Kunstgebilde der Commerzdrebank
Von Karl-Heinz Goedeckemeyer | 14.Januar 2009
Mit der Fusion von Commerzbank und Dresdner wird mit Hilfe des Steuerzahlers eine künstliche Großbank gezimmert: Die Übernahme der Dresdner Bank sollte als Meilenstein für die Neuordnung der deutschen Bankenlandschaft gelten. Der neue Commerzbank-Chef Martin Blessing wollte nach den gescheiterten Anläufen in der Vergangenheit die Gunst der Stunde nutzen und sich mit dem Kauf der „Beraterbank�?? ein Denkmal setzen.
Schon als junger McKinsey-Partner 1989 bis 1996 hatte Blessing die Dresdner Bank maßgeblich beraten dürfen und die Weichen auf die nachhaltig gescheiterte Strategie der Dresdner Bank gestellt. Als Geschäftsbereichsleiter für Privatkunden/Vermögensberatungskunden 1997 bis 2000 veranwortete er dann in der Dresdner Bank auch operativ die zunehmend roten Zahlen, bis der Vorstand die Geduld verlor und ihn von seinen Funktionen als Geschäftsbereichsleiter freistellte. Seine letzte Station im Dresdner-Bank-Konzern, als Vorstandsvorsitzender der gescheiterten Advance Bank, war seine letzte Schieflage 2001 – aber dem Sohn eines ex-Vorstands der Deutschen Bank, Enkel eines ex-Bundesbankpräsidenten, Schwiegersohn eines ex-Bankvorstandsvorsitzenden, Schwager des CEO der Hypo Real Estate und Ehemann einer Partnerin von Goldman Sachs verzeiht man Fehler. Nun will er es mit der „Beraterbank“ – den prätentiösen Begriff beansprucht er gerne als seine Idee – noch einmal versuchen. Da er nicht nur im Marketing „das grüne Band der Sympathie“ zerschnitten hatte, sondern ihn auch bei der Dresdner Bank viele nicht mehr wollten, ist es kaum erstaunlich, dass Blessing bei der alten Dresdner – angefangen beim Vorstand – die Köpfe rollen sehen will.
Doch statt Ruhm erntete Blessing bislang Spott. Denn für die Übernahme des angeschlagenen Konkurrenten benötigt die Commerzbank nunmehr den Steuerzahler. Ungeachtet der Garantien wurden inzwischen rund 18 Mrd. Euro in die Commerzbank gepumpt. Als Ausgleich dafür bekam der Bund einem Anteil von 25 Prozent plus eine Aktie. Abzuwarten bleibt, wie der Bund mit der Macht der Sperrminorität umgeht, wie sich der Staatsinterventionismus auf den gesamten deutschen Bankensektor auswirken wird und wie die künftige Regulierung, wenn sie dann überhaupt kommt, vonstatten gehen wird. Denn neben der Commerzbank stehen auch Beteiligungen an der Hypo Real Estate und Deutschen Bank im Raum. Eines jedoch dürfte klar sein, durch den Rettungsschirm und die Teilverstaatlichung der Commerzbank wird sich der Einfluss des Staates auf das Finanzsystem erhöhen und – damit einhergehend – das Kräfteverhältnis zugunsten des Staates verschieben.
Der Einstieg des Bundes wurde vielerorts damit begründet, dass ohne die Teilverstaatlichung die Fusion zwischen der Commerzbank und Dresdner Bank gescheitert sei. Zudem hätte der Finanzplatz Deutschland darunter gelitten. Doch ist das eigentlich der Fall? Keine Frage, beide Banken wurden von der Finanzkrise schwer getroffen und müssen nun wegen ihrer riskanten Geschäfte auf dem US-Hypothekenmarkt hohe Wertberichtigungen vornehmen. Darunter leidet die Profitabilität.
Auch die Aussage von Commerzbank-Chef Martin Blessing, dass die Pleite der US-Investmentbank Lehman Brothers die Lage im September dramatisch verändert habe und dadurch die Bank genötigt war, Staatshilfe zu beantragen, greift zu kurz. Denn der konjunkturelle Abschwung in Deutschland deutete sich bereits im Frühjahr an. Zu dieser Zeit hatte die Krise auf dem US-Hypothekenmarkt schon zu großen Verwerfungen in der Bankenbrache geführt.
Darüber hinaus wurde in Finanzkreisen auf die existenzbedrohende Situation beider Institute hingewiesen. Allerdings hätten sowohl die Commerzbank als auch die Dresdner durchaus weiterhin am Markt eigenständig agieren können, denn Anzeichen einer Insolvenz hat es nicht gegeben. Statt dessen heißt es von den meisten Auguren, dass es zur Rettung der Dresdner keine Alternative gegeben habe und dass Deutschland neben der Deutschen Bank eine zweite Großbank benötige. Des Weiteren haben Bankvorstände wie Josef Ackermann den Politikern Untergangsszenarien vorgegaukelt, um den Staat stärker in Haftung zu nehmen. Zu guter letzt hat die Mär von der Kreditklemme Berlin dazu verleitet, einen Rettungsschirm aufzuspannen, um das angeschlagene deutsche Bankensystem am Leben zu erhalten.
Allerdings dürfte es den gemeinen Steuerzahler kaum interessieren, ob die Dresdner von der Commerzbank oder einer europäischen Bank übernommen wird. Hinzu kommt, dass Deutschland ohnehin über zu viele Banken mit Staatseinfluss verfügt. Ist da noch eine weitere „Staatsbank in Gelb�?? nötig, wie der Kommentator der „FAZ�?? jüngst schrieb? Darüber hinaus können deutsche Finanzinstitute im Vergleich zu den Konkurrenten aus Spanien und Frankreich nicht unbedingt auf einen Track-record bei Übernahmen verweisen. Warum kann in einem zusehends größer werdenden europäischen Wirtschaftsraum nicht ein unrentables deutsches Finanzinstitut von einem renditestarken europäischen Bankkonzern übernommen werden – auch mit der Folge sicherer Arbeitsplätze und höherer Innovationen infolge einer stärkeren Wettbewerbslandschaft? Statt dessen wird mit großzügiger Unterstützung des Staates zwei Banken zu einem wohlmöglich unbeweglichen Konzern zusammengeschnürt, wo keiner weiß, ob aus diesen „Fußkranken�?? ein profitables Bankhaus für den deutschen Finanzstandort entstehen kann.
Wenngleich die Dresdner bereits in den vergangenen Jahren deutlich downgesizt wurde, ist es dem Vorstand trotz unzähliger Restruktuierungsmaßnahmen zur Verbesserung der Profitabilität offenbar nicht gelungen, das Ruder herumzureißen. Auch die auf Druck der Allianz betriebene Aufspaltung der Bank in die Bereiche Privat- und Firmenkundengeschäft sowie Kapitalmarktgeschäft und Investmentbanking konnte das Siechtum des Instituts nicht aufhalten. Infolge dessen blieb Allianz-Chef Diekmann wohl keine andere Wahl, als das ungeliebte Bankhaus an die Commerzbank zu verhökern.
Auch die Commerzbank hat unter ihrem damaligen Vorsitzenden Klaus-Peter Müller ein zu großes Rad gedreht. Erst der Kauf der Eurohypo, dann der verstärkte Einstieg in den osteuropäischen Bankenmarkt. Das Management hätte wissen müssen, dass kleinere Beteiligungen in Polen und der Ukraine nicht ausreichen, um in dieser Region langfristig profitabel zu arbeiten. Auch die Übernahme des Immobilienfinanzierers Eurohypo war eine strategische Fehleinschätzung. Trotzdem hatten sich Analysten von Müller und seinem Team täuschen lassen. Zum einen hat sich die Hoffnung nicht erfüllt, dass sich aus diesem Erwerb die finanzwirtschaftlichen Kennziffern der Commerzbank – die Eigenkapitalrentabilität und den Gewinn je Aktie – weiter verbessert werden. Zum anderen schienen die Bücher der Eurohypo – anderen Verlautbarungen zum Trotz – schon damals nicht ganz sauber gewesen zu sein. Heute, vier Jahre später sind die Hoffnungen von damals verflogen, der neue Vorstand würde die Eurohypo lieber heute als morgen abstoßen. Denn der Immobilienfinanzierer erweist zusehends als Risikofaktor und Bremsklotz der Bank.
Wird das Verlustrisiko bei der Dresdner Bank unterschätzt? Nach den geplanten Kapitalmaßnahmen wird die Commerzbank eine Kernkapitalquote (Tier 1) von etwa 10 % erreichen. Das sollte zunächst reichen, um die durch die Finanzkrise erheblich gestiegenen Anforderungen an die Kapitalausstattung zu erfüllen. Zudem wird die Allianz das CDO-Portfolio (und das anderer toxischer Wertpapiere) im Nominalwert von 2 Mrd. Euro für einen Kaufpreis von 1,1 Mrd. Euro übernehmen. Auf Basis von Basel II soll sich daraus eine Entlastung risikogewichteter Aktiva von 17,5 Mrd. Euro und damit eine Freisetzung von Eigenkapital in Höhe von 700 Mio. Euro ergeben.
Allerdings deuten die Milliarden-Abschreibungen der Deutschen Bank auf Risikopositionen im vierten Quartal des abgelaufenen Jahres darauf hin, dass sich die Lage in den letzten Monaten erheblich zugespitzt hat. [Ä]hnlich wie bei der Deutschen dürfte es auch im Interesse der Commerzbank sein, Risikopositionen abzubauen, um die Bilanz allmählich zu bereinigen. Neben dem Abbau dieser Positionen werden Investoren den Wertberichtigungsbedarf bei Krediten kritisch unter die Lupe nehmen. Der größere Kapitalbedarf lässt darauf schließen, dass die Kreditleichen der „Beraterbank�?? größer sind als zunächst angenommen. Denn die Dresdner hatte in den vergangenen zwei Jahren mehrheitlich wegen der riskanten Geschäfte der Investmentbanker auf dem amerikanischen Immobilenmarkt Wertkorrekturen von rund drei Mrd. Euro vornehmen müssen (Stand: 30. Juni 2008). Offensichtlich haben die Risikomanager der Commerzbank die Verlustrisiken der Dresdner grob unterschätzt. Dabei hätte ein Blick auf das umfangreiche ABS-Portfolio gereicht, um den Wertkorrekturbedarf annähernd einzuschätzen. Immerhin belief sich das Nettoexposure der Bank im Handelsportfolio zum Berichtsstichtag auf 6,9 Mrd. Euro, nach 10,5 Mrd. Euro im Jahr 2007 sowie die übrigen Nettorisikopositionen der sonstigen ABS-Papiere in Höhe von 3,2 Mrd. Euro und das Volumen aus den Leveraged Finance-Aktivitäten in Höhe von 4,2 Mrd. Euro – hätten die Commerzbanker dazu verleiten müssen, größeren Kapitalbedarf einzufordern. Hier kommt auch die Verantwortung des Managements ins Spiel. Denn wenn Fehler bei der Prüfung gemacht wurden, müssen die Entscheidungsträger auch dafür haften.
Hinzu kommt die Tatsache, dass die Höhe der Verluste aus den Kreditengagements der beiden Banken erst in den kommenden Quartalen richtig sichtbar werden dürfte. Aus Finanzmarktkreisen ist zu hören, dass die Commerzbank zuletzt im Kreditgeschäft richtig Gas gegeben haben, vor allem in den Branchen Automotive und Maschinenbau, die jetzt enorm unter der Wirtschaftskrise leiden. Das geht einher mit der Aussage von Blessing, wonach das Kreditvolumen im deutschen Mittelstand in den ersten elf Monaten des abgelaufenen Jahres zweistellig auf rund 43 Milliarden Euro gewachsen ist. Vor diesem Hintergrund bleibt abzuwarten, ob die Kapitalausstattung ausreichen wird oder der Steuerzahler erneut zur Kasse gebeten werden muss. Um dies zu vermeiden, will der Vorstand die gemeinsame Bilanzsumme beider Institute von derzeit 1.100 Mrd. auf 800 Mrd. Euro zurückfahren. Das allerdings dürfte mit einem geringeren Kreditvolumen einhergehen und zugleich die Ankündigung Blessings, dass Kreditvolumen auszuweiten, infrage stellen. Andererseits hat die Commerzbank mit dem Rettungsfonds (SoFFin) vereinbart, ein Kreditprogramm zur Stärkung des deutschen Mittelstands in Höhe von 2,5 Mrd. Euro zusätzlich für Mittelstandskredite zur Verfügung zu stellen. Dies wiederum dürfte die Risikomanager im laufenden Jahr vor einer harten Bewährungsprobe stellen.
Des Weiteren muss skeptisch stimmen, dass die Dresdner und hier vor allem Dresdner Kleinwort selbst in guten Konjunktur- und Börsenphasen unzureichende Ergebnisse vorgelegt haben. Infolge dessen dürfte neben der Eurohypo auch die Investmentbank in den kommenden Jahren mit weiteren Abschreibungen aufwarten.
