Betriebsübergabe – Betriebsübernahme
Von Dr. Oliver Everling | 13.April 2014
Mit diesem Buch legt Unternehmensberater Albert Walter Huber das Handwerkszeug offen, mit dem in vier Phasen ein Betrieb den Besitzer wechseln und damit die Herausforderungen der Nachfolgeregelung bewältigen kann: „Betriebsübergabe-Betriebsübernahme: an/durch familienexterne Personen und Unternehmen. Ein Leitfaden für Klein- und Mittelunternehmen“.
Huber beschreibt ausführlich, was es in den von ihm identifizierten Phasen „Strategie“, „Planung“, „Durchführung“ und „Transformation“ bedarf, eine familienexterne Betriebsübergabe oder -übernahme von Klein- und Mittelunternehmen zu bewältigen. Mehr als 99 Prozent aller Unternehmen in Europa sind Klein- und Mittelbetriebe, der Großteil davon Familienunternehmen. Rund die Hälfte dieser Firmen wird an Personen und Unternehmen, die nicht zur Familie gehören, weitergegeben.
Mit dieser Situation setzt sich Albert Walter Huber in seinem Buch „Betriebsübergabe – Betriebsübernahme“ auseinander. Er will es als erstes Buch im deutschsprachigen Raum verstanden wissen, das sich intensiv mit der konkreten Vorgehensweise bei Übergaben und Übernahmen beschäftigt. Besonderes Augenmerk legt der Autor auf die genannten Phasen der Strategie, Planung, Durchführung und Transformation, auf das „to do“ der Transaktion.
Es ist einfach und leicht verständlich abgefasst und soll den Betriebsübergeber in der Praxis unterstützen, aber auch ein Wegweiser für Betriebsübernehmer und Studierende sein. Diese finden hier keine theoretischen Modellierungen, sondern Einblicke in den praktischen Ablauf aus betriebswirtschaftlicher Sicht. Die Einführung befasst sich mit dem Markt für Betriebsübergaben und -übernahmen in Deutschland, Österreich und der Schweiz.
Das Buch besteht nicht nur aus Checklisten oder pragmatischen Handlungsempfehlungen, sondern leitet auch zum Thema hin mit einer kurzen Bestandsaufnahme zur Statistik über kleine und mittlere Unternehmen. Die Beispiele aus der Unternehmenspraxis sind zwar frei erfunden, wie der Autor betont, aber doch realitätsnah genug, um dem Leser einerseits ein besseres Verständnis der komplexen Fachmaterie und andererseits eine kurzweilige Lektüre zu vermitteln.
Der Fokus des Buches liegt nicht etwa auf den Finanzierungs- und Ratingfragen aus Sicht einer Bank und auch nicht auf den juristischen und steuerrechtlichen Aspekten, sondern auf den Perspektiven von Übergeber und Übernehmer. So wird auf die Frage der Implikationen verschiedener Gestaltungsoptionen einer Unternehmenstransaktion für das Unternehmensrating nicht im Detail anhand verschiedener Ratingmodelle eingegangen.
„Die Frage, ob der Betrieb inklusive oder exklusive Schulden verkauft werden soll, stiftet stets die größe Verwirrung. Ein Unternehmen mit Schulden ist weniger wert als ein Unternehmen ohne Schulden,“ schreibt Huber und folgert, „daher sind die Schulden von einem Bruttounternehmenswert immer in Abzug zu bringen, wenn das Unternehmen inklusive Schulden gekauft werden soll. Im Gegensatz dazu muss ein Übernehmer jedoch mehr bezahlen, wenn die Schulden beim Übergeber verbleiben, weil dieser sie ja auch begleichen muss“.
Für geschäftsführende Gesellschafter kleiner oder mittlerer Unternehmen gibt das Buch einen guten Einblick in das, was bei Übergabe oder Übernahme ihres Unternehmens bevorsteht. Nach der Lektüre des Buches dürfte dem Leser jedoch auch klar sein, dass eine professionell durchgeführte Unternehmenstransaktion kaum ohne externe Hilfe, Berater zu betriebswirtschaftlichen und rechtlichen Fragen, möglich ist. Das Buch dürfte daher dabei helfen zu erkennen, welche Berater die richtigen Fragen aufwerfen und zu beantworten wissen. Immerhin geht es in vielen Fällen um die Übergabe des Lebenswerkes eines Unternehmers und für den Käufer um die Übernahme eines Unternehmens zur Schaffung, zum Ausbau oder zur Sicherung seiner wirtschaftlich unabhängigen Existenz.
