Fitch Credit Outlook 2016
Von Dr. Oliver Everling | 14.Januar 2016
Die turbulenten Jahren in und nach der Finanzkrise haben auf ruhigere Zeiten hoffen lassen. Tatsäschlich wurde aber schon der Jahresanfang 2016 von Turbulenzen an den Börsen überschattet. Clemens Frech, neuer Geschäftsführer der Fitch Deutschland GmbH, skizziert die Herausforderungen, mit denen die Teilnehmer an den Finanzmärkten zu tun haben.
Frech referiert danach, inwieweit es durch die Politik zu Fehlallokationen in den Volkswirtschaften Europas gekommen ist. Auch in diesem Jahr müsse man sich auf Negativzinsen einstellen. Sinkende Exporte betroffener Schwellenländer, Kapitalabflüsse und viele weitere Faktoren ergeben ein unsicheres Szenario. „Eine sich fortsetzende Destabilisierung der ölexportierenden Länder kann für niemanden von Interesse sein“, warnt Frech.
Die griechische Finanzkrise sieht Frech noch nicht als beendet. Ebenso sei der Flüchtlingsstrom noch nicht gestoppt. Daraus ergeben sich verschiedene prinzipielle Fragestellungen, urteilt Frech. „Sollte der Souveränität der Mitgliedsländer nicht wieder ein höherer Stellenwert eingeräumt werden?“ Frech fragt nach den Konfliktpotentialen, insbesondere auch im Osten Europas und mit Großbritannien. Neben der vielerorts gelobten Willkommenkultur seien Investitionen notwendig, die positive Impulse auf die Konjunktur setzen könnten. Frech zitiert Prognosen der Wirtschaftsforscher, die 1,7% bis 1,9 % Wachstum für möglich halten. „Von erheblichen Kursschwankungen muss weiterhin ausgegangen werden“, räumt Frech ein, aber wo Risiken seien, da seien auch Chancen.
James McCormack, Global Head of Sovereign Ratings bei Fitch Ratings, skizziert die zyklischen Erscheinungen im US-amerikanischen Arbeitsmarkt. Das Investitionswachstum privater Investitionen außerhalb des Bereichs der Wohnimmobilien habe in den USA das Vorkrisenniveau mit ca. 5,5 % erreicht. „Wir sind jetzt in einer Phase, in der reale Zinsen niedriger sind als das reale Wachstum“, zeigt McCormack auf. „Die Zinsen sind so niedrig wie noch nie seit den 1980er Jahren.“
Europa sei mehr von politischen, als von wirtschaftlichen Herausforderungen gekennzeichnet. Migration, Sicherheit und EU-Mitgliedschaft sind die drei maßgeblichen Stichworte dazu. Fiskalischer und ökonomischer Handlungsbedarf beeinflussen die fiskalische Disziplin, die wirtschaftlichen Reformen sowie den Aufbau der Finanzinstitutionen in Europa. „Ein Brexit hätte moderat negative Ratingimplikationen“, glaubt McCormack.
Die günstigen Refinanzierungsbedingungen der Staatsverschuldung in Europa geben den Politikern die Chance, die Verschuldungsprobleme anzugehen. „Leider sind wir nicht überzeugt, dass sie das tun werden“, warnt McCormack.
Für China bedeute geringeres Kreditwachstum auch geringeres Wirtschaftswachstum. „Niemand spricht mehr von den Wachstumsraten in China“, berichtet McCormack. Das Thema seien vielmehr die Wechselkurse, die Inlandsverschuldung sowie der Nettokapitalfluss. Die Chinesen versuchen, die Kapitaldienstbelastungen zu vermindern. „Höhere Zinsen werden daher nicht die Wechselkurse verteidigen, erwarten Sie das nicht!“ McCormack skizziert den komplizierten Politikmix, mit dem die chinesische Führung die aktuellen Herausforderungen annehme. „Wir glauben,“ fasst McCormack zusammen, „dass es die Chinesen schaffen werden.“
„Volkswirtschaften können real wachsen, aber wenn ihr US$-Einkommen sinkt, nutzt es ihnen nichts“, macht McCormack die Bedeutung des US-Dollar klar und spricht von Dollar-Rezessionen, die aus der Gegenüberstellung von realen Wachstumsraten und Dollareinkommen ablesbar seien.
Ein stärkerer US-Dollar gehe mit niedrigeren Ratings für Schwellenländer einher. „Sie sehen hier eine sehr starke Korrelation“, deutet McCormack auf seine Statistik. Der Druck auf Währungen der Schwellenländer lasse ihre Währungsreserven schwinden. „Der Dollarkurs habe direkt Auswirkungen auf die Währungsreserven, außerdem auf die Zahlungsbilanz.“
„Es sollte keine Überraschung sein, dass China im US-Dollar die stärkste Position im Vergleich zu den Schwellenländern hat“, sagt McCormack. Entsprechend schneidet China im Rating besser ab als Brasilien, Russland, Türkei, Südafrika oder Indonesien, alle mit BBB- an der Schwelle zum spekulativen Bereich geratet, im Falle von Brasilien sogar mit BB+ bereits spekulativ.