Vor allem die Eurohypo könnte sich in diesem Marktumfeld als unberechenbare Größe erweisen. Immerhin beläuft sich das Immobilienportfolio auf knapp 78 Mrd. Euro. 50 % der Darlehen seien in Deutschland vergeben worden. Vor allem Spanien, Großbritannien und die Vereinigten Staaten – alles Länder mit stark fallenden Hauspreisen – stellen mit 25 % ein großes Risiko dar. Insofern ist trotz der eingeleiteter Maßnahmen zur Risikoreduzierung mit einem weiteren Ansteigen von Problemkrediten, vor allem im Ausland, zu rechnen. Infolge dessen ist davon auszugehen, dass die Immobiliensparte nach den verlustreichen ersten drei Quartalen 2008 auch 2009 und 2010 Verluste einfahren wird. Ungeachtet dessen drängt sich die Fragen auf, ob das bisherige Geschäftsmodell der Eurohypo (ähnlich wie bei der Hypo Real Estate) noch tragfähig ist. Die Frage ist, wie lange der Bund (auf Kosten der Steuerzahler) die Verluste der HRE durch neue Kapitalspritzen und Garantien weiter auffangen will. Nach jüngsten Meldungen soll der Bund auch Anteile an dem Münchner Immobilienfinanzierer erwerben. Da sich die Lage zunächst eher verschlechtern als verbessern wird, werden Berlin und die Commerzbank Lösungen finden müssen, um diesen Finanzierungsalptraum zu beenden.
Die Übernahme wird das Ergebnis belasten. Ungeachtet der anfallenden Wertkorrekturen muss die Commerzbank für die Kapitalspritze jedes Jahr 740 Mio. Euro Zinsen an Berlin zahlen. Das heißt, jedes Jahr startet das Institut also mit einem Minusbetrag von 740 Mio. Euro, die erst einmal verdient werden müssen. Mittelfristig wird die Commerzbank auch die stille Einlage an dem Bund zurück überweisen müssen. Unter Berücksichtigung der Zinsbelastung von neun Prozent auf die stille Einlage und der um 34 % höheren Zahl der Aktien dürfte der jährliche Zinsüberschuss der Commerzbank um rund 1,5 Mrd. Euro sinken. Somit wird die Ertragskraft der Bank in den nächsten Jahren deutlich schwächer ausfallen. Aus heutiger Sicht ist ohnehin unklar, ob die Commerzbank in den kommenden Jahren in der Lage sein wird, das Kapital aus den Gewinnen zurückzahlen. Vielmehr ist mit einer weiteren Kapitalerhöhung zu rechnen, die wiederum zulasten der Aktionäre gehen wird.
Im diesem Jahr zumindest ist allein wegen der Integrationskosten der Dresdner Bank in Höhe von 2 Mrd. Euro nicht mit einem Gewinn zu rechnen. Bedenklich stimmt zudem, dass die starke Abhängigkeit beider Banken von den konjunkturellen Bedingungen auf dem Heimatmarkt. So erwirtschaftet die Commerzbank rund 70 % ihrer Erträge im deutschen Privat- und Firmenkundengeschäft. Vor dem Hintergrund der sich abzeichnenden tiefen Rezession dürften vor allem diese, bisher gut laufenden Bereiche, in 2009 und 2010 unter Ergebnisdruck kommen.
Der Staat wird bei der Commerzbank lange im Boot sitzen. Im Gegensatz zu den Aussagen der Bundesregierung plant die Commerzbank für Jahre mit dem deutschen Staat als Grossaktionär. Auf die Frage von Journalisten wie lange der Staat an der Bank beteiligt sein werde, antworte Blessing, dass er das im Moment nicht sagen könne. Er sei aber optimistisch, dass er das noch in seiner beruflichen Laufbahn erleben werde. Der ironische Ton deutet zwar darauf hin, wie gelassen der CoBa-Chef in diesen Zeiten ist. Andererseits zeigen die Stellungnahmen der betroffenen Banker auch, wie die Finanzkrise das Selbstverständnis der Banker gekratzt hat.
Die angestrebte Regulierung wird sich als Strohfeuer erweisen. Mit der Teilverstaatlichung der Commerzbank wird sich der Einfluss des Staates auf das Finanzsystem, dass er ohnehin durch die Landesbanken hat, weiter verstärken. Allerdings sind die Probleme bei den Staatsbanken nicht nur auf die mangelhafte Managerqualität und ihr unzureichendes Risikomanagement zurückzuführen, sondern auch das unzureichende Regulierungsumfeld. Nur dadurch konnten Landespolitiker Personalpolitik und Kreditvergabe mitbestimmen. Mit der Entsendung von zwei Staatssekretären in den Aufsichtsrat wird die Politik auch die strategischen Entscheidungen der Commerzbank Einfluss nehmen, auch wenn sie dies bislang bestreitet. Da die Staatssekretäre samt ihrer Minister bis zuletzt die Deregulierung des Finanzsektors betrieben haben, ist nicht davon auszugehen, dass diese nunmehr eine stärkere Regulierung vorantreiben werden, mit der Folge, dass Banker, Wirtschaftsprüfer und die Aufsicht so weiter wirtschaften können wie in der Vergangenheit. Hinzu kommt, dass der Rettungsschirm Fehlanreize setzt, denn Bankmanager wissen nun, dass der Staat (und nicht die Manager) für das Missmanagement der Vorstände haftet. Der Weg in die nächste Krise ist somit vorgezeichnet.
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Zinsloses Gold bei niedrigen Zinsen attraktiv
Von Dr. Oliver Everling | 14.Januar 2009
Flossbach & von Storch, einer der unabhängigen Vermögensverwalter Deutschlands, sehen trotz der aktuellen Finanz- und Wirtschaftskrise durchaus Potenzial für Anleger. „2009 wird ein Jahr der Rückbesinnung auf eher traditionelle Anlageformen“, prognostiziert Vorstandsmitglied Bert Flossbach. „Diversifikation im Portfolio und antizyklisches Investieren garantieren auch weiterhin Renditechancen.“ Strukturierte Produkte und sogenannte Wunderfonds gehören nach Einschätzung von Flossbach jedoch der Vergangenheit an. Die Finanzkrise 2008 hat eins gelehrt: Je größer die Chancen, desto höher auch das Risiko.
Das Platzen der Kreditblase wird die Wirtschaftsentwicklung auch 2009 weiterhin stark belasten. Nach Meinung von Flossbach & von Storch zeigen die finanzpolitischen Maßnahmen der expansiven Geldpolitik und der staatlichen Konjunkturprogramme aber erste Erfolge im Kampf gegen die Krise. Auch die Selbstheilungskräfte des Marktes, wie die fallenden Preise bei den Rohstoffen und hier insbesondere beim Öl, können den unvermeidlichen Abschwung abfedern.
Aktien bleiben auch in diesem Jahr eine empfehlenswerte Anlageform. Jedoch sollten Wertpapiere hoch verschuldeter, zyklischer Betriebe und Bankaktien weiter gemieden werden. Flossbach & von Storch setzen ausschließlich auf Unternehmen mit einer soliden Bilanz, geringer Verschuldung, einem stabilen Geschäftsmodell und einer starken Wettbewerbsposition. Sie empfehlen daher ein diszipliniertes Handeln mit klaren Kauf- und Verkaufsniveaus für ausgewählte Qualitätstitel.
Eine gute Alternative zu Rentenmärkten sehen die Vermögensverwalter jetzt in Unternehmens- und Wandelanleihen. Anleihen erstklassiger Unternehmen rentieren je nach Laufzeit zwischen 3 und 5%. Als Konsequenz aus den Kursverlusten der Wandelanleihen aufgrund von Notliquidationen sind die per Endfälligkeit erzielbaren, durchschnittlichen Renditen auf ein absolutes Spitzenniveau von 14% per Ende Dezember gestiegen. Somit haben die Wandelanleihen dieses Jahr die gute Möglichkeit, auch ohne Unterstützung des Aktienmarktes die extreme Unterbewertung von 2008 wieder aufzuholen.
Gold sollte weiterhin ein fester Bestandteil im Portfolio vieler Anleger sein. Angesichts des extrem niedrigen Zinsniveaus fällt der fehlende Zinsertrag als Hauptargument gegen Gold weg. „Wir erwarten 2009 neue Höchstmarken – sowohl in Dollar als auch in Euro“, so Bert Flossbach. Die möglicherweise sinkende Nachfrage nach Goldschmuck in Indien und China sowie im Nahen Osten aufgrund der Konjunkturschwäche werde durch das hohe Anlagepotenzial des Edelmetalls mehr als kompensiert.
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Itzehoer Versicherung / Brandgilde von 1691 setzt Rating aus
Von Dr. Oliver Everling | 13.Januar 2009
Der Itzehoer Versicherung/Brandgilde von 1691 Versicherungsverein a.G. hat sich entschieden, die im Januar fällige Erneuerung des Assekurata-Ratings nicht durchzuführen. Dies geht aus einer Meldung der ASSEKURATA Assekuranz Rating-Agentur hervor. Das von Januar 2008 bis Januar 2009 gültige Rating des Itzehoer Versicherung/Brandgilde von 1691 Versicherungsverein a.G. (A+ (sehr gut)) ist damit ab Februar 2009 nicht mehr aktuell.
Die ASSEKURATA Assekuranz Rating-Agentur ist die erste unabhängige deutsche Ratingagentur, die sich auf die Qualitätsbeurteilung von Erstversicherungsunternehmen spezialisiert hat. Mit den von Assekurata durchgeführten Ratings wurde ein Qualitätsmaßstab für Versicherungsunternehmen im deutschen Markt etabliert. Er dient dem Verbraucher als Orientierungshilfe bei der Wahl seines Versicherungsunternehmens.
Das interne, interaktive Rating von Assekurata bewertet Versicherungsunternehmen aus Kundensicht. Hierzu nutzt Assekurata unter anderem eine Kundenbefragung, in der über 800 Versicherungskunden befragt werden. Das Rating ist jeweils ein Jahr gültig und bedarf dann einer Aktualisierung. Die gültigen Ratings und ausführlichen Berichte werden auf www.assekurata.de veröffentlicht.
Um Verbrauchern kontinuierlich die Entwicklung eines Versicherungsunternehmens aufzeigen zu können, lassen die Versicherungsgesellschaften in der Regel ein Assekurata Rating im jährlichen Rhythmus aktualisieren. In diesem Zeitraum darf das Versicherungsunternehmen das Rating verwenden. Nach Ablauf des Ratings kann es vom Versicherer nicht mehr in der Öffentlichkeit genutzt werden.
„Unser Ratingmodell basiert auf der Vorgabe, dass Folgeratings kontinuierlich erfolgen müssen. So hat der Verbraucher stets ein aktuelles und lückenloses Bild des Unternehmens. Zum anderen unterstützen regelmäßige Ratings die Versicherer, konsequent ihre Risikosituation einer Prüfung zu unterziehen. Ein Rating wird so zu einem regelmäßig genutzten Kontrollinstrument“, sagt Dr. Reiner Will, Geschäftsführer der ASSEKURATA Assekuranz Rating-Agentur. „Deshalb sehen wir es als unsere Aufgabe an, die Nutzer unserer Ratings darüber zu informieren, ob und warum ein Versicherer ein Rating über längere Zeit verschiebt oder sogar aussetzt.“
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Nawrath propagiert die Steuerreform
Von Dr. Oliver Everling | 12.Januar 2009
„Die Steuerreform hat viele Gewinner, gilt das auch für den Finanzplatz?“ Das fragt Staatssekretär Dr. Axel Nawrath in seinem Vortrag anlässlich des Neujahrsempfangs des Europäischen Finanz Forums in Frankfurt am Main. Zu seiner Einführung unterstreicht Arnulf Manhold den aktuellen Bezug des Themas. Nawrath gehöre zu den Persönlichkeiten, denen es leicht falle, zwischen Politik und Wirtschaft zu wechseln. Dies zeige sein Berufsweg.
„Was ist ein Gewinner bei einer Steuerreform?“ Nawrath spricht den „philosophischen“ Aspekt des Themas an. Nawrath steckt das Thema auch mit dem Hinweis auf die Summen ab, die heute erforderlich erscheinen, um die Finanzkrise zu überwinden. Die unternehmerische Belastung bei der Körperschaft sei auf unter 30 % gedrückt worden. Durch Hebesätze bei der Gewerbesteuer könnten sich heute Unternehmen mit bis zu 23 % in Deutschland bewegen. Nawrath spricht die Kritik an: Es wurden entscheidende Maßnahmen getroffen, das zu besteuerende Subtrat in Deutschland zu sichern. „Sätze senken und Bemessungsgrundlage verbreitern“ sei schnell formuliert. Die Zinsschranke sei schädigend für den Finanzplatz, wird kolportiert. Nawrath sieht in der Zinsschranke ein wirksames Instrument, die Eigenkapitalbasis spürbar zu verändern.
