Erfolgsgeschichten im Spezialfondsmarkt

Von Dr. Oliver Everling | 20.Mai 2015

Zm Thema „Strukturen, Erfolgsgeschichten und Trends im deutschen Spezialfondsmarkt“ spricht auf der Jahrestagung Kapitalverwalter 2015 der WM Datenservice Clemens Schuerhoff, Vorstand der Kommalpha AG aus Hannover. Der Spezialfondsmarkt ist ein vergleichsweise intransparenter Markt, ist das deutlich größere Marktsegment im Vergleich zu Publikumsfonds und kann seit über 20 Jahren auf jährliche Nettozuflsse zurückblicken, bierchtet Schuerhoff.

Das Nettomittelaufkommen per Ende März 2015 summiere sich aschon auf 43,8 Mrd. €, während 2014 insgesamt 91 Mrd. € zu verzeichnen waren. Nach Schuerhoff sind bereits mehr als 1,3 Billionen € in Spezialfonds investiert, einem typisch deutschen Produkt. Schuerhoff stützt sich auf Zahlen der Deutschen Bundesbank.

„In den letzten Jahren verzeichnen immer noch auch Rentenfonds deutliche Zuwachsraten“, bemerkt Schuerhoff, der Spezialfonds nach Fondskategorien aufgliedert: Hedgefonds, Geldmarktfonds, Immobilienfonds, Dachfonds, Aktienfonds, gemischte Fonds, gemischte Wertpapierfonds, Rentenfonds und sonstige Fonds. Die Versicherungen sind die größte Anlegergruppen, gefolgt von nichtfinanziellen Kapitalgesellschaften und Altersvorsorgeeinrichtungen. Ansonsten machen von Spezialfonds auch private Organisationen ohne Erwerbszweck, sonstige Finanzintermediäre, öffentliche und kirchliche Zusatzversorgungseinrichtungen, Sozialversicherungen, Gemeinden, Kredit- und Versicherungshilfsinstitutionen sowie Ausländer Gebrauch. Insbesondere Versicherungen gaben den Spezialfonds einen Wachtumsschub.

„Spezialfonds werden auch in Zukunft das beliebteste Vehikel für indirekte Kapitalanlagen institutioneller Investoren bleiben“, analysiert Schuerhoff. „Das Mittelaufkommen wird langfristig auf hohem Niveau bleiben.“ Die Kommalpha-Prognose beziffert das Marktvolumen für Spezialfonds auf zwei Billionen € in zehn Jahren.

„Kapitalgedeckte Altersvorsorge und Umschichtung von direkten in indirekte Anlagen sind die stärksten Treiber in der Zukunft“, glaubt Schuerhoff. „Das KAGB und die Einbeziehung von Sachwerten – Real Assets – als spezialfondsfähige Vermögensgegenstände produzieren zusätzlich Rückenwind für Spezialfonds. Die langfristigen Effekte der Vielzahl investoren- und anbieterseitiger Regulierungsvorhaben sind aktuell kaum greifbar und stellen eine große Herausforderung dar.“

Schuerhoff sieht voraus, dass sich die operationelle Praxis des Spezialfondsgeschäftes sowie Zusatzservices gemäß regulatorischer und technischer Möglichkeiten konstant weiterentwickeln werden.

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Credit Suisse wagt im digitalen Private Banking den Quantensprung

Von Karl-Heinz Goedeckemeyer | 20.Mai 2015

Europas Banken stehen mitten im Transformationsprozess. Der Großteil der Institute ist durch die stärkeren regulatorischen Anforderungen und dem damit einhergehenden Profitabilitätsdruck gezwungen ihr Geschäftsmodell zum Teil massiv  zu ändern. Da viele Institute noch damit beschäftigt sind ihre jüngere Vergangenheit aufzuarbeiten wurden Investitionen in die Digitalisierung des Geschäfts vernachlässigt. Mit ihrer neuen digitalen Initiative will die Credit Suisse nunmehr aufzeigen, dass die digitale Welt viele Möglichkeiten bietet, die Effizienz und Rentabilität in Segmenten wie dem Private Banking zu erhöhen. Denn anders als im Retailbanking, das durch die Vielzahl der neuen Wettbewerber im Zahlungsverkehr unter massiven Druck steht, gibt es in der gehobenen Vermögensverwaltung nur wenige Player die das Geschäftsmodell der Privatbanken bedrohen  können. Denn im Geschäft mit der vermögenden Klientel geht es in erster Linie um persönliche Beziehungen.

„Digitalisierung zwingt Banken zur größten Transformation ihrer Geschichte“, sagt Holger Spielberg, Head of Innovation der Digital Private Bank der Credit Suisse auf der Konferenz zum Thema “Finanzdienstleister der nächsten Generation“, die im Mai zum fünften Mal vom Frankfurt School Verlag durchgeführt wurde. „Was Banken kennen wird künftig wenig relevant sein“, betont Spielberg. Seine Vision ist, dass Banking sich relevanter und mit hohem Maß an Vertrauen in das Leben seiner Kunden einbettet. Für die Banken bedeutet dies auch, klug in neue strategische Fähigkeiten wie Partnering zu investieren.