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Radeberg im Immobilienrating
Von Dr. Oliver Everling | 13.Januar 2016
Die Deutsche Fachmarkt AG (DEFAMA) hat einen Kaufvertrag über das Einkaufszentrum Radeberg geschlossen, meldet die Gesellschaft aus Berlin. Der Kaufpreis belaufe sich auf 5,5 Mio. Euro. Die jährlichen Nettomieterträge liegen nach Angaben der DEFAMA derzeit bei 780 TEUR. Die Nutzfläche des Objekts beträgt 13.600 qm. Hauptmieter des 1994 eröffneten und zu mehr als 97% vermieteten Einkaufszentrums sind toom, ALDI und Konsum Dresden. Darüber hinaus sind RENO, KiK, ein EP-Markt und etwa zwanzig weitere Geschäfte im Objekt vertreten.
„Mit dem EKZ Radeberg konnten wir ein sehr gut im Markt positioniertes Objekt erwerben“, sagt Matthias Schrade, Vorstand der Deutsche Fachmarkt AG. Die Stadt Radeberg weist eine der niedrigsten Arbeitslosenquoten, mit die höchste Kaufkraft in ganz Ostdeutschland sowie eine positive Bevölkerungsentwicklung auf und ist somit für Investitionen sehr attraktiv.
DEFAMA beabsichtigt, das EKZ Radeberg mittelfristig zu modernisieren und in diesem Zuge auch zu erweitern, um zusätzliche starke Filialisten für den Standort zu gewinnen. „Wir wollen gemeinsam mit den Bestandsmietern ein Konzept entwickeln, das sowohl den Charakter des Objekts als Einkaufspassage erhält und zugleich den heutigen Anforderungen der Kunden an ein schönes Einkaufserlebnis entspricht“, erklärt Dr. Carsten Müller, Vorstand der DEFAMA.
Durch die Transaktion erhöht sich die annualisierte Jahresnettomiete der DEFAMA-Gruppe auf mehr als 2,4 Mio. Euro. Das Portfolio umfasst sieben Standorte mit insgesamt über 31.000 qm Nutzfläche, die zu mehr als 98% vermietet sind. Zu den größten Mietern zählen ALDI, Netto, NORMA, Konsum, Penny, REWE, toom, Hammer, AWG Mode, Dänisches Bettenlager, Deichmann, KiK und RENO.
Die Deutsche Fachmarkt AG verfügt nach eigenen Angaben über eine umfangreiche Pipeline an Objekten, welche die Kaufkriterien der Gesellschaft erfüllen. In mehreren Fällen sind die Kaufverhandlungen schon weit fortgeschritten. Daher ist der Vorstand optimistisch, das Portfolio im kommenden Jahr erneut deutlich ausbauen zu können.
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Übergabe ist beim Staffellauf entscheidend
Von Dr. Oliver Everling | 11.Januar 2016
Arnulf Manhold, Vorsitzender des eff European Finance Forum, fällt seine Einführung zur Neujahrsveranstaltung in Frankfurt am Main nicht schwer: Die Börsenturbulenzen zum Jahresanfang lassen das Interesse der Teilnehmer ganz auf die Referentin mit der Frage richten, wie es an den Märkten wohl weitergehe: Dr. Gertrud R. Traud, Chefvolksswirtin und Leitung Research bei der Landesbank Hessen-Thüringen, spricht über Märkte und Trends 2016.
Manhold ergreift die Gelegenheit, um auf neue Entwicklungen im Verein zu sprechen zu kommen, wie etwa das „responsive design“, das für die Website geplant sei. Das Mitglied Dirk Müller, bekannt als „Mister DAX“, habe zudem vorgeschlagen, den Mitgliedern Redebeiträge auch per Video exklusiv zur Verfügung zu stellen.
Dr. Udo Zietsch vom Regionalvorstand in Frankfurt am Main hebt neben den engagierten Mitgliedern die Sponsoren hervor, die dem Verein seit vielen Jahren treu bleiben und viele Veranstaltungen möglich gemacht haben. Zietsch skizziert die in 2016 geplanten Vorträge und Inhalte der Veranstaltungen.
„Das Jahr 2015 war eine Woche zu kurz“, führt Traud in ihren Vortrag ein. Hätte das Jahr noch die erste Woche des Jahres 2016 umfasst, wäre der Helaba fast eine Punktlandung in ihren Prognosen gelungen. Traud geißelt das Wort „alternativlos“ in der Aktienanalyse, denn angesichts der EZB-Politik hätten viele Analysten keine Alternative mehr zu steigenden Aktienkursen gesehen.
Solchen Analysten seien die Verhältnisse in den Schwellenländern dazwischen gekommen. Bonsai – Wachstum ohne Größe – gelte auch für die Schwellenländer. Viele hätten gedacht, dass „Bonsai“ nur für die Industrieländer gelte, nicht aber auch die von Nachholbedarf gekennzeichneten Schwellenländer.
