Vertrauen gewinnen durch Risikoprofiling

Von Dr. Oliver Everling | 31.Januar 2010

Spätestens seit dem Zusammenbruch von Lehman Brothers im September 2008 dominiert der Begriff Risiko die tägliche Praxis der Anlageberatung. „Aber von was ist da wirklich die Rede? Selbst unter Fachleuten herrscht keineswegs Einigkeit,“ schreibt Andreas Schmitz, Sprecher des Vorstands der HSBC Trinkaus & Burkhardt AG, „was Risiko ist, geschweige denn, wie es zutreffend gemessen wird. Wie viel schwerer erst tun sich da nicht fachlich gebildete Anleger, ihre Risikobereitschaft zu beschreiben. Doch genau das ist es, was jeder Anlageberater verlangt – verlangen muss, schon zur Einhaltung gesetzlicher Vorgaben.“

Da sich Risikobereitschaft, anders als Risikotragfähigkeit, nicht auf Basis von Zahlen und Daten ermitteln lässt, liegt ein interdisziplinärer Ansatz nahe, argumentiert Schmitz in seinem Geleitwort für das Buch „Risikoprofiling von Anlegern“. Denn wenn es um Emotionen gehe, um Wünsche und um Selbsteinschätzungen, stoße klassisches Finanz-Know-how recht bald an harte Grenzen. „Ohne Einbeziehung der Psychologie wird es also nicht gehen. Doch während die Ökonomie immer schon anerkannt hat, dass Wirtschaft zu einem gehörigen Teil psychischen Einflüssen unterliegt, kam es nur punktuell zu entscheidungsrelevanten Kombinationen beider Disziplinen. Auch deshalb betritt das im vorliegenden Werk beschriebene Risikoprofiling von Anlegern weitgehend Neuland.“

Das Buch „Risikoprofiling von Anlegern“ ist, stellt Schmitz fest, bewusst als Sammelband konzipiert worden. Es gibt damit verschiedenen Betrachtungsweisen des Themas Risikoprofiling Raum und spiegelt die Vielfalt von Ansätzen wieder, mit denen die Praxis dem Thema gerecht zu werden versucht. „Mein Eindruck ist,“ so Schmitz, „dass wir von verbindlichen Standards für ein Risikoprofiling von Anlegern noch weit entfernt sind. Die Arbeit daran kann aber viel dazu beitragen, Vertrauen und Zufriedenheit der Kunden im Anlagegeschäft wieder zu gewinnen.“

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Risikoprofiling verbessert Anlegerschutz

Von Dr. Oliver Everling | 31.Januar 2010

In den letzten Jahren haben Anlegerskandale das Vertrauen der Anleger schwer erschüttert. „Ganz einfach: die Entwicklungen der letzten Jahre haben zu einer Überforderung geführt, die durch eine generell positive Aufwärtsentwicklung auf den Finanzmärkten zugedeckt wurde. Nur der kompetente, mündige Investor,“ unterstreicht Wilhelm Rasinger, “ dem auch die entsprechenden Hilfsmittel und Unterstützungen wie eben auch vertrauenswürdige Aussagen über das Risikoprofil von Anlagen zur Verfügung stehen, ist den Gefahren auf den Kapitalmärkten gewachsen.“

Risikoprofiling hält Rasinger für ein wichtiges Instrument der Prävention vor Verlusten und Enttäuschungen. „Es sind aber noch eine Vielzahl von Fragen zu lösen wie: Wer trägt die Kosten? Wer kommt als unabhängiger Beurteiler in Frage? Ist dies eine öffentliche Aufgabe oder ist diese besser privatwirtschaftlich organisiert? Wie werden mögliche Haftungsprobleme gelöst? Wie wird die Akzeptanz bei den Anbietern und Investoren erreicht?“

Für einschlägig ausgebildete Experten ergibt sich durch Risikoprofiling ein weites und spannendes Betätigungsfeld, zeigt Rasinger auf. „Diese Entwicklung ist im Interesse eines präventiven Anlegerschutzes.“ Dr. Wilhelm Rasinger vertritt den IVA – Interessenverband für Anleger / Austrian Shareholder Association (http://www.iva.or.at/).

