Wenige Top-Fonds bei Versicherungen
Von Dr. Oliver Everling | 11.Mai 2015
Im Niedrigzinsumfeld nimmt die Komplexität der Fonds im Angebot fondsgebundener Versicherungsprodukte stetig zu. Profitieren konnten hiervon insbesondere ETFs und Multi-Asset Fonds. Gleichzeitig mangelt es bei einem Großteil der angebotenen Fonds weiterhin an der Fondsqualität. Nur rund 46 Prozent des aktuellen Fondsangebots der Versicherer verfügt über ein FERI-Top Rating von A (sehr gut) oder B (gut). Im Bestand der Versicherungen ist der Anteil an Fonds mit Top-Rating mit 41 Prozent noch geringer. „Versicherer setzen in der Selektion weiterhin auf bekannte Produkte von großen Gesellschaften. Diese haben aber oft nur durchschnittliche oder schwache Ratings. Viele Versicherungen schenken der Qualität der von ihnen angebotenen Fonds zu wenig Beachtung. Dabei ist diese für die langfristig erzielbare Rendite des Versicherungsnehmers von zentraler Bedeutung“, kommentiert Dr. Tobias Schmidt, Vorstandsprecher der FERI EuroRating Services AG. Immerhin hat sich die Qualität des Bestands gegenüber der letzten Untersuchung aus 2013 um fünf Prozentpunkte verbessert. Das Potenzial sei aber längst nicht ausgeschöpft.
Dies sind die zentralen Ergebnisse der dritten Studie zur Fondsqualität in Versicherungsprodukten der FERI EuroRating Services AG. Untersucht wurden das aktuelle Fondsangebot von 51 Versicherungen mit rund 2.800 Fonds sowie der Bestand an Fonds in bereits bestehenden Versicherungspolicen von 71 Versicherungen mit rund 7.100 Fonds.
Der Anteil an Fonds mit einem Volumen von weniger als 50 Millionen Euro liegt im aktuellen Angebot bei 11,4 Prozent. Im Bestand der untersuchten Policen sind es sogar 17 Prozent. „Kleinere Fonds müssen per se nicht schlecht sein. Das Risiko, dass sie wegen mangelnder Profitabilität geschlossen werden, ist allerdings nicht zu vernachlässigen. Ein Drittel aller Fonds, die 2013 im Bestand waren und ein Volumen von weniger als 50 Millionen Euro hatten, sind mittlerweile geschlossen oder mit anderen Fonds verschmolzen. Das produziert unnötigen Verwaltungsaufwand bzw. Kosten, die bei entsprechender Auswahl der Fonds im Vorfeld vermieden werden können“, so die bei FERI EuroRating zuständige Analystin Sabrina Barth.
Das anhaltende Niedrigzinsumfeld hat auch bei den Versicherungspolicen sichtbare Spuren hinterlassen. Nur noch 31 Prozent der Versicherer bieten derzeit Garantiefondsprodukte mit Laufzeitbegrenzung an. 2013 waren es immerhin noch knapp 65 Prozent. Gleichzeitig ist der Umfang des angebotenen Fondsuniversums deutlich gestiegen. So ist die Zahl der Fonds in den untersuchten Angebotstarifen zwischen 2013 und 2015 von 1.200 auf 2.800 Fonds angewachsen.
„Wir haben es mit einer immer breiteren Palette an Fondskategorien zu tun, die sich auch in ihrer Struktur deutlich verändert hat“, sagt Barth. Der Anteil der Versicherungsgesellschaften, die Multi-Asset bzw. vermögensverwaltende Fonds einsetzen, hat sich über die Jahre deutlich erhöht. 2010 lag dieser Anteil noch bei 57 Prozent. Nach 76 Prozent in 2013 liegt dieser heute bei 95 Prozent.
Besonderes Interesse konnten zuletzt auch ETF-gebundenen Versicherungen auf sich ziehen. Lag der Anteil der Versicherer mit ETF-Angebot 2013 noch bei acht Prozent, so sind es aktuell bereits 37 Prozent. Dabei ist die Verteilung dieses Anteils über die verschiedenen Tarifarten relativ konstant. Nachhaltigkeitsfonds verzeichnen ebenfalls gestiegenes Interesse. Diese sind nun zu 72 Prozent (2013: 63 Prozent) im Angebot vorhanden. „Der Komplexitätszuwachs bei den Fondskategorien stellt Versicherer vor große Herausforderungen. Der Analyseaufwand ist merklich gestiegen. Gleichzeitig besteht weiterhin Handlungsbedarf bei der Qualitätsprüfung der Fonds. Versicherungsnehmer bzw. Interessenten von fondsgebundenen Versicherungen sollten entsprechende Qualitätsüberprüfungen beim Versicherungsgeber einfordern. Auch der Berater oder Vermittler kann hier einen wertvollen Beitrag liefern“, resümiert Vorstandssprecher Schmidt.
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Auf dem Weg zu Parallelwährungen
Von Dr. Oliver Everling | 9.Mai 2015
Der Blick mit Thomas Mayer, Founding Director des Flossbach von Storch Research Instituts, auf die Geldordnung der Europäischen Währungsunion lohnt sich: Sollte man mit Geld überhaupt Politik machen, fragt Mayer, der sich schon als Chefvolkswirt der Deutschen Bank mit diesem Thema befassen musste.
