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Überraschungen im Personaldienstleistungsgeschäft

Von Dr. Oliver Everling | 20.März 2013

Verhält sich der Arbeitsmarkt stabil, können Zeitarbeitsfirmen davon profitieren. In jedem Fall sind für die Bewertung und Einstiegschancen aber auch Phasen der Unsicherheit interessant, da diese die Unternehmen zwingen, auch ihre Personalkosten zu flexibilisieren und somit verschiedene Effekte haben können. Personalksoten sind für viele Unternehmen der wichtigste Block im Operating Leverage. Aufgrund der Austauschbarkeit von Leveragerisiken (finanzielle gegen operative Risiken) sind den Hebeleffekten auch im Rating besondere Beachtung zu geben.

„Der deutsche Arbeitsmarkt verhielt sich sehr robust. Einen neuen Höchststand erreichte die Zahl der Erwerbstätigen mit 41,6 Millionen“, berichtet Peter Haas, Vorstandsvorsitzender der Amadeus FiRe AG auf seiner Analysten- und Pressekonferenz. „Ähnlich erfreulich war die Entwicklung der Arbeitslosenzahlen mit einem Jahresdurchschnitt von 2,9 Millionen. Nur 1991, kurz nach der Wende und dem Boom aus dem Aufbau in Ostdeutschland, lag diese Zahl mit 2,6 Millionen noch niedriger.

„Nach zwei wachstumsstarken Jahren 2010 und 2011 im Bereich der Arbeitsnehmerüberlassung und Personaldiensleistungen haben die eingetrübten Konjukturaussichten im Jahresverlauf zunehmed die Marktentwicklung der Branche beeinflusst und gebremst. In 2012 dürfte das Marktvolumen nach unserer Einschätzung gesunden sein“, warnt Haas. Im Jahr 2012 wurden 2.562 Mitarbeiter für den Kundeneinsatz eingestellt, im Jahresdurchschnitt wurden 2.058 Zeitarbeitsmitarbeiter beschäftigt. Im 78 % ist das Internet die mit Abstand wichtigste Rekrutierungsquelle. Die Übernahmequote von 42 % sieht Amadeus FiRe als Beleg für die Qualität der Mitarbeiter und der Kundenzufriedenheit. Bis auf den Dienstleistungsbereich Intermin- und Projektmanagement konnten alle Dienstleistungen ihre Vorjahresumsätze übertreffen.

Die Zeitarbeit brach bei Amadeus FiRe erstmals die Marke von 100 Millionen € (+4,4 %). Die Gehälter stiegen durchschnittlich um 4 %. Die Rohertragsmarge betrug 35,1 % und damit 1,3 Prozentpunkte unter Vorjahr, u.a. sei dies bedingt durch zwei fakturierbare Tage weniger. Die Personalvermittlung sei dagegen die Dienstleistung mit der höchsten Volatillität.

„Der Arbeitsmarkt in Deutschland zeigt sich weiter in einer guten Grundverfassung und reagiert sehr robust auf das schwierige konjunkturelle Umfeld. Erwerbstätigkeit und sozialversicherungspflichtige Beschäftigung sind saisonbereinigt aktuell weiter gewachsen“,  sagt Haas zu den Chancen seiner Gesellschaft.

„Schon im letzten Geschäftsjahr hat es ich das etwas gewundert“, gibt Haas sein Erstaunen über die anhaltend hohe Nachfrage nach Personalvermittlung preis. Insgesamt rechnet Amadeus FiRe mit einem um bis zu 25 % rückläufigen Vermittlungsmarkt.

Gegenläufig zum Markttrend Zeitarbeit, einschließlich des qualifizierten Bereichs, erwartet Amadeus FiRe einen Anstieg des Zeitarbeitsumsatzes. Haas setzt auf organisches Wachstum, ads scchon in der Vergangenheit Erfolg gebracht habe. Im Segment Fort- und Weiterbildung sei geplant, die erfolgreichen Lehrgänge in den Kerngeschäftsfeldern auf weitere Standorte auszudehnen und bestehende Krusangebote mit Hilfe regionaler Werbeaktivitäten stärker auszulasten. Insgesamt werden hier für 2013 Umsatz- und Ergebnissteigerungen erwartet.

„Trotz der Unsicherheit haben die Unternehmen permanent eingestellt“, stellt Haas nicht ohne Verblüffung fest. Offenbar würde die Unternehmen die Sorge herumtreiben, wenn es wieder aufwärts geht auch über genügend qualifizierte Mitarbeiter zu verfügen. Eigentlich hätten sich permanent placements rückläufig entwickeln müssen, glaubt Haas angesichts der Unsicherheiten aus der Verschuldungskrise der Staaten usw.

Haas skizziert den Einfluss auf das Einstellungsverhalten. Wer Mitarbeiter fest einstelle, woll diese nicht gleich wieder entlassen. Im letzten Jahr sei die Nachfrage für Festeinstellungen ziemlich hoch gewesen. „Das ist ein Indikator für uns, dass negative konjunkturelle Phasen zu Ende gehen.“ Umgekehrt seien aus den negativen Phasen heraus nicht ersichtlich gewesen, dass diese dennoch zu mehr Festeinstellungen führen würden.

Für die Nachfragenentwicklungen gibt es verschiedene Indikatorkonstellationen, so auch für den Rückgang von Festeinstellungen. „2010 war das der Fall, daher war es so nicht erwartet.“ Für qualifizierte Mitarbeiter müsse man mit erheblich mehr Rekrutierungsaufwand rechnen. „In München sind drei Buchhalter als arbeitslos gelistet“, macht Haas pointiert die Arbeitsmarksituation in der Millionenstadt klar.

Robert von Wülfing, Vorstand Finanzen der Amadeus FiRe AG, ergänzt, dass die Ertragslage durch einen gesamtwirtschaftlichen Abschwung stärker getroffen würde, denn es ginge dann der gewerbliche Bereich nach unten. Nur bei white collar falle der downturn dann nicht so deutlich aus.

„Am meisten Angst habe ich vor der Wahl. Dann reagiert auch das Geschäftsmodell. Als Schröder damals gewann, war das wie ein Tollschock. Ich kann mich an die Situation nach der Wahl damals gut erinnern“, warnt Haas. Das negative Image der Zeitarbeit zwinge dazu, attraktive Gehälter zu bezahlen.

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