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„Ampel“ für Altersvorsorge und Investment

Von Dr. Oliver Everling | 31.Januar 2010

Altersvorsorge und gewinnorientiertes Investment sind aus Verbrauchersicht zwei einander ausschließende Anlageziele, argumentiert Prof. Dr. Udo Reifner vom institut für finanzdienstleistungen (unter Mitarbeit von Johannes Prahl) in seinem Beitrag „Risikoprofiling in der Altersvorsorge aus Verbrauchersicht“ im Buch „Risikoprofiling von Anlegern“ (ISBN 978-3-86556-222-7). Diese Ziele können sich daher, im chemischen Sprachgebrauch ausgedrückt, nicht verbinden, aber durchaus vermischen, urteilt Reifner. Bereits die vorstehende Ausnahme, dass Altersvorsorgeprodukte bei der Rendite eine Investmentkomponente enthalten können, stellt ein Gemisch dar, weil die Rendite nur noch als Erwartung und nicht mehr als Sicherheit gewährt wird.

Solche Investmentbeimischungen zur privaten Altersvorsorge können erheblichen Umfang annehmen. So kann ein Teil des eingezahlten Kapitals der Altersvorsorge, ein weiterer Teil dem Investment dienen. Umgekehrt kann der Auszahlungszeitraum lebenslang als Altersvorsorge aber teilweise auch durch Einmalauszahlungen geschmälert als Investment ausgestaltet sein.

„Es kann aber auch sein,“ zeigen Reifner und Prahl auf, „dass der Verbraucher trotz einer Notwendigkeit privater Altersvorsorge allein ein Investment mit seinem Geld betreiben will und damit den Verlust in Kauf nimmt.“ Für diese Investmentkomponenten gilt dann aber das zur objektiven wie subjektiven Risikoinformation Gesagte in Gänze. „Hier besteht keine Vermutung zur Risikoarmut. Hier sind alle bezeichneten Fragestellungen des Risikoprofiling zu beachten, wobei allein der aktive Verbraucher die Möglichkeit hat, den Anbieter von der Bürde der risikoadäquaten Beratung teilweise zu entlasten.“

Damit ergeben sich für Reifner und Prahl in der privaten Altersvorsorge drei Gruppen von Produkten, die mit einer Altersvorsorgeampel gekennzeichnet werden könnten und jeweils die Grundlage für ein spezifisches Risikoprofiling bieten könnten: Grün: privates Altersvorsorgeprodukt, das (entsprechend den Zertifizierungskriterien) lebenslange Rente, Nominalwertgarantie, gestreckte Provision, echtes Sparen (keine Finanzierung), Transportierbarkeit und Pfändungsschutz verwirklicht. Gelb: Mischprodukt, in dem zumindest Teile des Produktes die Kriterien eines privaten Altersvorsorgeproduktes in einem Umfang gewährleisten, der echte Altersvorsorge garantiert. Rot: Investmentprodukt, das unzutreffend im Rahmen der Altersvorsorgeberatung genannt wird oder auf solche Bedürfnisse reagiert, jedoch über eine mögliche Nutzung im Alter diese Funktionen nicht garantiert.

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Ökonomie vs. Zivilrecht vs. Aufsichtsrecht

Von Dr. Oliver Everling | 31.Januar 2010

Die aus den Bereichen Ökonomie, Zivilrecht und Aufsichtsrecht in das konkrete Kunden- / Risikoprofiling grundsätzlich einbeziehbaren Aspekte, Argumente und Interdependenzen werden in verschiedenen Beiträgen des Buches „Risikoprofiling von Anlegern“ erörtert. Insbesondere kann auf die Beiträge von Mertens, Lucius, Müller und Davey/Resnik hingewiesen werden.