Im internationalen Bereich gibt es keine treffende Übersetzung des Begriffs „Ordnungspolitik“. Im frühen 18. Jahrhundert wurde der Gedanke von John Law aufgebracht, mit Geld Politik zu machen, und zu Exzessen geführt. Die heutige Geldpolitik fügt sich an die Tradition von John Law.
„Der Euro kam auf die Welt wie ein Kind“, illustriert Mayer, „ein Kind, das über verschiedene Anlagen verfügt.“ Bei der Geburt seien dem Euro zwei Anlagen mitgegeben worden, nämlich die des Warengeldes und die des Staatsgeldes. Letzteres dient der Finanzierung des Staates (z.B. Papiergeld, wie es von John Law ausgegeben wurde). Staatsgeld wird entweder direkt vom Staat ausgegeben oder indirekt über eine weisungsgebundene Zentralbank.
Giralgeld wird akzeptiert als Geldersatz. Der Staat begleitet die private Schuldgeldproduktion, indem er über seine Zentralbank die Schuldgeldproduktion indirekt steuert und auch abstützt, indem er für staatliche Einlagenversicherung und für eine Zentralbank als letzte Instanz eines „lender of last resort“ sorgt.
Warengeld dagegen impliziert ein unelastisches Angebot und auch, dass Banken bankrott gehen können. Ebenso Staaten: Diese können dann aber den Warengeldstandard aufgeben. Staatsgeld ist durch ein elastisches Angebot des Geldes durch eine staatliche Zentralbank zur Erreichung wirtschaftspolitischer Ziele gekennzeichnet. Die Zentralbank ist nach dem Staatsgeldmodell Kreditgeber der letzten Instanz für Banken, aber auch für Staaten.
Der Euro war ein ein Kind des Kreditbooms. In seinem ersten Lebensjahrzehnt blieb der Charakter der Euro unscharf. Die Staatsdefizite konnten mit billigen Kredit finanziert werden. Die wärmende Sonne der billigen FInanzierung sorgte für Wachstum, insbesondere im Mittelmeerraum, aber auch in Irland.
Private Haushalte, Banken und Unternehmen konnten sich scheinbar grenzenlos verschulden. Wachstum wurde durch Immobilien und einen Bauboom angetreiben. Griechenland war ein krasses Beispiel dafür, wie alle diese Möglichkeiten kombiniert wurden.
Das Zerplatzen der globalen Kreditblase beendete die Flitterwochen des Euro, so Mayer: „Günstige Kredite waren der Klebstoff, der die EWU zusammenhielt.“ Als aber keine günstigen Kredite mehr bereitstanden, war die Klebewirkung weg. Griechenland war der sprichwörtliche „Kanarienvolge in der KOhlemine“, dem als erstes Land der Bankrott drohte. Die Stabilisierung der EWU erfolgte durch Kredite der EZB.
Das „Maastricht-Modell“ mit „No Bail-out“ beizubehalten und ie Anpassung daran durch Verringerung der Zahl der EWU-Mitglieder zu erreichen, würde dne Charakter des Euro als Warengelds stärken. Wenn alle Mitglieder aber in der EWU gehalten werden, wird der Weg zum Staatsgeld weiter beschritten.
2010 bis 2011 führten Bemühungen, das Maastricht-Modell aufrechtzuerhalten, zu einer Vertiefung der Krise. 2012 fiel die Entscheidung, den Mitgliedsländern Priorität gegenüber dem Modell einzuräumen, und damit für Entspannung zu sorgen. Der Charakter des Euro wechselt daher vom Warengeld zum Staatsgeld, ohne dass man sich darüber konzeptionell Gedanken gemacht hätte.
Die Emission von Staatsgeld setzt einen EWU-Staat voraus, jedoch fehle dazu der Wille. Preisstabilität, Hausthaltsdisziplin, Finanzmarktstabilität und wirtschaftliche Flexibilität (und Wachstum) stehen in einem Wirkungszusammenhang. Mayer skizziert, wie sowohl Haushaltsdisziplin, als auch wirtschaftliche Flexiblität erreicht werden sollte.
Für den Euro wurde ein Schattenstaat geschaffen: „Ohne diesen Schattenstaat ist der Euro nicht lebensfähig“; urteilt Mayer. Lateinische Münzunion (1865 bis 1914), Rubelzone (1991/1992) usw. sind historische Beispiele dafür, dass Staatsgeld ohne Staat scheitert. Daher hofft man heute, durch eine Reihe von Regulierungen de facto einen zentralistischen europäischen Staat als Schattenstaat zu schaffen.
Die Europäische Union könne nur als „Demokratie“ konstituiert werden („Staatenverbund“). Die Kernsouveränität liege auf nationaler Ebene, definierte Bereiche werden auf EU-Ebene delegiert. Das wäre dann eine EU der verschiedenen Integrationskreise. Für die EWU ergebe sich dann die Perspektive eines Super-Goldstandards mi Anpassungsmechanismus, Umschuldungs- und Exit-Klausel. Mayer hält es für möglich, dass es in Europa zu Parallelwährungen neben der Gemeinschaftswährung kommen wird. Mayer weist darauf hin, dass der Euro auch deshalb nicht als Alternative zum US–Dollar gesehen wird, weil der Euro mangels Staat kein Staatsgeld sein kann.
