Anlagestrategien im Krisen- und Niedrigzinsumfeld
Von Dr. Oliver Everling | 8.Juni 2015
Aussichtsreiche Anlageklassen und -strategien im aktuellen Umfeld, Auswirkungen eines langfristigen Niedrigzinsumfeldes auf die Asset Allocation sowie erste Praxiserfahrungen mit der neuen Anlageverordnung beschäftigen in Frankfurt am Main ein Investorenpanel auf der Alternative Investor Conference des Bundesverbandes Alternative Investments e.V. (BAI). Dr. Michael Hanssler, Charlotte Klinnert, Rainer Müller und Paul Weßling diskutieren unter der Moderation von Rolf Dreiseidler, Vorstandsmitglied des BAI.
Dr. Michael Hanssler ist Vorstand der Gerda Henkel Stiftung, Charlotte Klinnert Vorstand der Pensionskasse Deutsches Rotes Kreuz, Rainer Müller Senior Manager bei der Robert Bosch GmbH und Paul Weßling ist Vorstand der Gerther Versicherung.
Klinnert skizziert das Problem, bei weniger als 1 % Rendite für „investment grade“ geratete Papiere noch eine akzeptable Rendite zu erwirtschaften. Müller erinnert sich an die Konferenz des BAI vor zwei Jahren, als Bundesanleihen noch rund 1,5 % brachten. „Heute rentieren sie deutlich niedriger“, freut sich Müller über die Wertsteigerung. Auch wenn Robert Bosch bei Anleihen ein Rating von AA oder besser voraussetze, hätten sich doch auch noch Renditen erzielen lassen.
Hanssler bringt das Thema der Inflationsraten ins Gespräch. Wenn man sich an die „guten“ Zeiten erinnere, dürfe man nicht die damaligen Inflationsraten vergessen. Weßling würde mehr in Immobilien investieren – „hier sind uns aber die Hände gebunden“, berichtet er von der Gerther Versicherung.
Müller freut sich über die neuen Möglichkeiten im Bereich Private Debt. Daher beurteilt er die neuen rechtlichen Rahmenbedingungen „leicht positiv“, ohne jedoch in Euphorie zu verfallen. Große Fonds sind klar im Vorteil, sagt Müller. „Fonds mit einem Volumen unter 200 Mio. € lohnen sich fast nicht mehr. Das ist schon ein erheblicher Aufwand, den wir da hineinstecken müssen.“ Klinnert pflichtet Müller mit den vielen Fallen bei, in die man „hineintappen“ könne und daher sorgfältiger Prüfung bedürfen.
Dreiseidler regt zu einem Gedankenspiel an: Was wäre, wenn das Zinsniveau von heute in fünf Jahren unverändert wären. „Fünf Jahre würden uns noch reichen“, gibt sich Klinnert gelassen, räumt jedoch ein, dann mehr Risikotragfähigkeit zu benötigen. Die zuverlässige Abdeckung derr Ansprüche durch Erträge werde dann schwierig. Hanssler weist auf die untypische Anlagestruktur bei seiner Stiftung hin, so dass sich Probleme wie bei anderen Stiftungen oder Versicherungen nicht gleichermaßen ergeben. „Private Stiftungen sind in ihren Gestaltungen weitgehend frei“, so Hanssler, glaubt aber nicht an eine hohe Alternative Investment-Quote wie bei Amerikanern, denn diese hätten die Verpflichtung, mindestens 5 % ihres Kurswertes auszuschütten. Dies verlange andere Strategien.
Weßling fragt sich, ob sich Versicherungen die Teams aufbauen werden, um in Alternative Assets sicher zu investieren. „Gehen die Versicherer wirklich darauf ein und machen, was sie tun könnten?“ Dies würde nach seiner Meinung bedeuten, sich von den Buy-and-Hold-Strategien zu verabschieden. „Da sind viele Versicherer am Scheideweg. In fünf Jahren wird man die Leistungsversprechen reduzieren müssen. Der Versicherte wird es bezahlen müssen.“ Wenn man die Niedrigzinsphase durchhalten möchte, führe kein Weg daran vorbei, das Leistungsversprechen zu vermindern.
Mehr als ein Viertel der Teilnehmer der AIC sehen auf Sicht von 12 bis 24 Monaten die größten makroökonomischen oder geopolitischen Risiken für die Kapitalanlage in „Black Swans“, gefolgt von Befürchtungen um eine Wirtschaftskrise (23,7 %). Nur 2,6 % befürchten eine Inflation, 10,3 % dagegen eine Deflation. Immerhin 17,9 % rechnen mit dem Auseinanderbrechen des Euros, 19,9 % mit Krieg, Terror oder sozialen Unruhen als Einflussfaktoren auf die Kapitalanlage.
Jochen Biedermann, Frankfurt Main Finance e.V., spricht über die Rolle des Finanzplatzes Frankfurt als Brücke zwischen den Volkswirtschaften Deutschlands und Chinas. Biedermann entwickelt seinen Vortrag von dem Anliegen seiner Mitglieder her, namentlich Banken, Hochschulen und nicht zuletzt auch das Land Hessen, die wirtschaftlichen Beziehungen zu stärken.
„Wir konzentrieren uns auf die Vermarktung unseres RMB-Offshore-Centers nicht nur in Deutschland, sondern auch im Ausland“, berichtet Biedermann. Im Kernz gehe es darum, Transaktionen zwischen Deutschland und China effizienter zu machen. Hinzu kommen neue Produkte, die durch die neue Zusammenarbeit möglich wurden. Biedermann erwhnt auch die Zusammenarbeit mit der Deutschen Börse und Shanghai, um Wertpapiertransaktionen und Geschäfte mit Derivaten durchzuführen.