„Festzuhalten bleibt aus aufsichtsrechtlicher Sicht,“ fügt Ludger Michael Migge, Ass. Iur., LL.M., Referent im Bereich Wertpapieraufsicht / Asset-Management der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, Frankfurt am Main, in seinem Beitrag zum Buch hinzu, „dass Methodik, Systematik, Kriterien, Verfahren und Dokumentation der Institute zum einen den formalen gesetzlichen Vorgaben entsprechen müssen und zu anderen materiell geeignet sein müssen, das (kollektiv-orientierte) Normziel der Marktverhaltensaufsicht zu erreichen: Schutz der wirtschaftlichen Entschließungsfreiheit der Kunden und ihrer materiellen wirtschaftlichen Interessen.“

Angesichts der tatsächlichen und rechtlichen Komplexität des Kunden- und Risikoprofiling geht Migge auf das Verhältnis der drei Elemente Ökonomie, Zivilrecht und Aufsichtsrecht ein: Seine ökonomische Analyse des geltenden Rechts, sowohl des Zivil- wie des verwaltungsrechtlichen Aufsichtsrechts gibt Hinweise, wie ihre Normen in der Realität wirken, insbesondere, ob die intendierten Zwecke tatsächlich erreicht werden. Nach dem Grundgesetz ist es allerdings aufgrund der Staatsstrukturzielbestimmungen in Art. 20 GG nicht möglich, dass sich das Recht allein oder auch nur überwiegend nach den „Gesetzen“ der Ökonomie richtet. Die Ökonomie ist damit Prüfstein, aber nicht Maßstab für das Recht.

Das Haftungs- und Vertragsrecht als Zivilrecht und das Aufsichtsrecht als öffentliches Verwaltungsrecht sind nach bisheriger deutscher Rechtstradition geschiedene Sphären und folgen grundsätzlich eigenen Regeln, zeigt Migge auf. „Da aber beide Rechtsgebiete die Vorgaben des Grundgesetzes, insbesondere die Grundrechte sowohl der Kunden als auch der Institute zur Geltung zu bringen haben, stellt sich die Frage, ob und in welchem Umfang die verwaltungsrechtlichen Pflichten des Instituts vom Kunden in einem zivilrechtlichen Haftungsprozess geltend gemacht werden können“, so Migge. Diese Frage scheint ihm durch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zum WpHG der Vor-MiFID-Zeit entschieden zu sein. Danach haben die aufsichtsrechtlichen Verhaltenspflichten nur mittelbare Bedeutung bei der Bestimmung der (vor-)vertraglichen Aufklärungs- und Beratungspflichten. Eigenständige Schadensersatzansprüche können daraus nicht abgeleitet werden.

Angesichts der ausdrücklich kundenbezogenen und sehr viel detaillierteren Bestimmungen des WpHG in der MiFID-Zeit und der sich weiter entwickelnden Lehre von den grundrechtlichen Schutzpflichten des Staates für Unternehmen und Kunden, insbesondere auch im Aufsichtsrecht, besteht zumindest, argumentiert Migge, die Chance einer angemessenen gesetzgeberischen Koordination und Verbindung dieser bisher getrennten Welten – und damit auch ihrer Entlastung von nur kostensteigernden, aber effektiv wirkungslosen Formalismen.

Staatliche Regulierung rechtfertigt sich nur dort, wo ein tatsächliches Marktversagen nicht durch zivilrechtliche Haftung zwischen den Vertragspartnern ausreichend kompensiert wird. Je mehr das zivile Haftungsrecht mit den erwiesenermaßen praktisch wirksamen und kundenschützenden Bestimmungen des Aufsichtsrechts verbunden wird, desto eher kann auf Bürokratie verzichtet werden – vorausgesetzt, das verbleibende Aufsichtsrecht stellt einen fairen Ausgleich der auf beiden Seiten des Vertrages berührten Grundrechte dar.

Migge weist darauf hin, dass sein Beitrag seine persönliche Meinung und nicht die Amtsmeinung der BaFin wiedergibt.

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Risikopublizität von Kreditinstituten

Von Dr. Oliver Everling | 31.Januar 2010

Das Buch von Dieter Weber, „Risikopublizität von Kreditinstituten – Integrative Umsetzung der Transparenzanforderungen“ , aus dem Gabler Verlag (http://www.gabler.de/, ISBN 978-3-8349-1613-6) ist ein „Muss“ für jeden Analysten, der sich mit dem Rating von Banken befassen will. Kaum ein anderer Titel stellt die komplexe Materie derart konzise und übersichtlich dar, denn hier wird – für ein solches Fachbuch eher ungewöhnlich – in zahlreichen farbigen Tabellen Überblick über eine sonst eher verworren erscheinende Anforderungslage an Kreditinstitute gebracht.