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Aufschwung ohne Überschwang
Von Dr. Oliver Everling | 9.Mai 2015
„Aufschwung ohne Überschwang“, skizziert Dr. Holger Schmieding von der Berenberg Bank. „Nur die Lokführer nehme ich davon ausdrücklich aus.“ Schmieding sieht keine Übertreibungen: Bei den Verbraucherpreisen nicht, bei den Löhnen nicht und auch nicht bei den Immobilienpreisen. Letztere Wahrnehmung, räumt Schmieding ein, mag mit der Tatsache zusammenhängen, dass Schmieding in London tätig ist, wo ganz andere Immobilienpreisentwicklungen zu beobachten waren und sind als in Frankfurt am Main.
Schmieding meint zu sehen, dass breite Bevölkerungkreise in Deutschland in ihrem Verhalten immer noch durch die dramatischen Erfahrungen aus der Finanzkrise geprägt seien. Entsprechend vorsichtig gehe man vor, worin er als Volkswirt keinen Nachteil sehen kann. Auch das Wahlergebnis in Großbritannien kommentiert er positiv: „Wenn man den Briten eine ernsthafte Frage stellt, bekommt man auch eine ernsthafte Antwort. Anders als bei den Wahlen zum Europaparlament.“
Der Fokus auf die Geldwertstabilität, ohne hinreichend auf die Stabilität des Geldwesens zu achten, sei nicht ganz falsch aber doch zu eng gefasst gewesen. Eine Zentralbank muss auch auf Geldmenge und Kreditvolumen schauen. Dass die Notenbanken in den USA und Europa vor 2008 ein übermäßiges Kreditwachstum zugelassen hatten, habe letztlich den Boden für die große Finanzkrise danach bereitet.
Am 18. März 2009 beschloss die US-Notenbank, US-Staatsanleihen anzukaufen. Schon einen Monat später zeigten die Konjunkturindikatoren auch in Deutschland nach oben, glaubt Schmieding zu sehen. „Es ging damals darum, schlagartig die Panik zu stoppen, um einen schlagartigen Vertrauenseffekt.“ Der Vertrauenseffekt sei sofort sichtbar. Der Transmissionsmechanismus der Geldpolitik funktioniere in Normalzeiten wie es in den Lehrbüchern stehe, nicht aber in einer solchen Krisensituation. Da zähle die Wiederherstellung des Vertrauens mehr.
Am 26. Juli 2012 habe sich die Stimmung der Welt gegenüber der Eurozone wegen der berühmten Worte von Mario Draghi gedreht. „Ein reiner Vertrauenseffekt. Wir glauben nicht mehr, dass die Währungen auseinanderbrechen könnten. Wir haben die Zuversicht, dass die Zukunft wahrscheinlich besser wird.“ Putin habe die Konjunktur voübergehend aus dem Tritt gebracht.
Heute wirke die Geldpolitik wesentlich mehr über die Wechselkurse. Mit den Ankäufen von Staatsanleihen seien die Renditen gar nicht mehr gefallen, sondern in Vorfreude oder Vorwegnahme seien die Renditen schon vorher gesunken. „Ich dachte eigentlich, der Tiefpunkt hätte schon Ende Januar erreicht werden müssen, nicht erst im April.“ Mit der anspringenden Konjunktur erwarte man nun wieder mit leicht steigenden Zinsen aufgrund steigender Kreditnachfrage.
Der Zentralbank werde es wesentlich leichter fallen, auch die Bundesanleihen auf dem Markt zu finden, um ihre Aufkäufge fortzusetzen. Die neue Rolle der Geldpolitik sei die Rückbesinnung auf Erkenntnisse, die man schon lange habe. Das Monopol der Notenbank sorge für eine „unglaublich starke Stellung“. SIe könne sich daher überwiegend über die Geldwertstabilität Gedanken machen. „Wir müssen uns aber auch über den Übertragungskanal Gedanken machen, auch an die Stabilität des Geldwesens denken.“
Schmieding rechtfertigt das massive Eingreifen der Zentralbanken. „Die Brandschutzordnung reicht meistens, aber manchmal muss die Feuerwehr ausrücken“, sagt Schmieding. Die Institution mit dem meisten Löschwasser sei die Zentralbank. „Ich kann derzeit keine Blasen entdecken.” Zumindest nicht in dem Sinne, dass Vermögenspreise auf breiter Front durch übermässig kreditfinanzierte Käufe in absurde Höhen getrieben würde. „Das Kreditwachstum ist insgesamt ja eher mässig“, analysiert Schmieding.
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Accountability Bonds zur Staatenfinanzierung
Von Dr. Oliver Everling | 8.Mai 2015
Mit eigener Währung hat eine nationale Regierung einen Leder of last resort. Der Wert der Staatsanleihe ist dann (nomial) sicher und der Verzicht auf Eigenmittelunterlegung von Staatsanleihen bei Banken zu rechtfertigen. Ohne eigene Währung fehlt aber diese Quelle der Refinanzierung, so dass Staatsanleihen risikobehaftet sein können, wie es auch im Eurowährungsraum der Fall ist.