Der Autor des Buches aus dem Linde Verlag, Albert Walter Huber, ist Unternehmensberater mit Schwerpunkt externe Betriebsübergabe und -übernahme, Bundessprecher Stellvertreter der Experts Group Übergabe-Consultants des Fachverbandes Unternehmensberatung und Informationstechnologie der Wirtschaftskammer Österreich sowie Lektor an der IMC Fachhochschule Krems und an der FH Campus Wien.
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Mit Big Data Analytics zur nächsten Generation von Ratings
Von Dr. Oliver Everling | 13.April 2014
„Big Data Analytics“ revolutionieren die Geschäftswelt und verschaffen denjenigen entscheidende Vorsprünge, die mit Hilfe dieser neuen Methoden Kundenbedürfnisse und Trends schneller als andere zu erkennen wissen. Big Data bedeutet daher nicht nur die Bewältigung wachsender Datenberge. Mit den neuen Werkzeugen der Big Data Analytics können Unternehmen auch Wert schaffen: Indem sie eigene und fremde Daten miteinander in Beziehung setzen, spüren sie verborgene Muster im Verhalten ihrer Kunden sowie Risikofaktoren auf und verbessern ihre Entscheidungen. Damit verschaffen sie sich Wettbewerbsvorteile.
Der „Managementkompass Big Data Analytics“ von F.A.Z.-Institut und Steria Mummert Consulting zeigt mit Best Practices u.a. von OTTO und dm-drogerie, wie Unternehmen von den neuen Datenanalysewerkzeugen profitieren. Während wohl schon jeder Internet-Nutzer die Wirkungen von Big Data Analytics beim Online Shopping festgestellt haben dürfte, ist die Macht der neuen Werkzeuge mit Blick auf Bonitätsbeurteilungen und Kreditwürdigkeitsprüfungen weniger augenfällig, aber nicht minder wichtig.
„Aus Tagen werden Minuten“, heißt es zum Beispiel im Beitrag von Dr. Jens-Werner Hinrichs, Principal Risk, Finance & Compliance, sowie Bejamin Rische, Consultant Risk, Finance & Compliance, beide bei Steria Mummert Consulting. Banken waren immer schon Opfer und Werkzeug wirtschaftskrimineller Handlungen. Mit Big Data Analytics kann vielen dieser Machenschaften ein Ende gesetzt, aber auch Raum gegeben werden.
Big Data liefert spezifische Informationen mit geschäftlicher Relevanz. So lässt sich analysieren, welche Kunden zu welchem Zeitpunkt mit welchem Produkten angesprochen werden sollten. Wenn bestimmte Daten miteinander in Beziehung gesetzt werden, lassen sich auch genauere Aussagen über die Kreditwürdigkeit von Personen oder Unternehmen machen. Betrugsversuche in der Versicherung sind an bestimmten Datenmustern zu erkennen etc. Bei Big-Data-Anwendungen wird die Verarbeitung von Datensätzen auf Computercluster verteilt. Dies ermöglicht eine effiziente Analyse auch sehr großer Datenmengen. Eine Konsequenz: Datenspezialisten müssen für Analysen keine Stichproben ziehen, sondern können mit dem Gesamtdatenbestand arbeiten. Dadurch werden Prognosen zuverlässiger.
Scoring und Ratingmodelle gründeten sich in der Vergangenheit auf einem begrenzten Set von Daten. Der Auswahl der Kriterien und Maßstäbe wurden erheblichen Ressourcen geopfert, um mit möglichst wenigen Daten über den Schuldner ein Urteil treffen zu können. Das Gossensche Gesetz des abnehmenden Grenzertrags kommt auch in Ratingmodellen in Bezug auf die Diskriminanzkraft jedes zusätzlichen Beurteilungskriteriums zum Tragen. Big Data Analytics schaffen jetzt aber neue Möglichkeiten.
Der Managementkompass zeigt anhand einer repräsentativen Bevölkerungsbefragung auch, welches Interesse Kunden an Angeboten haben, die auf Basis von Big Data erstellt oder optimiert werden. Dazu wurden Anwendungsfälle aus vier Feldern abgefragt: effiziente Prozesse, Massenindividualisierung, Marktanalyse und intelligente, selbststeuernde Produkte. Ein Ergebnis: Trotz verbreiteter Datenskepsis ist immerhin jeder zweite Verbraucher bereit, private Vorlieben und Aktivitäten preiszugeben, damit Unternehmen ihm maßgeschneiderte Leistungen anbieten können. Dafür akzeptiert jeder Zweite zumindest teilweise die Auswertung der eigenen Social-Media-Daten.