Die Zinsschranke sei immer wieder als Instrument gesehen worden, grenzüberschreitende Finanzierung zu verhindern. Nawrath hebt eine Facette des Themas hervor, die in der Gewerbesteuer zu suchen sei. 0,03 % aller Unternehmen, rund 1.000 Unternehmen, überwiegend große, sind von der Zinsschranke nur betroffen, berichtet Nawrath aus der Statistik.
Die Abgeltungssteuer habe in den letzten Jahren sehr unterschiedliche „Paten“ gehabt, berichtet Nawrath. Noch nicht lange her, da hätte die SPD die Abgeltungssteuer gerne gemacht. Inzwischen seien die Fronten ganz anders. Es sei ein anspruchsvolles Vorhaben gewesen. Deutschland sei das einzige Land, das die Abgeltungssteuer auf alle Kapitaleinkünfte anwende. Es gebe nun immer den einheitlichen Steuersatz von 25 %.
Nawrath verteidigt die Wahlveranlagung, um niedrige Einkommen zu entlasten. Er verweist dazu auf die zwingende Rechtsprechung zum Existenzminimum. Oft habe sich die Diskussion um die Höhe der 25 % versteift. Heute sei dieser Satz das, was politisch machbar war. Er schließt nicht aus, dass man später einmal zu einer anderen Beurteilung gelange. Die zwingende Besteuerung von Veräußerungsgewinnen sei ein Voraussetzung gewesen, um eine gerechte Besteuerung von Kapitaleinkommen zu erreichen, zeigt Nawrath den Kontext auf.
Nawrath fragt, wo der Irrglaube gelehrt würde, dass bei Kapitaleinkünften der Staat quasi „ein zweites Mal“ zugreife. Kapitaleinkünfte würden vielen als Einkommen erscheinen, für das sie sich in besonderem Maße legitimiert sähen, es der Besteuerung zu entziehen. Schon Prof. Klaus Tipke habe immer wieder gefordert, „der Ehrliche darf nicht der Dumme sein“. Die Abgeltungssteuerregelung leiste dazu nun einen Beitrag. Selbst bei der Erbschaftsteuer, verteidigt Nawrath die Steuerreform, sei man weitergekommen. Immobilien und Betriebsvermögen würden nun nicht gänzlich anders bewertet.
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Governance in der Immobilienfinanzierung – systemische Rahmenbedingungen und Krisenanfälligkeiten in USA und Europa im Vergleich
Von Dr. Martin Murtfeld | 12.Januar 2009
Vortrag an Zeppelin-University Friedrichshafen, Lehrstuhl für Verwaltungswissenschaften
Das Thema für die heutige (d.h. 26. November 2008) Veranstaltung wurde Anfang August 2008 ausgewählt. Zu jenem Zeitpunkt waren systemische Schwächen der Immobilienfinanzierung in den USA, insbesondere in der Vergabepraxis und der Verbriefung, seit langem erkannt und es bestand zudem Sorge um abträgliche Folgen aus Überhitzungserscheinungen des Immobiliensektors in verschiedenen Ländern Europas, insbesondere in Großbritannien und Spanien. Mit dem Konkurs von Lehman Brothers am 15. September 2008 trat jedoch ein Phänomen ein, das bereits in den 1980er Jahren[1] als Hypothese verantwortliche Geschäfts- und Zentralbanker beschäftigte – ein GAU, ein „größter anzunehmender Unfall�??, der alle internationalen Finanzmärkte erfassen würde. Dieser GAU ist nun eingetreten. Ausgehend vom Markt für „subprime real estate finance�?? in USA – so heute die allgemeine Erkenntnis zum „auslösenden Faktor�??, neben vielen weiteren Faktoren – vollzieht sich seither mit ungeahnter, nämlich globaler Breite und Geschwindigkeit eine Wertevernichtung, die über die Finanzmärkte hinaus das Wachstum der Realwirtschaft und die Vermögenshaltung breiter Bevölkerungsschichten sowie deren Beschäftigung trifft. Es wird befürchtet, dass die Krise noch tiefer dringt und die Bewertung des „souvereign risk�?? der USA und europäischer Länder wie des UK tangiert. Der beim Washingtoner Gipfel der G 20 beschlossene Maßnahmenkatalog soll zügig abgearbeitet werden.
Ungeachtet der Dramatik und der Dimensionen der nun umfassenden Krise wollten wir das Thema für die heutige Diskussion beibehalten: Die Immobilienfinanzierung bleibt eine der Kernaufgaben für das Erkennen von Anfälligkeiten und für die Suche nach notwendigen Korrekturen, um die Gefahren zukünftiger Krisen einzudämmen. Die neue Regierung in Washington hat die delikate Aufgabe, für die Immobilienfinanzierung stabilitätsorientierte Standards zu entwickeln und umsetzen. Dies zum einen in dem – für sie vorrangigen – Ziel, in der eigenen Nation die sozialen Ziele des Immobilienmarktes auf neuer Basis zu sichern, und zwar als Instrument der Eigentumsbildung, der Vermögensverteilung, der Altersvorsorge und der Menschenwürde. Aus europäischer Sicht steht zu hoffen, dass ein Vergleich der Vorzüge und Nachteile nationaler Finanzierungssysteme des Wohnungsbaus – z.B. der Bundesrepublik mit all ihren Merkmalen der Stabilität – in den derzeitigen, mit großer Intensität geführten internationalen Abstimmungen angemessene Berücksichtigung findet. Zum anderen haben die USA angesichts ihrer Führungsrolle auf den Kapital- und Derivatemärkten eine herausragende Verantwortung in der Debatte um die Eingrenzung globaler finanzieller Risiken. Die staatlichen Interventionen sind zusehends schwieriger zu überblicken und bergen Gefahren. Angesichts täglich neu aufkommender Nachrichten und Einsichten werde ich an einen Ausspruch von H.J. Abs erinnert, den ich noch als Präsident der KfW und später der Deutschen Bank erlebte – in seinem treffenden Englisch: „What is the difference between a politician and an expert? The politician knows less and less about more and more, and the expert more and more about less and less�??. Ich möchte versuchen, einige grundsätzliche Aspekte hervorzuheben und bitte um Nachsicht, wenn der „pragmatist�?? durchscheint.
Erste Vorbemerkung: Nach Erfahrungen mit vergangenen Krisen – wie verschiedenen nationalen Schuldenkrisen seit 1979 (Türkei, Polen, dann Mexiko usw.) – müssen finanzielle Stützungspakete von strukturellen Maßnahmen begleitet sein, da es nur dann zu tragfähigen Lösungen kommt[2]. Strukturelle Maßnahmen sind umfassend einzuleiten. Zur gedanklichen Ordnung – und in Reverenz gegenüber der ZU – eignet sich der Oberbegriff der Governance, um Maßnahmen zu konzipieren und auf ihre Wirksamkeit hin zu überprüfen – auf drei Ebenen auch hinsichtlich Anfälligkeiten in der Immobilienfinanzierung:
Public Governance: Kritisches „assessment�?? der politischen, institutionellen und gesetzlichen Rahmenbedingungen einer Nation; der Fiskal- und Geldpolitik; der Qualität und Durchsetzbarkeit von Regeln der Corporate Governance; der Kultur der Finanzmärkte und deren Aufsicht; der sozialen Konflikte.
Corporate Governance: Zwar ursprünglich konzipiert für börsennotierte Unternehmen und Finanzinstitute, Ausweitung der Regeln guter Corporate Governance auf Institutionen des staatlichen Sektors, insbesondere staatlicher Finanzinstitute, und auf nicht börsennotierte Unternehmen.
Global Governance: Gezielte Überprüfung der Rolle internationaler Institutionen wie des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Weltbank sowie der Effizienz von Kooperationsgremien wie G 7 und G 20; ferner der Zusammenarbeit und einer zunehmend notwendigen Verzahnung der nationalen Aufsichtsbehörden (Wunsch an die Bundesrepublik); raschere Umsetzung von Empfehlungen der bei der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) angesiedelten Committees und des Stability Forum (Wunsch an die USA). Kurzum: Lösungen für eine effiziente „internationale Finanzarchitektur�??.
Zweite Vorbemerkung: Schon bei den Krisen in Lateinamerika ab 1982 oder der Asienkrise 1997-99 war deutlich die Erforschung der Ursachen anzusprechen. In Ergänzung der – meistens unter hohem Zeitdruck geschnürten – Finanzpakete waren notwendige strukturelle [Ä]nderungen einzuleiten, um die verursachenden Länder sowie die intern und extern involvierten Finanzmarktsegmente wieder auf den Weg anhaltender Stabilität zu führen. Bis heute sind auch Lehren aus Unfällen einzelner Marktteilnehmer zu ziehen, die zur systemischen Krise zu werden drohten („too big to fail or too interconnected to fail�??) – in der Bundesrepublik hatten wir diesbezüglich den Fall Herstatt (1973), in USA den dramatischeren Fall LTCM (Long Term Capital Management, 1994). Beide Fälle wurden übrigens von Marktteilnehmern selbst aufgefangen – unter Orchestrierung seitens der Bundesbank bei Herstatt und der FED New York bei LTCM. Erst mit der sich global auswirkenden Kredit- und Liquiditätskrise wurden Zentralbanken zu „lenders of last resort�?? bzw. – hinsichtlich bestimmter Wertpapiere – zu „market makers of last resort�?? (abgesehen von früheren, vereinzelten Stützungen von Banken durch ihre Regierungen wie Schweden oder Tschechoslowakei). Daß Vereinigungen wie das Institute of International Finance (IIF) und maßgebende Bankenvertreter für eine Verbesserung der Marktdisziplin eintreten, gibt Anlaß zur Hoffnung. Zeigen sich hierbei Erfolge, so sollten die staatlichen Stellen ihre Strategien zum „exit�?? erkennen lassen.
I. Stabilität in der Immobilienfinanzierung – zur Bundesrepublik Deutschland
Zur Illustration der aufkommenden „Ursachenforschung�?? möchte ich an wiederholte berufliche Erfahrungen in Schwellenländern, insbesondere Zentral- und Osteuropa, Bezug nehmen; Beobachter bestätigen generell ähnliche Erfahrungen. Nach dem Zerfall des Comecon und dem Ende einer Periode der Vergemeinschaftung von Grund- und Wohnungseigentum ging es in den „Reformstaaten�?? darum, gewissermaßen „from scratch�?? geeignete Rechtsnormen für Kataster, Grundbuch, Hypotheken, Notariatswesen, Zwangsvollstreckung und die Immobilienfinanzierung zu etablieren. Gewissermaßen in Idealkonkurrenz begegneten sich Befürworter angloamerikanischer Systematik mit Vertretern der Rechtswissenschaften, Verbänden und Finanzinstitutionen aus Ländern mit ausgeprägten Traditionen der Stabilität wie der Bundesrepublik Deutschland, Oesterreichs oder Dänemarks. Seitens der USA wurde die Debatte geführt von USAID, Fannie Mae (Federal National Mortgage Association) und akademischen Institutionen wie Wharton – mit Begleitung durch die Weltbank. Oft war es schwer, dem deutschen Gedankengut der sicheren institutionellen Zuführung von Ersparnissen zu Immobilieninvestitionen, zur Angemessenheit von Eigenkapital, zur vorsichtigen Bewertung von Immobilien und zu den Vorteilen unseres Sachenrechts und der Festsatzfinanzierung Gehör zu verschaffen.
Die amerikanische Denkweise glaubte sich mit ihren Instrumenten des Kapitalmarkts überlegen: Reformstaaten wurde die frühzeitige Entwicklung eines Sekundärmarktes empfohlen, um kreditgebende Banken vom Halten von Krediten bis zur Endfälligkeit („hold-to-maturity�??) zu entlasten durch den Transfer ihrer Kreditrisiken („originate-to-distribute�??) an von der Regierung „gesponsorte�?? Institutionen analog Fannie Mae oder im Markt, z.B. an Investmentfonds. Auch die – bei uns systemisch nicht notwendige – Etablierung staatlicher oder privater Versicherungen zur Abdeckung des Bonitätsrisikos der Einzelschuldner oder von Rechtsrisiken in der grundbuchlichen Sicherung wurde empfohlen. Insgesamt wurde das amerikanische System als effizienter und „verbraucherfreundlicher�??, ja sozial überlegen erachtet, da es die Mobilisierung größerer Kreditvolumina erlaube (durch Freisetzung von Spielräumen in den Bilanzen der Banken, und dadurch niedrigerer Kapitalunterlegung), da es ferner weniger Stringenz bei der Beurteilung der Kundenbonität und bei den Grundbuchsicherheiten fordere und im übrigen, angesichts variabler Verzinsung, Perioden niedriger Zinsniveaus besser nutzen lasse. Kritisiert wurde schließlich eine angeblich ausgeprägtere staatliche, insbesondere fiskalische Förderung der Immobilienfinanzierung in der Bundesrepublik als in den USA.