Prof. Dr. Clemens Fuest vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) an der Universität Mannheim erläutert die Governance der Fiskalpolitik in Europa. Wenn die Haftung für Staatsschulden und die Entscheidung über Staatsverschuldung in einer Hand liegen würden, hätte man eine zentrale Fiskalunion. Gegewärtig fallen Haftung und Entscheidung jedoch auseinander. Wenn national gehaftet und auch entschieden würde, kann man von einer dezentralen Fiskalunion sprechen. Fuest beruft sich auf Überlegungen des wissenschaftlichen Beirats beim Bundesministerium der Finanzen (2012).
Das Konzept einer zentralen Fiskalunion hat wenig Aussichten auf Realisierung. Daher muss man sich mit dem Konzept einer dezentralen Fiskalunion befassen. Nationale Parlamente entscheiden weiterhin über die Höhe der staatlichen Neuverschuldung. Dies verlangt ein glaubwürdiges Verfahren für Restrukturierung von Staatsschulden bei Überschuldung einzelner Mitgliedstaaten, außerdem einen Finanzsektor, der Verluste aus der Restrukturierung öffentlicher Verschuldung absorbieren kann und fiskalpolitische Disziplinierung inerster Linie durch Kapitalmärkte. „Fiskalplitische Koordnation kann hilfreich sein, ist aber nicht entscheidend“, sagt Fuest.
Bereits beschlossen sind der Krisenbewältigungsmechanismus des ESM, die verstärkte Koordination der Wirtschafts- und Fiskalpolitik und die Bankenunion im Sinne einer Bankenaufsicht durch die EZB, gemeinsamer Bankenrestrukturierungsmechansimus (SRM, BRRD) und gemeinsamer Bankenrestrukturierungsfonds (SRF).
Fuest kommt auf den Van Rompuy Report (fiskalische Kapazität auf zentraler Ebene zur Vesicherung gegen ökonomische Schocks) zu sprechen, wie auch auf Vorschläge der Europäischen Kommission: Fiskalische Kapazität, Eurobilss/Stability Bonds, Schuldentilgungsfonds und langfristige Besteuerungs- und Verschuldungsrecht der EU. Keiner dieser Vorschläge beinhaltet ein Verfahren für die Restrukturierung von Staatsschulden.
„Wenn die Eurozone eine Zukunft haben soll, brauchen wir eine stärkere Gläubigerbeteiligung“, sagt Fuest und schlägt zum Einstieg in die Gläubigerhaftung bei Staatsanleihen „Accountability Bonds“ vor. Die Idee ist eine neue Klasse nachrangiger Staatsanleihen, die bei Finanzkrisen oder bei Überschreitung kritischer Verschuldungsgrenzen vorübergehend oder endgültig nicht mehr bedient werden (Trigger vielfältig gestaltbar). Wenn ein Mitgliedstaat die im Rahmen des Europäischen Semesters vorgegebenen Budgetziele verfehlt, wird der Überschuss an Schulden mit Accountability Bonds finanziert. Die neuen Bonds sieht Fuest u.a. als Antwort auf die Debattte über exzessive Risikozuschläge bei Staatsanleihen und als Auflösung der impliziten Verschuldung.
„Der wichtigste Defizit der fiskalischen Integration ist ein fehlendes Verfahren zur Restrukturierung von Staatsschulden. Accountability Bonds wären ein erster Schritt.“ Fuest glaubt daran, dass eine fiskalische Stabilisierung durche eine europäische Arbeitslosenversicherung mit überschaubarem Budgte möglicht wäre, bei dem die Umverteilungsefffekte durch „richtiges Design“ begrenzt würden. Die Frage sei aber. ob dadurch eine politische Dynamik in Richtung Transferunion ausgelöst würde. Eine Modellierung der Konsequenzen von Accountability Bonds für die Ratinglandschaft gibt es noch nicht.
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Neuer Nationalismus oder digitale Weltgesellschaft
Von Dr. Oliver Everling | 7.Mai 2015
Geld regelt Beziehungen zwischen Menschen. Aus einer Reihe von Untersuchungen, berichtet Prof. Dr. Armin Nassehi, Proffessor für Soziologie von der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) auf dem 9. Coface Kongress Länderrisiken in Mainz, geht hervor, dass auch die Beziehungen innerhalb von Familien durch die Dienste von zum Beispiel Versicherungen besser geregelt werden können, wenn innerhalb der Familie nicht ständig über Geld geredet werden muss.
Nassehi stellt das Thema seines Vortrags, „Neuer Nationalisus oder digitale Weltgesellschaft?“ in einen größeren Kontext. Insbesondere weist er darauf hin, dass sein Thema eigentlich auch „Neuer Nationalismus UND digitale Weltgesellschaft?“ lauten könne.
