvolumen der Hotellerie seither normalisiert. Diese Beobachtung teilt Antonio Guida, Geschäftsführer der Team Hotelconsult GmbH, Erwitte/Lippstadt, aus seiner Praxis (http://www.team-hotelconsult.com). Erkenntnisse aus dem Branchenrating finden in seiner Gesellschaft sowohl für die Analyse als auch im Strategiefindungs- oder Strategierevisionsprozess Eingang. Neben dem erhobenen Standortpotential werden auf ihrer Basis für Hotels tragfähige Zukunftskonzept definiert und investive und wirtschaftliche Machbarkeit geprüft.

Die auch in Zukunft nur verhaltene Nachfrageausweitung leitet sich aus der nach wie vor sehr gedämpften Entwicklung der realen Nettoeinkommen ab, unter der die Konsumbereitschaft und die Reiselust der Verbraucher leiden. „Vergleichsweise begünstigt ist im Prognosezeitraum speziell die Geschäftsreise- und Tagungshotellerie, zumal die Internationalisierung der Wirtschaft das Aufkommen ausländischer Geschäftsgäste auch im Trend merklich erhöht“, so die Einschätzung der Analysten der Feri EuroRating Services. Zeitweilig bevorteilt sind zudem die Stadthotellerie und Budget-Hotels. Letztere bieten bei standardisiertem Leistungsumfang ein markengarantiertes Qualitätsniveau und kommen somit besonders auch den inländischen Geschäfts- und Eventreisenden entgegen. Allerdings verschärft die forcierte Umsatzkonzentration auf wenige, filialisierte Großunternehmen zunehmend den Wettbewerb in der Hotelleriebranche.

Dem allgemeinen Trend im Gastgewerbe folgend, werden zum einen kleinere Betriebseinheiten und Einzelunternehmen aus dem Markt gedrängt. Zum anderen wächst die Präsenz ausländischer Hotelgesellschaften auf dem deutschen Markt, so dass die ohnehin überaus hoch bemessenen Hotelkapazitäten ständig zulegen. Angesichts der Angebotsausweitung bleibt es daher trotz der günstigeren Konjunkturaussichten fraglich, ob sich die Kapazitätsauslastung im notwendigen Rahmen steigern lässt. Gegenüber den zeitweiligen Kostenüberwälzungseffekten am aktuellen Zeitrand als Folge gestiegener Lohn- und Energiekosten, fallen die Preisforderungen somit im ferneren Prognosezeitraum spürbar verhaltener aus.

Zudem überragen die Lohnerhöhungen zeitweilig merklich die Preissteigerungen, so dass der Anteil des Personalaufwands an der Gesamtleistung weitgehend stagniert. Allerdings halten die relativ stetige Nachfrage und die Rationalisierungseffekte der wachsenden Betriebsgröße die Lohnkostenbelastung in Grenzen. Nach den zeitweiligen Entlastungseffekten des Ausnahmejahrs 2006 bleibt die Ertragskraft der Hotellerie somit im Prognosezeitraum weithin unter Druck.

Aufgrund der zahlreichen strukturellen Ursachen, welche die Entwicklung der einzelnen Hotelleriesparten neben der konjunkturellen Bewegung bestimmen, ist die Konjunkturabhängigkeit in der Branche unterdurchschnittlich ausgeprägt. Das Ratingverfahren, d.h. der Vergleich zu allen Wirtschaftszweigen, kennzeichnet das verhaltene Wachstum als wesentliche Schwäche der Hotellerie. Die etwas günstigere Beurteilung der übrigen Indikatoren kann diesen Nachteil aber zu einer insgesamt befriedigenden Bewertung ausgleichen. „Entsprechend“, folgert Weiß, „ist das Branchenrisiko nach wie vor als durchschnittlich einzustufen. In der Bewertung nach Größenklassen schneiden größere Unternehmen besser ab.“

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