„Wir sehen immer mehr Investitionen von Chinesen in Deutschland. Deutsche Assets werden von Chinesen als preisgünstig gesehen“, sagt Biedermann. „In diesem Zusammenhang wsei es wünschenswert, eine stärkere Präsenz der chinesischen Ratingagentur Dagong Europe zu sehen. Es sei daher sehr hilfreich, dass Dagong Europe auch durch ESMA registriert worden sei.“ Biedermann sieht keine Hindernisse für die Zusammenarbeit mit den Chinesen, aber es sei eine Menge zu tun. Biedermann berichtet auch von seinen persönlichen Erfahrungen, wie man von Chinesen viel lernen könne.
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Die großen Crashs 1929 und 2008
Von Dr. Oliver Everling | 8.Juni 2015
Die Finanzkrise von 2008 liegt schon mehr als ein halbes Jahrzehnt zurück. Die Krise und ihre Ursachen sind nicht überwunden. Das zeigt schon die Tatsache, dass Staaten und Notenbanken zäh an ihrer Krisenbewältigungsstrategie festhalten. Die Weltwirtschaft wächst nur langsam, nur das Fluten der Märkte mit Liquidität und massive Konjunkturprogrammen scheinen eine Depression verhindert zu haben.
Barry Eichengreen ist Professor für Ökonomie und Politologie an der University of California, Berkeley, und einer der renommiertesten Analytiker der Weltwirtschaft. In seinem monumentalen Epos „Die großen Crashs 1929 und 2008: Warum sich Geschichte wiederholt“ aus dem Finanzbuch Verlag will er zeigen, welche Schlussfolgerungen aus der Geschichte der Großen Depressionen gezogen werden müssen, ehe dieselben Fehler erneut gemacht werden. „Kein anderes Werk erklärt die Geschichte der zwei größten ökonomischen Krisen unseres Zeitalters umfassender und gibt weitreichendere Antworten“, so der Anspruch des Buches.
Eichengreen kommt zunächst auf Klischees zu sprechen, die heute zweifellos die Medien beherrschen: Während man 1929 noch nicht nach Keynes Geld gespritzt und durch Schulden für weitere Staatsausgaben gesorgt habe, sei diesmal die richtig gehandelt worden. „Diese nette Geschichte ist leider zu einfach. Sie lässt sich nicht mit der Tatsache in Einklang bringen,“ warnt Eichengreen, „dass man die Risiken nicht antizipiert hat.“ Bei einem Besuch der London School of Economics 2008 habe daher Königin Elisabeth II. eine später berühmt gewordene Frage zurecht gestellt: „Warum hat das niemand kommen sehen?“
„Es mangelt ja nicht an Parallelen. In den 1920er-Jahren gab es in Florida einen Grundstücksboom und auch einen Boom im Bereich der Gewerbeimmobilien im Nordosten und im mittleren Norden der USA,“ analysiert Eichengreen, „die eine starke Ähnlichkeit mit den enormen Preisanstiegen der Immobilien in den USA, Irland und Spanien im frühen 21. Jahrhundert aufwiesen. Es gab einen starken Anstieg der Aktienbewertungen bei Unternehmen aus dem Bereich der Informationstechnologie; Radio Corporation of America (RCA) in den 1920er-Jahren, Apple und Google 80 Jahre später.“
Seine Analyse der Einlagensicherung z.B. zeigt, dass mit einem solchen staatlichen System nur ein partieller Schutz erreicht werden kann, der mit Blick auf die Stabilität des Finanzsystems insgesamt früher oder später aber dann versagt, wenn ein Run bei Finanzprodukten erfolgt, die nicht Gegenstand der Einlagensicherung sind. Eine staatliche Garantie für jede Art von Finanzforderung kann es nicht geben, denn sie käme nicht nur einer restlosen Verstaatlichung aller Banken, sondern auch dem Übergang in die Zwänge einer Zentralverwaltungswirtschaft gleich.
Eichengreen kommt auf einige Kernprobleme des amerikanischen Finanzsektors zu sprechen, wie etwa der dominanten Rolle seiner Großbanken. „Aber die Großbanken wurden nicht zerschlagen. Das Problem der Finanzunternehmen, die zu groß waren, um scheitern zu können, wurde nicht angepackt.“ Es sei z.B. unklar, ob die den Banken auferlegten „Testamente und Liquidationsprozeduren angesichts der Furcht, die Märkte zu beunruhigen, tatsächlich angewendet werden. Was Institute betrifft, die zu groß sind, um zu scheitern, ist bislang wenig Bedeutendes geschehen. Dass eine weitere große Depression verhindert wurde, schwächte die Argumente für radikalere Veränderungen und erlaubte den Banken eine Neuaufstellung.“
Eichengreen zeigt Verständnis für die mangelnde Krisenbewältigung in Europa. „In den USA erforderte eine Einigung über Reformen ein gewisses Einverständnis zwischen zwei Parteien. Aber für Fortschritte in der EU war eine Einigung zwischen 27 Regierungen erforderlich.“
Gemessen an seinem Umfang von 560 Seiten liefert das Buch von Eichengreen die wohl umfassendste Faktensammlung zu den Krisen von 1929 und 2008. Mit großer Akribie kompiliert Eichengreen eine Vielzahl von Fakten und Misständen, die zum Teil allerdings nicht unmittelbar mit dem Phänomen „Finanzkrise“ zu tun haben.
So bemängelt Eichengreen beispielweise, dass Goldman Sachs immer noch CDOs verkauft habe, die durch Hypothekenpools abgesichert waren, und dabei hohe Gebühren einstrich, während sie in ihren Tradingoperationen dagegen wettete. „Die eigenen Positionen der Bank waren geborgt und wurden verkauft,“ schreibt Eichengreen, „weil man mit sinkenden Preisen rechnete.“ Das zeigte, so sein vorschneller Schluss: „Die Bank war nicht der Meinung, dass die Seniortranchen dieser CDOs ihr AAA-Rating verdienten. Aber wenn das so war, fühlte sich Goldman als Anlageberater nicht dazu verpflichtet, die eigenen Kunden zu warnen, ob es sich dabei um die IKB Deutsche Industriebank, den australischen Hedgefonds Basis Yield Alpha (Master) oder Bear Stearns Asset Management handelte.“ Diese Kontrahenten, zitiert Eichengreen Goldmans Argument, waren „erfahrene Investoren“.