Fannie Mae stellte im Mai 2005 aufgrund von Bedenken im US Department of Housing ihr internationales Lobbying ein – Beratungs- und Ausbildungsprogramme in 38 (!) “ emerging countries�??. Sie musste zuletzt – wie ihre Schwestergesellschaft Freddie Mac (Federal Home Loan Mortgage Corporation) – nach schweren Verlusten finanziell durch die US Regierung unterstützt werden. Beide Institutionen wurden am 7. September 2008 unter Curatorship der Federal Housing Finance Agency gestellt; ihren Boards wurde die Befugnis zu Geschäftsführung und Kontrolle entzogen. Da beide Institutionen etwa die Hälfte aller „mortgage backed securities�?? des US-Marktes in ihren Büchern halten (zusammen mehr als 5.000 Milliarden $), wird ihre Neuorientierung maßgeblich für der Gesundung der Immobilienfinanzierung des Landes sein. (Neuer CEO von Fannie Mae ist übrigens der auch in Europa geschätzte Herb Allison jr., früher Merrill Lynch und TIAA-CREF.)
Hinsichtlich der Bundesrepublik Deutschland besteht m.E. erneuter, und jetzt eindringlicher Anlaß zur Feststellung, dass sie im internationalen Vergleich einen außerordentlich hohen Grad an Sicherheit durch einschlägige Gesetzgebung sowie durch Ausprägung von Produkten und Institutionen in der Immobilienfinanzierung aufweist. Auf dieser Basis dürfte sie insgesamt gesehen auch das effizienteste System für den Immobilienerwerber sowie den Sparer bieten, der in die verschiedenen Finanzinstrumente investiert. Es sind zwar im Zuge des „Tsunami�?? spektakuläre, letztlich vermeidbare Unfälle eingetreten – auf betriebsindividueller Ebene und dort im Treasury. Denn aus Rentabilitätserwägungen wurden hier risikoträchtige, außerhalb der Bundesrepublik originierte Finanzprodukte über „conduits�?? angekauft, die sich später – infolge von Herabstufungen ihrer Ratings – als „toxisch�?? erwiesen (IKB, Sachsen LB, Bayern LB u.a.). Auswirkungen des Lehman-Konkurses und der Island-Krise kamen hinzu. In allen Fällen vernachlässigten optimistische Annahmen in der Finanzplanung mögliche abträgliche makroökonomische Entwicklungen auf die Liquidität (Depfa via Hypo Real Estate u.a.).[3]
Zur Frage nach der systemischen Krisenfestigkeit seien drei Bereiche skizziert (zum weiterführenden Studium s. Literaturverzeichnis): Die Bausparkassen, der Pfandbrief und die grundsätzlich vom System her nicht mögliche – und jetzt auch nicht mehr ratsame – Transponierung des Unwortes „subprime�?? auf das Wertgeschäft deutscher Kreditinstitute.
Die privaten und öffentlichen Bausparkassen – am Bodensee denkt man natürlich u.a. an Schwäbisch Hall und Wüstenrot – bieten dem Bausparer über die Anspar- und Finanzierungsperioden hinweg ein sicheres Profil für seine Haben- und Sollzinsen sowie für den Tilgungsablauf. Dies unabhängig von den Entwicklungen der Kapitalmärkte, in einem geschlossenen Spar- und Finanzierungskreislauf. Durch die Ansparzeit wird der Bausparer früh an den für den Immobilienerwerb notwendigen Konsumverzicht gewöhnt. Entsprechendes gilt auch für die Eigenmittel, die der Sparer angesichts der bei 80% auslaufenden Beleihungsgrenze einsetzen muß. Kunden schätzen es, dass sie ihre zukünftige Belastung fest kalkulieren können! Unter strikter Wahrung von �??hold-to-maturity�?? begleiten die Bausparkassen ihre Kunden über die Laufzeit der Finanzierung; Verkäufe von Bauspardarlehen sind durch das Bausparkassengesetz ausgeschlossen. Die systembedingt sehr niedrige Belastung der Bausparkassen mit Problemkrediten und die strengen Vorschriften für zwischenzeitliche Anlagen im Treasury haben die Bausparkassen zu einem sicheren und – bezogen auf die Entwicklung der Bausparsummen im Bestand sowie die Baugeldauszah- lungen – zugleich erfolgreichen Bereich werden lassen.
Mit Erfolg wurde das deutsche Bausparsystem in Mittel- und Osteuropa aufgegriffen: In der Tschechischen und der Slowakischen Republik, Ungarn, Rumänien und Kroatien. Auch in China kennt man mittlerweile das Bausparen. Ansätze werden diskutiert in Russland, der Ukraine, Südafrika, Nigeria und u.a. in Mexiko.[4]
Zu Unrecht begegnet man in deutschen Medien dem Begriff „Bausparkasse�?? für die USA (z.B. Washington Mutual) wie auch für Großbritannien (z.B. HBOS, Bradford & Bingley). Rechtsgrundlagen und Geschäft sind weit entfernt vom deutschen Bausparsystem. So „demutualized�?? Washington Mutual 1983 und war eine „public company�??, die im September 2008 bekanntlich den größten „default�?? einer Bank in der amerikanischen Finanzgeschichte verursachte. Die britischen „building societies�?? sind nach Aufgaben und Organisation US-amerikanischen „savings & loan associations�?? vergleichbar. Sie arbeiten wie Banken gegen Depositen, u.a. zwecks „mortgage lending�??. Northern Rock, die beiden vorgenannten sowie eine Reihe weiterer „building societies�?? demonstrieren beispielhaft die regulatorischen und bewußtseinsorientierten Schwächen des Systems. Grundsätzlich fehlen diesen Banken der geschlossene Spar- und Finanzierungskreislauf bzw. entsprechende „constraints�?? für ihre Aktiv- und Passivseiten – damit auch ein – neuerdings in der aufsichtlichen Debatte wieder geforderter – systeminhärenter Risikopuffer.
Recht unerklärlich erscheint, warum die Weltbank (185 Mitgliedsländer, darunter die Bundesrepublik Deutschland als drittgrößter Kapitaleigner!) im systemischen Vergleich dem deutschen Bausparsystem nicht den ihm zukommenden Platz eingeräumt hat. Ein rationaler Erklärungsgrund wäre, dass die Bank ihren Mitgliedsländern mißtraut, die erforderlich strikte Gesetzgebung zu erlassen und zu überwachen. Es wäre aber eine entwicklungspolitisch erstrangige Aufgabe für die Bank, hier Abhilfe zu schaffen. Bausparen in Brasilien mit strikten Normen hinsichtlich der Anlagevorschriften – dies hätte dem Land weniger Favelas, dafür mehr wohnungseigentumgeprägte Stadtviertel verschafft.
Mit dem Pfandbrief hat der deutsche Gesetzgeber eine außerordentlich sichere Anlageform geschaffen (öffentliche Pfandbriefe, Hypothekenpfandbriefe, Schiffspfandbriefe), die der langfristigen Refinanzierung von Darlehen an Körperschaften und Anstalten öffentlichen Rechts, dem Immobilienerwerb und der Schiffsbeleihung dienen. Der Pfandbriefmarkt hat sich in Deutschland zum zweitgrößten Markt für festverzinsliche Wertpapiere nach demjenigen für Schuldverschreibungen der öffentlichen Hand entwickelt. Das Gedankengut des Pfandbriefs wurde von verschiedenen europäischen Ländern für eigene Gesetzeswerke aufgenommen (insbesondere „obligations foncières�??/Frankreich, „cédulas hipotecarias�??/Spanien, „lettres de gage�??/ Luxemburg; Dänemark verfügte bereits zuvor über ein traditionsreiches Hypothekenbankwesen). Der Terminus „covered bond�?? wird heute als Sammelbegriff für Pfandbriefe und pfandbriefähnliche Instrumente im Kapitalmarkt verwendet, so auch in der EU-Eigenkapitalrichtlinie von 2006.
Das deutsche PfandBG, das 2005 an die Stelle des früheren HypothekenbankenG trat, stellt strenge Anforderungen sowohl an das die Pfandbriefe emittierende Kreditinstitut (ein Kernkapital von mind. € 25 Mio, ein für die gesonderte Abbildung und Steuerung der Deckungsmassen geeignetes Risikomanagement, Nachweis gegenüber BaFin eines regelmäßigen und nachhaltigen Betreibens des Pfandbriefgeschäfts, Ausrichtung des organisatorischen Aufbaus auf das Deckungs- und Pfandbriefgeschäft, spezifische Eignung der Geschäftsführer) wie auch auf die Einrichtung und Kontrolle des Deckungsbestandes. Dieser wird im Falle der Hypothekenpfandbriefe aus Krediten gebildet, die durch Grundpfandrechte an gewerblich oder zu Wohnzwecken genutzten Immobilien gesichert sind.
Der – gesondert zu führende – Bestand einzelner Kredite muß kongruent jederzeit nach deren Nominalwerten und Barwerten zuzüglich einer sog. „sichernden Überdeckung�?? von 2 % die ausstehenden Pfandbriefe abdecken; die Methoden zur Ermittlung der Barwerte einschl. Stressszenarien sind von der BaFin vorgegeben. Ein von der BaFin eingesetzter, unabhängiger Treuhänder in der Bank prüft laufend die Einhaltung der Deckungsbestim- mungen. Vor jeder neuen Pfandbriefemission muß er bestätigen, dass ausreichende Deckung vorhanden ist. Über die in die Deckung einbezogenen Werte ist ein Deckungsregister zu führen. Alle diese Dispositionen ermöglichen ein hervorragendes Maß an interner und externer Transparenz, Kontrolle und Prüfung.
Ganz zentral in der vergleichenden Betrachtung von Krisenanfälligkeiten sind die Wertermittlungsverfahren für die bei 60 % auslaufende Beleihungsgrenze für Hypothekenpfandbriefe. Wenn Verbriefungen in USA, Großbritannien und Irland an den Marktwert anknüpfen, so bietet dies bei steigenden Immobilienpreisen zwar die Chance zum Gewinnen zusätzlicher Spielräume in der Deckungsmasse, eröffnet bei fallendem Markt jedoch die Gefahr rasch eintretender Unterdeckung, insbesondere wenn Objekte – wie vielfach üblich – zu 100 % oder mehr beliehen wurden. Hingegen ist der Beleihungswert nach dem deutschen PfandBG und der anschließend (2006) von der BaFin erlassenen Beleihungswertermittlungsverordnung (BelWertV) „der Wert der Immobilie, der erfahrungsgemäß unabhängig von vorübergehenden, etwa konjunkturell bedingten Wertschwankungen �?� unter Ausschaltung von spekulativen Elementen während der gesamten Dauer der Beleihung bei einer Veräußerung voraussichtlich erzielt werden kann. Dabei ist die zukünftige Verkäuflichkeit der Immobilie unter Berücksichtigung der langfristigen, nachhaltigen Merkmale des Objekts �?�im Rahmen einer vorsichtigen Bewertung zugrunde zu legen�?? (§ 3 BelWertV; Hervorhebungen Vf.). Diese Regelung gilt einheitlich für alle Pfandbriefemittenten. Mit den Kriterien der Vorsicht und der Nachhaltigkeit wird wesentlichen Anliegen der Gläubigerperspektive entsprochen – dies im Unterschied zu einer wahlweise sich bietenden, in der angloamerikanischen Systematik anzutreffenden Perspektive des Aktionärs, den „shareholder value�?? möglichst zeitnahe zu kontrollieren und durch aktuelle Marktbeobachtung transparent zu halten. Der Beleihungswert ist durch unabhängige Gutachter zu ermitteln; in die Methodik sind u.a. umfängliche Arbeiten professioneller Vereinigungen wie der European Group of Valuers�?? Associations und der International Valuation Standard Commission eingeflossen.[5] Man kann summarisch sagen, dass der Beleihungswert bei einer Auslaufgrenze von 60 % eine nahezu risikofreie Unterlegung erlaubt. Er wirkt i.ü. antizyklisch, indem Preisschwankungen im Immobilienmarkt über längere Zeiträume hinweg ausgeglichen werden. Neben der Bundesrepublik haben Spanien und Tschechien spezifische Regelungen für einen „mortgage lending value�?? geschaffen.[6]
Schließlich ist auf die Insolvenzfestigkeit der Deckungsmassen hinzuweisen: Im Falle einer Insolvenz der emittierenden Bank fällt der Deckungsbestand nicht in die Insolvenzmasse, sondern wird als Sondervermögen durch einen von der BaFin eingesetzten Sachwalter zur Bedienung der Forderungen der Pfandbriefgläubiger bis zur Endfälligkeit verwaltet. Hat eine Emissionsbank Hypothekenforderungen an eine andere Bank verkauft und hält sie für diese die Grundschulden treuhänderisch, so sind diese über ein sog. Refinanzierungsregister insolvenzfest aus dem eigenen Deckungsstock abzusondern. Bei Beleihungen im Ausland – die nach dem PfandBG für Objekte in den EU und EWR-Ländern, der Schweiz, den USA, Kanada und Japan zulässig sind – hat die Emissionsbank die Insolvenzfestigkeit nach dem jeweiligen ausländischen Recht sicherzustellen.