„Das Gehirn spiegelt eine analoge Welt vor“, kommt Nassehi auch auf die Hirnforschung zu sprechen. Es werde im Gehirn ein Bild von der Welt produziert. VIele Konflikte ließen sich aber gar nicht „analog“ erklären. Statt digitaler statistischer Gruppen könne man sich umgekehrt auch „analoge“ Gruppen vorstellen. Der Nationalismus sei Symptom von Anpassungsstörungen. Regionale Räumen seien in einem weltwirtschafftlichen Zusammenhang nicht kontrollierbar. Es sei fraglich, ob sich überhaupt einzelne Nationalstaaten selbst kontrollieren könnten.
„Wir verschaffen wir uns Vertrauen in einer Welt, wo der Dialog zwischen analoger und digitaler Welt außerordentlich schwierig ist?“ Nassehi gibt das Beispiel des Marienplatzes in München, nämlich wie voraussetzungsreich es heute sei, über diesen belebten Platz zu gehen. In früheren Gesellschaften seien viele der Menschen heute dort als „Feinde“ klassifiziert worden. Heute dagegen handelt es sich selbst dann um Freunde, wenn man nicht zuvor mit ihnen kommuniziert habe.
Die Technik ist eine logische Folge einer digitalisierten Gesellschaften. „Durch die Digitalisierung kommen Menschen zusammen. Vor allem kommen aber Daten zusammen“, sagt Nassehi und weist darauf hin, wie von Amerikanern ein etwas romantisches Bild von den sozialen Kontakten gezeichnet werde, die durch die Digitalisierung möglich wurden.
Der Handel unter Menschen schafft Vertrauen, sagt Nassehi. Buchstäblich könne nur durch Handeln Vertrauen geschaffen und gefestigt werde. Daher gingen Versuche fehl, durch verbale Versicherungen Vertrauen zu schaffen. Nassehi nennt dazu verschiedene Beispiele. Digitale Informationen müssten in analoge Formen gebracht werden.
„Krisen kommen vor allem durch Bilder zustande“, warnt Nassehi, „damit verschaffen sich Akteure Macht.“ Nassehi zeigt auf, wie die Digitalisierung auch zu neuen Formen des Terrorismus geführt habe, dessen Ziel es ist, Bilder in das weltweite digitale Netz einzuspeisen.
Carsten Knop, verantwortlicher Redakteur für Wirtschaftsberichterstattung und Unternehmen der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, nimmt Nassehi mit in die Podiumsdiskussion mit Christoph Haar, Vice President Business Development & Marketing, Schenck Process Group, Ernst-Josef Mesterom, Abteilungsdirektor Internationales Firmendkundengeschäft, Deutscher Sparkassen- und Giroverband, und Dr. Kristin Shi-Kupfer, Leitern des Fachbereichs Politik, Gesellschaft, Medien am Mercator Institute for China Studies (MERICS).
„Im deutschen Mittelstand gibt es viele sogenannte Hidden Champion“, sagt Mesterom. Damit sie das bleiben, müssten sie sich auf Weltmärkten bewähren. Entsprechend gingen heute nicht mehr nur die großen Knozerne ins Ausland, sondern auch sehr viele mittelständische Unternehmen. Die Aufgabe der Sparkassenorganisation sieht Mesterom darin, diese Unternehmen dabei zu begleiten.
Haar teilt seine Erfahrungen aus China: So sei die Mitarbeiterfluktuation in China sehr hoch. Daher sei es ein besonderer Erfolg, wenn es deutschen Unternehmen gelingt, chinesische Mitarbeiter an ihr Unternehmen zu binden.
Shi-Kupfer berichtet von den Schritten der chinesischen Regierung, zunächst Google-Dienste, nun aber auch Virtual Private Networks zu blockieren und Quellcodes offenlegenzulassen. Letztere seien für viele Unternehmen wichtig, um sicher vertrauliche Daten elektronisch verfügbar zu halten. Auf die neuen Herausforderungen müssen sich Unternehmen in China einstellen. Shi-Kupfer stimmt Nassehi zu, dass Protektionismus eine Reaktion auf Kontrollverlust sei. In China sei es ganz offensichtlich, dass die Digitalisierung zu einer Machtverschiebung geführt habe.
Haar macht klar, dass die chinesische Regierung ein hohes Interesse an wirtschaftlicher Zusammenarbeit habe. Daher werde auch künftig die Kommunikation über die Grenzen hinweg in den Unternehmen sichergestellt. Aus seinen Worten lässt sich schließen, dass es bei der Schenck Process Group in dieser Hinsicht offenbar keine Probleme mit China gibt.
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Aktienpicking in Asien
Von Dr. Oliver Everling | 6.Mai 2015
Kann durch Stock Picking, die gezielte Auswahl einzelner Aktien, eine überdurchschnittliche Rendite erzielt werden? Viele Wissenschaftler verneinen diese Frage: Fondsmanager würde es nicht gelingen, ein überlegenes Rendite-Risiko-Profil zu erreichen – der Investor stünde sich besser, einfach nur „den Index“, den Gesamtmarkt zu kaufen.
Manche wissenschaftliche Untersuchungen stehen daher in Gegensatz zu den Anlageergebnissen einzelner Fonds, wie sie zum Beispiel von Comgest vorgestellt werden. Emil Wolter, Portfolio Manager bei Comgest, gibt in Frankfurt am Main einen Einblick in die Anlagestrategie und die Kriterien, nach denen Fonds von Comgest geführt werden. Der Fokus liegt in seiner Präsentation auf Aktien aus Asien (ohne Japan). Seine Ausführungen werden von den Analystinnen Caroline Maes und Jasmine Kang mit zahlreichen Fakten unterstützt.