Um wirklich etwas zu bewegen, muss die ursprüngliche Vorangehensweise geändert werden. Das beginnt bereits beim Team, das die Digitale Private Banking-Unit mit Talenten aus anderen Bereichen der Bank sowie Industrien und Start-ups ergänzt. Spielberg selbst versucht die Impulse zu setzen, die auf seiner Erfahrung von 15 Jahren Silicon Valley beruhen. Die Transformation erfasst auch die Räumlichkeiten, um ein enges Zusammensitzen von Banker- und Entwickler-Team zu ermöglichen, wobei man auf positive Erfahrungen in ihrer Singapur-Location verweisen kann. Verändern will Spielberg auch die Art und Weise wie mit den Kunden kommuniziert werden soll. Rund 1.700 Finanzprodukte bietet die Schweizer Großbank an, wobei nur  18% der Relationship-Manager (RM`s) „einen fit  mit dem Kunden haben“. Künftig soll der Kundenberater daher eine wichtigere Rolle spielen dessen Aufgaben sich jedoch ändern muss, um die Kundschaft effizienter bedienen zu können. Daher wird der Berater eher als eine Art Coach gesehen. Der RM mutiert quasi zum Life Coach, um alle Bedürfnisse des Kunden abzudecken zu können.

Für ihre neue digitale Private-Banking-Plattform  hat die Credit Suisse Singapur als Testmarkt ausgewählt. Der asiatische Markt wurde deshalb ausgewählt weil dieser von der Kundenseite her schon sehr digital ist und das ganze Umfeld dort – was das digitale Verhalten angeht – sehr fortgeschritten ist.  Der zweite Grund war, dass die Core-Banking-Plattform in den letzten Jahren renoviert wurde. Die Grundlagen, um ein neues digitales Angebot draufzustellen, waren dort bereits gegeben. Ferner gelte Asien als Wachstumsmarkt, wo die die Großbank präsent sein will. Laut Spielberg sollen 200 Mitarbeiter ein Jahr an der Entwicklung gearbeitet haben. Bis der erste User auf der Plattform war, habe es nur sechs Monate gedauert, bis zum eigentlichen „roll-out“ neun Monate. Die Schweizer Nutzer sollen im kommenden Jahr auf die neue Plattform zugreifen können. Für die Zeit nach 2020 sollen Innovation Labs in Zürich und im Silicon Valley entstehen. Von diesen Labs sollen auch Impulse ausgehen, dass Banking neu zu definieren. Mit der Digital Private Bank scheint die Credit Suisse am Beginn der Transformation ihres  Bankgeschäfts zu stehen.

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Trends im europäischen Fondsmarkt

Von Dr. Oliver Everling | 20.Mai 2015

Detlef Glow von Lipper gibt auf der Konferenz „Kapitalverwalter in Deutschland“ von WM Datenservice einen aktuellen ÜBerblick über den europäischen Fondsmarkt: Absatztendenzen, Anteilklassenflut und ETF-Welle. Die Veränderung der Zahl der Fonds ergibt sich aus der Anzahl der Schließungen, Zusammenlegungen und Eröffnungen. Seit 2011 gehen die Zahlen deutlich zurück. Netto gab es 2011 insgesamt 722 Fonds weniger, 2012 minus 1022, 2013 minus 971 und 2014 minus 603. Das Spektrum unterschiedlicher Fonds hat jedoch zugenommen.

„Was mich überrascht, dass wir trotz eine Niedrigzinsumfeldes immer  noch eine große Zahl neuer Bond Funds sehen“, sagt Glow. Diese Fonds würden zum Teil aufgelegt, um in einem Umfeld steigender Zinsen profitieren zu können. Immer mehr Fonds würden als „Multi Asset Fonds“ positioniert, um wegbrechende Zinserträge durch Performance in Aktien und anderen Assets auszugleichen. „Wir sehen allerdings auch viele Strategien, die nicht funktioniert haben und daher vom Markt genommen werden.“

Glow zeigt den längerfristigen Trend bei den Fondsabsätzen in Europa. Nach den Rückschlägen 2008 und 2011 habe 2015 überaus erfolgreich gestartet. Diese Entwicklung wurde insbesondere durch Mischfonds getragen, die eine „wechselvolle Geschichte“ haben, wie Glow anhand der Statistik zeigt. 2014 waren die Mischfonds sogar die zweitbest verkaufte Anlageklasse.

Nur rund 10.000 Fonds von rund 35.000 würden wirklich international in Europa verkauft. „Eigentlich hatten die internationalen Fonds immer einen Vorteil gegenüber den lokal verkauften Produkten“, berichtet Glow. Mischfonds sei ein Produkt, das insbesondere von lokalen Anbietern vorangetrieben werde. Daher spielen diese international eine geringere Rolle.

„Investoren suchen alternative Renditequellen. Man traut dem Frieden am Bondmarkt nicht“, warnt Lipper. Die große Frage sei, was passiere, wenn die Märkte wirklich anfangen zu schwanken. Die Mittelzuflüsse zu Fonds stehen nicht unbedingt in einem Zusammenhang mit der Performance der Fonds bzw. Assetklassen.

Dividendenfonds konnten auch noch 2011 deutliche Mittelzuflüsse verzeichnen. Inzwischen fließen 27 % (2014) in „Income Funds“. Während 2010 bis 2013 zeigten Equities UK Income Abflüsse, einige wenige Fonds führten 2014 zur Umkehr, berichtet Glow anhand der Daten von Thomson Reuters, Lipper FMI. Die bestverkaufenden Fonds machen rund dreiviertel der Nettoverkäufe aus.