Im Gegensatz zu Transaktionen der ABS (asset backed securities) ist der Pfandbrief somit kein Instrument des Risikotransfers, sondern der Liquiditätsbeschaffung. Im Pfandbrief ist vielmehr eine Ausprägung des „hold-to-maturity�??-Prinzips zu sehen, indem strikt die Werte des Deckungsstocks für den Pfandbriefgläubiger erhalten werden. Zusätzlich besitzt der Pfandbriefgläubiger die Sicherheit, die aus der strengen aufsichtlichen Kontrolle der emittierenden Banken herrührt – seit Erlaß des Gesetzes über Hypothekenbanken im Jahr 1900 ist keines dieser Institute in die Insolvenz gegangen, in Dänemark – bei vergleichbar ähnlich solider Gesetzesbasis – seit über 200 Jahren nicht. Der Pfandbriefgläubiger kann zudem an Erfahrungen anknüpfen, dass alles getan wird, eine Insolvenz zu vermeiden (Fälle AHBR, kürzlich Hypo Real Estate).
[Ä]ußerungen von Finanzminister Paulson und jüngst von FED-Chef Bernanke zeigen, dass man über den europäischen covered bond als Modell für eine Neuorientierung im US-amerikanischen Kapitalmarkt nachdenkt. Das Motiv dürfte sein, der Liquiditätskrise abzuhelfen, die nach der Kreditkrise entstanden ist. Bislang ist freilich nicht zu erkennen – und eher zu bezweifeln, ob man bereit sein wird, sich den strengen regulatorischen Standards europäischer covered bonds anzuschließen. Hierin würden sich jedoch, wie eingangs angeregt, Chancen zu dauerhafter Stabilisierung der Immobilienfinanzierung in USA durch strukturelle Maßnahmen ergeben. Dieses – freilich auf seine Realistik zu prüfende – Anliegen berührt die Frage „legislative covered bonds�?? versus „covered bonds issued under contractual arrangements“.[7] Die [Ä]ußerung Bernanke�??s macht einerseits Vorbehalte, scheint andererseits aber offen: „Regardless of the organizational form, we must strive to design a housing financing system that ensures the successful funding and securitization of mortgages during times of financial stress�??.[8]
Einige Worte zur Immobilienfinanzierung deutscher Kreditinstitute. Über Umfang und Struktur veröffentlicht die Deutsche Bundesbank regelmäßig Daten im statistischen Anhang ihrer Monatsberichte. Sparkassen, Volksbanken und Kreditbanken führen wesentliche Bestände ihrer Forderungen für den privaten Wohnungsbau und für gewerbliche Immobilien nach dem Grundsatz „hold-to-maturity�?? in ihren Bilanzen. Es werden Portfolien gebildet und im Wege des Risiko- sowie Ertragsmanagement feingesteuert[9] „Hold-to-maturity�?? bedeutet jedoch Begrenzung des Volumenswachstums nach Basel I (Unterlegung der Risikoaktiva mit 8 % Eigenkapital). Früh richtete man sich daher auf Basel II ein, um Chancen der Kapitalentlastung wahrzunehmen. Größere Institute, darunter Bausparkassen, die über die entsprechende Organisation für interne Ratingverfahren und Risikomessung verfügen, wurden für den sog. fortgeschrittenen IRB-Ansatz zugelassen (IRB = Internal Ratings Based). Aufgrund langer Serien des Datenbestandes und der Datenqualität sowie institutsindivdueller Schätzung der Parameter „Ausfallwahrscheinlichkeit�?? (Probability of Default , PD) und „Verlustquote�?? (Loss Given Default, LGD) werden mit quantitativ-statistischen Verfahren erwartete Verlustdaten für einzelne Portfolien prognostiziert. In der Entwicklung der Verfahren wurden die Institute jeweils durch die Verbände – der privaten Banken, der Sparkassen, der Volksbanken und der Hypothekenbanken – unterstützt. Da aber auch Basel II das Wachstum begrenzt, schritten deutsche Institute früh zur Verbriefung von Portfolien, zunächst „synthetisch�?? – die Forderungen bleiben in der Bilanz, während Risiken durch ein Derivat, z.B. einen Swap an Dritte transferiert werden -, sodann, nachdem steuerliche Voraussetzungen gegeben waren, durch „true sale�??, d.h. die Forderungen werden verkauft und verlassen daher die Bilanz. I.d.R. erfolgen Verbriefungen über Special Purpose Vehicles (SPV�??s), deren Verbindlichkeiten durch Ratingagenturen abgestuft benotet werden. (Verbleibt die mit dem höchsten Risiko behaftete Tranche – „first loss position�?? – bei der verbriefenden Bank, so ist sie mit Eigenkapital zu unterlegen.) Verbriefungen, der Einsatz von Derivaten und der Pfandbrief sind heute normale Instrumente der Immobilienfinanzierung – der Pfandbrief auch für Kreditbanken und Sparkassen, sofern sie nach dem PfandBG die Zulassung erhielten. Wenn der Markt für Verbriefungen und der Pfandbriefhandel betroffen wurden, so liegt dies nicht etwa an inhärenten Schwächen im deutschen System, sondern an – höchst bedauerlichen – äußeren „spillover�??-Einflüssen von Vertrauensverlust.[10]
Man sollte festhalten, dass Fehlentwicklungen, die in den USA zur Subprime-Krise führten, für die Bundesrepublik und andere EU-Länder weder nach Ursachen noch Ausprägungen zu erwarten sind. Die von der EU-Kommission angemahnte „verantwortungsvolle Kreditvergabe�?? wird in Deutschland traditionell praktiziert – aufgrund der strikten Vorgaben des Kreditwesengesetzes (KWG) und der Vielfalt weiterer gesetzlicher Vorschriften, aufgrund der Verordnungen der BaFin (Mindestanforderungen für das Risikomanagement MaRISK) und durch die grundsätzlich hohe Kreditkultur der Banken selbst. So ist in der Immobilienfinanzierung zu prüfen, inwieweit die vorgesehenen Zins- und Tilgungsleistungen aus dem Cashflow der Immobilie generiert werden können (Objektbetrachtung) und ob die gesamte Einkommens- und Vermögenslage des Kunden die vollständige und termingerechte Erfüllung des Kapitaldienstes sicherstellt (Bonitätsbetrachtung des Schuldners). Die Banken müssen sich ihr Urteil in Eigenverantwortung bilden. Informationen von Dritten – wie Schufa-Auskünfte oder Ratingberichte – sind nur ergänzend zu nutzen. Banken wenden freiwillig die „Europäische Vereinbarung über vorvertragliche Informationen für wohnungswirtschaftliche Kredite�?? an, um, im Zuge des Verbraucherschutzes, bereits in frühem Stadium die Transparenz zur Bonität privater Schuldner sicherzustellen.
Es stimmt, dass deutsche Banken Portfolios notleidender Wohnungskredite verkauften und dass Banken sich – analog zu subprime-Denken – mit der Verbriefung von „nonconforming loans�?? befassten; die jüngste Krise dürfte dem ein Ende gesetzt haben. Wohl stellen Finanzierungsgesuche junger Familien und die zunehmende Instabilität von Beschäftigungsverhältnissen die Banken vor Probleme in der Wohnungsbaufinanzierung und bei Produkten für die private Altersvorsorge. Hieraus sollte jedoch nicht gefolgert werden, dass ein „subprime�??-Markt aufzubauen sei; Terminus und Zielrichtung erscheinen im EU-Kontext nicht angebracht.
II. Systemische Aspekte von Krisenanfälligkeiten in USA
Es erschien mir notwendig, zunächst die Bundesrepublik detalliert zu betrachten, da sich nur dann signifikante Unterschiede zu den USA erschließen.
1) Der Public Governance zuzuordnende Aspekte:
a) Gefahren des „equity approach�??
In angloamerikanischer Betrachtungsweise wird Immobilienbesitz nach dem „equity-approach�?? beurteilt: Die Immobilie ist eines neben anderen „assets�??, über die oft nach kurzfristigen Kriterien disponiert wird. „Home equity�?? resultiert aus der Differenz zwischen dem Marktwert der Immobilie und dem Wert der auf ihr lastenden Verschuldung durch „mortgages�??. Bei steigenden Marktpreisen erlaubt die Nachbelastung mit neuen „mortgages�?? (second and third mortgages) einen entsprechenden „cash-out�?? auf die Immobilie; der Eigentümer kann hieraus Erneuerungsinvestitionen bestreiten, andere Schulden tilgen (z.B. teure Kreditkartenschulden) oder beliebige Ausgaben machen (z.B. Käufe von Autos, „college education „�?�). Bei fallenden Zinsen ergibt sich ebenfalls die Möglichkeit eines „cash-out�??, durch Ablösung einer höher verzinslichen „mortgage�?? durch eine hinfort niedriger verzinsliche („refinancing�??). Da in USA bei den ohnehin selteneren bzw. kürzerlaufenden Festsatzfinanzierungen i.d.R. keine Vorfälligkeitsprämie anfällt, war „refinancing�?? ein großes Thema während der Periode fallender Zinsen seit Ende der 1990er Jahre. Ein weiteres Beispiel für die „Liquidisierung�?? von Grundbesitz sind „reverse mortgages�?? für ältere Eigenheimbesitzer, womit diese aus dem Erlös Ausgaben von Familienmitgliedern bestreiten – im Vertrauen (der Erben) auf steigenden Marktwert der Immobilie. Wir finden den „equity approach�?? mit seinen Finanzierungsvarianten m.W. durchgängig in Untersuchungen der FED oder in der amerikanischen Literatur zu Kreditrisikomodellen der Banken, oft unter dem Oberbegriff des „consumer lending�??. Der „approach�?? ist Teil der Kreditkultur, und damit der Public Governance. Nachdem nun die Krise eingetreten ist, sollten die am Marktwert orientierten Formen des „equity release�?? als eine der strukturellen Anfälligkeiten erkannt werden. Erinnert sei zum Vergleich, dass beim Zusammenbruch der Immobilienblase („bubble�??) in Großbritannien Ende der 1980er Jahre mehr als eine Million britischer Haushalte „negative home equity�?? aufwiesen und es etwa fünf Jahre dauerte, bis die Krise überwunden war.