Konsistente Wertschöpfung, niedriges Risiko und hohe Visibilität, stetige Top-Performance, hervorragende Selbstfinanzierungskraft und Vertrauen in das Seniormanagement qualifizieren eine „quality growth company“ nach der Definition von Wolter, für den dynamisches internes Wachstum, starker Franchise, niedrige Sensitiviät für Wirtschaftszyklen, hoher Prozentsatz wiederkehrender Umsätze und höchst profittables Geschäftsmodell wichtig sind.
Maes erläutert das Beispiel der Taiwan Seminconductor Manufactoring Company Ltd. (tsmc), deren Wert nach jahrelangem Research sich bestätigte. Kang erläutert die Kriterien für Investitionen in China: Hier gehe es um die Frage nach steigender Produktivität. Vorhandene Kapazitäten müssten besser genutzt werden. Arbeitskräfte seien effizienter einzusetzen, wie auch die natürlichen und finanziellen Ressourcen besser zu nutzen sind.
Kang nennt Zhengzhou Yutong Bus als ein Beispiel für ein Unternehmen, das in einem schwierigen Markt erstaunliche Erfolge zeige. Es gilt als der größte Busproduzent in Asien. Nach 10 Jahren sei es gelungen, das Unternehmen zu privatisieren. Ein Managementkonsortium repräsentiert 2000 Mitarbeiter, die 2013 die Kontrolle übernehmen konnten und heute 43 % der Aktien halten. Der Return on Equity (ROE) lang über 10 Jahre bei 25 %, berichtet Kang.
Kang erläutert, warum Zhengzhou Yutong Bus auch bei einem insgesamt schwach wachsendem Markt ein interessantes Investment ist. Das Unternehmen habe Kostenvorteile, die es seinen Wettbewerbern Marktanteile abnehmen lässt. Wolter räumt ein, dass das Unternehmen nicht in einer Boombranche positioniert sei. Kang sieht die Verbesserungen in der Infrastruktur in China, sei es mit Blick auf Bahn oder den Individualverkehr, bemerkt bei Zhengzhou Yutong Bus aber die Fähigkeit von den veränderten Marktbedingungen zu profitieren.
Arbeitsintensive Unternehmen würden möglicherweise unter dem neuen Hukou-System leiden. DIe Position dieser Unternehmen war gegenüber den Arbeitern unter den Bedingungen des alten Systems möglicherweise stärker. Das neue Hukou-System erlaube es aber viel mehr Menschen, auch das Komfortniveau der Städte zu erreichen. Kang glaubt daher, dass insbesondere auch Konsumwerte durch die neue Politik profitieren werden, denn das neue System lasse es zu, das Leben von Millionen Menschen signifikant zu verbessern.
Sozioökonomische Faktoren würden in China darauf hindeuten, dass eine Reform des Gesundheitswesens notwendig werde. Eine Reihe von Krankheiten, wie beispielsweise Diabetes, seien heute in China verbreitet wie noch nie zuvor. Die schnell alternde Bevölkerung in Kombination mit höhere Kaufkraft werde auch pharmazeutische Unternehmen interessanter machen.
Kang warnt vor den Überkapazitäten im Immobiliensektor, die Nachfrage bleibe in manchen Immobilienmarktsegmenten deutlich hinter dem Angebot zurück. Kang relativiert die Sorgen um das rasche Wachstum der Gesamtverschuldung in China: 2014 sei „Social Financing“ um 5,5 % gefallen, während das Bruttoinlandsprodukt um 7 % gestiegen sei. Die Abwertung von Währungen der Entwicklungsländer bei gleichzeitiger Aufwertung der chinesischen Währung Renminbi sei eine Sorge, aber der Export Chinas beschleunige sich dennoch.
„Wir haben in China im letzten Jahr mehr Qualitätsunternehmen mit zwar geringerem Wachstum, aber dennoch hervoragenden Perspektiven gefunden als in den zehn Jahren zuvor“, sagt Wolter. Die absoluten Bewertungen seien immer noch unterdurchschnittlich, aber eben auch die relativen Bewertungen. Wolter glaubt nicht, dass es zu einer außergewöhnlichen Abwertung des Renminbi kommen wird, zu viele Faktoren würden eher für eine Aufwertung sprechen. Viele chinesische Unternehmen seien im Wettbewerb ihren ausländischen Konkurrenten selbst dann noch überlegen, wenn die Währung der Volksrepulik China noch weiter aufgewertet würde.
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Keine Sorgen mit der LHI
Von Dr. Oliver Everling | 5.Mai 2015
Die LHI Leasing GmbH (LHI) hat von der zuständigen Aufsichtsbehörde BaFin nach Prüfung der Erwerber, der Übernahmefinanzierung sowie der künftigen strategischen Ausrichtung der Gesellschaft eine entsprechende Genehmigung zur Übertragung der Gesellschaftsanteile in die neugegründete LHI Holding GmbH erteilt bekommen, meldet die Ratingagentur Scope.