Glow illustriert, wie Anleger mit ETFs von Trendsituationen schnell profitieren können. Entsprechend schwanken die Nettoverkäufe von ETFs bzw. die Zuflüsse zu ETFs. Glow stellt nüchtern fest, dass ETFs nur bei 10 bis 15 % Marktanteil liegen. „Der ETF ist gut gewachsen, ja, ist er eine Bedrohung für aktive Manager, nein“, meint Glow mit Blick auf die doch dominante Marktposition der aktiven Fonds. „Smart Beta ist ein echter Trend im Markt, aber deutlich begrenzt, da nur Beimischung. Smart Beta sei für Index Plus ein Problem.“

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EZB ist das Problem

Von Dr. Oliver Everling | 19.Mai 2015

„Die EZB löst nicht das Problem, sondern sie ist das Problem“, so provokant fasst Dr. Gertrud R. Traud, Chefvolkswirtin und Leistung Research bei der Landesbank Hessen-Thüringen Girozentrale ihre Analyse der Politik der Europäischen Zentralbank (EZB) auf der Konferenz „NPL Forum 2015″ des Frankfurt School Verlags mit ihrem Vortrag „Zwischen Niedrigzins, SNB-Entscheidung und Grexit – Wer vertraut noch wem?“

Traud diskutiert mit Prof. Dr. Lars P. Feld, Leiter de Walter Eucken Instituts, Professor für Wirtschaftspolitik an der Universität Freiburg und MItglied des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaflichen Entwicklung, Sascha Klaus, Bereicchtsvorstand Non-Core Assets der Commerzbank AG und Mitglied des Vorstands der Hypothekenbank Frankfurt AG, Dr. Hans-Joachim Massenberg, Mitglied der Hauptgeschäftsführung des Bundesverbandes deutscher Banken und Prof. Dr. Axel Wieandt, Honorarprofessor an der WHU Otto Beisheim School of Management und Lehrbeuaftragter an der Goethe Business School, Universität Frankfurt, unter der Moderation von Prof. Dr. Christoph Schalast, Professor für Mergers & Acquisitions, Wirtschafsrecht und Europarecht an der Frankfurt School of Finance & Management.

„We have created a monster“ zitiert Wieandt den Franzosen Thomas Piketty. Wieandt betont, dass der Euro zuallererst ein politisches Projekt und der einzige Weg, Frieden halten und schaffen zu können. „In meiner Generation ganz wichtig: Wir haben keine gemeinsame Sprache, aber einen gemeinsamen Euro.“ Wieandt verknüpft den Gedanken des Euros mit dem der Demokratie. Der Euro sei nie als End-, sondern immer als Anfangspunkt gedacht gewesen.

Es habe immer schon ein Misstrauen gegenüber flexiblen Wechselkursen gegeben. Der Euro sei nie als fertiges Projekt gedacht gewesen, sondern als Anstoss und Grundstein der Integration. Das Eurosystem habe natürlich auch eine Reihe vn Limitationen. Allein mit Verträgen funktioniere er nicht. Die Zinsen waren in den Ländern, die nun die Probleme bereiten, vor der Krise zu niedrig. Daher sei nicht verwunderlich, dass man nun an diesem Punkt angekommen sei.

Der Euro und die Staatspleiten müssten deutlich auseinander gehalten werden. „Wir müssen institutionelle Reformen vorantreiben“, sagt Wieandt. Die Griechenlandkrise habe eine Menge positive Aspekte, da man Institutionen weiterentwickelt habe.

Massenberg wendet zur Schlussfolgerung von Traud ein, dass der Zins wissentlich politisch gewählt sei. „Die Banken und die Märkte befinden sich in einer Ausnahmesituation“, sagt Massenberg. Die negativen Einlagenzinsen seien eine geldpolitische Übersteuerung, denn sie hätten für die Realwirtschaft keine negativen Wirkungen gehabt. Wie Traud schon ausgeführt habe, seien eher die sinkenden Ölpreise für die Ankurbelung der Wirtschaft verantwortlich gewesen.

„Gegenüber der EZB würde ich ebenso deutlich formulieren, dass weder die Bank of Japan, noch die Fed oder andere Zentralbanken ihren Märkten neben QE auch noch negative Einlagenzinsen zugemutet habe“, kritisiert Massenberg. Unstrittig stimmt Massenberg der Notwendigkeit struktureller Reformen zu. Diese würden sich aber nicht nur auf Griechenland usw. beziehen, sondern strukturelle Änderungen seien auch in Deutschland notwendig.

Klaus warnt davor, dass Griechenland extrem teuer werde, hat jedoch keinen Zweifel daran, dass Griechenland „drin bleiben“ werde. Traud hatte die These aufgestellt, dass ein Grexit eine abschreckende Wirkung auf andere Länder haben würde. Die „Drohstrategie“ in Europa würde einfach zu oft gemacht. „Wenn wir das nicht machen, dann bricht Europa auseinander“, so würden viele Maßnahmen in Europa begründet. Traud bezweifelt aber, ob ein Austritt Griechenlands aus der Währungsunion Europa scheitern lassen würde.