Eichengreen erkennt hier nicht, dass im Verhalten von Goldman Sachs – zumindest soweit es von Eichengreen im Buch dargestellt wird – kein logischer Widerspruch liegt. Anleger verkaufen AAA-geratete Papiere auch dann, wenn es keinen Zweifel am AAA-Rating gibt, aber die Papiere überbewertet erscheinen. Jeder Verkäufer eines Wertpapiers verkauft ein Wertpapier ohnehin nur deshalb, weil er den damit erzielten Erlös in Geld höher bewertet als das Wertpapier, das er abgibt. Die von Eichengreen „aufgedeckten“ Tradingoperationen waren daher nur stimmig.
„Während der Finanzkrise gab es viele unzutreffende Statements,“ so Eichengreen, „aber nur wenige stachen derart ins Auge wie die Reaktion von Standard & Poor’s auf die Meldungen der IKB. Am Tag nach der Richtigstellung der Finanzverhältnisse versicherte Stefan Best, der bei der Ratingagentur für die Analyse europäischer Banken zuständig war, es gebe kaum einen Grund, sich um andere Finanzinstitute Sorgen zu machen. „Bislang geht es den Banken recht gut“, zitiert er Best, den er als „Mr. Best“ bezeichnet, „Es gibt eine ziemlich hohe Schwelle, ehe ihnen ein Schaden entstehen könnte.“ Hätte sich Best damals anders geäußert, wäre im Buch von Eichengreen heute wahrscheinlich zu lesen, wie „Mr. Best“ die Krise durch seine unvorsichtigen Äußerungen zur angespannten Lage erst richtig entfacht habe.
Eichengreen folgert nach solchen Analysen: „Die Ratingagenturen entkamen signifikanter Regulierung und Reformen.“ Das dürften die Mitarbeiter von Ratingagenturen anders sehen, die täglich mit einer überbordenden Flut neuer Anforderungen zu kämpfen haben. Zurecht ist aber die Frage zu stellen, ob die Ratingagenturen einer sinn- und wirkungsvollen Regulierung und Reform unterworfen wurden. Wie aber eine signifikante Regulierung und Reform der Ratingagentur aussehen könnte, darüber schweigt sich Eichengreen aus.
Das Buch gliedert sich in vier Teile: Teil I „Die beste aller Zeiten“, Teil II „Die schlechteste aller Zeiten“, Teil III „Auf dem Weg zu besseren Zeiten“ und Teil IV „Das nächste Mal vermeiden“. Diese Gliederung lässt erwarten, konkret zu erfahren, wie „das nächste Mal“ vermieden werden kann. Dazu bringt Eichengreen leider wenige Vorschläge. Dennoch ist sein Buch jedem zu empfehlen, der in die Fülle der Fakten und Ereignisse um die Krisen von 1929 und 2008 eintauchen will: „Die großen Crashs 1929 und 2008: Warum sich Geschichte wiederholt“.
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Bargeldverbot – Bargeldabschaffung
Von Dr. Oliver Everling | 5.Juni 2015
Wenn Josef Wissarionowitsch Stalin und Adolf Hitler den Fortgang der Weltgeschichte beim Absitzen ihrer gerechten Höllenstrafen beobachten müssen, wird ihre Seelenqual mit der heutigen Digitalisierung der Gesellschaft noch um ein Vielfaches gesteigert. Beide dürfte der Gedanke quälen, zu früh geboren worden zu sein, um ihre totalitären Regime mit den modernen Möglichkeiten digitaler Überwachung zu perfektionieren. Denn gleich, ob Sozialismus oder Nationalsozialismus – jede Art von Sozialismus hat letztlich die heilsversprechende, perfekte Bevormundung aller Bürger zum Ziel. Wie schön wäre es für beide gewesen, durch digitales Geld auch noch die kleinste wirtschaftliche Bewegung ihrer Genossen und Volksgenossen unter ihre Herrschaft zu stellen!
Ganz im Gegensatz zum libertären Konzept einer freien Gesellschaft, in der Menschen aus eigenen Produktionsmitteln mit Tauschgütern in einen fairen Handel miteinander treten und Märkte Produzenten wie Konsumenten freie Wahl erlauben, wird im Sozialismus unter den mehr oder weniger enteigneten Menschen „Kameradschaftlichkeit“ (lateinisch: „socialis“) durch Appell und Kontrolle erreicht. Sozialismus und Nationalsozialismus setzen auf den Überwachungsstaat. Jeder Misstand wird durch noch detailliertere Gesetze und Maßregelungen beantwortet. Abweichungen werden streng geahndet.
Stalin und Hitler hätten sicherlich die Machtfülle erkannt, die ihnen durch Abschaffung des Bargeldes im (bis heute fortwährenden) staatlichen Zwangsgeldsystem zugewachsen wäre. Noch heute sind die Zentralbanken staatlich monopolisiert, so dass es zur Abschaffung des Bargeldes nicht viel bedarf. Nach wie vor wird in der EU und vielen anderen Staaten streng bestraft, wer in einer Alternativwährung Guthaben entgegen nimmt oder Kredite gewährt – das ist verbotenes Bankgeschäft, denn dieses ist staatlich kontrollierten Instituten vorbehalten, die nur nach staatlich vorgegebenen Regeln Zentralbankgeld verwenden dürfen.
Während die Ideen von Stalin und Hitler als lange tot erachtet werden, lauern heute die Gefahren in der Kombination konservativer Absichten, alte Gesellschafsstrukturen in Europa zu bewahren, mit den Absichten, soziale Gerechtigkeit staatlich zu verordnen.