Der Autor des Buches, das maßgeblich auch auf den Ergebnissen eines Offenlegungsprojektes der DZ BANK beruht, ist Prokurist und Projektleiter im Risikocontrolling der DZ BANK AG, Frankfurt am Main, wo er seit dem Inkrafttreten des KonTraG im Jahr 1998 die externe Risikoberichterstattung der Bank betreut.

Das Buch befasst sich detailliert mit den Kontrollmechanismen für die IRB-Ratingsysteme. Die Angaben nach § 335 Abs. 1 Nr. 2d SolvV sollten sich auf die Häufigkeit und die Inhalte der Validierungsverfahren erstrecken. Es kann erläutert werden, gibt Weber ein Beispiel, dass die internen Ratingsysteme jährlich auf Basis interner Daten umfassend überprüft werden. Die Validierung besteht hierbei zum einen aus einer quantitativen Analyse, die insbesondere auf die Messung der Trennschärfe und Stabilität sowie die Kalibrierung der Ratingsysteme abstellt.

Die Offenlegung basiert auf § 335 Abs. 1 Nr. 3 SolvV und kann unter Berücksichtigung der Besonderheiten des berichterstattenden Kreditinstituts beispielsweise wie folgt gestaltet werden: „Jeder Schuldner fällt eindeutig in den anhand von Wirtschaftszweigschlüssel, Umsatzcharakteristika oder Geschäftsspezifika definierten Anwendungsbereich eines Ratingsystems. Der Abschluss ausfallrisikobehafteteter Geschäfte mit Schuldnern ohne internes Rating ist grundsätzlich nicht möglich. Alle Ratingsysteme sind überschneidungsfrei einer aufsichtsrechtlichen Forderungsklasse zugeordnet, die jeweiligen Ratingmodelle kommen im Rahmen des Kreditantrags- und -genehmigungsprozesses zur Klassifizierung des Kreditantragstellers bzw. des Garantiegebers zum Einsatz. Jeder Schuldner oder Garantiegeber ist mindestens einmal jährlich neu einzustufen. In der Datenverarbeitung werden alle relevanten Inputfaktoren und die Ergebnisse der durchgeführten Ratings gespeichert, so dass eine lückenlose Ratinghistorie für jeden Kunden und für jedes Geschäft besteht.“

Die Offenlegung von Ausfallwahrscheinlichkeiten ist in DRS 5-10.28a geregelt. Wie ungenau hier die Berichterstattung ist, zeigt sich daran, dass die dafür zum Einsatz kommenden Ratingskalen keiner einheitlichen Norm unterliegen. Die Offenlegung der Bonitätsstruktur des gesamten Kreditportfolios in den handelsrechtlichen Risikoberichten setzt die Anforderungen von DRS 5-10.27-29 um. IFRS 7 kennt eine derartige Anforderung für das Gesamtportfolio nicht; die Darstellung der Kreditqualität ist gemäß IFRS 7 lediglich für Teilportfolios erforderlich, zeigt Weber auf.

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Von der Wall Street zur Main Street

Von Dr. Oliver Everling | 31.Januar 2010

Der US-amerikanische Präsident Barack Obama bediente sich dieser Formulierung schon oft: Aus der auf die Adressen an der Wall Street beschränkten Subprime-Krise ist längst eine allgemeine Wirtschaftskrise geworden, die sich auf der Hauptstraße, der „Main Street“, abspielt. Daher der Titel des neuen Buches im Oldenbourg Verlag München (http://www.oldenbourg.de/) mit dem Untertitel „Die Weltwirtschaft nach der Finanzkrise“ von Michael Bloss, Dietmar Ernst, Joachim Häcker und Nadine Eil.

Die Autoren sind schon früher durch ihre Schlagfertigkeit aufgefallen, schnell zu aktuellen Themen ein Buch zu liefern. „Von der Subprime- zur Finanzkrise“ kann praktisch als „Band 1″ zu dem nun vorgelegten „Band 2″ gesehen werden. Die Erfahrungen im Schreiben eines solchen Buches wirken sich positiv auf den neuen Titel aus: Mit 368 Seiten nicht zu lang und nicht zu kurz, optisch ansprechend zweifarbig gestaltet, vielen Tabellen und Diagrammen und aufgelockert durch Fotoillustrationen. Ein Lesebändchen hilft beim Wiederauffinden von Textstellen.

