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Renditeplus trotz (oder wegen?) Nachhaltigkeit

Von Dr. Oliver Everling | 20.Oktober 2014

Unternehmensanleihen erfreuen sich bei Unternehmen und Anlegern wachsender Beliebtheit. Gerade die anhaltende Niedrigzinsphase  bei Staatsanleihen mit hoher Bonität hat das Augenmerk der Anleger verstärkt auf Corporate Bonds gelenkt. Wer bei der Auswahl von Unternehmensanleihen auch berücksichtigt, wie das emittierende Unternehmen mit den branchenspezifischen Herausforderungen einer nachhaltigen Entwicklung umgeht, hat manifeste Vorteile im Hinblick auf die Ausfallwahrscheinlichkeit und die Verzinsung der Anleihen. Dies zeigt eine Studie der unabhängigen Nachhaltigkeits-Ratingagentur oekom research, die diese im Rahmen ihrer Jahreskonferenz „Doppelte Dividende“ in Frankfurt/Main der Öffentlichkeit vorstellt.

Anleihen bilden bei der Mehrheit der institutionellen Investoren nach wie vor das Rückgrat der Kapitalanlage. Dabei haben Unternehmensanleihen in den vergangenen Jahren an Bedeutung gewonnen. Nach aktuellen Erhebungen des Forums Nachhaltige Geldanlagen (FNG) werden in Deutschland 23 Prozent des nachhaltig investierten Kapitals in Unternehmensanleihen angelegt, in Österreich sogar 50 Prozent. In Europa liegt der Anteil nach Berechnungen des Branchenverbandes Eurosif bei immerhin 21,3 Prozent. Gleichzeitig nutzen zunehmend mehr Unternehmen Anleihen als Alternative zur Finanzierung über Bankkredite, so dass auch das Emissionsangebot am Markt in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen ist. 

Der Erfolg eines Anleihenportfolios hängt maßgeblich davon ab, inwiefern es den Portfoliomanagern gelingt, den teilweisen oder kompletten Ausfall einzelner Anleihen zu verhindern. Daher ist die risikoorientierte Auswahl der Emittenten im Anleihebereich von besonderer Bedeutung. Welche Rolle hierbei Nachhaltigkeitsratings, im Speziellen die Analysen von oekom research, spielen können, ist Gegenstand der oekom Corporate Bonds-Studie, die durch die Ampega Investment GmbH und die Bankhaus Schelhammer & Schattera KAG sowie weitere Vermögensverwalter unterstützt wurde.

„Es zeigt sich, dass eine bessere Nachhaltigkeitsleistung eines Unternehmens und damit ein besseres Nachhaltigkeitsrating mit einer höheren Eigenkapitalquote einhergehen“, erläutert Robert Haßler, CEO von oekom research, eines der Kernergebnisse der Studie. „Anleger, die sich bei der Anlageentscheidung am oekom Prime-Status orientieren, halten damit Wertpapiere von Unternehmen mit einer überdurchschnittlich hohen Eigenkapitalquote im Portfolio.“ Den oekom Prime-Status erhalten Unternehmen, die die branchenspezifischen Anforderungen an das Nachhaltigkeitsmanagement erfüllen. Die Eigenkapitalquote kann als Indiz für die Fähigkeit der Unternehmen interpretiert werden, ihren Verpflichtungen aus der Emission ihrer Anleihen, also der Zahlung von Zinsen und der Rückzahlung des Kapitals, nachzukommen.

Nicht nur aus Sicht der Investoren ist dabei interessant, dass der umgekehrte Zusammenhang nicht festgestellt werden konnte. Nach dem Motto „Nachhaltigkeit muss man sich leisten können“ gibt es immer wieder kritische Stimmen, die darauf verweisen, dass sich nur wirtschaftlich erfolgreiche Unternehmen ein umfassendes Nachhaltigkeitsmanagement leisten können und im Rahmen von Nachhaltigkeitsratings entsprechend positiv bewertet werden. Eine solche Verbindung konnte bei der Analyse nicht gefunden werden. Wirtschaftlicher Erfolg ist demnach keine Voraussetzung für ein gutes Nachhaltigkeitsrating. Es gibt vielmehr klare Hinweise darauf, dass die Kausalität „erst nachhaltig, dann wirtschaftlich erfolgreich“ lautet.

Die Studie ist auch der Frage nachgegangen, inwiefern Nachhaltigkeitsratings die Zinshöhe von Unternehmensanleihen erklären oder sogar bestimmen. Hier zeigt sich zum einen, dass Unternehmen mit einem überdurchschnittlich guten Nachhaltigkeitsrating einen niedrigeren Credit Spread aufweisen, von Investoren also als weniger riskant angesehen werden. Der Credit Spread ist dabei ein Zuschlag bei der Rendite auf den risikolosen Zins. Je höher Anleger das Risiko einer Anleihe einschätzen, desto höher ist diese Risikoprämie, die der Emittent den Anlegern zahlen muss. Gleichzeitig kann man durch die Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsratings deutlich besser beurteilen, ob ein Credit Spread aus Risikoperspektive angemessen ist und so die unter Risiko-Rendite-Gesichtspunkten besten Unternehmensanleihen identifizieren.

„Die Nutzung von Nachhaltigkeitsratings bei Anlagen in Unternehmensanleihen hat gleich in zweifacher Hinsicht positive Wirkung“, fasst Robert Haßler die Ergebnisse der Studie zusammen. „Sie geben zum einen wichtige Hinweise auf das Risiko eines Teil- oder Totalverlusts und wirken zum anderen positiv auf den finanziellen Ertrag eines in Unternehmensanleihen investierten Portfolios.“

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