b) Komplexitäten im Rechtssystem
Einige Worte seien zur Rechtskultur angefügt. Angloamerikanische Kreditverträge sehen üblicherweise „covenants�?? vor – Bestimmungen, die unter gewissen Bedingungen einen Auszahlungsstop oder die Rückzahlung eines Darlehens auslösen („triggers�??). Ein – auch bei uns üblicher – „covenant�?? stellt das Darlehen fällig, wenn der Wert der Immobilie unter die Darlehensforderung fällt. Der „credit default�?? wird naturgemäß viel rascher ausgelöst, wenn der „covenant�?? an den Marktwert der Immobilie anknüpft als an einen ungleich konservativeren Beleihungswert nach deutschem Muster. Hinzu kommt seit langem die Beobachtung, dass im angloamerikanischen Denken viel härter mit dem Tatbestand des „credit default�?? umgegangen wird als in kontinentaleuropäischen Traditionen. Erinnert sei an die theoretische Literatur zu Ratings, wo wir den „default�?? als gängige Option für den Gläubiger antreffen – es kann für den Gläubiger günstiger sein, ein Unternehmen im Wege des „default�?? zu kaufen anstatt es durch Stützungsmaßnahmen zu erhalten (KMV, options pricing Modelle). (Eine Bemerkung nebenbei: Es wird ja auch als moralisch nicht anstößig empfunden, wenn ein Finanzinstitut oder ein Unternehmen durch Spielarten von Leerverkäufen seiner Aktien in den „near-default�?? getrieben wird.) Kontinentaleuropäische Gesetze sind darauf ausgerichtet, der Wahrscheinlichkeit eines „default�?? möglichst wirksame Barrieren entgegenzusetzen (in USA zielen – komplizierte – vertragliche Bestimmungen zu SVP�??s darauf, „remoteness of default�?? zu erreichen). Tritt jedoch die Notwendigkeit der Zwangsversteigerung als unabwendbar ein, so sorgen einschlägige Bestimmungen z.B. in der Bundesrepublik für eine zügige Durchführung. Hingegen stellt sich Zwangsversteigerung in USA als langwieriger und für den Hausbesitzer schmerzhafter, kostenträchtiger Prozeß dar. Hierauf hat Lawrence Summers, früher Finanzminister und nun von B. Obama zum Vorsitzenden des National Economic Council berufen, im Zusammenhang mit den sozialen Folgen der subprime-Krise hingewiesen und eine Reform des Bankruptcy Code gefordert.[11]
Wenn nach mehr Klarheit und Transparenz gerufen wird, so betrifft dies auch den Begriff der „mortgage�??. Im täglichen Sprachgebrauch ist nicht immer deutlich, ob mit „mortgage�?? die besicherte Forderung oder die grundbuchliche Sicherheit selbst gemeint ist. „Mortgage�?? wird oft als Sammelbegriff für sämtliche Grundpfandrechte verwandt, so auch bei „Mortgage Backed Securities�?? (MBS)[12]. Die Rechtsnatur der „mortgage�?? ist jedoch innerhalb der USA umstritten; es stehen sich zwei Grundsätze gegenüber – die title theory und die lien theory. Vor allem in den Ostküstenstaaten ist die title theory vertreten – der Sicherungsnehmer, z.B. die Bank („mortgagor�??), wird formal Eigentümer bis zur Rückzahlung der gesicherten Forderung, jedoch behält der Sicherungsgeber („mortgagee�??), z.B. der private Hauseigentümer, ein „interest�??, darunter das Besitzrecht, an der Immobilie, er bleibt „equitable titleholder�??. Nach der lien theory – geltend in Kalifornien und in Staaten westlich des Mississippi – erhält der „mortgagor�?? lediglich ein Sicherungsrecht (lien) und das Eigentum erst bei der Zwangsversteigerung. Der Verband Deutscher Pfandbriefbanken (vdp) hat im Zuge der rechtlichen Prüfung U.S.-amerikanischer Deckungswerte für deutsche Hypothekenpfandbriefe eine ausführliche Studie vorgelegt[13], auf die wegen der außerordentlichen Kompliziertheit der Materie zu verweisen ist. Es mehren sich inzwischen Stimmen, dass infolge der Dramatik der subprime-Krise erhebliche praktische Schwächen des amerikanischen Zivilrechts und des richterlichen „case law�?? deutlich wurden. So ist es für Banken nicht unbedingt vorteilhaft, wenn sie nach der title theory früh Eigentümer der beliehenen Immobilie werden; „bank owned homes�?? dürften ihnen bei Zahlungsschwierig- keiten des Schuldners administrativ zur Last werden. Rechtliche Gefahren liegen auch in der Vielfalt der Instrumente. Als Beispiel sei die in Kalifornien und Arizona übliche „non-recourse mortgage�?? erwähnt: Bei der Zwangsversteigerung haftet der Darlehensnehmer nicht für die nach der Verwertung eventuell verbleibenden Restschulden aus dem Vertrag. Wurde dieses Risiko im Wege der Verbriefung weitergegeben, so trifft es den Erwerber einer MBS[14]. Auch erweist sich die offenbar nicht gängig notwendige Eintragung hypothekarischer Kreditsicherheiten in das Grundbuch[15] als problematisch im Vergleich zur Rechtssicherheit, die etwa das deutsche Grundbuch den Gläubigern – und dem Immobilieneigentümer selbst – mit Eintragung der Grundsicherheiten und deren Rangfolge bietet.
An dieser Stelle sollte auch auf die Komplexität von „public offering�??-Memoranden und Prospekten hingewiesen werden, die im Zuge komplizierter gewordener Strukturen der Verbriefung zusehends umfangreicher und für den Investor schwerer verständlich werden.
c) „Origination“ und �??Securitization“ von „subprime real estate finance�??
Es entsprach dem politischen Willen mehrerer US-Regierungen bis in die jüngste Zeit, auf breiter Basis Wohnungseigentum für Ersterwerber zu ermöglichen und das Angebot an „affordable housing�?? massiv auszuweiten auch für besonders bedürftige Kreise, darunter ethnische Minoritäten. Eine „Dreiteilung�?? kennzeichnet die Kundenschichten, die mit der Originierung von „mortgages�?? angesprochen werden: Prime, alt-A („alt�?? = „alternative�??) und subprime. Als Prime gilt ein Darlehen, wenn der Schuldner eine hohe Stufe in einem der gängigen Scorings erreicht, der Beleihungsauslauf bei weniger als 85 % liegt und der Schuldendienst unter 55 % des verfügbaren Einkommens bleibt. Alt-A ist eine Grauzone, bei der einzelne Kriterien (z.B. in den Nachweisen zur Kredithistorie) nicht erfüllt sind. Subprime-Schuldner weisen einen erkenntlich erhöhten „risk of default�?? auf infolge „�?�weakened credit histories that include payment delinquencies, and possibly more severe problems such as charge-offs, judgements, and bankruptcies. They may also display reduced repayment capacity as measured by credit scores, debt-to-income ratios, or other criteria that may encompass borrowers with incomplete credit histories“. Die Definition stammt aus den Guidelines des US-Finanzministeriums von 2001! Es sei erinnert, dass der US Tax Code Steuerabzug für Zinsen und Teile der Tilgungen auf Wohnungsbaukredite erlaubt – eine im internationalen Vergleich einmalige Förderung seitens des Staates und heute als maßgebliche Determinante der „market excesses�?? erkannt – die USA wurden „führend�?? in der Verschuldung privater Haushalte! Unter der Clinton-Administration wurde wiederholt Druck auf Fannie Mae und Freddie Mac ausgeübt, ihre Ankäufe von MBS aus subprime- und alt-A-originierten Darlehen auszuweiten. Den „American Dream�?? formulierte Präsident George W. Bush im Oktober 2002: „We want everybody in America to own their own home�??[16]. Es ist nicht nur eine Tolerierung, sondern ein bewusstes Propagieren des subprime-Bereichs durch die öffentliche Hand zu konstatieren.
Der Markt für „subprime mortgages�?? entwickelte sich von nahezu Null noch in 1993 auf geschätzte 600 Mrd. $ in 2006, gut ein Fünftel der insgesamt im Land originierten „mortgages�??. Infolge zunehmender Konkurrenz im Markt setzte ab Ende 2004 eine Aufweichung von Standards ein. Einmal hinsichtlich der Ausgestaltung der Darlehen wie die Einräumung tilgungsfreier Perioden von bis zu zehn Jahren, niedrige Anfangsverzinsung mit späterer Anpassung an eine Referenzbasis wie LIBOR mit hohen Aufschlägen („adjustable-rate mortgages with rising interest rates�??), „piggy loans�?? zur Bestreitung der Anzahlungen. Zum anderen wurde, wie oben beschrieben, bewußt auf Bonität verzichtet („NINJA�??- „no income, no job or assets�??), vielfach auch auf die Dokumentation zur Kredithistorie. Vertragsbestimmungen wie covenants wurden aufgeweicht. Marktpraktiken reichten von der Nichtbeachtung von Bestimmungen des Verbraucherschutzes bis hin zu betrügerischem Verhalten – ein Umstand, der vom damaligen Chef der FED, Alan Greenspan, ohne sichtbares Einschreiten beklagt wurde. Offenbar wurden „subprime–mortgages�?? häufig allein zwecks Verbriefung originiert, d.h. im Ziel, Provisionen beim anschließenden „packaging�?? und dem Transfer der Risiken zu erlangen. Broker und Gesellschaften, die „mortgages�?? originieren und zum Verkauf als MBS bündeln, verbleiben gegen Provision oft als „Servicer�?? oder „Trustee�?? in der Transaktionskette. Es finden sich darunter „credit companies�?? im Einflussbereich großer und bekannter US-Finanzinstitute. Viele Marktteilnehmer faillierten. IOSCO spricht in ihrem „Final Report�?? zur subprime crisis vom Mai 2008 von „weak government oversight�?? über die „originating entities�??[18] – wohl ein sehr mildes Urteil angesichts der offenbar grundlegenden Mängel in Regulation und Aufsicht; der Bericht macht jedoch Empfehlungen (federführend für das Dokument war die SEC/Securities and Exchange Commission der USA mit AMF/Autorité des marchés financiers Frankreichs; auch die BaFin war Mitglied der Task Force).
Wie eingangs gesagt, baut die Immobilienfinanzierung in USA auf die Effizienz der Verbriefungen im „Sekundärmarkt�??; dieser bestimmt essentiell, wie viel „mortgage credit�?? für Hauseigentümer im „Primärmarkt�?? verfügbar ist. So nahm – dank des öffentlichen Rückhalts und der Aktivitäten im Markt – die Verbriefung von Wohnungsbaukrediten als RMBS einen ungeahnten Aufschwung Die Wertpapiere – im Vergleich zu Regierungs- oder Unternehmensanleihen – boten Investoren wie Versicherungen, Banken und Pensionsfonds eine ansprechende Verzinsung. Auch RMBS, die auf „subprime mortgages�?? basieren, wurden zu durchaus populären Kapitalmarktinstrumenten. Abgesehen vom privaten – unregulierten – Markt werden Verbriefungen in großem Umfang von den staatlich „gesponsorten�?? Institutionen Fannie Mae und Freddie Mac aufgekauft. Diese haben sich ihrerseits durch Bonds und ein dichtes Netz von Derivaten weltweit verschuldet (Fannie beanspruchte auch den deutschen Kapitalmarkt mit großen Emissionen). Beide Institute werden – ungeachtet der staatlichen Intervention und ihrer guten Benotungen durch die Ratingagenturen – weiterhin als potentiell „systemisches Risiko�?? beobachtet.
In der Analyse des „turmoil�?? hält das IIF fest, dass „hybrid structures and structures involving subprime mortgages were originally the most hit, with contagion spreading to other ABS structures“[19] Hierin ist die Sorge um die Krisenanfälligkeit eines Segments des Verbriefungsmarktes – des subprime-Marktes – zu sehen. Es ist jedoch festzuhalten, dass MBS-Strukturen generell ein valides und notwendiges Instrument der Gesamtbanksteuerung bleiben – und „conduits�?? sich dann als robust erwiesen, wenn sie hinsichtlich der Qualität der Portfolien sowie des Bonitäts- und Liquiditätsrückhalts seitens der sie aufsetzenden Institutionen transparent sind.[20]
Der Markt für „Collateralized Debt Obligations�?? (CDO�??s) hat in den letzten Jahren einen enormen Aufschwung genommen (geschätztes Volumen 2007 $ gut 500 Mrd.). Im Unterschied zu einer „mortgage�?? oder einer MBS investiert der CDO-Investor nicht direkt in „underlying assets�??, sondern in verschiedene Klassen von Bonds und Equity, die von einem SPV emittiert werden, das seinerseits Pools an Krediten oder Derivaten wie Credit Default Swaps (CDS) erwirbt. Die Emissionen des SVP werden im „Wasserfallverfahren�?? nach bestimmten Tranchen geratet (z.B. AAA oder BBB und „non-rated�?? für die das höchste Risiko tragende „first loss tranche�??). Unter den Pools sind auch RMBS, „home equity asset-backed securities“[21] oder CMBS anzutreffen. Die Position des CDO-Investors richtet sich jedoch nach den für das SVP als Intermediär definierten Ertrags- und Risikoprofilen, seinen Ratingstrukturen und den angewandten mathematischen Modellen. CDO�??s dienen überwiegend der Arbitrage. Zur Methodik der CDO�??s, und den hierin inhärenten Problemen, sei auf die aktuelle Literatur verwiesen[22] Den CDO�??s ist ein gerütteltes Maß der generellen Kritik an der Finanzkrise zuzuordnen: Mangelnde Transparenz und Liquidität von Finanzprodukten, Bewertungsprobleme (sie sind enorm insbesondere, wenn CDO�??s auf Portfolios von CDO�??s gesetzt werden), das Fehlverhalten der Ratingagenturen, der Erwerb von „Mezzanine ABS CDO�??s�?? (weitgehend basierend auf subprime-Portfolien) durch Banken in Europa sowie den Kollaps von zwei – übrigens auf den Cayman Islands etablierten – Hedge Funds bei Bear Stearns. ABS CDO�??s haben wesentlichen Abschreibungsbedarf bei Investoren ausgelöst, der infolge der „leverage�?? überproportional zum Preisrückgang eines ggf. zugrunde liegenden „mortgage portfolio�?? ausgefallen sein mag.
d) Verfall der Preise für ABX.HE Indizes
Auf der Grundlage der starken Emissionstätigkeit im subprime-MBS-Markt sowie der Markteinführung von MBS-basierten CDS-Kontrakten[23] wurde Anfang 2006 eine Familie von ABX Indizes geschaffen, die aus einer Serie gleich gewichteter statischer Portfolien von CDS mit Referenzierung auf 20 subprime MBS-Transaktionen bestehen. Die Indizes erlauben Investoren einen �??macro view“ auf den MBS-Sektor und sind Instrumente für Hedging und Handel sowie zur Bewertung von Portfolien an „subprime mortgages�??. Da Standardkontrakte auf die Indizes gehandelt werden, tragen sie zur Liquidität und Transparenz des Marktes bei. Derzeit stehen noch vier Index-Serien aus. Der Rückgang der Preise für Wohnimmobilien seit Sommer 2007 führte zu einem Verfall der Preise für die Indizes und hohem Abschreibungsbedarf, gab jedoch auch Anlaß zu verschiedenen methodischen Zweifeln, u.a. ob die ABX.HE Indizes aufgrund ihrer begrenzten Referenzbasis geeignet sind, Entwicklungen im subprime-Markt repräsentativ abzubilden und den Investor prognostisch zu unterstützen. Die Zukunft der Indices gilt als zweifelhaft.
e) Vielfalt des staatlichen Aufsicht, Defizite der „Regulation�??