Für 2016 gibt sich Traud eher optimistisch. Unter 9.000 kaufen, über 12.000 Gewinne mitnehmen – das ist nach Traud die Faustregel für den DAX im Jahr 2016. Neue Höchststände seien nicht ausgeschlossen. „Die Weltwirtschaft bewegt sich vorwärts“, macht Traud klar. Das Negativszenario sehe einen Hindernislauf voraus, das Positivszenario einen Sprint, veranschaulicht Traud ihre Prognosen.
„Die Risiken steigen, aber sie kommen nicht unbedingt von der wirtschaftlichen Seite“, warnt Traud und zieht Analogien zu Staffelläufern. Anders als im Sport würden in der Wirtschaft die Regeln zum Teil auch von den Staffelläufern gemacht. Dazu zähle insbesondere die Notenbank. „Warum springen bei uns oder in Japan die Investitionen nicht an?“ DIe EZB habe nun schon ein zweites Programm angekündigt in der Annahme, „dass die anderen es nicht schaffen“.
Der Ankauf von Staatsanleihen ist ein Marathonlauf. „Man darf sich am Anfang nicht verausgaben.“ Die EZB hätte hier eine ruhigere Hand haben sollen, glaubt Traud. „Natürlich passiert in der ersten Runde noch nichts, aber die Investitionen werden nicht anspringen, desto mehr wird sich der Wachstumspfad nicht zeigen.“
Wenn die Fed den Staffelstab übergibt, sich die Schwellenländer und auch China stabilisieren, können die Aktienmärkte 2016 gut laufen, glaubt Traud und zeigt sich weniger irritiert vom nicht mehr so stark wachsenden Welthandel als andere, denn viele Volkswirtschaften seien nun mehr konsum- und binnenorientiert sowie stärker von Dienstleistung geprägt.
Alternde Bevölkerung, Aufgabe der Ein-Kind-Politik usw. sieht Traud als Zeichen dafür, dass China inzwischen eine fortgeschrittene Volkswirtschaft sei. „China braucht keine 8 % Wachstum mehr, um die jungen Arbeitskräfte in ihre Wirtschaft zu integrieren“, urteilt Traud. China entwickle sich vom Schwellen- zum Industrieland.
Im Vergleich zur Türkei, Slowakei, Tschechien und Polen sei das deutsche Exportwachstum nach China am stärksten gestiegen, während der Export im Vergleichszeitraum von 2009 bis 2015 heute noch deutlich unter dem Niveau vor der Finanzkrise angesiedelt ist. Trotz Russland werde Osteuropa für deutsche Exporteuere immer wichtiger.
Der stark fallende Ölpreis sei für die ölexportierenden Länder eine Katastrophe. Der Angebotsüberhang bei Rohöl sei aber voraussehbar gewesen: Die USA steigerten ihre Produktion, Irak und Iran kehrten als Anbieter zurück. „Unsere Brent-Prognose 2016 geht in Richtung 50 US$ je Barrel“, sieht Traud voraus.
Ein robuster US-Arbeitsmarkt ebnete den Weg für die Zinswende, kommt Traud auf die Verhältnisse in den USA zu sprechen. Den Zinserhöhungspfand in den USA sieht Traud nun aber noch langsamer voraus als 2004 und noch langsamer als 1994. „Angst zu haben vor Leitzinsen von 1,5 % ist der falsche Ansatz“, urteilt Traud.
Die Fiskalpolitik bremse in den USA, wirke sich aber weitgehend neutral in der Eurozone aus. DIe europäische Konjunktur nehme fast überall Fahrt auf, nur nicht in Italien. „Italien leidet an einer gravierenden Produktivitätsschwäche.“ Das Problem in Frankreich sieht Traud schlicht darin, dass die Franzosen nicht so viel arbeiten würden, denn die Produktivität sei eigentlich hoch – im Unterschied zu den Italienern. In jedem Fall aber seien die Hochpunkte der Arbeitslosenquoten überschritten.
Die Engländer seien es satt, sich von Europa zu Tode regulieren zu lassen. „Daher gibt es in Europa Fliehkräfte“. Seit 2011 steigt die Bevölkerung in Deutschland, „und zwar nicht wegen den Flüchtlingen, die kamen erst später noch hinzu“, analysiert Traud. Die extrem starke Zuwanderung helfe den konsumorientierten Branchen. „Der Konsum wird weiter steigen, aber es ist kein Konjunkturprogramm, denn das macht man nur in der Rezession, aber wir sind nicht in der Rezession.“ Traud sieht, dass die Steuern hoch und die Zinsen niedrig sind, so dass die Umverteilung zugunsten der Flüchtlinge zurzeit noch bewältigt werden könne.
Zuwanderung sei nur dann positiv, wenn es das Wachstumspotential hebe. Dafür sei aber die Bildung und Ausbildung wichtig. „Wenn die Bildung über dem deutschen Niveau ist, ist es positiv, wenn das BIldungsniveau unter dem der Deutschen liege, lohnt sich die Zuwanderung nicht“, sagt Traud aus ökonomischer Sicht und will damit kein Urteil über die humanitären Aspekte treffen.