„Die Banken stehen unter einem enormen Kostendruck, wir müssen uns verändern, unsere Bilanzen aufräumen“, macht Klaus unter dem Eindruck der Herausforderungen der Niedrigzinsen klar. Durch die Finanzkrise habe man eine „extrem teuere“ Regulatorik bekommen und benötige ein neues Abkürzungsverzeichnis, um die vielen neuen Regeln zu benennen. Die Banken würden vor diesem Hintergrund noch ihre optimalen Bilanzstrukturen finden müssen. „Natürlich tut es uns auch weh, dass weniger investiert wird. Das macht es uns schwer, im Firmenkundengeschäft Ertragssteigerungen hereinzuholen.“ Klaus sieht einen gewaltigen Unterschied zwischen Banken in Deutschland und in Südeuropa. „Ein einheitlicher regualtorischer Rahmen kann dazu beitragen, dass überall die Hausaufgaben auch wirklich gemacht werden.“

„Wir sind bei der Frage, wieviel Flexibilität haben wir in der Europäischen Union“, wirft Feld ein. Was Europa zusammenhalte, sei die Rechtsgemeinschaft. „Wir pochen auf unseren Rechtsstaat, auch wenn wir Flexibilität zeigen.“ Die vier Grundfreiheiten gehörten dazu, wie auch die Fragen, die Griechenland zur Disposition stelle.

Schalast spricht die Lernkurven aus anderen Ländern an, die man sich zunutze machen könne. Traud hatte darauf hingewiesen, dass sich in den USA der Bundesstaat Kalifornien auch ohne horizontalen Ausgleich aus der Krise hinausgeführt habe. „Die Flexibilität innerhalb und zwischen den Bundesstaaten ist viel, viel höher“, meint Traud zu sehen. „In Europa sagt man, ‚da muss doch jemand mal was machen‘, während Amerikaner sagen, ‚da müssen wir mal was machen‘.“ So komme es dazu, dass sich alle Hoffnungen auf die EZB und Draghi richten würden. Klaus warnt vor den Verbindlichkeiten, die auch in Deutschland aufgetürmt wurden. Man solle sich vorstellen, wie das in zwanzig Jahren aussieht.

Deutschland gehört zu den Ländern, in denen horizontaler und vertikaler Finanzausgleich zu einem engen Abhängigkeitsverhältnisse von Bund, Ländern und Kommunen führt. Feld skizziert die Situationen in den USA und in der Schweiz: In der Schweiz seien die Kantone vollkommen eigenverantwortlich. Mit Durchgriffsrechten sei Disziplin nicht zu erreichen, sondern nur über Märkte.

Mindestlohn, Rentenpaket – Feld zeigt auf, warum diese politischen Versprechen völlig in die falsche Richtung führen. „Wir haben ganz viele Probleme der Wettbewerbsfähigkeit für Deutschland vor uns“, sagt Feld. Mit expansiver, kurzfristiger Fiskalpolitik nach keynesianischer Art lasse sich kein Wachstum schaffen. Feld zeigt das Missverständnis auf, dass die Erkenntnis, dass staatliche Eingriffe nach Keynes zum Scheitern verurteilt sind, nicht einhalte, dass jede Fiskalpolitik wirkungslos wäre. „Natürlich sind Steuersenkungen durchaus wirksam“, so Feld.

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Herbawi steht ohne FERI Rating da

Von Dr. Oliver Everling | 19.Mai 2015

Die FERI EuroRating Services AG entzieht mit sofortiger Wirkung das Rating der Anleihe der Herbawi GmbH (WKN: A12T6J/ ISIN: DE000A12T6J2). Auf Anfrage der Emittentin, berichtet die Ratingagentur aus Bad Homburg, beendet FERI ebenfalls die Ratingüberwachung der Anleihe.

Herbawi teilte FERI nach Einberufung der Gläubigerversammlung am 11.05.2015 mit, dass die Gläubigerversammlung den am 24. April vorgeschlagenen wesentlichen Änderungen der Anleihebedingungen mit der notwendigen Anzahl von Stimmen zugestimmt hat. Damit wird zum Nachteil der Anleihegläubiger u.a. die Besicherung der Anleihe deutlich reduziert, der Verwendungszweck der Anleihe geändert und ein Sonderkündigungsgrund (Kontrollwechsel) aufgehoben. Die Restrukturierung der Anleihebedingungen begründet einen technischen Default der Anleihe, dem das Unternehmen mit der Kündigung zuvorkommt.

Das FERI Unternehmensanleiherating, das für die Bewertung von Anleihen kleiner und mittelgroßer Unternehmen entwickelt wurde, besteht aus quantitativen und qualitativen Elementen und beinhaltet eine umfassende Analyse des Unternehmens sowie seines Marktumfeldes, welches seinen mittelfristigen unternehmerischen Erfolg und die Möglichkeit zur Erzielung auskömmlicher Renditen bestimmt. Der Ratingprozess setzt sich aus den Teilschritten des unternehmensadjustierten Ratings, des wettbewerbsadjustierten Branchenratings sowie einem positionierungsadjustierten Rating zusammen. Abschließend werden die Anleihebedingungen vor dem Hintergrund der Kreditqualität des Unternehmens bewertet. Das Unternehmensanleiherating stellt eine Einstufung der Kreditqualität einer Anleihe anhand einer Ratingnote einer von 21 Noten (AAA-CC) umfassenden FERI-Ratingskala dar.