Zu gleichen Teilen geschäftsführende Gesellschafter dieser nicht operativ tätigen Beteiligungsgesellschaft sind die Geschäftsführer der LHI Leasing GmbH. Der angekündigte MBO wurde zum 30.04.2015 rechtswirksam vollzogen. Es besteht ein Ergebnisabführungsvertrag zwischen LHI und der Eigentümerin LHI Holding GmbH. Die ehemaligen Anteilseigner LBBW und Nord/LB haben somit ihr Engagement vollständig abgelöst. Bestehende Finanzierungen in den Publikumsfonds bleiben unberührt.
Scope Ratings hatte am 20.04.2015 als Rating Action eine Watchlist (evolving) Platzierung vorgenommen. Nach eingehender Analyse des MBO und Rücksprache mit den Neugesellschaftern wird diese Watchlist Platzierung aufgehoben und das Asset Management Rating (AMR) der LHI von AAAMR bestätigt.
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Deutschland vor Produktivitätsschub
Von Dr. Oliver Everling | 5.Mai 2015
In den kommenden Jahren kann es durch die zunehmende Automatisierung zur massiven Einsparung von Arbeitskräften kommen. Roboter werden zukünftig verstärkt den Menschen als Arbeitskraft ersetzen oder sich einen Arbeitsplatz mit ihm teilen. Die Kosten von 18,3 Millionen Arbeitsplätzen können in Deutschland innerhalb der nächsten zehn bis 20 Jahren durch die „Robotisierung“ eingespart werden.
Mut machen die Ergebnisse einer volkswirtschaftlichen Analyse der ING-DiBa: „Dieser gravierende Wandel wird gewaltige Spuren auf dem Arbeitsmarkt hinterlassen und ein hohes Maß an Flexibilität und Anpassungsfähigkeit von den Arbeitnehmern erfordern“, erläutert Carsten Brzeski, Chefvolkswirt der ING-DiBa.
Führungskräfte, sowie Akademiker in wissenschaftlichen und kreativen Berufen unterliegen der geringsten Wahrscheinlichkeit einer Automatisierung. Berufe, die eine Spezialisierung oder Expertenwissen erfordern, sind ebenfalls kaum betroffen. Dagegen werden administrative Tätigkeiten mit hoher Wahrscheinlichkeit einer Automatisierung unterliegen.
Laut Analyse der ING-DiBa bieten sich die größten Einsparungspotentiale bei Büro- und Sekretariatskräfte (1,9 Millionen Arbeitsplätze), Hilfskräfte für Post- und Zustelldienste sowie Lagerwirtschaft (1,5 Millionen Arbeitsplätze), Verkäufer (1,2 Millionen Arbeitsplätze), Hilfskräfte in der Reinigung (1,1 Millionen Arbeitsplätze) und bei Gastronomieservicekräfte (661.570 Arbeitsplätze).
Alleine durch den Einsatz von Drohnen, durch automatisierte Abläufe in Lagerhallen und im Transport könnten demnach bis zu 1,5 Millionen Arbeitsplätze ersetzt werden. Insgesamt machen alleine die fünf genannten Berufe 6,3 Millionen gefährdete Arbeitsstellen aus.
Die genannten Entwicklungen bedeuten laut ING-DiBa Chefvolkswirt Carsten Brzeski Risiken und Chancen: „Bei jedem technologischen Fortschritt gibt es Gewinner und Verlierer. Auch jetzt werden durch die zunehmende Automatisierung wieder neue, andere Arbeitsplätze entstehen. Die deutsche Wirtschaft sollte diese Herausforderung angehen.“
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Niederlande mit steigenden Mieten und Preisen
Von Dr. Oliver Everling | 4.Mai 2015
Eine aktuelle Immobilienmarktprognose der FERI EuroRating Services AG fällt für die Entwicklung niederländischer Haus- und Wohnungspreise sowie der Wohnungsmieten der nächsten Jahre äußerst positiv aus. Die Fünf-Jahres-Prognose (2015-2019) geht für den dortigen Wohnungsmarkt insgesamt davon aus, dass die Wohnungsmieten mit einer Jahresrate von 2,2 Prozent und die Preise für Eigentumswohnungen um 2,4 Prozent im Jahr wachsen. Bei einer im Prognosezeitraum stabilen, möglicherweise sogar leicht sinkenden Mietrendite von derzeit knapp fünf Prozent ergibt dies eine Gesamtertragsperspektive von sieben bis acht Prozent pro Jahr für die nächsten fünf Jahre. Da die Mietrenditen im Zuge einer Preis-Korrektur zwischen 2008 und 2012 angestiegen und im Vergleich zu Deutschland immer noch relativ hoch sind, ist auch unter Timing-Gesichtspunkten der Investmentmarkt in den Niederlanden attraktiv.