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Zertifikat für die besten Kreditmediatoren
Von Dr. Oliver Everling | 11.April 2014
Nach mehr als zwei Jahren Vorarbeit hinter den Kulissen kann jetzt die Zertifizierung zum international anerkannten Kreditmediator anlaufen. Wie das Deutsche Institut für Kreditmediation (IKME) in Kronberg mitteilte, ist die Zulassung zum „Certified Credit Mediator“ in Deutschland jetzt erfolgt. In dem Feld Tätige können sich ab sofort um eine Zertifizierung bewerben.
Das Zertifizierungsverfahren zum „Certified Credit Mediator“ ist das Ergebnis einer Zusammenarbeit zwischen dem Deutschen Institut für Kreditmediation und dem österreichischen Zertifizierungsinstitut incite. Es stellt ein Gütesiegel gemäß den höchsten europäischen Beratungsstandard (Richtlinie 2008/52/EG) dar.
Das gemeinsam erarbeitete Verfahren ist zweistufig. Im ersten Schritt ist eine mehrteilige Bewerbung abzugeben, die Auskunft gibt über die Motivation, den Lebenslauf und die Kompetenzbeweise des Bewerbers oder der Bewerberin. Im zweiten Schritt werden die Bewerber zu einer Anhörung eingeladen, wo sie vor einer Expertenkommission eine Fallstudie bearbeiten müssen.
„Die Kreditmediation hat sowohl für die Banken wie auch für die Kreditnehmer eine so hohe Bedeutung, dass nur die Besten des Faches diesen Job machen sollten“, sagt Rainer Langen, Leiter des Deutschen Instituts für Kreditmediation (IKME), Rainer Langen, Für Ihn ist die Zertifizierung ein längst überfälliger Schritt: „Das Gütesiegel stärkt Image und Arbeit des Kreditmediators deutlich.“
Bewerben können sich nur Personen um das Zertifikat, Institutionen oder Firmen ist der Zugang verwehrt. Dazu Langen: „Bei der Kreditmediation ist das Know-how des Einzelnen gefragt, nicht das einer ganzen Kanzlei.“ Vorerst wird es die Zertifizierung nur in Deutschland geben. In Österreich arbeite man aber an ähnlichen Themenstellungen, so Langen. Weitere Informationen gibt es beim Deutschen Institut für Kreditmediation unterwww.ikme.de.
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Chinesen operieren am offenen Herzen
Von Dr. Oliver Everling | 8.April 2014
„Die Reform der chinesischen Wirtschaft gleicht einer Operation am offenen Herzen: Kurzfristig ist der Patient geschwächt, langfristig ist er stärker als zuvor oder tot“, warnt Axel Angermann von der FERI EuroRating Services AG auf der 27. FERI Frühstjahrstagung in Frankfurt am Main.
Der Abbau der (zu) hohen Verschuldung bewirkt ähnlich wie in den Industrieländern zuvor kurzfristig Wachstumsverluste und ist nach der Analyse der Experten aus Bad Homburg mit dem Risiko eines stärkeren Einbruchs der Wirtschaft verbunden. „Prinzipiell verfügt die Regierung aber über die Möglichkeiten,“ beobachtet Angermann, „ein Wachstum von 7 % p.a. zu sichern, notfalls durch neue Konjunkturprogramme und ein langsameres Reformtempo.“
Mittelfristig würden sich aus der Liberalisierung des Finanzsektors neue Impulse insbesondere für ein stärkeres Gewinnwachstum der Unternehmen ergeben. „Ob die Reformen gelingen und wann sie greifen, lässt sich derzeit aber nicht nicht verlässlich abschätzen“, warnt Angermann.
Chinesische Aktien dürften sich – so Angermann – vorläufig weiter schlechter als der Gesamtmarkt entwickeln. „Die Liberalisierung des Finanzsektors könnte dem Aktienmarkt positive Impulse geben, ein (Wieder-) Einstieg erscheine aber noch als zu früh.
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Schuldenkrise wieder im Vordergrund
Von Dr. Oliver Everling | 8.April 2014
„Die anhaltend schwache Wachstumsdynamik des Euroraums rückt die Schuldenkrise wieder in den Vordergrund“, warnt Axel Angermann von der FERI EuroRating Services AG auf der 27. FERI Frühjahrstagung. „Die südeuropäischen Krisenländer weisen im Ergebnis verbesserter Wettbewerbsfähigkeit und des Nachlassens der negativen Wirkungen der Austeritätspolitik ein positives Wachstum auf, das aber durch die anhaltend hohe Arbeitslosigkeit, die ungünstigen Kreditbedingungen für Unternehme und zum Teil anhaltende Strukturprobleme gedämpft bleibt.“ Deflatorische Tendenzen würden zudem das weitere Erholungspotential begrenzen.