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QE-Auswirkungen auf Europas Finanzmärkte

Von Dr. Oliver Everling | 19.Mai 2015

Moritz Kraemer, Chief Rating Officer der Sovereign Ratings Group von Standard & Poor’s Ratings Services, spricht auf dem „NPL Forum 2015″ des Frankfurt School Verlags über „Quantitative Easing – Auswirkungen auf Europas Finanzmärkte“. „Die EZB hat erst im März begonnen. Wir glauben daher, dass die Zinsen auf niedrigem Niveau bleiben werden“, folgert Kraemer aus der Struktur der Marktteilnehmer, insbesondere solchen, die „sichere und liquide“ Titel halten müssen.

Kraemer sieht für den Euro voraus, als Weltwährung an Terrain zu verlieren. Der Euro bleibe aber die Nummer Zwei. „Vor dem Renminbi braucht sich die Euro noch lange nicht zu fürchten“, urteilt Kraemer.

Vier Gegenwinde werden auch weiterhin das Wachstum in Europa schwächen. Weder Geld-, noch Fiskalpolitik könne den Wachstumsprozess stimulieren. „Wenn es möglich wäre, mit Fiskalpolitik Wachstum zu schaffen, müssten ja gerade die Schuldnerstaaten wie Griechenland das größte Wachstum gezeigt haben. Das Gegenteil ist aber regelmäßig der Fall.“

Kraemer kommt auf den „demografischen Gegenwind“ zu sprechen. Die „Dependency Ratio“ oder „Abhängigenquote“ ist definiert als (Junge plus Alte)/(15-64jährige). Die Quote stabilisiere sich weltweit, während sie in Europa und in Japan deutlich, ähnlich aber auch in den USA nach oben gehe. Die Langzeitarbeitslosigkeit verstärke die demografischen Herausforderungen. In der Eurozone insgesamt sei die langfristige Arbeitslosigkeit auf rund 6 % der Bevölkerung angestiegen. Drei oder mehr Jahre Arbeitslosigkeit betreffe in Spanien z.B. inzwischen mehr als eine Million Menschen, zitiert Kraemer die Statistik.

Kraemer warnt davor, dass sich Globalisierung und Spezialisierungsgewinne verlangsamen. „Über wenige Dinge sind sich Ökonomen so einig wie darüber, dass durch Arbeitsteilung und Spezialisierung Wohlstandsgewinne realisierbar sind.“ Es sei daher kein Zufall, dass vor der Krise starkes Wirtschaftswachstum mit noch stärkerem Wachstum des Welthandels einherging. „Es ist mein Verdacht, dass die Eurozone durch den Verlust an Globalisierung und Spezialisierung noch weiter an Wachstum verlieren wird.“

Einen dritten Punkt sieht Kraemer in den schwächelnden Produktivitätszuwächsen. In Spanien habe man nach Reformen einen Anstieg der Produktivität gesehen. „Im Bausektor sei die Produktivität pro gearbeiteter Stunde besonders niedrig. Da dieser Sektor in Spanien zusammengebrochen sei, hat sich rechnerisch ein Produktivitätsschub ergeben.“ In Italien nehme die Produktivität sogar noch ab, da Arbeitsplätze vor allem in weniger produktiven Bereichen geschaffen würden. „Die Menschen haben nicht vergessen, was sie vorher wussten oder konnten, sondern werden vermehrt in weniger produktiven Tätigkeiten eingesetzt.“

„Die Investitionstätigkeit bleibt niedrig.“ Von den Investitionen gehen daher zurzeit keine Impulse für mehr Wachstum in Europa aus. Monopole, Arbeitsmarktreformen, Bildungspolitik usw. sind Stichworte, denen Kraemer Bedeutung für die Verbesserung der Wachstumsbedingungen in Europa beimisst. Kraemer bemerkt die Verteilungswirkungen, die von QE für Vermögensbesitzer ausgehe. „Wir brauchen viel mehr nationalen Willen, um die notwendigen Veränderungen herbeizuführen“, fordert Kraemer.

Wer sich also auf die Entwicklung der Staatsschulden und die Stabilisierung des Finanzmarktes konzentriere, übersehe die eigentlichen Herausforderungen, die zu den Symptomen geführt haben, die mit QE bekämpft werden.

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Griechenland und kein Ende

Von Dr. Oliver Everling | 19.Mai 2015

Prof. Dr. Lars P. Feld, Leiter des Walter Eucken Instituts, Professor für Wirtschaftspolitik an der Universität Freiburg und Mitglied des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, sieht kein Problem Deutschlands mit Griechenland, sondern mit Italien, Spanien und Frankreich. Griechenland habe mit Griechenland ein Problem. Feld spricht bei der Konferenz „NPL Forum 2015″ des Frankfurt School Verlags.

Der Blick auf die staatliche Verschuldung zeige deutlich, dass die Konsolidierungsanstrengungen deutlich verringert wurden. Markant sei die Verschlechterung der Wettbewerbsfähigkeit Italiens und Frankreichs. Deutschland habe seine Wettbewerbsfähigkeit von 2000 bis 2008 verbessern können, seitdem erodiert dieser Vorteil. Italien und Frankreich sei eindeutig keine Verbesserung zu sehen. In Spanien gebe es eine Verbesserung der Arbeitnehmerproduktivität, die aber wesentlich auf Entlassungen beruhen, allerdings nicht nur, räumt Feld an.