Negativzinsen auf Sparkonten, dauerhaft drohende Staatspleiten nicht nur auf fernen Kontinenten, sondern auch in Europa und im Eurowährungsraum: einmal im Urlaub im südlichen Europa von einem Bank-Run-Szenario überrascht zu werden, ist für Europäer immer wahrscheinlicher geworden. „Diese Situation macht ein generelles Bargeldverbot für Banker und Politiker äußerst attraktiv. Seitens der EU soll es sogar bereits für 2018 konkrete Pläne für eine vollständige Bargeldabschaffung geben“, warnen die Buchautoren Ulrich Horstmann und Gerald Mann. Aber welche Auswirkungen hätte ein solches Bargeldverbot? Ist ein Bank Run damit wirklich vollständig zu vermeiden?
Mit diesen Fragen beschäftigen sich Ulrich Horstmann und Gerald Mann in ihrem neuen Buch „Bargeldverbot. Alles, was Sie über die kommende Bargeldabschaffung wissen müssen“ aus dem FinanzBuch Verlag. Als erfahrene Rechercheure der Finanzbranche liefern sie detailliertes Hintergrundwissen über dieses elementare Thema und informieren die Leser über die möglichen Szenarien. Außerdem beleuchten sie die durchaus drastischen Folgen eines Bargeldverbots auf die wirtschaftliche Gestaltungsfreiheit der Bürger und zeigen auf, wie man sich als Sparer schützen kann.
Das Buch spart die vielen Argumente nicht aus, die für eine Bargeldabschaffung aus unterschiedlichen Erwägungen sprechen: Bekämpfung der Kriminalität, Beseitigung von Gefahren durch Übertragung von Bakterien auf Geldscheinen und Münzen usw. Die Autoren zeigen dann aber, dass die entscheidenden Impulse hin zur Abschaffung des Bargeldes aktuell durch das Bedürfnis des Staates geprägt sind, Steuereinnahmen zu sichern und konjunkturelle Wachstumsimpulse zu setzen.
Seit Jahrzehnten wird Wirtschaftspolitik vorgeblich nach den Ideen von John Maynard Keynes betrieben, so dass die Anhänger dieser Politik nicht zögern, zum konjukturstimulierenden Zweck der Erhöhung der staatlichen Investitionsquote eine überbordende Staatsverschuldung in Kauf zu nehmen. Um nach dem Prinzip des „Josephspfennigs“ vorhersehbaren, utopischen Zinsbelastungen des Staatshaushaltes zu entkommen, werden die Zinsen für Staatspapiere auf Null gedrückt und die Inflation zur Entwertung der Gläubigeransprüche angekurbelt. Da auch bei Nullzinsen die Volkswirtschaften nicht zum Wachstumspfad nach Keynes’scher Theorie zurückfinden, richtet sich manche Hoffnung auf die Digitalisierung des Geldes, das dann nach Gesell zum „Schwundgeld“ umgewandelt und zur massenhaften Enteignung eingesetzt werden könnte.
Schon heute machen sich viele Politiker für eine „Finanztransaktionssteuer“ stark. Folgerichtig könnte in einer bargeldlosen Gesellschaft „unsoziales“ Verhalten mit einer „Konsumverweigerungssteuer“ belegt werden. Digitales Geld würde es möglich machen, jeden zu identifizieren, der durch seinen Konsumverzicht nicht zu weiterem Wachstum und nicht zur Steigerung von Beschäftigung zu Mindestlöhnen beiträgt.
„Die Freiheit der Bürger steht gegen die Interessenlagen der Banken und Regierungen. Die Kontrolle aller wirtschaftlichen Vorgänge mag nur am Rande ein Ziel sein,“ räumen die Autoren ein, „wird aber für das gesellschaftliche Leben eine entscheidende Rolle spielen.“
Die zwangsweise Abschaffung von Bargeld würden jedem Bürger letzte Wahlmöglichkeiten bezüglich des Einsatzes von Zahlungs- und Wertaufbewahrungsmitteln nehmen. Die Alternative zum heutigen, Staatsgeldsystem wäre die freie Wahl von privaten wie auch öffentlichen Währungen, gleich, ob diese in Münzen geprägt oder – wie Bitcoin – digital codiert werden. Das Buch befriedigt den Leser nicht nur mit Antworten auf die vielen praktischen Fragen, sondern auch durch Antworten auf Fragen nach den hinter dem Abschaffungsvorhaben stehenden Theorien, die die Freiheit der Menschen bedrohen.
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FWW geht an Asset International
Von Dr. Oliver Everling | 2.Juni 2015
Die FWW Group, einer der führenden Spezialisten für Fondsdaten -Verarbeitung, -Veredelung und -Distribution in Deutschland, veräußert ihr operatives Geschäft mit Wirkung zum 31. Mai 2015 an das New Yorker Unternehmen Asset International, Inc. (AI), einen führenden Anbieter von Daten, Informationen und Marketinglösungen für die globale Vermögensverwaltungsbranche.
Gegenstand der Transaktion sind drei Tochterunternehmen der FWW Holding GmbH, die FWW Fundservices GmbH, die FWW Media GmbH sowie die FWW Systems GmbH. Die beiden Gründer der FWW Group, Frederik Garnies und Torsten Iben, werden den veräußerten Gesellschaften zunächst weiter als Geschäftsführer erhalten bleiben um sich anschließend neuen Tätigkeitsfeldern zuzuwenden. „Wir übergeben ein hervorragend aufgestelltes Haus. Dennoch: Ein global agierendes Unternehmen wie Asset International eröffnet unseren Kunden und Mitarbeitern neue Horizonte, die jenseits der bisherigen Möglichkeiten eines nationalen Mittelständlers liegen“, so Frederik Garnies. Torsten Iben erläutert: „Aus den intensiven Gesprächen mit Asset International wissen wir, dass wir unser Unternehmenswerk in verantwortungsvolle Hände geben. Gleichzeitig sind wir ausgesprochen zuversichtlich, dass beide Seiten stark von der Transaktion profitieren werden.“
Matthias Rothe, Geschäftsführer der FWW Fundservices GmbH, wird konkreter: „Durch die Unterstützung von Asset International haben die FWW-Unternehmen nun die Möglichkeit, ihre Dienstleistungen auch außerhalb der traditionellen Märkte anzubieten. Außerdem profitieren deutsche Kunden von den erstklassigen AI Produkten und Dienstleistungen, die wir nach und nach vorstellen werden.“
Der Betrieb und das gesamte Personal der veräußerten FWW-Unternehmen verbleiben am Standort München und werden als eigenständige Geschäftseinheit von Asset International fortgeführt. Ab September befinden sie sich dann unter der Leitung der Geschäftsführer Matthias Rothe, Marc Bonnet und Stephan Jakoubek. Rothe, Bonnet und Jakoubek werden an John Lee, Managing Director Europe, Asset International, berichten, der mit den FWW-Unternehmen eine weitere Übernahme nach der jüngst akquirierten Firma LiquidMetrix betreut.