Die Hauptkapitel sind strikt nach Fragestellungen organisiert: Wie kommt es von einer Finanzkrise zu einer Weltwirtschaftskrise? Geldpolitik und Finanzmarkthysterie – eine Welle von wandernden Blasen? Lüsst sich die aktuelle Finanzkrise anhand von Behavioral Finance erklären? Wie John Maynard Keynes und Adam Smith die Finanzkrise in Deutschland heute lösen würden. Welche Rolle spielen Bilanzausgliederungen in der Finanzkrise? Die Rolle von IFRS und US-GAAP bei der Fair Value-Bewertung in der Finanzkrise? Welche Rolle spielen die Hedgefonds in der Finanzkrise? Wie werden die Investmentbanken nach der Finanzkrise aussehen? Wie sind die BRIC Länder von der Finanzkrise betroffen?

Nach der Suche nach Antworten auf diese Fragen – teils in der Theorie, teils in der Praxis, gemessen an statistischen Daten – folgen Handlungsempfehlungen des DICF, des Deutschen Instituts für Corporate Finance (http://www.dicf.de/). „Das bestehende System der Ratingagenturen muss geändert werden“, fordern die Autoren und zeigen einige Missstände auf. „Es erscheint uns nicht einsichtig, warum nur im Wesentlichen drei amerikanische Ratingagenturen weltweit Unternehmen, Institutionen und sogar Länder raten. Im Prinzip decken drei Ratingagenturen den gesamten europäischen Markt ab, zwei von ihnen kontrollieren 80 % des Marktes.“

Die Autoren plädieren für die Einrichtung von europäischen Ratingagenturen, die grundsätzlich so ausgestaltet sein sollten, dass sie eine Reihe von Ansprüchen erfüllen. Dazu zählen sie die Interessenkonflikte, den Ausschluss der Haftung und die Transparenz der Ratings. Leider werden speziell die Forderungen bezüglich der Ratingagenturen nicht aus den vorhergehenden Kapiteln hergeleitet, sondern stehen eher isoliert: So müsste beispielsweise eingehender der Anspruch diskutiert werden, dass „ein klarer Zusammenhang von Rendite und Risikobewertung sichergestellt werden“ muss. Hier fragt sich, an wen sich die Forderung richtet – da Ratingagenturen Ausfallrisiken einschätzen und nicht selbst am Markt agieren, können sie keinen direkten Einfluss auf die Marktbewertungen ausüben.

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Wirtschaftslexikon

Von Dr. Oliver Everling | 31.Januar 2010

Wer nach Definitionen für Begriffe wie „Rangkorrelation“ oder „Ratchet-Effekt“ sucht, wird in der 10. Auflage des „Wirtschaftslexikons“ im Oldenbourg Verlag München bestens fündig. Aus 863 Seiten liefert das Buch alle Begriffe, mit denen sich Studierende der Volks- und Betriebswirtschaftslehre konfrontiert sehen könnten (http://www.oldenbourg.de/, ISBN 978-3- 486-25492-1).

Das Verzeichnis der Mitarbeiter des Lexikons liest sich wie das „Who is who“ der deutschen Wirtschaftswissenschaften. In das Buch flossen das Knowhow aus Jahrzehnten der Lehre und Forschung ein. Der Schwerpunkt liegt auf den aktuelle Krisen und konjunkturelle Modebegriffe überdauernden Fachwörtern, die zum Handwerkzeug wissenschaftlicher Arbeit gehören. Das Wirtschaftslexikon trägt den Namen von Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Artur Woll – zurecht weist der Umschlagtext darauf hin: „Der Name Woll sagt bereits alles über dieses Lexikon.“ Es handelt sich bei diesem Lexikon um „das Original“.

Das Wirtschaftslexikon ist auch ein Beweis dafür, um wie viel schwieriger es heute geworden ist, ein solches Lexikon zu aktualisieren. Die Schnelllebigkeit von Begriffen und Institutionen hat deutlich zugenommen. Daher werden sich Lexika in gedruckter Form auf Papier künftig noch stärker auf solches Fachwissen konzentrieren müssen, dass unabhängig von der Zeit ist, also beispielsweise historische Darstellungen oder Sachzusammenhänge.