In Italien komme nichts am Markt an. Vor Weihnachten habe es in Italien ein Arbeitsgesetz gegeben, das dem Präsidenten mehr Möglichkeiten biete, für mehr Flexibilität am Arbeitsmarkt zu sorgen. „Davon ist aber noch nichts zu sehen“, konzentriert sich Feld auf die Fakten. Die Automobilkonzern FIAT sei kein italienischer mehr, sondern holländisch-britisch und investiere in Italien nicht mehr.

„Die Abschaffung des Mindstlohns würde Frankreich wirklich nach vorne bringen“, stellt Feld nüchtern fest. Die Lohnsubventionen könnten dann eingespart werden. „Politisch schwer durchzusetzen, aber es ist nun einmal so.“ Die Verkrustungen des französischen Arbeitsmarktes seien nicht zu unterschätzen. Daran ändere es auch nichts, wenn der Ladenschluss am Sonntag ein wenig gelockert wurde.

Anstieg der Eigenkapitalquoten und Auslandsinvestitionen sind die wichtigsten Gründe den Anstieg der Ersparnis der Unternehmen in Deutschland. Deutsche Überschüsse werden dennoch immer wieder zur Zielscheibe der Kritik gemacht. „Zwischen Deutschland und dem Rest der Eurozone gibt es keine Ungleichgewichte mehr, mit einer Ausnahme, und das ist Frankreich.“

In Griechenland sieht Feld hauptsächlich das Thema der Ansteckungseffekte. „Die ausländischen Banken haben sich aus Griechenland zurückgezogen. Was in Griechenland passiert, berührt sie praktisch nicht mehr.“ Betroffen wären öffentliche Gläubiger, wenn Griechenland nicht mehr zahlt. Wenn die von der KfW ausgehändigten Kredite ausfallen würden, dann würde sich die KfW beim Bund refinanzieren. „Es sind nur die KfW-Kredite, die die schwarze Null von Herrn Schäuble in Gefahr bringen könnten.“

Der Zinsaufschlag für griechische Staatsanleihen – für die wenigen, die noch gehandelt werden – ging 2015 noch einmal kräftig nach oben, im Unterschied zu allen anderen. Die Ansteckungsgefahren werden demnach für gering gehalten. „Der Grexit ist nicht vorgesehen. Griechenland kann auch aus der Währungsunion austreten. Allerdings muss man einräumen, dass Griechenland möglicherweise nicht unter allen Bedingungen bereit ist, Verträge einzuhalten.“

Feld sieht in einer Parallelwährung eine Möglichkeit, die schlimmsten Engpässe zu überwinden, indem der Staat „IOUs“ (I owe you) emittiert. Eine Dauerlösung sei dies aber im Kontext des Euros nicht. Feld hegt jedoch kaum Hoffnung, dass Griechenland in der Lage sein würde, ihre laufenden Ausgaben durch Einnahmen zu. „Griechenland bleibt auf Hilfe von außen angewiesen. Nur darf es nicht so sein, dass man Deutschland den schwarzen Peter zuschiebt.“

Die griechische Regierung sei reif für den Karlspreis, scherzt Feld. „Kaum jemand trägt so viel zur europäischen Einigung so viel bei wie Griechenland.“ Bis 2012 habe Griechenland mit seinen Ansteckungsgefahren eine Rolle gespielt, heute nicht mehr.

Zur Gesamtstrategie zur Stabilisierung des Euro sieht Feld als einen der wichtigsten Punkte, die Verbindung von Staaten und Banken zu zerschlagen. Feld skizziert die unter den gegebenen Bedingungen bestehenden Abhängigkeiten von Banken und Staaten. Vor diesem Hintergrund sieht Feld in einer einheitlichen europäischen Bankenaufsicht einen Schritt auf dem richtigen Weg.

„Die Eurokrise ist noch immer nicht beendet, aber einige Reformschritte gingen in die richtige Richtung: Liquidität gegen Selbstverpflichtung für Strukturreformen und Haushaltskonsolidierung wie auch Bankenunion.“ Die gefährlichste Entwicklung gehe von der neuen Rolle der Europäischen Zentralbank als „lender of last resort“ aus.

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Düllmann sieht weitere GuV-Belastungen bei Banken

Von Dr. Oliver Everling | 19.Mai 2015

„Bis heute gibt es keine einheitliche Definition, was unter NPL zu verstehen ist“, führt Prof.Dr. Christoph Schalast, Professor für Mergers & Acquisitions, Wirtschaftsrecht und Europarecht an der Frankfurt School of Finance & Management, in die Konferenz „NPL Forum 2015″ ein. Zwar lässt sich rasch nachschlagen, dass NPL für „Non Performing Loans“ steht.

Dr. Klaus Düllmann, DG Micro-Prudential Supervision, Head of Risk Analysis Division, spricht lieber von Non-Performing Exposures (NPE). Mehr als 40 Institute im Single Supervisory Mechanism (SSM) haben eine Quote von mehr als 20 % gemäß Asset Quality Review (AQR 2014), berichtet Düllmann. EBA habe in 2013 die Initiative ergriffen, die Definition von NPE für Zwecke der EBA zu harmonisieren.