Angermann bemängelt, dass nach der Rezession, die die Südländer seit der Finanz- und Wirtschaftskrise erlebt hätten, das Wachstum eigentlich noch stärker hätte sein müssen. „In großen Ländern wie Frankreich und Italien ist bilanz keine Verbesserung der Wettbewerbsposition der Unternehmen festzustellen, was ein anhaltend begrenztes Wachstumspotenzial zur Folge hat.“
Das Wachstum reiche für ein substantiell Verbesserung der Verschuldungsposition der Staaten nicht aus. Es werde damit wahrscheinlich, dass im Jahr 2015 die Märkte die Bereitschaft der Europäischen Zentralbank zum (unlimitierten) Kauf von Staatsanleihen und zur Verteidigung des Euro testen werden. „Daraus ergeben sich neue Belastungen für die realwirtschaftlich Erholung“, folgert Angermann.
Das Potenzial für Euroland-Aktien sei angesichts einer hohen Bewertung und des fehlenden Wachstumsmoments begrenzt.
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Bankmanagement im Rating
Von Dr. Oliver Everling | 6.April 2014
„Neben finanziellen Kennzahlen ist im Rating von Banken auch das Management zu beurteilen, wie auch weitere nicht-finanzielle Kriterien zu berücksichtigen sind“, sagt Morris Helal der seit 1984 im Bankenrating tätigen Ratingagentur Capital Intelligence. „Eine Reihe von Studien belegen, dass für eine Reihe von Schieflagen von Banken ein schwaches Management verantwortlich waren“, sagt der Bankenanalyst Helal.
Technik, Kosmetik, Verzweiflung, Betrug – mit diesen Schlagworten lasse sich die Abfolge von Missmanagement charakterisieren. Zunächst werde versucht, technisch das Bankgeschäft zu verändern, um Schwierigkeiten zu umgehen. Reiche das nicht, werde zum Instrumentarium der Bilanzkosmentik und der Schönung von Ergebnissen gegriffen. In der Phase der Verzweiflung werde nach jedem noch legalen Mittel gegriffen, um die Solvenz der Bank zu sichern, bis schließlich nur noch illegale Methoden gesehen würden, mit denen die Bank über Wasser gehalten werden könne.
Ratinganalysten würden daher die Organisation und Verwaltung der Bank genau untersuchen, die Mechanismen der Überwachung hinterfragen und die Computerisierung der Bank nachvollziehen. Von besondere Bedeutung sei die Qualität der Buchhaltung und die Praxis der Bewertung. Das Testat der Wirtschaftsprüfer werde nicht blindlings übernommen, sondern es werden auch die Wirtschaftsprüfer eingeschätzt, die das Testat erteilt haben.
Die Managementbeurteilung erfolge im Kontext der Bankenaufsicht des Landes, der Bankenregulierung und des Rechtssystems, in dem die Bank tätig sei. Capital Intelligence lege wert darauf, dass die Zentralbank auch vor Ort Untersuchungen der Bonität von Kreditnehmern der Bank durchführe, denn aus den Büchern alleine ließen sich Fehlbeurteilungen oft nicht ermitteln. In diesem Zusammenhang komme es auch darauf an, ob die zu beurteilende Bank Teil einer größeren Bankengruppe sei, für die ein ebenso stringentes oder bessere Aufsichtsregime gelte.
Helal warnt vor staatlichen Eingriffen, mit denen der Versuch unternommen werde, bestimmte Branchen oder Regionen eines Landes durch politischen Druck zu fördern, ohne dass die wirtschaftlichen Bedingungen für ein solides Kreditgeschäft gegeben seien. Helal spricht sich dafür aus, stets das gesamte Bild aus Rechtssystem, Aufsicht, Rechnungslegungsgrundsätzen und Rechtsdurchsetzung zu betrachten. Für diese qualitativen Aspekte werden zum Teil Scorekarten eingesetzt, um die Beurteilung zu objektivieren.
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Krankenhäuser in akuter Gefahr
Von Dr. Oliver Everling | 4.April 2014
Mit dem Ziel, die finanzielle Leistungsfähigkeit des europäischen Krankenhausmarkts zu beurteilen, hat Accenture in Zusammenarbeit mit dem RWI mehr als 1.500 Jahresabschlüsse des Jahres 2011 von Krankenhäusern in neun europäischen Ländern untersucht, die rund 30 Prozent des Krankenhausmarkts der untersuchten Länder abdecken: Belgien, Deutschland, Frankreich, Italien, Norwegen, Österreich, Portugal, Spanien und die Schweiz.