Leider verfällt auch Woll der Versuchung, das Buch an den Bedürfnissen der Praxis auszurichten und zum Beispiel auch konkrete Hinweise auf bestehende Ratingagenturen zu geben. So werden als „wichtigste Ratingagenturen“ Moody’s, S&P’s und IBCA Notation aufgezählt – bei letzterer handelt es sich um franko-britische Fusion, die seit einem Jahrzehnt bereits als Fitch Ratings am Markt ist, nachdem Agenturen in den USA übernommen wurden.

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Finanzdienstleistungen für den Mittelstand

Von Dr. Oliver Everling | 31.Januar 2010

„Transparenz über die bankinternen Ratingprozesse und über das kundenspezifische Ratingergebnis bieten eine Plattform für konstruktive Unternehmensanalyse“, schreibt Rainer Otto in seinem Beitrag „Anforderungen an Finanzierungsinstrumente aus Sicht des Mittelstandes – Es geht nicht nur um die Vergabe von Krediten“. Der Beitrag des kaufmännischen Geschäftsführers der Wirtgen Beteiligungsgesellschaft mbH aus Winhagen/Rheinland-Pfalz erschien im Buch des Schäffer Poeschel Verlags „Finanzdienstleistungen für den Mittelstand“, herausgegeben von Rüdiger Frhr. v. Fölkersamb, Oliver Kruse und Volker Wittberg (http://www.schaeffer-poeschel.de/, ISBN 978-3-7910-2866-8).

Das Interesse des Mittelstands am Rating, wie es im Beitrag von Otto zum Ausdruck kommt, reflektiert sich im Beratungsansatz der Sparkassenorganisation. Dies wird durch den Beitrag von Werner Netzel deutlich. Netzel schreibt als Geschäftsführendes Vorstandsmitglied beim Deutschen Sparkassen- und Giroverband. „Innerhalb des Jahresgesprächs haben das Rating und die Ratingkommunikation ihren festen Platz.“ Die Risikobewertung zahlt sich für das Unternehmen und die Bank aus, unterstreicht Netzel. „Zusammen mit den Hinweisen aus dem Stärken-Potenzial-Profil lassen sich aus dem ermittelten Rating anschließend viele Erkenntnisse für die betriebswirtschaftliche Beratung und Begleitung des Unternehmens ableiten.“

Von praktischem Nutzen ist auch die Checkliste zur Durchführung der Anlageberatung für kleine und mittelständische Unternehmen, die von Dieter Krimphove präsentiert wird. Dr. Dieter Krimphove ist ordentlicher Professor für europäisches Wirtschaftsrecht an der Universität Paderborn sowie Visiting-Professor an der Donau Universität Krems. Mit der Checkliste rät Krimphove dazu, auch Informationen über erteilte Ratings einzuholen. Welche Sonderfragen sich aber bezüglich des Ratings hinsichtlich der Haftungsregelungen bei Beratungsverschulden ergeben, werden jedoch nicht angesprochen.

Die folgenden Kapitel des Buches befassen sich mit den Instrumenten zur Unterstützung des Finanzmanagements, wie das Outsourcing des Forderungsmanagements und die multidisziplinäre Finanzmanagementberatung, sowie einerseits mit den maßgeblichen Finanzierungs- und andererseits Anlageinstrumenten. Private Equity, Mezzanine Finanzierung, Mitarbeiterkapitalbeteiligung und Leasing kommen hier ebenso zu Wort wie Direktanlagen, Geldmarktanlagen, Fondslösungen und Vorsorgemanagement.

Auch auf der Anlageseite sind Ratings und Rankings Qualitätsindikatoren. „Nachdem feststeht, wie das Vermögen auf welche Anlageklassen aufzuteilen ist und welches Fondsmanagement-Konzept bevorzugt wird, sind schließlich ein konkreter Investmentfonds oder ein Fondsportfolio auszuwählen. Die Auswahl ist insofern nicht einfach, weil allein in Deutschland fast 10.000 Investmentfonds zum öffentlichen Vertrieb zugelassen sind“, warnen Oliver Kruse und Eva Stumpfegger in ihrem Beitrag „Fondslösungen – zukunftsorientierte Finanzanlagen für mittelständische Unternehmen“. Diplom-Kauffrau Eva Stumpfegger ist Dozentin an der Munich Business School für Wirtschaft des arabischen Raums und des Nahen Ostens und Beraterin bei der Altenhain Unternehmensberatung. Dr. Oliver Kruse ist seit Oktober 2008 Professor für Allgemein Betriebswirtschaft im Studiengang Banken und Bausparkassen an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg.