Der AQR habe gezeigt, dass es verschiedene Praktiken zu NPE Niveaus, Sicherheitenbewertungen und Deckungen gibt. Die höchsten NIveaus von NPEs habe sich in den Ländern gezeigt, die auch generell von der Finanzkrise am stärksten betroffen sind. „Deleveraging führte zu steigenden NPE Ratios“, berichtet Düllmann und kritisiert, dass es in Europa weniger effiziente Märkte für NPLs gibt. In sieben Ländern wurden NPE-Quoten von  mehr als 20 % beobachtet, darunter z.B. Griechenland und Zypern.

„Der AQR erlaubt uns, in die Portfolien hineinzuschauen“, berichtet Düllmann. So habe man sich auch die einzelnen Kreditakten geholt und durchgeschaut. Immer noch sei der genaue Vergleich von NPE-Quoten eine Herausforderung. Die Quote allein sei nicht genug, um die Problemsituation von Banken zu analysieren. Der Verkauf von NPEs habe unmittelbar negative Auswirkungen auf die Gewinn- und Verlustrechnung der Bank und somit auf ihre Eigenkapitalausstattung.

Düllmann feiert den AQR als Meilenstein, um die Aktivaqualität von Banken in Europa zu vergleichen. Etwa zwei Drittel der zusätzlich durch den AQR aufgedeckten Verluste wurden in den Jahresabschlüssen 2014 bereits berücksichtigt. „Aber das ist noch nicht alles“, warnt Düllmann.

Der SSM verfolge das grundsätzliche Ziel, einen gemeinsamen Aufsichtsansatz zu finden. Daher befasse man sich mit der Frage nach den „best practices“. Der SSM schaffe für die europäische Aufsicht neue Möglichkeiten. Mit Blick auf die von Düllmann vorgelegten Statistiken bemerkt Schalast, dass die NPE-Quoten auch in Deutschland „gar nicht so niedrig sind“.

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Bankenabhängigkeit des Mittelstands

Von Dr. Oliver Everling | 18.Mai 2015

Der Verband „Die KMU-Berater – Bundesverband freier Berater e.V.“ befragt im Rahmen des „KMU-Banken-Barometers“ zum zweiten Mal mittelständische Unternehmen nach ihrer Finanzierungssituation. Die KMU-Berater gehen davon aus, dass die Kreditinstitute aufgrund von Basel III und der anhaltenden Tiefzinsphase bei der Kreditgewährung noch wählerischer werden. Daher liegt der Schwerpunkt der diesjährigen Befragung auf der Abhängigkeit der Mittelständler von ihren Hausbanken. Gleichzeitig können Unternehmen die zwölf Fragen zur Eigendiagnose und zur Verbesserung ihrer Finanzkommunikation nutzen. Das KMU-Banken-Barometer führt der KMU-Beraterverband in diesem Jahr gemeinsam mit der „Deutschen Unternehmerbörse – DUB.de“ durch. Teilnehmen können Unternehmen unter www.banken-barometer.kmu-berater.de

„Das erste KMU-Banken-Barometer im vergangenen Jahr hat gezeigt, dass viele Unternehmen immer noch von nur einer Hausbankbeziehung abhängig sind. Daher vertiefen wir in diesem Jahr die Frage nach Abhängigkeiten und dem Finanzierungs-Mix“ erläutert Thomas Thier, Vorsitzender des KMU-Beraterverbandes. Neben zehn allgemeinen Aussagen zur Zusammenarbeit mit Kreditinstituten enthält das Barometer deshalb in diesem Jahr zwei Sonderfragen zum Finanzierungs-Mix.

„Für die Unternehmen bietet die Teilnahme am KMU-Banken-Barometer die Chance, die eigene Position bei ihrer Zusammenarbeit mit Banken und Sparkassen zu überprüfen und Aktivitäten für eine Verbesserung abzuleiten und umzusetzen“ erläutert Carl-Dietrich Sander, Leiter der Fachgruppe Finanzierung-Rating im KMU-Beraterverband, die das KMU-Banken-Barometer federführend organisiert. Als weitere Unterstützung erhalten Teilnehmerinnen und Teilnehmer eine ausführliche „Checkliste Bankgespräche“ mit den drei Teilen Bankgespräch, Unterlagen für die Bank und Typische Fragen von Banken.

Erstmals kooperieren die KMU-Berater bei der Durchführung des Banken-Barometers mit der „Deutschen Unternehmerbörse – DUB.de“. „Hier finden zwei Partner zueinander, denen die wirtschaftliche Entwicklung und vor allem eine gesicherte Finanzierung des Mittelstandes besonders wichtig ist“, so Thier. Die Ergebnisse des KMU-Banken-Barometers 2015 wollen der KMU-Beraterverband und die Deutsche Unternehmerbörse mit Kreditinstituten sowie den Unternehmen und deren Verbänden diskutieren.

Auch für Verbände und Organisationen des Mittelstandes sowie für die Berufskolleginnen und -kollegen der steuerberatenden Berufe bietet das KMU-Banken-Barometer nach Einschätzung der KMU-Berater eine gute Möglichkeit, ihre Mitglieder und Kunden bzw. Mandanten bei der Sicherung ihrer Unternehmensfinanzierung zu unterstützen.