„Der transatlantische Zinsverbund hält“, glaubt Traud. Einen Rentencrash wie 1994 erwate die Helaba daher nicht. Den Dollar sieht Traud unter Schwankungen seitwärts. Man gaukle den Menschen vor, dass eine Währungsunion eine Fiskalunion brauche. Insbesondere brauche man keine Umverteilungsmechanismen. „Das war der erste Schritt, die Währungsunion kaputt zu machen“, warnt Traud. Eine politische Union benötige eine Fiskalunion, aber diese benötige eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik. Um den Fliehkräften eines Auseinanderfallens Europa entgegenzuwirken, müsse aber den Ländern Europas wieder mehr Gestaltungsmöglichkeiten gegeben werden.
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Prognosen unter Verzerrungen
Von Dr. Oliver Everling | 11.Januar 2016
Die Verzerrungen, die durch die Quantitative Easing Politik und das Niedrigzinsniveau verursacht wurden, haben bei fast allen Anlageklassen ihre Spuren hinterlassen. „Anlegern, die verzweifelt auf der Suche nach Rendite waren, blieb deshalb nichts anderes übrig,“ machen die Experten Cédric de Fonclare und Ross Teverson von Jupiter AM klar, „als ein größeres Risiko in Kauf zu nehmen und dabei vor allem auf Aktienmärkte zu setzen. Diese Nachfrage hat die Aktienkurse auf breiter Front unter einen dauerhaften Aufwärtsdruck gesetzt, ohne dass dem entsprechend höhere Unternehmensgewinne gegenüberstehen.“
Obwohl für die volkswirtschaftlich effiziente Allokation von Ressoucen letztlich falsch, hat die expansive Geldpolitik den Aktienmärkten einen willkommenen Schub versetzt. „Allerdings dürften sich die aktuellen Trends nur fortsetzen,“ warnen de Fonclare und Teverson, „wenn auch die Gewinne wieder stärker wachsen. Nach Jahren der Restrukturierung und Kostenkontrolle sieht es nun so aus, dass eine Gewinnverbesserung für europäische Unternehmen in den meisten Fällen nur über das Umsatzwachstum erfolgen kann.“
In Europa hat das wirtschaftliche Umfeld Unternehmen eine günstige, aber fragile Ausgangslage verschafft. Die Einkaufsmanagerindizes haben neue Höchststände erreicht, ein moderates Wachstum des Bruttoinlandsprodukts war zu verzeichnen und wichtige Indikatoren wie das Kreditwachstum oder das Verbrauchervertrauen haben sich von ihren niedrigen Niveaus weiter erholt. „Zudem wirken die historischen Bewertungen im Vergleich zu anderen Märkten angemessen und anders als in den USA haben die Gewinne gegenüber ihrem Höchststand von 2007 noch Aufholpotenzial. Rein vor diesem binnenwirtschaftlichen Hintergrund beurteilen wir die Aussichten für Europa positiv“, sagen die Manager von Jupiter AM. „Allerdings ist die Region nicht immun gegen das, was in der restlichen Welt passiert.“
Das globale Wirtschaftswachstum sorge weiter für Enttäuschung, wobei die Schwellenmärkte einen besonders schwachen Eindruck erwecken. „Die Entwicklung Chinas von einem wachstumsstarken, exportorientierten Schwellenland hin zu einer Volkswirtschaft, die stärker am Binnenkonsum orientiert ist, war und wird nicht leicht sein. Die Tage, in denen das Land umfangreiche Infrastrukturinvestitionen tätigte, ohne sich große Gedanken über die Kapitalkosten zu machen, könnten bald gezählt sein. Dies wird zahlreiche Unternehmen in Europa belasten, allen voran jene aus dem industrie- und rohstoffbezogenen Sektor.“
In den letzten Jahren haben Anleger am europäischen Aktienmarkt defensive Titel mit starkem Wachstum und hohen Dividendenrenditen bevorzugt, da die Risiken allzu offensichtlich sind. „So mancher Sektor, wie etwa der Nahrungs- und Genussmittelbereich, hat dabei massiv an Wert gewonnen – in einigen Fällen selbst dann noch, als das Wachstum schon schwächer wurde. Aus unserer Sicht bedeutet das, dass Aktien, die in der Vergangenheit vielleicht noch als risikoarm eingestuft worden wären, dies nun keineswegs mehr sind.“
Als Stockpicker sind de Fonclare und Teverson überzeugt, dass sich in einem solchen Umfeld vor allem ein selektiver Investmentansatz auszahlt. „Wir streben dabei nach einem von Marktaufschlägen möglichst freien Portfolio von Unternehmen, die sich durch solide Bilanzen und eine bewährte Erfolgsbilanz auszeichnen und regelmäßig hohe Cashflows generieren. Prinzipiell kann niemand vorhersagen, was die Zukunft bringen wird. Wenn wir aber an unserem Investmentprozess festhalten, der uns seit mehr als zehn Jahren in den verschiedensten Marktbedingungen gute Dienste geleistet hat, sollten wir für unsere Kunden auch in Zukunft einen echten Mehrwert generieren können.“
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Bankenregulierung bringt Börsenchaos
Von Dr. Oliver Everling | 8.Januar 2016
Die Heftigkeit der Abwärtsbewegungen der chinesischen Festlandsbörsen in den ersten Handelstagen des jungen Jahres hat auch die europäischen und US-Börsen negativ beeindruckt – seither dominiert eine Abwärtsspirale aus Vertrauensverlust und Verkaufsdruck.
