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2020 war noch nicht das Jahr der Herausforderungen

Von Dr. Oliver Everling | 8.Dezember 2020

Christopher Smart, Chefstratege und Leiter des Barings Investment Institute, befasst sich in seinen aktuellen Leitgedanken mit der wirtschaftlichen Entwicklung im Jahr 2021 und den wachsenden Herausforderungen für die Solvenz von Unternehmen, die Investoren genau beobachten müssen.

Umfassende politische Maßnahmen haben dafür gesorgt, dass die meisten Unternehmen mit Zugang zu den Kreditmärkten von Liquidität überschwemmt werden und sich selbst angesichts der unsicheren Nachfrage keine Sorgen um eine Überschuldung machen müssen. „Tatsächlich haben europäische und US-amerikanische Firmen Liquiditätspuffer angehäuft,“ so Christopher Smart, „die unserer Analyse zufolge leicht einen Schock abdecken könnten, der um ein Vielfaches größer ist als die globale Finanzkrise von 2008.“

Die viel schwierigere Frage sei, was unter dem weitaus wahrscheinlicheren Szenario passieren wird, wenn die Unternehmen im nächsten Jahr zur Normalität zurückkehren und die systemische Hilfe nachzulassen beginnt. Optimistisch stimme war die langfristigere Finanzierung, die sich die Unternehmen gesichert hätten. Eine neue Studie der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich mahne indes zur Vorsicht, nachdem sie die historische Beziehung zwischen Wirtschaftswachstum und erwarteter Ausfallhäufigkeit untersucht hat. „Die Ökonomen warnen davor, dass ein langsameres Wachstum die Konkurse im nächsten Jahr um 20% höher treiben könnte.“

Die guten Nachrichten über den Impfstoff und die Rückkehr zur Normalität könnte den CEOs neues Kopfzerbrechen bereiten und mit weitaus komplexeren Herausforderungen einhergehen. „Ging es in diesem Jahr darum,“ argumentiert Christopher Smart, „Liquidität anzuzapfen und IT-Plattformen zu stärken, damit die Mitarbeiter von zu Hause aus arbeiten können, so wird das nächste Jahr teurere Liquidität, weniger berechenbare Verbraucher und erneute Handelsstreitigkeiten bringen.“

Nicht nur Transport und Einzelhandel geht es an, wenn Unternehmen flexibel sein müssen, um den sich zunehmenden Präferenzen für mehr Online-Shopping oder weniger Geschäftsreisen zu begegnen. „Zudem wird es im nächsten Jahr eine Neuauflage der Handelsspannungen geben,“ sieht Christopher Smart voraus, „die durch die Pandemie (und die Wahlen in den USA) nur auf Eis gelegt waren. Der designierte US-Präsident Joe Biden hat bereits signalisiert, dass er nicht bereit ist, die Zölle für China sofort abzuschaffen, und plant, zunächst die Verbündeten zu konsultieren.“

„Es mag weit hergeholt sein, wenn man sagt, dass die CEOs gern auf das Jahr 2020 zurückblicken werden,“ scherzt Christopher Smart, „aber ihre künftigen Entscheidungen werden sich sehr viel komplizierter gestalten, da die Investoren ihre Aufmerksamkeit schon bald von der kurzfristigen Liquidität auf Solvenz und nachhaltige Gewinne verlagern werden.“

Themen: Aktienrating | Kein Kommentar »

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