„FWW wird uns helfen unsere Präsenz in Kontinentaleuropa zu erweitern, die uns zum Aufbau und zur Stärkung unserer Kundenbeziehungen dient „, sagt Jim Casella, Chairman und CEO von Asset International. Er fügt hinzu, „Mit den FWW Produkten und Dienstleistungen stellen wir die entscheidende Verbindung zwischen Fondsgesellschaften sowie deren Vertriebspartnern her, und wir glauben, dass AI in der Lage ist, diese Produkte weltweit für seine Kunden anzubieten.“
John Lee, Managing Director – Europe, Asset International, ergänzt: „FWW ist Marktführer für Fondsdaten in Deutschland mit exzellenten Kundenbeziehungen. Wir verfolgen ein weiteres Wachstum im FWW FundListing®-Geschäft neben der gleichzeitigen Erweiterung der FWW Dienstleistungen und Produkte durch die vollständige Palette der Analyse-Tools von AI.“
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VEDES gestärkt im Spielwarenmarkt
Von Dr. Oliver Everling | 1.Juni 2015
FERI EuroRating Services AG hat das Rating der Unternehmensanleihe der VEDES AG (WKN: A11QJA / ISIN: DE000A11QJA9) um eine Ratingnote auf „BB+“ herauf gestuft. Nach Ansicht von FERI hat das Unternehmen die Übernahme von Hoffmann Spielwaren GmbH & Co. KG und die damit verbundene Integration in das bestehende Geschäftsmodell bislang gut umgesetzt. Die Übernahme erfolgte Anfang 2014 im Rahmen eines Asset-Deals und dient in erster Linie der Erweiterung des Kundenstamms der VEDES AG sowie der Erzielung von Skaleneffekten und Kosteneinsparungen. VEDES konnte dadurch den Großhandelsumsatz von 52 Mio. EUR (2013) auf 127 Mio. EUR (2014) mehr als verdoppeln.
Zu Beginn des Jahres 2015 hat VEDES zudem eine strategische Kooperation im Bereich der Zentralregulierung mit der Bielefelder Mehrbranchenverbundgruppe EK/servicegroup begonnen. Im Rahmen der Kooperation bündeln beide Verbundgruppen sämtliche Einkaufs- und Vertriebsaktivitäten im Bereich Spielwaren bei VEDES in Nürnberg über das gemeinsame Joint-Venture, die ToyPartner VEDES/EK GmbH. Diese Kooperation hat für die VEDES-Mitglieder u. a. den Vorteil, dass sie über die ToyPartner VEDES/EK GmbH auf ein breiteres Warensortiment zugreifen können. Für die VEDES AG können aus dem Geschäftsbesorgungsvertrag mit einer Laufzeit von zehn Jahren zusätzliche deutliche Ertragsimpulse erwartet werden.
Nach FERI-Einschätzung hat das Unternehmen durch beide Schritte seine Position und Leistungsfähigkeit auf dem Spielwarenmarkt noch einmal erheblich gestärkt. Den im Vergleich zum Vorjahreszeitraum deutlich erhöhten Umsatz- und Ertragszahlen standen aber Einmalkosten aus der Übernahme der Hoffmann Spielwaren GmbH & Co. KG. gegenüber. Darüber hinaus haben sich aber auch durch die Übernahme des operativen Großhandelsgeschäftes einige Aufwandspositionen strukturell erhöht (vor allem Materialkosten und Personalaufwand). Insgesamt lag das Periodenergebnis 2014 für die VEDES AG mit -4.0 Mio. EUR jedoch im Plan, berichtet die Ratingagentur aus Bad Homburg.
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Digitale Spaltung Deutschlands
Von Dr. Oliver Everling | 27.Mai 2015
Mobile Banking spaltet die deutschen Bankkunden in überzeugte Nutzer oder aber besorgte Skeptiker, schreibt die IND-DiBa: Während Smartphone- und Tablet-Nutzer einen Mehrwert von Banking Apps feststellen, begründen Nicht-Nutzer ihre ablehnende Haltung vor allem mit Sicherheitsbedenken. Laut einer repräsentativen Umfrage von Ipsos im Auftrag der ING-DiBa nutzen 47 Prozent der Besitzer eines mobilen Geräts dieses für die Verwaltung ihrer Finanzen, 17 Prozent planen es für die kommenden Monate. Ein Drittel der Befragten (36 Prozent) lehnt die Nutzung bis auf weiteres ab.
Durch die Nutzung von Mobile Banking haben 43 Prozent mehr Kontrolle über ihre Finanzen, 23 Prozent verpassen keine Zahlungen auf ihrer Kontoübersicht und 20 Prozent zahlen ihre Rechnungen pünktlicher. Einige Bankkunden gaben auch an, mehr zu sparen und weniger häufig ihr Girokonto zu überziehen (Mehrfachnennungen waren möglich). Lediglich 23 Prozent stellten keinerlei Verhaltensänderungen durch das mobile Banking-Angebot fest.