„Börsianer bezeichnen Marktphasen, in denen plötzlich die rosarote durch eine trübe Brille ersetzt wird, als Regimewechsel“, bemerkt Thomas Böckelmann, Investmentchef der EuroSwitch, in einem aktuellen Kommentar. ‚Irgendein Ereignis‘ begründe das Phänomen, dass vormals positiv gedeutete Informationen jetzt negativ bewertet werden und dass sogar unzweifelhaft positive Nachrichten völlig ignoriert werden. So seien die wichtigen Einkaufsmanagerdaten der Eurozone, die in dieser Woche auf eine weitere Stabilisierung des Wachstums deuteten, in ihrer sonst positiven Wirkung komplett verpufft.
Nach Ansicht von Böckelmann sei nichts passiert, was eine fundamentale Neubewertung der Risiken an den Kapitalmärkten rechtfertigen würde. Zwar sei China sehr wichtig – die von Privatanlegern dominierten Inlandsbörsen aber für ihre Schwankungen bekannt und auch dafür, dass Administration sowie Anleger bestimmte Marktmechanismen erst „erlernen“ müssten. Der Konflikt Saudi-Arabien – Iran oder die Entwicklung in Nordkorea seien ebenfalls nicht wirklich neue Bedrohungen. „Wir erachten es zudem als widersprüchlich, wenn einerseits der Nahost-Konflikt als wichtiger Katalysator genannt wird, andererseits aber der Ölpreis als Fieberthermometer der Spannungen in der Region weiter und weiter fällt“, stellt der Fondsmanager fest.
Somit scheine die Ursache für die Marktverwerfungen zunächst im Jahreswechsel an sich begründet. Die Tatsache, dass sich die Anzahl der Terminkontrakte auf fallende Kurse in vielen Marktsegmenten auf Höchstständen befinde, deute laut Böckelmann auf Marktteilnehmer, die die ruhige Phase des Jahresanfangs nutzen wollen, um gezielt die Kurse in eine Richtung zu bringen. Ein Phänomen, das seit Beginn der Finanzkrise häufiger zu beobachten sei und sich nach Meinung des Experten leider verstärke. Mitverantwortlich dafür seien auch Politik und Regulierer, die faktisch die Eigenhandelsabteilungen der großen Banken geschlossen haben. Somit fallen diese als wichtiges Marktkorrektiv aus.
„Auch wenn wir zunächst die Markttechnik als Ursache der aktuellen Entwicklungen vermuten, so ist die potenzielle Gefahr nicht zu unterschätzen“, mahnt Thomas Böckelmann. Derartig heftige Verwerfungen könnten schnell zur selbsterfüllenden Prophezeiung werden, in dem sie der Realwirtschaft das Vertrauen entziehen. In einer Phase eines nur moderaten Wachstums sei das keine günstige Ausgangssituation.
Dennoch gebe es aus heutiger Sicht die Hoffnung, dass die Unternehmensdaten, die ab nächster Woche sukzessive veröffentlicht werden, für eine Entspannung sorgen könnten. „Viel Toleranz für Enttäuschungen, wie für die von Apple vor wenigen Tagen angekündigte Produktionskürzung, gibt es jedoch nicht.“
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Keine Sicherheitsgarantie bei ETFs
Von Dr. Oliver Everling | 8.Januar 2016
„Das Risiko eines globalen Zusammenbruchs bei Unternehmensanleihen ist zwar nicht hoch, doch Investoren sollten sich der Gefahren bewusst sein“, sagt Simon Fasdal, Head of Fixed Income bei der Saxo Bank.
Dabei spiele die US-Zinsanhebung eine entscheidende Rolle. „Sollten die Zinsen aggressiver ansteigen als allgemein erwartet, könnte das zu einer Ausverkaufswelle bei Unternehmensanleihen führen“, sagt Fasdal.
Eine weitere Gefahr an den Anleihemärkten sei die aktuell geringe Liquidität. „Dies könnte zu einer ähnlichen Situation führen wie 2008, als die Kreditmärkte vor dem Beginn der Finanzkrise kollabierten“, sagt Fasdal. Die extrem billigen Zinsen hätten einen explosionsartigen Anstieg bei der Ausgabe von Unternehmensanleihen verursacht. „Es scheint, dass der aktuelle Markt sogar zu symmetrisch ist und vielleicht dadurch etwas anfällig und fragil ist“, sagt Fasdal.
Deshalb sei beim Handel von ETFs und anderen Finanzprodukten Vorsicht angeraten. „Insbesondere wenn die gehandelten Vermögenswerte in Unternehmensanleihen investiert sind“, sagt Fasdal abschließend.