Die wichtigsten Ergebnisse lassen auf Handlungsbedarf schließen: „Fast die Hälfte (46 Prozent) der europäischen Krankenhäuser ist in einer wirtschaftlichen Schieflage“, so das Urteil von Accenture. „Fast jedes fünfte europäische Krankenhaus hat ein stark erhöhtes Insolvenzrisiko.“
Deutschland und die Schweiz gehören mit bis zu 80 Prozent gesunden Krankenhäusern zu den Klassenbesten. Die Kluft zwischen finanziell erfolgreichen und finanziell schlecht aufgestellten Kliniken wächst rasant. Die Profitabilität der wirtschaftlich erfolgreichsten Kliniken hat sich nach Angaben von Accenture zwischen 2008 und 2011 kontinuierlich verbessert und die der Unwirtschaftlichsten kontinuierlich verschlechtert.
Eine Zusammenfassung der Studie findet sich unter Accenture European Hospital Rating Report.
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Nachhaltige Finanzentscheidungen durch realistische Risikowahrnehmung
Von Dr. Oliver Everling | 4.April 2014
Risiko spielt bei Finanzentscheidungen eine wichtige Rolle. Die meisten Menschen scheuen das Risiko und versuchen es so gut wie möglich auszuschalten. „Geht das überhaupt? Es lohnt sich einmal, den Begriff genauer unter die Lupe zu nehmen“, sagt die Finanzpsychologin Monika Müller von FCM Finanz Coaching aus Wiesbaden. „Risiko ist ein Wort, das wir einfach so täglich in der Umgangssprache gebrauchen. Aber es stellt sich als schillerndes Chamäleon dar. Wenn Menschen zusammen eine Entscheidung treffen, haben sie nicht nur eine unterschiedliche Risikobereitschaft, sondern meist auch ganz unterschiedliche Definitionen von Risiko.“ Für die einen sei Risiko einfach Schicksal. Es trete ein und man könne nichts dagegen machen. „Ergo man bleibt passiv. Für andere ist es ein Wagnis,“ so Müller, „das man eingeht. Man kann versuchen es zu begrenzen, zu managen, zu umschiffen. Wer so handelt wird aktiv, nimmt das Ruder in die Hand.“
Gibt es das richtige Verhalten beim Risiko? „Menschen haben ihre blinden Flecken. Die Kunst ist es zu erkennen,“ skizziert Müller, „wann es sich lohnt, passiv zu sein und wann es notwendig ist, eine Entscheidung aktiv zu treffen um den nötigen Einfluss zu nehmen. Wenn es gelingt, bewusst mit Risiko umzugehen, kann man herausfinden, wann welches Verhalten passend ist.“
Auch die Zusammenhänge in denen Risiko betrachtet wird, sind sehr unterschiedlich. Für die einen gibt es Chancen/Risiken, die man unbedingt nutzen muss, für die anderen ist Risiko immer ein potentieller Schaden, den es in jedem Fall zu vermeiden, oder – wenn auch teuer – abzusichern gilt.
Was ist nun die „richtige“ Definition von Risiko? „Zunächst hilft es,“ so der Rat der Expertin aus Wiesbaden, „sich seiner eigenen Definition von Risiko sehr bewusst zu sein. Dann hat man schon gewonnen. Das bedeutet nämlich, man versteht, dass meine Definition ‚eine‘ mögliche Definition von vielen ist. Folglich gibt es auch Situationen, in denen ein anderer Risikobegriff als der meine sinnvoll ist. Fällt mir das nicht auf, werde ich das Risiko in dieser Situation mit der falschen Brille und damit unrealistisch wahrnehmen.“
Oft bestimme aber der Kontext, zeigt Müller auf, welche Definition sinnvoll ist. Bei der Entscheidung über den Abschluss einer Versicherung ist das Risiko der eintretende Schaden, den man finanziell absichert. „Also wird etwas,“ folgert Müller, „was da ist – zum Beispiel ein Auto – durch eine Vollkasko abgesichert. Tritt der Schaden ein, gelingt es in aller Regel, den Schaden auszugleichen. Im Falle der Altersvorsorge oder der Geldanlage ist ein zweiseitiger Begriff von Risiko hilfreicher: Welchen Verlust bin ich bereit vorübergehend auszuhalten? Dann kann ich mir die Chance auf Gewinn aufrechterhalten. Den Gewinn wiederum braucht es, um die Geldentwertung durch Inflation auszugleichen. Im besten Fall, erhalte ich dann noch einen darüber liegenden Betrag und kann die Kaufkraft meines Vermögens ausbauen.“