„Da in der Praxis der einzelne Anleger die Qualität nur schwer prüfen kann und die Zusammenstellung der quantitativen Faktoren sowie der Aufbau eines Prognosemodells dem Laien nicht möglich ist, haben sich unabhängige Ratingagenturen zur Aufgabe gemacht, Fonds zu bewerten und mit anderen Fonds der gleichen Gruppe zu vergleichen.“ Kruse und Stumpfegger empfehlen dem mittelständischen Unternehmer, die Interpretation und Prognose – aufbauend auf sein Risiko-Rendite-Profil – mit seinem unabhängigen Berater in Finanzangelegenheiten zu erarbeiten.

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Zertifizierung von Access Panel Anbietern

Von Dr. Oliver Everling | 29.Januar 2010

Der ADM Arbeitskreis Deutscher Markt- und Sozialforschungsforschungsinstitute e.V. und die Deutsche Gesellschaft für Online-Forschung e.V. (DGOF) unterstützen durch die Entwicklung eines entsprechenden Programms zur Konformitätsbewertung die Zertifizierung von Access Panel Anbietern gemäß den Anforderungen der internationalen Norm ISO 26362 an Dienstleistungen der Markt-, Meinungs- und Sozialforschung mittels Access Panels.

„Die deutsche Markt- und Sozialforschung hat die Entwicklung einer internationalen Qualitätsnorm für das Management und die Nutzung von Access Panels initiiert und federführend begleitet“ betont Erich Wiegand, Geschäftsführer des ADM. „Eine qualitativ anspruchsvolle Zertifizierungsgrundlage anbieten zu können, ist die logische Konsequenz daraus“ ergänzt Olaf Hofmann, Beauftragter der DGOF.

ADM und DGOF überlassen kooperierenden Zertifizierungsstellen die Teilnutzungsrechte an dem entwickelten Programm zur Konformitätsbewertung gemäß ISO 26362. Holger Mühlbauer, der das Normungsvorhaben für das Deutsche Institut für Normung e.V. (DIN) organisatorisch verantwortete und nun die Auditierung für Austrian Standards durchführt, begrüßt die Möglichkeit der Zertifizierung: „ISO 26362 ist die international maßgebende Referenz für Access Panel Anbieter. Mit der Zertifzierung können Anbieter ihre fachliche Seriosität unter Beweis stellen und dies im Wettbewerb deklarieren.“

„Wir begrüßen und unterstützen die Entwicklung eines Programms zur Konformitätsbewertung gemäß ISO 26362 durch ADM und DGOF“ betont Emanuel Maxl, Vorsitzender des VMÖ Verband der Marktforscher Österreichs. Die deutschen und österreichischen Verbände der Markt- und Sozialforschung werden ihre Zusammenarbeit bei Normungsvorhaben und der entsprechenden Zertifizierung in dem gemeinsamen Komitee des Austrian Standards Institute weiter intensivieren.

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Krankenversicherte stimmen mit den Füßen ab

Von Dr. Oliver Everling | 27.Januar 2010

Knapp ein Drittel der gesetzlich Krankenversicherten ist bei Erhebung von acht Euro Zusatzbeitrag wechselbereit. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Umfrage der Kölner ASSEKURATA Assekuranz Rating Agentur GmbH unter 1072 gesetzlich Krankenversicherten. Demnach würden 29,9 % der Befragten ab einem monatlichen Zusatzbeitrag von acht Euro die Krankenkasse wechseln.

Mit der DAK hat heute erstmals eine große gesetzliche Krankenkasse verkündet, einen Zusatzbeitrag von monatlich acht Euro pro Mitglied zu erheben. Mehr als 20 Kassen haben einen Zusatzbeitrag für 2010 nicht gänzlich ausgeschlossen. Damit rückt das Thema Beitragsunterschiede zwischen den Kassen wieder stärker in den Fokus. „Dies dürfte zu Lasten des angestrebten Qualitätswettbewerbs gehen“ befürchtet Guido Leber.