Mangelndes Vertrauen in die Sicherheit ist der Hauptgrund auf Mobile Banking zu verzichten (70%), gefolgt von einem von den Kunden nicht gesehenen Mehrwert der mobilen Applikation (17%). Acht Prozent der „Verweigerer“ halten es schlichtweg für zu kompliziert.
Die in 14 weiteren Ländern durchgeführte Umfrage zeigt, dass die Sicherheitsbedenken bei Nicht-Nutzern in keinem anderen Land so stark ausgeprägt sind wie in Deutschland. Die Mobile Banking-Nutzungsrate liegt mit 47 Prozent im internationalen Mittelfeld. Führend sind die Türkei (65 Prozent), die USA (63 Prozent) sowie Spanien und die Niederlande (61 Prozent).
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Qualitätskriterien zur Wahl des Maklerhauses
Von Dr. Oliver Everling | 26.Mai 2015
Die FERI EuroRating Services AG hat die wichtigsten Kriterien identifiziert, auf die Käufer bzw. Verkäufer einer Immobilie bei der Auswahl eines geeigneten Maklers achten sollten. Die Marktkenntnis des Maklers steht dabei an erster Stelle. Der Internetauftritt des Maklerhauses und insbesondere die ausgewiesenen Referenzobjekte sollten daher genau unter die Lupe genommen werden. „Das Objekt des Auftraggebers muss zum vorhandenen Angebot des Maklers passen“, erklärt Dr. Felix Schindler, Senior Analyst Real Estate bei der FERI EuroRating Services. Auch sollte geprüft werden, ob das Maklerhaus Städteberichte und Studien zum lokalen Markt bzw. Marktsegment herausgibt. „Je detaillierter die zum relevanten Markt online zur Verfügung gestellten Informationen sind, desto größer ist aller Wahrscheinlichkeit nach die Expertise des Maklers“, so Dr. Schindler weiter.
Die Erfahrungen des Maklerhauses sind ein weiteres wichtiges Kriterium bei der Maklerauswahl. Je länger ein Makler bereits am Markt aktiv ist und je mehr Abschlüsse er vorweisen kann, desto größer sind die Erfolgsaussichten für weitere Aufträge. „Die persönlichen Qualifikationen der Geschäftsführung und der einzelnen Mitarbeiter sind ebenfalls entscheidend“, erklärt Robin Haber, Senior Analyst Real Estate bei der FERI EuroRating Services.
Auftraggeber sollten auch auf die Professionalität des Maklers achten. Diese offenbart sich unter anderem beim Blick auf die Exposés, insbesondere bei einem geplanten Verkauf. „Ist die grafische Aufbereitung ansprechend, sind Fotos und Grundrisse enthalten und in guter Qualität? Ebenfalls relevant sind die aufgeführten Informationen“, so Dr. Schindler. In einem guten Exposé sollten darüber hinaus Objekt- und Lagebeschreibungen sowie Angaben zu Vergleichsmieten und Nebenkosten, zum Zustand von Küche und Bad sowie zur Sanierungssituation bzw. zu einem etwaigen Instandhaltungsrückstau enthalten sein. Letztlich bietet ein gutes Maklerhaus auch gewisse Zusatzleistungen wie die Vorbereitung des und die Begleitung zum Notartermin an.
Die Seriosität von Maklerhäusern kommt als weiteres wichtiges Auswahlkriterium hinzu. Als geeignetes Indiz hierfür nennen die FERI-Experten den Maklervertrag. Die Frage der Provision muss hierbei eindeutig geklärt sein, damit nicht mehrere Makler gleichzeitig provisionsberechtigt sind. Der Vertrag sollte auch eine Versicherung im Schadensfall oder bei einer Falschberatung beinhalten. „Grundsätzlich gilt: Je definierter und umfassender ein Vertragswerk ist, desto weniger böse Überraschungen drohen“, so Dr. Schindler. Mitgliedschaften in Maklerverbänden sind nicht per se ein Qualitätsmerkmal. Auftraggeber sollten hier prüfen, welche Zugangsvoraussetzungen der Makler für eine Mitgliedschaft erfüllen muss. „Wenn die Aufnahme mit gewissen Hürden oder Verpflichtungen verbunden ist, lässt sich daraus ein Qualitätsmerkmal ableiten“, erklärt Dr. Schindler.
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Erste China Focus Conference in Frankfurt
Von Dr. Oliver Everling | 26.Mai 2015
„Jeden Monat werden Unternehmen in Europa von chinesischen Unternehmen gekauft“, führt Ulrich Bierbaum, General Manager der Ratingagentur Dagong Europe Credit Rating in die „1st Dagong Euroope China Focus Conference“ ein. Er ist verantwortlich für die Geschäfte der von der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde ESMA registrierten Ratingagentur mit Sitz in Mailand, Italien, die inzwichen vollständig in der Hand der chinesischen Muttergesellschaft liegt. Bierbaum gibt einen Einblick in das Interesse, das sich für China allein schon anhand der Besucherzahlen der Website von Dagong Europea im Internet zeigen lässt.
Bernd Meist, Managing Director der Bank of China Frankfurt Branch, berichtet in der „Dagong Europe China Focus Conference“ über die Entwicklung der finanziellen Beziehungen zwischen Deutschland und China. Allerdings habe ihm die rasch zugenommene Regulierung der Banken schon graue haare wachsen lassen, scherzt Meist.
Die Bank of China fungiert als der erste Renminbi Clearing Hub in Europa mit RMB Produkten und RMB Dienstleistungen. Damit etabliere sich die Bank of China las Brücke zwischen deutschen und chinesischen Unternehmen. Meist berichtet von Untersuchungen, nach denen viele deutsche Unternehmen die Möglichkeiten, die sich in China für sie eröffnen, noch nicht in ihre Unternehmensstrategien integriert haben.