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Anleihemärkte als Stabilisatoren
Von Dr. Oliver Everling | 4.Januar 2016
Wenn die Zinsen bei nahe null sind und dort verharren, sind die Anleiheerträge auch nahe null. „Dies war vergangenes Jahr durchgängig der Fall. Trotzdem war viel Bewegung im Markt,“ schreibt Klaus Martini, Geschäftsführer Plückthun Asset Management in seinem Jahresrückblick, „ausgelöst von wechselnden Faktoren – mal war es China, mal war es eine starke US-Wirtschaft, mal waren es die Aussagen der Fed.“
Manche zinstragende Papiere verloren sogar deutlich an Wert. Die Ölproduzenten in den USA leiden stark unter dem niedrigen Ölpreis; sie sind häufig mit sogenannten High-Yield Anleihen finanziert. „Dort gab es nicht nur dramatische Kursverluste, sondern auch Ausfälle durch Pleiten. Generell waren jene Sektoren im Anlagebereich im vergangenen Jahr unter Druck, die sich in den Jahren zuvor besonders gut entwickelt hatten. Das gilt insbesondere für Schwellenländer-Anleihen. Dort zogen die Anleger bedeutende Summen ab, mit der Konsequenz fallender Kurse.“
Klaus Martini will weitestgehend ausschließen, dass die Zinsen im Jahr 2016 fallen und somit Kursgewinne bei zinstragenden Papieren auftreten. „Aufgrund der US-Zinswende und der Tatsache, dass die EZB wohl weitgehend ihr Pulver in Sachen Zinssenkungen verschossen hat, gehen wir davon aus, dass mit steigenden Fed-Zinssätzen auch die Anleiherenditen steigen werden. Das bedeutet, dass sich zwar die laufende Verzinsung erhöht, allerdings werden auch Kursverluste auf bestehende Portfolios zu verzeichnen sein. Anleiheportfolios werden im Jahre 2016 zwar keine hohen Beiträge zur Wertentwicklung liefern, bleiben aber in diesen unsicheren Zeiten ein wertvoller Stabilisator.“
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Höchste Gefahrenstufe am US-Markt für Hochzinsanleihen
Von Dr. Oliver Everling | 4.Januar 2016
Jupiter Asset Management Limited ruft für den US-Markt für Hochzinsanleihen die höchste Gefahrenstufe aus. In den letzten Wochen wurde viel über eine Reihe von US-Fonds geschrieben, die die Rücknahme von Anteilen ausgesetzt haben. Daneben waren erhebliche Mittelabflüsse aus Fonds für US-Hochzinsanleihen zu beobachten. „Uns bereitet dieser Markt schon länger Sorge, weshalb wir dort nur begrenzt engagiert sind“, schreibt Jupiter. Darüber hinaus sorgen sich die Analysten seit einiger Zeit darum, dass der anhaltende Druck, unter dem Unternehmensanleihen in den Schwellenmärkten und den USA stehen, auch den europäischen Markt erfassen könnte. „Aus diesem Grund haben wir unser Exposure gegenüber europäischen Hochzinstiteln reduziert, generell die Qualität unseres High-Yield-Portfolios verbessert sowie kürzer laufenden Papieren eine klare Präferenz eingeräumt.“ In den Schwellenmärkten haben sich die Unternehmensbilanzen aufgrund einer erneuten massiven Schuldenaufnahme zuletzt verschlechtert, stellt Jupiter fest, und viele der Schwellenländer sind in Schwierigkeiten geraten. „Wir sind überzeugt, dass in einem Großteil der Länder die Probleme noch länger bestehen könnten, und halten uns daher von diesem Segment weitgehend fern.“
Der Kreditzyklus in Europa sei etwas weniger fortgeschritten. Die dortigen Bilanzen seien deshalb generell in einer besseren Verfassung. „Folglich geben wir europäischen Unternehmensanleihen weiter den Vorzug. Doch selbst hier nimmt das unsystematische Risiko allmählich zu. Der spanische Energiekonzern Abengoa (in dem wir nicht engagiert waren) ist ein besonders aktuelles Beispiel dafür, wie in Europa die ersten kleinen Probleme entstehen.“
Das zweite große Risiko für Unternehmensanleihen gehe von der Liquidität aus. Die Investmentbanken können in dieser Hinsicht aus regulatorischen Gründen schlichtweg nicht mehr die Schützenhilfe leisten wie früher. „Somit“, folgert Jupiter, „ist in dieser späten Phase des Kreditzyklus Vorsicht geboten, zumal die Fed ihre Geldpolitik noch weiter strafft. Den starken Dollar in Kombination mit der in den USA endenden quantitativen Lockerung beurteilen wir klar als Hindernis für die wirtschaftliche Entwicklung.“
Durch die jüngsten Ereignisse sehen sich die Fondsmanager in ihrem Doppel- bzw. Hantel-Ansatz bei Anleihen bestätigt. „Unsere Top-Picks im Hochzinsbereich (primär High-Yield-Titel aus Europa) kombinieren wir dabei mit Unternehmensanleihen der Bonität Investment Grade und einer substanziellen Position in erstklassigen Staatsanleihen, wie zum Beispiel US-Treasuries sowie australische und neuseeländische Titel.“
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Wohin geht die Reise?