Die Kassen, die einen Zusatzbeitrag erheben, riskieren, dass ihre Versicherten zu einem günstigeren Anbieter wechseln. Assekurata befragte dazu online 1.072 gesetzlich Versicherte: „Ab welchem monatlichen Zusatzbeitrag würden Sie die Mitgliedschaft bei Ihrer Krankenkasse kündigen und zu einem günstigeren Krankenversicherer wechseln?“ 29,9 % gaben dabei an, bereits ab acht Euro wechseln zu wollen. Die Auswahl der Befragten repräsentiert die Altersverteilung der deutschen Bevölkerung.

„Dabei entlastet ein Zusatzbeitrag in Höhe von acht Euro pro Mitglied eine Kasse wirtschaftlich nur sehr eingeschränkt“, gibt Guido Leber zu bedenken. „Nach Gesprächen mit einigen gesetzlichen Kassen vermuten wir, dass gut ein Drittel dieses Zusatzbeitrags dem Verwaltungsakt des Beitragseinzugs zum Opfer fällt.“

Den gesetzlichen Kassen fehlen in diesem Jahr voraussichtlich fast acht Milliarden Euro. Die Hälfte davon will der Bund angesichts der Finanzkrise übernehmen. Bleibt eine Lücke von vier Milliarden. Angesichts der aktuellen Kostendynamik im Gesundheitswesen dürfte dieses Finanzloch selbst bei einer raschen Überwindung der widrigen wirtschaftlichen Verhältnisse eher größer werden.

Es ist daher davon auszugehen, dass ein Zusatzbeitrag von acht Euro nicht ausreicht. Dazu müssten fast alle Beitragszahler in der gesetzlichen Krankenversicherung zur Kasse gebeten werden. Erst dann kämen nämlich pro Jahr rund 4,8 Milliarden Euro zusammen. Zukünftig dürfte der Finanzierungsbedarf der Kassen eher noch ansteigen, so dass mittelfristig kaum eine Krankenkasse ohne den Zusatzbeitrag auskommen dürfte.

Muss eine Kasse mehr als acht Euro zusätzlich erheben, hat sie bei ihren Mitgliedern eine Einkommensprüfung vorzunehmen, wodurch sich der Verwaltungsaufwand deutlich erhöhen dürfte. „Dieser wird voraussichtlich bei sechs bis sieben Euro pro Mitglied liegen“, erklärt Assekurata-Geschäftsführer Dr. Christoph Sönnichsen. Aufgrund dieser Kosten ist davon auszugehen, dass die Kassen im zweiten Schritt von einem Durchschnittsverdiener bereits einen Zusatzbeitrag von ungefähr 20 Euro erheben müssen.

Ein Zusatzbeitrag in dieser Größenordnung ließe die Wechselbereitschaft der Kunden noch einmal ansteigen: 59,7 % wären dann willig zu wechseln. Steigt der Zusatzbeitrag sogar über 35 Euro, erhöht sich die Wechselbereitschaft auf über zwei Drittel (66,3 %). Lediglich jeder fünfte Versicherte (20,3 %) würde unabhängig von der Höhe des Zusatzbeitrages seiner Kasse treu bleiben. „Eine nähere Analyse zeigt, dass dies die Kunden sind, die generell die größte Loyalität an die jeweilige Krankenkasse aufweisen“, erläutert Dr. Christoph Sönnichsen. 13,3 % der Befragten sind noch unentschlossen. Angesichts der Wechselneigung ist nachvollziehbar, dass die Kassen das Finanzierungsmittel Zusatzbeitrag meiden. „Erhebliche Wanderungsbewegungen, die wiederum Kosten erzeugen und Verunsicherung mit sich bringen, sind nicht zu unterschätzen“, gibt Dr. Christoph Sönnichsen zu bedenken.

Kurzfristig dürften vor allem die Anbieter profitieren, die in 2010 keinen Zusatzbeitrag erheben werden. „Bei der Wahl der Kasse sollte aber nicht nur der Beitrag im Fokus stehen. Die angebotenen Serviceleistungen und Unterstützung im Krankheitsfall sind für die Kunden im Zweifelsfall wichtiger“, hebt Guido Leber hervor.

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