Meist lobt die Zusammenarbeit mit seinen chinesischen Kollegen. „Oft öffnen mir diese die Augen für noch bessere Lösungen“, berichtet Meist aus der Praxis. Meist folgert daher nicht nur aus den volkswirtschaftlichen Daten, sondern auch aus seinen persönlichen Erfahrungen, dass der gegenseitige Respekt zum Nutzen beider Seiten bleiben wird. Meist heißt daher auch die chinesische Ratingagentur willkommen, die einen Beitrag zu den Beziehungen zwischen Deutschland und China leiste.
Guan Jianzhong, President von Dagong Europe sowie President und Chairman von Dagong Global, zeigt auf, wie Ratings eine Brücke für die Entwicklungen in Europa sein können. Die westlichen Theorien über Ratings seien in wichtigen Punkten falsch, daher sei eine neue Theorie benötigt. Die Finanzkrise von 2008 habe gezeigt, wie das Ratingsystem in den westlichen Staaten nicht in der Lage war, die Verantwortung zu übernehmen.
Die globalen Ratingagenturen haben das doppelte Ratingsystem übernommen. Guan zeigt auf, welche Fehler für die Krise verantwortlich waren. Eine neue Governance sei erforderlich. Russische, amerikanische und chinesische Ratingagenturen haben sich daher zusammengetan, um mit einem neuen System zu beginnen. Guan wirbt für Verständnis für die Notwendigkeit, im Rating umzudenken und mit einem neuen System zu beginnen.
Credit Rating erfordere, die Zusammenhänge zwischen Schuldnern zu verstehen. Das Ratingergebnis sei das Ergebnis der Theorie und der Beobachtungen, die in das Rating einfließen. „Wir haben daher zu den Wurzeln zu gehen“, fordert Guan. Ratingtheorie sei vielen fremd. Die „Zutaten“ seien vielen geheimnisvoll. Daher sei es nicht erstaunlich, wenn oft das Wissen fehle, Ratingentwicklungen angemessen zu beurteilen.
Die nächste Krise sei vorprogrammiert, wenn es nicht zu einem Umdenken komme. Die äußeren Phänomene der Krise seien verschwunden, aber die zugrundeliegenden Ideen seien unverändert. Man dürfe daher nicht zur Normalität übergehen, wenn nicht auch ein neues system installiert sei. Kreditbeziehungen seien eine Grundlagen menschlicher Beziehungen, von Bedeutung für die Menschheit insgesamt. Die Beudeutung eines angemessenen Ratingsystems sei daher nicht zu unterschätzen.
Studien zeigen nach Ansicht von Guan, dass die westlichen Ratingsysteme einer fundierten Theorie ermangeln. Die Ergebnisse seien in diesem Sinne daher „oberflächlich“. Wo keine fundierte Theorie vorhanden sein, könne es nicht zu einem tieferen Verständnis kommen. Einfach nur verbreitete Meinungen aufzugreifen, helfe nicht zu einem besseren Rating.
Guan greift die These an, dass die USA niemals zahlungsunfähig werden könnten. Die Länderratings seien die Obergrenzen für mögliche Ratings der Unternehmen in den jeweiligen Staaten. Die amerikanische Perspektive verletze daher den Anspruch der Objektivität. „Wir sprechen hier nicht von einer Ideologie. Länderratings dürfen nicht mit Unternehmensratings gleichzusetzen. Ausfallhäufigkeiten dürfen nicht mit Ausfallwahrscheinlichkeiten gleichgesetzt werden.“
Westliche Ratingideologie sei aber die treibende Kraft der Verbreitung von Ratings in den westlichen Ländern. Guan kommt auf das enorme Wachstum der Verschuldung in den USA in den letzten Jahrzehnten zu sprechen. Ratings würden durch die Medien kommuniziert, daher würden sie die Gedanken und Meinungen beeinflussen. Entsprechend tangieren Ratings die Kreditbeziehungen.
Guan betont, wie die von Unternehmen zukünftigen Leistungen nach entsprechenden Prämissen die Ratings beeinflussen. 2008 habe sich gezeigt, wie der Zusammenhang zwischen Krediten und Wirtschaftsleistung verloren ging. Die amerikanische Wirtschaft sei durch „virtuelle“ Kreditbeziehungen gekennzeichnet. Die Verlässlichkeit des Ratingsystems sei daher schwach und Blasenbildung unausweichlich.
Guan analysiert, dass bis 2007 ein unverhältnismäßig großer Anteil aller Kredite solchen Volkswirtschaften zuzuordnen waren, die AAA geratet wurden. Das Kreditvolumen stand aber nicht in einem angemessenen Zusamenhang zur Wirtschaftsleistung dieser Volkswirtschaften. Reichtum sei dadurch „produziert“ worden, dass Gläubiger neue Schuldner fanden. Guan prangert die schwerwiegenden Missverhältnisse an, die zwischen Verschuldung und Wirtschaftskraft besteht.
„Nach 2008 wurden die westlichen Ratingagenturen heftig kritisiert. Niemand habe aber sein Verhalten entsprechend geändert.“ Die Faktoren, die zum Zusammenbruch 2008 führten, sind nach Feststellung von Guan nach wie vor vorhanden.
Dagong habe sich daher der Entwicklung einer neuen Theorie des Ratings gewidmet. Dagong hat dazu vier Prinzipien entwickelt. Kreditbasierte Volkswirtschaften seien heute durch Widersprüche gekennzeichnet: Produktion und Kredit laufen auseinander, außerdem seien Kredite und Ratings auseinandergelaufen. Es müsse die Frage nach der Kreditkapazität gestellt werden.
Die „Seele des Systems“ sei die Profitabilität des Kreditnehmers. „Woher kommt aber diese Profitabilität?“ Guan fragt nach den Faktoren, die zur Beantwortung dieser Frage führen. Die Relation zwischen Verschuldung und Quellen der Rückzahlung sei zu analysieren. Guan meint zu sehen, dass in den westlichen Ratingsystemen die wahren Quellen der Fähigkeit von Schuldnern, ihre Kredite zurückzuzahlen, nicht erkannt werden.