Von Dr. Oliver Everling | 31.Dezember 2015
„Die Grenzen des Wachstums“ sind seit den 1970er Jahren ein Begriff. Die im Auftrag des Club of Rome erstellte und von der VolkswagenStiftung finanzierte Studie „Die Grenzen des Wachstums“ wurden im Rahmen des St. Gallen Symposiums 1972 der Öffentlichkeit vorgestellt und bewegt seither international eine Kontroverse um Wachstumsziele und Ressourcenverschwendung.
Inzwischen liegt eine globale Prognose bis 2052 vor: Jorgen Randers veröffentlichte 2012 im oekom Verlag einen neuen Bericht an den Club of Rome, genau 40 Jahre, nachdem „Die Grenzen des Wachstums“ erschienen, die so nachhaltig die Diskussion insbesondere um wirtschaftspolitische Zielsetzungen beeinflussten.
Mit seinem neuesten Buch greift Dr. Ulf Gerlach geschickt die Fragen auf, die zwar damals schon aufgeworfen, aber bis heute nicht befriedigend beantwortet wurden und daher wohl nur ansatzweise zu nachhaltigen Verhaltensänderungen führten: „Wohin geht die Reise?: Gesellschaftskritische Streifzüge im grenznahen Bereich“ (Edition Octopus).
Obwohl der Untertitel des Buches eher ein Sachbuch erwarten lässt, trifft der Leser auf eine Erzählung in Ich-Form eines fiktiven Lehrers aus Berlin. Die Wahl der Handelnden sowie der Ort des Geschehens sind kein Zufall, ist doch Berlin weltberühmt für seine einstige Grenze bzw. Mauer, die Touristen aus aller Welt in großer Zahl jeden Tag anzieht.
Der 1987 am Brandenburger Tor ausgerufene Appell von Ronald Reagon an „Mr. Gorbatchev, tear down this wall!“, wurde 1989 Realität. Damit fiel nicht nur eine Mauer zwischen Ost- und Westberlinern, eine Grenze zwischen Ost- und Westdeutschland, sondern auch die Grenze für ein Wirtschaftssystem, das sich zentralverwaltungswirtschaftlichen Diktaturen als überlegen erwies. Die Freiheit brachte aber in vielen Ländern auch die Übernahme des „American Way of Life“, der einem stereotypen Muster von Wohlstandszielen folgt. „Derzeit ist die deutsche Bewunderung für die USA als Musterland der Demokratie und Verfechterin von Freiheit und Toleranz, der Mythos, beschädigt“, schreibt Gerlach.
Mit der Frage „Wohin geht die Reise?“ stellt Gerlach den Leser auf die Probe. Wer auf diese Frage automatisch eine Antwort mit Reisezielen in fernen Ländern erwartet, denkt möglicherweise eher grenzenlos, denn die Überwindung von Grenzen ist bei Fernreisen eine Selbstverständlichkeit, wie auch der damit verbundene Ressourceneinsatz. Gerlach liebt die Wortspiele, Konnotationen und Assoziationen.
Das Buch von Gerlach ist nicht normal: Auf 321 Seiten gelingt es dem Autor, nicht nur eine Geschichte zu erzählen, sondern auch zugleich ein Sachbuch zu schreiben. Originell ist auch seine Idee, den Leser auf den letzten Seiten des Buches mit einem „alternativen Inhaltsverzeichnis“ unter der Überschrift „Wenn die Urlaubstage verschmelzen und die wahren Inhalte der Erlebnisse deutlich werden“ zu überraschen. Während das Inhaltsverzeichnis zu Beginn des Buches eine bloße Urlaubserzählung vorspiegelt, geordnet nach Urlaubstagen, kommt am Schluss heraus, dass sich Gerlach einer stringenten Logik bediente.
Es geht um die gespaltene Gesellschaft, die persönliche Leistungsfähigkeit, die Grenzen des materiellen Mehrwerts für das Individuum, die Grenzen des geordneten menschlichen Miteinanders, den Umgang mit Gesetzen, Konventionen und biologischen Grenzen, gesellschaftliche, politische, ökonomische, ökologische und soziale Entwicklungen, eine Aufforderung zum Umdenken und um den Aufbruch zu neuen Ufern.
Das Buch beeindruckt außerdem mit eingestreuten „Urlaubsfotos“, für die Gerlach die anspruchsvolle Fotografin Melanie John gewinnen konnte. Schade nur, dass die Aufnahmen auf das Format des Buches beschränkt bleiben. Der Leser würde sicher oft gerne in die erstklassigen Bilder „hineinzoomen“, um die Farbfotos in ihrer vollen Ausdruckskraft zu genießen.
Gerlach ist schon aus seinen früheren Buchveröffentlichungen für seine Gründlichkeit und Sorgfalt bekannt, mit der er jedes Detail seiner Darstellungen recherchiert und reflektiert. „Nicht normal“ ist daher auch sein umfassendes Literaturverzeichnis von 25 Seiten, die jede Erwähnung genau belegen, obwohl natürlich die Geschichte insgesamt fiktiv ist.
Dem Autor kommt seine Beobachtungsgabe zugute, wenn er die Lebensgewohnheiten von den vielen verschiedenen Berlinern beschreibt. Der Leser erfährt, wie immer wieder Grenzen überschritten und Menschen zugleich auch immer wieder Grenzen aufgezeigt werden oder an Grenzen stoßen.