Die Vielfalt der im „oversight�?? von „mortgage finance�?? zuständigen Behörden gibt angesichts der Krise in besonderer Weise Anlaß zur Frage, inwieweit das herkömmliche System zukunftsträchtig ist. Die Banken werden reguliert vom Federal Reserve System, dem Comptroller of the Currency, der Federal Deposit Insurance Corporation (FDIC); die �??federal savings associations“ – mit Überschneidungen zu den Banken – vom Office of Thrift Supervision; die „federal credit unions�?? von der National Credit Union Administration; Versicherungen von den einzelnen Bundesstaaten; über die Kapitalmarktaufsicht übt die Securities and Exchange Commission (SEC) Einfluß auf praktisch alle Akteure und ihr Konzerngeschäft wie Investmentbanking, Fondsgeschäft etc. Einfluß aus. SEC und die Commodity Futures Trading Commission (CFTC) schlossen im März 2008 ein Memorandum of Understanding zu ihrer Zusammenarbeit ab.
Straffungen sind zu verzeichnen – so der Zusammenschluß im Juli 2008 des früheren „Federal Housing Finance Board�?? (FHBF) und des „Office of Federal Housing Enterprise Oversight�?? (OFHEO) zur Federal Housing Finance Agency, insbesondere zur Regulation und Aufsicht der Aktivitäten der GSE�??s Fannie Mae und Freddie Mac sowie der zwölf Federal Home Loan Banks.
Aus einem kürzlichen Hearing über die Rolle der bundesstaatlichen Regulatoren im „House Committee of Government Oversight and Reform�?? wurde offen berichtet: „Current and former financial regulators told Congress that they made fateful mistakes that helped drive the global financial system to the brink of desaster. �??We have learned that voluntary regulation does not work�?? SEC chair Cox said. �?? [24] Von der Berufung des bisherigen Chefs der FED New York, Timothy Geithner, zum neuen amerikanischen Finanzminister wird eine Neuordnung der Finanzaufsicht erwartet. Bundespräsident Dr. Horst Köhler formulierte in seiner Frankfurter Rede vom 21. November 2008: �??Die Kette des Versagens schließt viele ein. Markt und Staat: Beteiligt sind beide.�??[25] Die Neuorientierung in USA dürfte sich – angesichts der „largely lit together regulatory structure�?? – auf Themen wie Fokussierung und Effizienz der Aufsichtsorgane, Verbesserung der Aufsicht über Aktivitäten innerhalb der Finanzgruppen (einschl. ihrer „conduits�??) und internationale Koordinierung von Standards richten. Es ging wohl maßgeblich auf deutschen Einfluß zurück, wenn in der kürzlichen „Declaration�?? der G 20 steht: „We pledge to�?�ensure that all financial markets, products and participants are regulated or subject to oversight�?��??[26] Vorrangig wird es den USA und dem UK – Gastgeber für das nächste G 20-Treffen in London am 31. März 2009 – obliegen, „non cooperating jurisdictions�?? wie die Cayman Islands und die Channel Islands (Sitz vieler Fondskonstruktionen auch für „real estate finance�??) in Reformen zu Transparenz und Kontrolle einzubinden. Marktteilnehmer halten die Entwicklung einer Aufsichtsstruktur für derivative Produkte notwendig.[27] Dies gilt insbesondere für Credit Default Swaps nach dem Drama, das die – unregulierte (nach deutschem Versicherungsrecht nicht vorstellbare!) – „AIG Financial Products Corp.�??- Unit für den Beinahe-Kollaps des – ansonsten normal arbeitenden, als Holding regulierten – Versicherungskonzern AIG verursachte. Die Reform wird sich auch auf die Begrenzung von Interdependenzen und Klumpenrisiken auf den Märkten auszurichten haben.[28] Aus europäischer Sicht wird die – bislang zögerliche – Umsetzung von „Basel II�?? angemahnt, nicht zuletzt im Hinblick auf die Kapitalunterlegung für „offshore�??-Einheiten.
f) „Easy Money Policies�??
Die Ursachenforschung zum „housing price bubble�?? – und zu früheren Phänomenen wie „dot.com bubble�?? – hat die expansive Geldpolitik der FED, einschl. der Effekte von Zinssenkungen, hinreichend beleuchtet. Seit langem war ein Methodenstreit zu beobachten: Soll eine Zentralbank frühzeitig bei Überhitzungserscheinungen im Immobilienmarkt präventiv eingreifen – so eine traditionelle Einstellung der Deutschen Bundesbank – oder ist es nicht eher angebracht – auch weil der Tatbestand einer potentiellen Überhitzung schwer zu erkennen ist – erst retroaktiv einen „bubble�?? zu bekämpfen, sobald dieser sich negativ auf die Konsumgüterpreise auswirkt – so die Einstellung der FED, personifiziert durch ihren langjährigen Präsidenten Alan Greenspan. Wir haben hier das breitere Mandat der FED zu bedenken, das nicht nur vorrangig auf die Sicherung des Geldwertes gerichtet ist – wie im kontinentaleuropäischen Denken -, sondern auch auf Förderung von Wachstum und Beschäftigung. Diese Duplizität im Mandat führt notwendigerweise zu Zielkonflikten. Man sieht – auch seitens akademischer Kenner wie A. Meltzer – die FED als zu abhängig von – kurzfristigen – Zielvorstellungen im US-Congress und empfiehlt Maßnahmen, ihre Unabhängigkeit statutarisch und in den Instrumenten der Geldpolitik zu verbessern. (Die Unabhängigkeit der Europäischen Zentralbank hat – aufgrund des Maastrichtvertrages – Verfassungsrang!) Die Debatte ist von grundlegender Bedeutung, zumal allenthalben nach einer stärkeren Rolle der Zentralbanken im „prudential market oversight�?? gerufen wird.
2) Der Corporate Governance zuzuordnende Aspekte
a) Kreditprüfung beim „onboarding�?? von „mortgages�??
Bei der Vermittlung und der Zusage von Hypothekendarlehen war – bislang – zu beobachten, dass einzelne Banken geringere Standards an die Kreditprüfung anlegen, wenn die Darlehen im Wege des „packaging�?? verbrieft und nicht in den eigenen Büchern gehalten werden. Inzwischen wurde erkannt, dass ein solches Vorgehen mit ordentlicher Marktpraxis nicht vereinbar ist. Die – richtige – Zielsetzung, Bonitätsrisiken zu transferieren und breit zu verlagern, kann nur dann zu einer systemisch sinnvollen Riskoverteilung führen, wenn der Verbriefer die gleiche „due diligence�?? zugunsten des Erwerbers wie in eigenen Angelegenheiten durchführt. Es ist jedoch trügerisch, wenn Risiken – u.a. infolge ihrer subprime-Kriterien – juristisch „versteckt�?? weitergegeben werden. Denn bankfremde Erwerber – wie etwa Fonds – zeigten sich vielfach als überfordert, in gleicher Weise wie die abgebende Bank den wahren Risikogehalt einer verbrieften Transaktionen zu erkennen.[29] Das IIF hat – nach sorgfältiger Analyse der bei Originators/Sponsors/Underwriters/Distributors sowie der bei Ratingagenturen und Investoren gegebenen Situation[30] – daher als �??market best practice“ zusammenfassend empfohlen, dass Banken Verbriefungsprodukte nur dann verkaufen, wenn sie diese auch selbst nach dem Prinzip „hold-to-maturity�?? behalten würden. Es handelt sich hier um ein Gebot der Transparenz, letztlich auch des ethischen Verhaltens der Bank im Verhältnis zum Kunden.[31]
b) Risk Management/Valuation/Disclosure
Die vom „subprime mortgage�??-Markt ausgehenden Entwicklungen auf den Finanzmärkten haben zur Neubesinnung im Risikomanagement der Finanzinstitute und des ihm in der Struktur der jeweiligen Corporate Governance zukommenden Stellenwertes geführt. Die bereits Ende der 1990er Jahre vom Basler Bankenausschuß geforderte Unabhängigkeit des Risikomanagement und seiner Gleichrangigkeit mit den geschäftsorientierten Bereichen – organisatorisch bis in die oberste Geschäftsleitung sicherzustellen – erhält neue Bedeutung. Die Forderung ist insbesondere, dass sich das Risikomanagement umfassend auf alle Aktivitäten erstreckt, die sich im „Bankenbuch�?? (darunter „hold-to-maturity�??) und im „Handelsbuch�?? (darunter „earmarked for sale�??) niederschlagen, aber auch auf alle organisatorisch zuzuordnenden „units�?? (einschl. „off-balance-sheet�?? wie SIV�??s und „conduits�??), um Risikoprofile – unterstützt durch hohe Standards im IT – zu ermitteln und zur Entscheidung zu bringen. Die Krise hat eindringlich – insbesondere für Institute mit Sitz in den USA, UK und Irland – die Notwendigkeit einer begleitenden umfassenden Liquiditätssteuerung – mit Stress-Szenarien auch für extreme Marktsituationen – verdeutlicht. Mit Hilfe des Risikomanagements muß die Geschäftsleitung die Angemessenheit ihrer „business models�?? überprüfen – wie können kurzfristige und nachhaltige Ertragsziele bei einzelnen Einheiten der Gruppe sowie aggregierend für den Konzern erreicht und gesichert werden.
Ein Themenfeld der derzeit diskutierten Probleme berührt die Kompliziertheit der Modelle für die Ermittlung von Risikopositionen (Sensitivität, Korrelationen, Annahmen für die Modelle- z.B. Annahmen zu makroökonomischen Entwicklungen, „model-uncertainty�??, Prozyklizität). Hieraus folgt die Frage nach der Verständnisfähigkeit der genehmigenden Organe (Geschäftsleitung, Aufsichtsrat, Ausschüsse des Aufsichtsrats – insbesondere das Risk und das Audit Committee – dort sind zusehends Abwehrreaktionen festzustellen – Rückkehr zum „gesunden Menschenverstand�??). Zweifelsohne muß „board education�?? sich auch auf das Verstehen von Derivaten erstrecken, doch sollte gerechterweise geprüft werden, bis zu welchem Grade dies verlangt werden kann. (Zu erinnern ist an die Mitgründung des Hedge-Fonds LTCM durch Nobelpreisträger Myron S. Scholes[32] oder die Abstützung des AIG-Management auf von Gary Gorton/Yale entworfene Modelle für CDO�??s[33].)
Neben Risikomanagement kann hier auf die beiden anderen großen Themenbereiche der „holistischen�??, d.h. gesamthaften Betrachtungsweise nur hingewiesen werden – Valuation und Disclosure. Bei Valuation geht es um die grundsätzliche Bedeutung des Marktwertes bzw. des fair value für die Bewertung von Finanztransaktionen, aber auch um die Schwierigkeiten, wenn – wozu die subprime-Krise führte – durch Preisverfall von „underlyings�?? Marktwerte für Transaktionen nicht mehr verfügbar sind und alternative, kosten- oder modellbezogene Daten zu finden sind.[34] Hinsichtlich besserer Disclosure sind vielfältige nationale und internationale Bemühungen zu nennen, die auf bessere Informationen an Investoren und damit Transparenz zu Positionen aus „real estate finance�?? und SIV�??s der Finanzinstitute zielen.
c) Vergütungsstrukturen
Es ist erkannt, dass – von angloamerikanischen Usancen ausgehend – Vergütungsstrukturen sich als für einzelne Unternehmen sowie systemisch risikoerhöhend auswirken: „Incentives�??, die an kurzfristigen Ertrag knüpfen, führten vielfach zu längerfristig steigenden Risikopositionen und „leverage�??. Dies insbesondere aggregierend, wenn die „Incentives�?? nicht nur für das Top-Management, sondern für die Handelsbereiche und weitere Kompetenzebenen im Unternehmen üblich wurden. Gerade auch in „real estate finance�?? sind Fälle eingetreten (z.B. früher Falschbewertungen in den Bilanzen von Fannie Mae und Freddie Mac mit der Folge der Notwendigkeit des „restatement�?? der Gewinne über mehrere Jahre; Vergütungen bei Washington Mutual), die die Notwendigkeit der Neuorientierung unterstreichen.