„Die USA verlassen sich ganz auf den Bubble-Effekt, um Wachstum zu erreichen“, warnt Guan. Natürliches Wachstum sei so nicht zu erreichen, sondern nur astronomisch hohe Verschuldung. Die Profitabilität des Schuldners sei aber von zentraler Bedeutung. Guan spricht daher vom AAA-Rating Russlands. Alle realen Faktoren würden für Russland sprechen. „Alle amerikanische Agenturen verlassen sich dagegen auf sehr verzogenes Datenmaterial und schauen durch eine ideologische Brille auf Russland“, meint Guan und kritisiert, dass zu oft allein von der Vergangenheit auf die Zukunft von Ratings geschlossen werde. Es reiche nicht, Trends einfach fortzuschreiben.
Guan kommt auch auf Ratingsymbole zu sprechen. Diese müssten Vergleichbarkeit sicherstellen. Guan räumt ein, dass mansche Überlegungen theoretisch oder sehr komplex klingen mögen. Auch Basel stütze sich auf fehlerhafen Annahmen. „Einmal im Jahr eine Ausfallwahrscheinlichkeit zu berechnen, macht keinen Sinn“, greift Guan die Bürokraten an, die ohne tiefes theoretisches Fundament Banken die Verwendung interner Ratings vorschreiben.
Guan unterstreicht, dass zwar ständig von Ratings geredet werde, ohne sich aber mit den theoretischen Grundlagen zu befassen. „Wir sollten uns mehr Zeit nehmen, sich mit neuen Ratingideen zu befassen“, schließt Guan.
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Scope Vorstand um Dr. Stefan Bund erweitert
Von Dr. Oliver Everling | 21.Mai 2015
Dr. Stefan Bund, Chief Analytical Officer von Scope Ratings AG, wurde zusätzlich in den Vorstand der Berliner Ratingagentur berufen. Bund weist eine langjährige, internationale Erfahrung im Rating und der Analyse von Finanzinstrumenten mit Stationen in London, Tokio und New York auf. So arbeitete er mehr als acht Jahre bei Fitch Ratings in London. Bund unterrichtet auch regelmäßig als Dozent an internationalen Hochschulen zum Thema Rating und Finanzierung.
In seiner Funktion als Chief Analytical Officer verantwortet Bund das Rating und die Analyse in den vier Bereichen, in denen Scope Ratings bisher tätig ist: in der Bewertung von Banken, Unternehmensanleihen, strukturierten Finanzierungen und alternativen Investmentfonds (AIF).
Scope verfolgt den Anspruch, führend in der analytischen Qualität zu sein. Dabei berücksichtigt Scope dezidiert die Lehren aus der Finanzkrise, verbunden mit einem tiefgreifenden Verständnis für die Anforderungen von Investoren sowie den Besonderheiten europäischer Emittenten.
Ziel von Scope ist es, einen analytischen Mehrwert zu bieten, der über die reine Veröffentlichung von Ratingnoten hinausgeht. So beruht die Methodik von Scope darauf, die Analysten mit ihrer Erfahrung und ihrer Expertise in den Vordergrund zu stellen und den Investoren Prognosen über das künftige Verhalten von Finanzinstrumenten zu bieten. Dazu besteht das Analystenteam heute nicht nur aus Kreditanalysten, sondern ist um Investmentbanker und Aktienanalysten erweitert worden. Diese Vielfalt in den unterschiedlichen Sichtweisen der Analysten will Bund noch weiter vorantreiben. Mit dieser Ernennung erweitert Scope Ratings den Vorstand, dem seit August 2014 CEO Torsten Hinrichs vorsteht.
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Moody’s neue Agentur für öffentliche Emittenten
Von Dr. Oliver Everling | 21.Mai 2015
Moody’s Investors Service (Moody’s) gibt die Gründung einer neuen Gesellschaft, Moody’s Public Sector Europe (MPSE), bekannt. Diese neue Ratingagentur ist die erste ihrer Art in Europa, die sich gezielt an den wachsenden europäischen Markt für Schuldverschreibungen des öffentlichen Sektors richtet.
„MPSE vereint globale Reichweite mit maßgeschneiderten Dienstleistungen und lokalem Sachverstand unter Verwendung der rigorosen Ratingmethodiken von Moody’s zur Erteilung weltweit vergleichbarer Ratings. Mit seinem internationalen Team aus erfahrenen Branchenexperten wird MPSE transparente, unabhängige Kreditanalysen erstellen,“ heißt es in der Meldung von Moody’s, „sich dabei verstärkt auf emittentenspezifisches Research in der jeweiligen europäischen Landessprache konzentrieren und dadurch seine Meinungsführerschaft in Bezug auf bonitätsrelevante Entwicklungen in diesem Bereich unter Beweis stellen.“
Die Bemühungen des Deutschen Städtetags richteten sich bisher darauf, Bonitätsklassifizierungen durch Rating möglichst zu vermeiden und ein Ausscheren einzelner Kommunen oder öffentlicher Unternehmen zu verhindern. MPSE kündigt nun aber an, für einen zusätzlichen Fokus auf die besonderen Eigenschaften und Anforderungen öffentlicher Stellen zu sorgen. „Gleichzeitig können die weltweite Vergleichbarkeit und Anerkennung der von MPSE erteilten Ratings dazu beitragen,“ so Moody’s, „den öffentlichen Dienstleistern in Europa, wie regionale und kommunale Gebietskörperschaften, Universitäten, Kliniken und Wohnungsgesellschaften, ein breiteres Spektrum an Finanzierungsoptionen zu bieten und ihnen den Zugang zu den internationalen Fremdkapitalmärkten zu erleichtern.“
„Die Gründung von Moody’s Public Sector Europe ist Ausdruck unserer Verpflichtung, die Weiterentwicklung der öffentlichen Stellen in Europa zu fördern und ihren Zugang zu neuen Finanzierungsquellen zu verbreitern“, so Michel Madelain, President von Moody’s Investors Service.
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