Insgesamt hat sich im ersten Quartal 2015 das FERI-Prognoserating des niederländischen Immobilienmarkts von C auf B verbessert. Regional verläuft die Entwicklung der Immobilienmärkte allerdings sehr unterschiedlich. Die Boom-Region Nummer eins bleibt auch künftig, bedingt durch die anhaltenden Urbanisierungstrends, die Region Randstad mit den Städten Amsterdam, Utrecht, Den Haag und Rotterdam. Die Städte mit der größten Dynamik bezogen auf die demografische Entwicklung sind Amsterdam mit dem FERI-Rating A (Vorjahr: B), gefolgt von Utrecht und Den Haag mit den FERI-Ratings B+ (Vorjahr: C). Rotterdam fällt demografisch etwas zurück, übertrifft aber auch mit dem FERI-Rating B (Vorjahr: C) noch deutlich den Landesdurchschnitt.
„Das Interesse internationaler und vor allem deutscher Investoren an Engagements im niederländischen Wohnimmobilienmarkt ist bereits stark gestiegen“, erklärt Manfred Binsfeld, Leiter Immobilienmarktresearch der FERI EuroRating Services AG. „Der niederländische Häusermarkt schafft die Trendwende. Zum ersten Mal seit 2008 sind im letzten Jahr die Preise für Wohneigentum wieder gestiegen. In den Jahren 2013 und 2014 fand auch ein außergewöhnlich starker Anstieg der Mieten statt“, so Binsfeld.
Der Grund: Die Politik strebe eine Reform des stark regulierten Vermietungsmarktes und eine Wiederbelebung des kleinen freien Vermietungsmarktes an. Das Wohnungsangebot und die Funktionsfähigkeit des niederländischen Wohnungsmarktes sollten sich dadurch deutlich verbessern. „Rund 90 Prozent aller vermieteten Wohnungen in Holland sind staatlich reguliert. Die jetzigen Reformen sollen Fehlbelegungen beseitigen, also Haushalte mit inzwischen zu hohem Einkommen motivieren, in den freien Mietwohnungsmarkt zu wechseln. Zu diesem Zweck wurde unter anderem die Mietpreisbindung im sozialen Wohnungsbau an die Knappheitsverhältnisse und die Einkommensverteilung angepasst. Gestaffelt nach Einkommensgruppen sind jetzt großzügige Mietpreiserhöhungen über der Inflationsrate erlaubt“, so Binsfeld. Die Verabschiedung dieses ambitionierten Maßnahmenpaketes zur Reform des niederländischen Wohnungsmarktes habe die Entscheidungssicherheit der Marktakteure erhöht.
Einen weiteren Grund für die positiven Aussichten auf dem niederländischen Wohnungsmarkt sieht Binsfeld darin, dass die Konjunktur seit letztem Jahr wieder anzieht. Nach einer längeren rezessiven Phase drehte sie 2014 wieder mit 0,8 Prozent ins Plus. Am Arbeitsmarkt finde die Wende erst in diesem Jahr statt. Zum ersten Mal seit 2008 wachse 2015 die Beschäftigung. Auch beim Konsumklima sei die Trendwende erkennbar. „Diese konjunkturelle Wende bildet das zweite Standbein des vor allem in der Region Randstad zu beobachtenden Booms auf dem holländischen Wohnimmobilienmarkt“, resümiert Binsfeld.
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US-Trauma Autoindustrie
Von Dr. Oliver Everling | 29.April 2015
Die Rettungsaktionen für die US-Autoindustrie, die 80 Milliarden Dollar kosteten und Massenentlassungen mit sich brachten, haben die USA traumatisiert. Jetzt, wo die amerikanische Wirtschaft wieder anzieht und 2015 um 2,9 Prozent wachsen dürfte, gewinnen die Hersteller wieder an Boden. „Die Nachfrage wird wesentlich vom leichteren Zugang zu Krediten getragen“, stellt Coface fest. Der internationale Kreditversicherer fragt daher in einem neuen Panorama über die US-Autoindustrie: Ist der Aufschwung stabil?
Nach einem Einbruch auf dem Höhepunkt der Krise um 35 Prozent sind die Autoverkäufe in den USA 2014 wieder auf dem Niveau von 2007 angekommen. Dazu trug ganz sicher der gefallene Ölpreis bei. Die Erholung der Branche basiert aber auf anderen Hauptfaktoren. So profitieren die US-Haushalte in der aktuellen wirtschaftlichen Erholungsphase von niedrigen Kreditzinsen und sind eher bereit, neue Autos zu kaufen. Außerdem steigen die Löhne derzeit stärker als die Preise. Der zweite Faktor ist die positive Gesamtentwicklung der Wirtschaft, die Unternehmen ermutigt, wieder stärker im Inland zu produzieren. Mit Investitionen in die Automatisierung der Produktion verliert zudem der Kostenfaktor Arbeit an Bedeutung.
Aber der erleichterte Zugang zu Krediten hat eine Kehrseite. Die Banken gewähren wieder verstärkt Kredite im Subprime-Bereich, um die Renditen zu erhöhen. Kredite an so genannte „hoch riskante Haushalte“ führen aber schon jetzt zu deutlich mehr Zahlungsausfällen. Diese dürften 2015 noch weiter steigen. Sollte die Fed die Zinsen erhöhen, würde das den Druck auf verschuldete Haushalte erhöhen, besonders jene, die Kredite mit variablen Zinssätzen aufgenommen haben. Für die Autobranche hätte das zur Folge, dass betroffene Verbraucher auf den geplanten Autokauf verzichten.
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