Der Umgang mit Risiko ist für die meisten Menschen deshalb besonders unangenehm, weil wir oft unbewusst mit einem „falschen“ Risikobegriff operieren. Die Folge zeigt Müller auf: „Das Ergebnis unserer Entscheidung trifft nicht unsere Erwartungen. Wir sind enttäuscht, verlieren das Vertrauen in unsere Entscheidungen und vermeiden im schlimmsten Fall ganz, wichtige Entscheidungen zu treffen.“
Warum schätzen wir das Risiko oft unrealistisch ein? „Wenn das Risiko eine Weile nicht eingetreten ist, schätzen wir Risiko oft unrealistisch ein. Staatsanleihen von Staaten, die lange Jahre gute Bonität hatten, werden in ihrem Risiko unterschätzt. Das Risiko von Aktien wird in Zeiten von Crashs sehr intensiv wahrgenommen. Laufen die Börsen eine lange Zeit nach oben, nimmt die Wahrnehmung des Risikos ab. Dann kaufen auch Menschen, die eigentlich noch immer eine geringe Risikobereitschaft haben, auch deshalb Aktien,“ berichtet Müller aus ihrer Beratungspraxis, „weil sie das Risiko nicht mehr sehen.“
Wahrnehmungstäuschungen sind menschlich, so Müller: „Doch um nachhaltig gute Finanzentscheidungen zu treffen, lohnt es sich, diesen Herausforderungen bewusst und mit Achtsamkeit zu begegnen. Wer sich regelmäßig im Kreis von Freunden oder Familie, über finanzielle Fragen austauscht, dem gelingt die Einschätzung auf Dauer immer besser.“
Monika Müller von FCM Finanz Coaching ist Referentin der Theodor-Heuss-Akademie auf dem kommenden Seminar “Nachhaltigkeitsrating”. Dazu lädt die Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit ein. Die Veranstaltung findet vom 09. – 11. Mai 2014 in der Theodor-Heuss-Akademie in Gummersbach statt. Das Detailprogramm findet sich auf der Homepage der Stiftung unter folgendem Link: https://shop.freiheit.org/#!/events/id/qefmv Anmeldungen direkt an Frau Bärbel Beer, baerbel.beer@freiheit.org.
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Coface: 10 Schwellenländer in den Fußstapfen der BRICS
Von Dr. Oliver Everling | 2.April 2014
Während sich das Wachstum in den BRICS-Staaten verlangsamt, beschleunigen andere Länder ihre wirtschaftliche Entwicklung. Darunter sieht Coface zehn Länder, die gute Aussichten haben, ihre Produktion zu steigern, und zudem über die finanziellen Mittel dafür verfügen. Kolumbien, Indonesien, Peru, Philippinen und Sri Lanka sieht Coface dabei aufgrund des besseren Geschäftsumfelds einen Schritt weiter als Kenia, Tansania, Sambia, Bangladesch und Äthiopien.
Um Länder zu identifizieren, die den BRICS in der Entwicklung folgen könnten, schaut Coface besonders auf Volkswirtschaften mit starkem und beschleunigtem Wachstum, deren Wirtschaft zudem diversifiziert und robust genug ist, um Wachstumsdellen auszuhalten. Außerdem brauchen sie ausreichend Kapital, um das Wachstum zu finanzieren. So müssen sie Mindestreserven haben, um nicht von Auslandskapital abhängig zu sein, und dürfen nicht Gefahr laufen, Kreditblasen zu produzieren.
Coface hat zehn “neue aufstrebende“ Länder identifiziert, die diese Kriterien erfüllen. Diese Länder unterscheiden sich in ihrem jeweiligen Geschäftsumfeld. Ist es schwach, kann es Wachstum ersticken. Deshalb definiert Coface zwei Gruppen von „neuen aufstrebenden“ Ländern. Kolumbien, Indonesien, Peru, Philippinen und Sri Lanka haben ein vernünftiges Geschäftsumfeld (Coface-Bewertung A4 oder B), das in der aktuellen Bewertung dem der BRICS vergleichbar ist. Kenia, Tansania, Sambia, Bangladesch und Äthiopien haben ein sehr (C) oder extrem problematisches (D) Geschäftsumfeld, das die Entwicklung erschweren könnte.
“Natürlich wird es für die zweite Gruppe schwieriger, sie dürfte länger brauchen, um ihr Wachstumspotenzial voll zu entfalten. Allerdings sind ihre Probleme mit dem Geschäftsumfeld relativ zu sehen: 2001 war die Governance in Brasilien, China, Indien und Russland mit der heutigen in Kenia, Tansania, Sambia, Bangladesch und Äthiopien vergleichbar“, sagt Julien Marcilly, Leiter Country Risk bei Coface.