Die Fragen des KMU-Banken-Barometers können Online oder per Fax beantwortet werden. Die Umfrage 2015 läuft bis zum 3. Juli 2015. Die Ergebnisse werden im September 2015 veröffentlicht: www.banken-barometer.kmu-berater.de

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Afrika ist das neue Asien

Von Dr. Oliver Everling | 16.Mai 2015

„Afrika ist das neue Asien: Ein Kontinent im Aufschwung“ – Dieser Titel verrät treffgenau, worauf es in diesem Buch ankommt. Inzwischen hat wohl jeder verstanden, welche ungeheure, insbesondere wirtschaftliche Veränderung sich in Asien vollzieht. Deutsche Unternehmen und Investoren haben an dieser Entwicklung ihren Anteil. Anders verhält es sich noch in Afrika, wo deutsches Engagement vergleichsweise wenig zu finden ist, obwohl Afrika in vielerlei Hinsicht bereits den rasanten Aufschwung nachzeichnet, wie er in Asien zu sehen war und noch ist.

Christian Hiller von Gaertringen macht sich als Autor dieses neuen Buches aus dem Verlag Hoffmann und Campe (ISBN 978-3-455-50323-4) seine intime Kenntnis des Kontinents zunutze, um seinen Lesern ein neues Bild von Afrika zu zeichnen, wie es so in einer deutschsprachigen Buchpublikation bisher kaum gezeichnet wurde. Hiller von Gaertringen, Wirtschaftsredakteur der Frankfurter Allgemeine Zeitung, zerstört ein überholtes Bild von Afrika, von dem heute wohl nur noch die großen Spendenorganisationen profitieren, indem sie einseitig Armut und Elend thematisieren. Die deutschen Massenmedien verdienen ihr Geld mit Einschaltquoten und Auflagen, die mit den drei großen „K“ erzeilt werden können, mit Afrikas Kriegen, Katastrophen und Korruptionsskandalen.

In Deutschland geht nur noch eine Minderheit der Bevölkerung einer Erwerbstätigkeit nach. Alternativ zu den Katastrophenmeldungen lässt daher das deutsche Staatsfernsehen Filme in und über Afrika drehen, die Deutsche in einer modernen Form von Kolonialherren und/oder Naturwunder der Flora und Fauna Afrikas zeigen. Meist dringen die Berichte z.B. nicht zu den Tatsachen vor, die Besucher Afrikas nur jenseits der Touristenpfade in den Millionenstädten des Kontinents zu sehen bekommen.

Hiller von Gaertringen widmet sich daher ausführlich den neuen Partnern Afrikas, insbesondere China. Mit großer Akribie widmet sich Hiller von Gaertringen in seinem Buch über Afrika auch dem Phänomen China, denn diese Mühe lohnt sich gleich doppelt: Einerseits nutzt Hiller von Gaertringen seine Kenntnisse über China, um seine zentrale These, „Afrika ist das neue Asien“, zu stützen. Andererseits lohnt sich die Befassung mit China, um die dominante Rolle Chinas in vielen Subsahara-Staaten nachzuvollziehen.

Hiller von Gaertringen stimmt nicht ohne weiteres in den Chor der Kritiker Chinas ein, die der Volksrepublik lediglich die egoistische Verfolgung von Interessen der Sicherung von Rohstoffen unterstellen. Hiller von Gaertringen zeigt vielmehr, wie neben dem Zugang zu Rohstoffen für China auch die Begeiligung am Wirtschaftsaufschwung in Afrika wichtig ist, indem es einer Vielzahl chinesischer Unternehmen den Zugang zu wichtigen Märkten in Afrika sichert.

Das Buch lässt erahnen, wie Millionen von Menschen in Afrika aufbrechen, um ihre Zukunft besser zu gestalten. Dabei nutzen die überwiegend jungen Afrikaner die neuesten Technologien, die sie u.a. von chinesischen Firmen geliefert bekommen. Hiller von Gaertringen berichtet von zahlreichen Beispielen junger Unternehmer und Unternehmen. So kommen auch immer mehr IT-Unternehmen mit Lösungen an den Markt, die auf afrikanische Verhältnisse maßgeschneidert sind. Der Boom lässt eine Mittelschicht in Afrika erstarken, deren Nachfrage deutsche Unternehmen nicht unbeachtet lassen dürfen.

Hiller von Gaertringen räumt mit einer Fülle veralteter Klischees auf und öffnet jedem Leser die Augen dafür, in Afrika nicht eine Ansammlung von Problemen dieser Welt, sondern vor allem Chancen zu sehen. Davon werden auch die Kapitalmärkte profitieren. In mehreren Ländern Afrikas gibt es bereits funktionierende Börsen mit hoch kapitalisierten Unternehmen. Investitionen in den Aufschwung Afrikas erscheinen heute lohnender als je zuvor, zumal auch die Ratingagenturen viele Länder Afrikas inzwischen besser beurteilen als manchen Staat in Europa.

„Eine Party ohne die Deutschen“, schreibt Hiller von Gaertringen. „Chinesen schätzen Deutsche für viele Tugenden. Warum nutzt die deutsche Wirtschaft nicht die hohe Meinung, die Chinesen von Deutschland haben, um gemeinsam Märkte in Afrika zu entwickeln, um gemeinsam Projekte voranzutreiben und gemeinsam auf diesem Kontinent zu wachsen?“ Buchempfehlung: Afrika ist das neue Asien: Ein Kontinent im Aufschwung.

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