Gerlach drängt den Leser nicht in eine bestimmte politische oder gar religiöse Richtung. Er befasst sich mit den Phänomenen unserer Zeit frei von jeder obskuren Esoterik. „Ständiges Wachstum ist irgendwie uncool geworden, da scheinen sich Kirchen, Gewerkschaften, Umweltschützer und sonstige Organisationen einig zu sein.“
„Unsere Überflussgesellschaft kreiert nicht nur Probleme, nein, sie bietet uns zugleich Lösungen an“, warnt Gerlach vor vorschnellen Schlüssen, mit der Abstellung von Wachstumszielen bereits Glück für alle zu bewirken.
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USA blenden mit Leitzinserhöhung
Von Dr. Oliver Everling | 28.Dezember 2015
Schwächeres Wachstum in den USA und in China, ungelöste strukturelle Probleme in den Schwellenländern, eine leichte Erholung in Japan und Stagnation im Euroraum: Die FERI-Konjunkturprognose rechnet mit unverändert schwierigen Rahmenbedingungen für die Weltwirtschaft im Jahr 2016.
China fällt als Zugpferd der globalen Konjunktur vorerst aus. In der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt sollen Reformen den privaten Konsum stärken und das Land unabhängiger vom Außenhandel machen. Die chinesische Führung räumt dem Umbau der Wirtschaft Priorität ein, analysieren die Experten bei der FERI Gruppe in Bad Homburg. Folgerichtig wurde das Wachstumsziel für das Jahr 2016 nach unten revidiert. Das Wachstum der chinesischen Wirtschaft dürfte 2016 damit wie schon 2015 unter der Marke von 7 Prozent bleiben. Den geringeren chinesischen Bedarf nach Energie und Rohstoffen bekommen insbesondere die Schwellenländer zu spüren. Dort wird das Wachstum 2016 mit etwa 4 Prozent kaum höher liegen als im Jahr 2015.
Nicht blenden lassen sollte man sich von der jüngsten Leitzinserhöhung in den USA. Mit dem Zinsschritt solle Stärke signalisiert werden. Gleichwohl deuten etliche Konjunkturdaten eher auf eine geringere Wachstumsdynamik hin. „Der starke Dollar und die schwächere Nachfrage aus den Schwellenländern setzen den exportorientierten Wirtschaftszweigen zu. Der niedrige Ölpreis wirkt zwar positiv auf den privaten Verbrauch, dem stehen jedoch sinkende Unternehmensgewinne und geringere Investitionen gegenüber“, erläutert Axel D. Angermann, Chefvolkswirt von FERI.
Das Wachstum der US-Wirtschaft wird nach Ansicht von FERI im kommenden Jahr voraussichtlich kaum über die 2-Prozent-Marke hinauskommen. Es sei vor diesem Hintergrund nicht davon auszugehen, dass die amerikanische Zentralbank die Zinsen schnell weiter anheben und damit die Zinswende nachhaltig vollziehen wird.
„Die beiden größten Volkswirtschaften der Welt, die USA und China, verlieren an Dynamik. Wichtige Schwellenländer wie Russland und Brasilien stecken weiterhin in der Rezession, und das magere Wachstum im Euroraum bietet keine hinreichende Kompensation“, fasst Angermann die Eckpunkte der FERI-Konjunkturprognose für das Jahr 2016 zusammen. Von der Abkühlung der globalen Konjunktur sei auch das Exportland Deutschland betroffen. Dass es hier im nächsten Jahr bei einem unveränderten Wachstum von 1,6 Prozent bleibe, sei der relativ robusten binnenwirtschaftlichen Nachfrage geschuldet. Diese beruht zum Teil allerdings auf dem Zustrom von Migranten und ist daher nicht nachhaltig, weil sie tendenziell staatliche Transfers stärkt und nicht private Investitionen. Dies schlägt sich auch in verhaltenen Wachstumsaussichten für die deutsche Industrie nieder, die ihre Produktion 2016 erneut nur um etwa 1 Prozent wird steigern können. Besonders auffällig und zugleich ein Warnsignal: Die Produktion der deutschen Autoindustrie wird 2016 das hohe Niveau des Jahres 2015 nicht halten können und leicht schrumpfen. Positiv sind dagegen die Wachstumsaussichten für das Baugewerbe und für eine Reihe von Dienstleistungssektoren.
Erhebliche Unsicherheiten bestünden im Euroraum weiterhin durch die Geldpolitik der EZB. „Die europäische Wirtschaft befindet sich bereits jetzt in einem quasi-japanischen Szenario, in dem immer neue geld- und fiskalpolitische Expansionsrunden ein moderates Wachstum herbeizwingen, das ohne diese Maßnahmen keinen Bestand hat“, so Angermann. Mit weiteren geldpolitischen Lockerungen sei zu rechnen. Dabei werde die EZB mit einer Preissteigerungsrate von voraussichtlich 0,5 Prozent vermutlich auch im nächsten Jahr die selbst gesteckten Inflationsziele deutlich verfehlen.
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