Zweifellos gibt es einige Schwächen im Vergleich zu den BRIC-Ländern in den 2000er Jahren. Zum einen repräsentieren die zehn Länder derzeit nur elf Prozent der Weltbevölkerung, während die BRIC 2001 zusammen 43 Prozent ausmachten. Zum anderen erreicht ihr BIP nur 70 Prozent von dem der BRIC-Staaten im Jahr 2001. Schließlich erwirtschafteten die BRIC im Durchschnitt zusammen genommen einen Leistungsbilanzüberschuss, während die „neuen aufstrebenden“ Länder ein Defizit von rund sechs Prozent des BIP verbuchen. “Weil die Industrieländer heute weniger wachsen, können die neuen aufstrebenden Länder nicht so vom Export dorthin profitieren wie die BRIC-Länder in den 2000er Jahren. Ihr Wachstum wird mehr vom Binnenmarkt abhängen sowie vom Export in andere Schwellenländer“, erklärt Julien Marcilly. Trotz nicht so günstiger Rahmenbedingungen haben die “neuen aufstrebenden” Länder auch Vorteile gegenüber den BRIC-Staaten im Jahr 2001. Ihre Inflationsraten sind rund 2,8 Prozent niedriger als damals die der BRIC. Und die Staatsverschuldung liegt bei rund 40 Prozent des BIP im Vergleich zu 54 Prozent der BRIC-Länder vor 13 Jahren.
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Mit ARTY zum Ende der „Party“ bei Hochzinsanleihen
Von Dr. Oliver Everling | 31.März 2014
“In den letzten Monaten waren Hochzinsanleihen das letzte Segment in Europa, wo Asset Manager am Bondmarkt noch Performance einkaufen konnten. Damit dürfte es in 2014 vorbei sein”, sagt Olivier de Berranger, Fondsmanager bei Financière de l’Echiquier. Nach seiner Meinung könnte die “Party am Markt für Hochzinsanleihen”, wie er es formuliert, in den kommenden Monaten zu Ende gehen.
Die meisten Investoren seien sich der Risiken noch gar nicht bewusst. “Die Gretchen-Frage aber muss lauten: Wann”, fragt de Berranger, “ist der richtige Zeitpunkt zum Ausstieg? Anleger in diesem Segment, Rentenfondsmanager und Manager von gemischten Portfolien stellt dies vor Herausforderungen in diesem Jahr.”
Olivier de Berranger gibt eine ausführliche Einschätzung zum europäischen High Yield-Markt, worauf Investoren achten sollten und wie ein gemischtes Portfolio ausgerichtet sein sollte, um im Jahr 2014 attraktive Performance zu erwirtschaften. Er verwaltet seit fast 6 Jahren erfolgreich den ausgewogenen defensiven Mischfonds ARTY (ISIN: FR0010611293, 5-Jahres-Performance +9,23% p.a.), einem diversifizierter Investmentfonds (FCP) nach französischem Recht, der ausschließlich in europäische Aktien und Unternehmensanleihen investiert.
Zur Jahreswende 2014 zählte das Team der Kapitalanlagegesellschaft 95 Mitarbeiter, davon 28 Fondsmanager und Analysten, die sich um ein verwaltetes Anlagevermögen von 7,4 Mrd. € mit 14 OGAW kümmern. Die unabhängige französische Fondsgesellschaft Financière de l’Echiquier wurde 1991 von Didier Le Menestrel und Christian Gueugnier gegründet. In Paris ansässig, ist die Fondsboutique erfolgreich auf Stock Picking spezialisiert.
Die Fondsmanager und Analysten verwalten etwa zur Hälfte Vermögen von institutionellen Investoren, gut ein Zehntel kommt von privaten Anlegern und gut 40 % wird über Vertriebspartner hereingeholt. In Deutschland vertreibt die Gesellschaft aktuell vier Aktienfonds und zwei Mischfonds.
Über den ARTY liefert die Ratingagentur Morningstar weitere Daten. Demnach liegt das Volumen des Fonds ARTY bald bei einer halben Milliarde Euro. Es gibt 4 Morningstar-Sterne gesamt, über 5 Jahre liegt die Bewertung bei 5 Sternen, bei Citywire befindet sich der Fonds im ersten Quartil der defensiven Mischfonds über 5 Jahre; die Standardabweichung beträgt 6,89% und eine Sharpe Ration über 3 Jahre bei 0,60.
Der Erfolg eines Fonds gründet sich oft in einem stringenten Investmentprozess. Bei Financière de l’Echiquier beginnt dieser in der ständigen Beobachtung von rund 2200 Unternehmen in 43 Ländern, wobei ein Beobachtungszeitraum von durchschnittlich 12 Jahren berücksichtigt wird. Durch direkten Kontakt mit den Unternehmensleitungen – mehr als 1100 Treffen pro Jahr – werden Erkenntnisse nicht nur aus Hauptversammlungen, Analystenkonferenzen der Société Française des Analystes Financiers (SFAF) und “One to one”-Treffen verwertet, sondern auch aus Firmenbesuchen vor Ort.
Auf dieser Basis erfolgt die Integration qualitativer Informationen und Bonitätseinstufungen in sechs Noten: Managementqualität, Finanzstruktur, Transparenz bei den Ergebnissen, Wachstum des Sektors, spekulativer Aspekt (“earning surprise”) und Sozial- sowie Umweltverantwortung. Nach Festlegung eines Kauf- bzw. Verkaufskurses werden rund 50 Werte je Portefeuille aufgenommen. Die Ziele werden mit Hilfe der DCF Methode quantitativen und qualitativen Kriterien festgelegt.
Hochverzinsliche Anleihen werden unter dem Aspekt der Bonität, nicht der Duration gemanagt, erläutert de Berranger. “Ich bin überzeugt, dass die EZB für eine lange Zeit, 12 Monate mindestens, bei ihrer Politik bleibt.” Er präferiert kurze Durationen. “Zwei Sektoren, weniger als 2 Jahre oder mehr als 7 Jahren, sind nicht so interessant, da wir hier nicht für die Risiken belohnt werden.” De Berranger redet daher einer differenzierteren Betrachtung das Wort.
Zurzeit seien die Insolvenzraten sehr gering. Außerdem seien kaum fremdfinanzierte Akquisitionen zu beobachten. Zurzeit gebe es nur Refinanzierungen, aber keine Unternehmen, die ihre Verschuldungsgrade hochfahren würden. In manchen Fällen würden Bankkredite abgelöst. B+ bis BB geratete Unternehmensanleihen seien interessant, de Berranger warnt jedoch vor CCC oder schlechter. Unternehmensanleihen seien insbesondere im Vergleich zu Staatsanleihen attraktiv.
Deutsche Mittelstandsanleihen kommen in sein Portfolio erst ab einer bestimmten Größenordnung. “Es ist schwierig, sehr kleine Anleihen aufzunehmen, da diese nicht liquide genug sind.” Anleihen von kleinen Unternehmen gelangen daher gewöhnlich nicht in den Fonds.
De Berranger erinnert sich an seine Zeit bei einer Bank, als die Analyse von Aktien und Kreditrisiken völlig getrennte Aufgaben waren. Heute habe man eine große Anzahl von Erstemissionen im Anleihemarkt, da die Unternehmen ihre Refinanzierungsbasis zu diversifizieren suchen. “Wir verfolgen diese Unternehmen aufgrund der Aktienanalyse zum Teil schon seit vielen Jahren, das kommt uns zugute. So kennen wir die Emittenten schon, wenn sie mit ihren Anleihen an den Markt kommen.”
Mit Blick auf die mehr als zwanzig Ratingagenturen in Europa, die durch die europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde ESMA registriert wurden, hält sich de Berranger weiterhin an die großen Agenturen wie Standard & Poor’s, Moody’s Investors Service und Fitch Ratings. “Aber die sind nicht unsere einzige Informationsquelle.”
In manchen Fällen kann sowohl die Aktie oder die Anleihe eines Unternehmens gekauft werden. So habe er zum Beispiel aktuell die Anleihe von Continental AG verkauft, obwohl die Gesellschaft gute Perspektiven zeige. Für ihn habe die Rendite im Vergleich zur Laufzeit einfach nicht mehr gestimmt.
De Berranger gibt eine klare Regel vor, nach der der richtige Zeitpunkt für den Ausstieg aus dem Markt für hochverzinsliche Anleihen gefunden werden kann. Sobald in Europa wieder verstärkt Unternehmensübernahmen bzw. größere Akquisitionen und Fusionen zu beobachten sei, müsse man sich von den Papieren wieder trennen. De Berranger sieht ein Signal dafür insbesondere dann als gegeben, wenn fremdfinanzierte Unternehmenskäufe, Leveraged Buyouts, überhand nehmen, damit den Markt für hochverzinsliche Anleihen mit weiterem Material fluten und die Zinsen nach oben bringen würden.
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