III. Zur Global Governance
Die „Declaration�?? des Washingtoner Gipfels der G 20 weist Internationalen Finanzinstitutionen eine wichtige Rolle bei der Koordinierung und Unterstützung nationaler Maßnahmen zur Überwindung der Finanzkrise zu.
Es fällt auf, dass die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ), Basel, in dem Dokument zwar nicht ausdrücklich erwähnt wird. Sie dürfte jedoch unverändert ihre dreifache Rolle als analytisches „Gewissen�?? der globalen Finanzmärkte – mit vorzüglichem Research -, ferner als „Bank der Zentralbanken�?? sowie als Sekretariat des „Basel Committee on Banking Supervision�?? sowie der weiteren „Committees�?? zur Versicherungsaufsicht einschl. des „Financial Stability Forum�?? (FSF) fortsetzen. Die kürzliche Berufung von Jaime Caruana als Generaldirektor der BIZ deutet in diese Richtung. Die BIZ war übrigens diejenige internationale Institution, die am frühesten vor systemisch abträglichen Folgen von Finanzierungspraktiken im amerikanischen „real estate finance�??-Sektor warnte!
Hingegen weist die „Declaration�?? dem Internationalen Währungsfonds zentrale Aufgaben in der „crisis response�?? zu. Seine Rolle „in providing macro-financial policy advice�?? soll gestärkt werden. Zusammenarbeit sieht die „Declaration�?? zwischen dem IWF und insbesondere dem FSF vor, die Mitgliedschaft des FSF solle um Schwellenländer erweitert werden. Bis 31.3.2009 sollen Empfehlungen hoher praktischer Bedeutung erarbeitet werden: „The IMF, expanded FSF, and other regulators and bodies should develop recommendations to mitigate pro-cyclicality, including the review of how valuation and leverage, bank capital, executive compensation and provisioning practices may exacerbate cyclical trends�??.
Bislang fehlte dem IWF das politische Mandat, in jedem seiner Mitgliedsländer sog. „Financial Sector Assessment Programs�?? (FSAP�??s) durchzuführen. Die USA hatten dies für sich stets abgelehnt (Allan Greenspan wird der Ausspruch nachgesagt: „Only over my dead body�??). Zu den Gründen für die viel beklagte Erstarrung des IWF und dem eingetretenen Vertrauensverlust als Institution dürfte sicher zählen, dass sich die USA als Mitgliedsland mit dem bei weiten höchsten Stimmenanteil (16,77 %; Bundesrepublik 5,88 %) – und zudem mit Washington DC als Sitzstaat – nicht nur überfälligen Reformen zu seiner Corporate Governance, sondern auch einem FSAP versagte. Wohl ging der IWF in seinem jährlichen „Global Financial Stability Report�?? auf die USA ein.[35]
Die „Declaration�?? bringt nun einen Durchbruch: „�?�all G-20 members commit to undertake a Financial Sector Assessment Program (FSAP) report and support the transparent assessments of countries�?? national regulatory systems�??. Zwar wird der IWF nicht ausdrücklich erwähnt und es handelt sich „nur�?? um eine „medium-term action�??. Doch dürfte der IWF nun das Mandat haben, sich mit den Komplexitäten des größten Finanzmarktes der Welt kritisch zu befassen. Es sollte für den IWF eine Chance und Aufgabe bedeuten, den Fokus eines „Report on the Observance of Standards and Codes�?? (ROSC) zu den USA auch auf die Krisenanfälligkeiten in der Immobilienfinanzierung zu richten und damit notwendigen regulatorischen [Ä]nderungen autoritativen internationalen Rückhalt zu geben. Wenn man ROSC�??s über verschiedene Länder studiert, so fehlt m.E. bislang Aufmerksamkeit für „vulnerabilities�?? in der Immobilienfinanzierung. So wurden im Bericht des IWF über die Bundesrepublik Deutschland vom November 2003 zwar Risiken des deutschen „Drei-Säulen-Modells�?? analysiert, die Wohnungsbaufinanzierung jedoch nicht erwähnt, auch nicht hinsichtlich der stabilitätspolitisch vergleichsweise positiven Aspekte, wie die privaten Ersparnisse durch Bausparen oder mit Hilfe des Pfandbriefs in den Immobilienerwerb gelenkt werden.[36] Dem Exekutivdirektorium des IWF ist hier m.E. eine inhaltliche Neuorientierung der FSAP�??s anzuraten.
Zur Weltbank-Gruppe wird in der „Declaration�?? die Aufgabe betont, Ländern zur Verfügung zu stehen, die durch die Krise (ohne eigenes Zutun) betroffen sind, sowie ihre „development agenda�?? fortzusetzen. Wenn die essentiell auf Armutsbekämpfung ausgerichteten „Milleniums-Ziele�?? bekräftigt werden, so erscheint es angebracht daran zu erinnern, dass diese – ohnehin zu ehrgeizig formulierten – Ziele nicht nur mit der Bereitstellung finanzieller Resourcen, sondern mit strukturellen Maßnahmen in den Entwicklungsländern anzugehen sind. Mit geeigneten Maßnahmen der Gesetzgebung und des „institution building�?? in der Wohnungsbaufinanzierung können rasch und umfassend sozial motivierte Ergebnisse erreicht werden. Wie eingangs gesagt, sollte die Weltbank und ihre Schwestergesellschaft International Finance Corporation (IFC), aber auch die – ebenfalls in Washington ansässige – Inter-American Development Bank sich mehr als bisher kontinentaleuropäischen Standards zuwenden; dies würde freilich eine Abkehr von den bislang eher am Gastland orientierten Modellvorstellungen bedeuten.
Es wird auf europäischer Seite großer Festigkeit und Umsicht bedürfen, als notwendig erachtete Korrekturen – auch in den kausalen Fragen der Immobilienfinanzierung – im Dialog mit den USA und innerhalb der Internationalen Finanzinstitutionen zum Tragen zu bringen. Der Bundesrepublik ist zu raten, der Entsendung von Ideenträgern und professionell ausgewiesenem Personal hohe Priorität einzuräumen. Gerade kleinere Länder etwa in Zentral- und Osteuropa erhoffen sich diesbezüglich gestaltende deutsche Beiträge.
Copyright: martin.murtfeld@t-online.de.
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Immobilien-Banking 2008/2009. Berlin 2008
[1] Die Deutsche Bank brachte seinerzeit Strategiepapiere zu einem „international safety net�?? in die International Monetary Conference ein, ein jährlich tagendes Treffen von CEO�??s führender Banken
[2] Das Center for Financial Studies – Prof. Jan Krahnen – stützt m.E. diese These. U.a. sei wichtig, dass verbriefende Banken – entgegen zu beobachtender Praxis – die am meisten mit Risiken belastete „first loss�??-Tranche in ihren Büchern behielten. www.ifk-cfs.de
[3] Im Nachhinein stellen sich drängende Fragen nach der Corporate Governance der betroffenen Institute, aber auch der Governance der Aufsicht, die sich auf mangelnde Mandate zur vorsorglichen Prüfung der „conduits�?? beruft. Schwer verständlich nach der Dramatik des Enron-Konkurses – und unterschiedlichen Vorgehens in der Bundesrepublik und z.B. in Spanien.
[4] Gem. Auskunft Verband der Privaten Bausparkassen e.V., Berlin
[5] Vgl. Murtfeld „Zur Wohnungsbaufinanzierung aus Geschäftsbankensicht�?? a.a.O. S. 15 ff.
[6] Vgl. Quentin a.a.O S. 32
[7] Vgl. Fitch a.a.O.
[8] ICMA Regulatory Newsletter November 6, 2008, S. 2
[9] Vgl. Ausführliche Beschreibung von Portfolio-Zielen in Murtfeld: Zur Wohnungsbaufinanzierung aus Geschäftsbankensicht a.a.O. S. 8 ff.
[10] Angesichts ihres hohen Sicherheitswertes sind Pfandbriefe von der Bundesregierung aus den jüngsten Stützungsmaßnahmen für deutsche Finanzinstitute ausgenommen. Ist es aber nicht eine Ironie der Geschichte, dass Pfandbriefe nun mit covered bonds konkurrieren müssen, die in anderen europäischen Ländern mit Regierungsgarantie versehen werden (UK) und mit Bankbonds, die eine staatliche Garantie genießen werden!
[11] Lawrence Summers: America needs a way to stem foreclosures. Financial Times 25. Februar 2008 S. 9
[12] In den beiden Grundfomeen der Residential Backed Security RMBS und Commercial Backed Security CMBS
[13] Stürner R./Kern Chr. A.a.O.
[14] vdp Immobilien-Banking 2008/2009 a.a.O. S. 11
[15] Stürner/Kern S. 65
[16] Zitiert nach Ferguson a.a.O. S. 267
[17] MBS basieren auf großen Pools aus individuellen „mortgage loans�??, gegen die Bonds in Tranchen je nach „seniority�?? begeben werden. Die Verzinsung richtet sich nach der Reihenfolge, in der die Tranchen je nach „seniority�??aus dem Cashflow aus dem Asset Pool bedient werden.
[18] IOSCO (International Organization of Security Commissions) a.a.O. S.6
[19] IIF a.a.O. S. 65
[20] Idem S. 66
[21] Verbriefungen von �??home equity loans“ = �??cash loans against a home equity“, meist kürzerlaufende �??second mortgages“ sowie �??home equity credit lines“
[22] Hamerle, Jobst a.a.O.
[23] Investoren handeln „protection�?? gegen „default risk�?? bei „subprime mortgages�??; starke Zunahme seit ihrem Einbezug in synthetische CDO�??s
[24] Zitiert nach ICMA Regulatory Newsletter vom 30.10.2008
[25] Köhler Horst a.a.O. S. 3.
[26] A.a.O. S.2
[27] Z.B. David Marchick/The Carlyle Group: Presentation to the Institute of International Bankers, New York, 17. November 2008 – �??Six Key Issues for Regulatory Reform“
[28] FED Chairman Ben S. Bernanke führte am 24. September 2008 vor dem Joint Economic Committee des US Congress aus (S. 3 des Statement): �??While perhaps manageable in itself, Lehman�??s default was combined with the unexpectedly rapid collapse of AIG, which together contributed to the development last week of extraordinarily turbulent conditions in global financial markets. These conditions caused equity prices to fall sharply, the cost of short-term credit �?�to spike upward, and liquidity to dry up in many markets.“
[29] Der Präsident der Europäischen Zentralbank, Jean-Claude Trichet, bemerkte beim European Banking Congress in Frankfurt am Main am 21.11.2008 pointiert: „Various ABS were issued without anybody knowing anything about the pool being securitized“. Zentralbanken hätten früh gewarnt.
[30] IIF a.a.O. S.85 ff.
[31] So Cees Maas auf dem European Banking Congress am 21.11.2008 anläßlich seiner Erläuterungen der „Principles of Conduct and Best Practice Recommendation�?? des IIF
[32] S. Interview mit Myron S. Scholes �??In dieser Krise könnte es noch schlimmer kommen“ FAZ 26.08.2008 S.23
[33] S. „Faulty computer models helped sink giant AIG�??, The Wall Street Journal Europe, 03.11.2008 S.1 und 31
Die Goethe-Universität Frankfurt am Main hat kürzlich eine Risikogruppe in ihrer Physik-Fakultät eingerichtet.
[34] Zur Lektüre empfohlen: Bänziger a.a.O. sowie das Kapitel „Valuation Issues�?? in IIF a.a.O. S. 71-84. Das Basel Committe on Banking Supervision hat soeben ein Konsultativpapier „Guidance for assessing fair valuation practices�?? veröffentlicht.
[35] Bereits im September 2003 s. Kapitel „The U.S. Mortgage Market, Fannie Mae, and Freddie Mac�?? S. 16 ff.
[36] S. International Monetary Fund: Germany�?�a.a.O
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Immobilienportfolio ist ratingentscheidend
Von Dr. Oliver Everling | 12.Januar 2009
Immobilienportfolien sind die entscheidende Betrachtungsebene, so das Fazit von Dr. Frank Blumberg in seinem Beitrag “ Rating von Immobilienportfolien vs. Rating von Immobilienunternehmen“ zum Buch „Rating von Immobilienportfolios“ im Immobilien Manager Verlag (www.immobilienmanager.de). Dr. Frank Blumberg ist Geschäftsführer der LBBW Immobilien GmbH in Stuttgart.
Ratingverfahren sind geeignet, Chancen und Risiken von Immobilienprojekten zu untersuchen sowie die Prinzipien einer nachhaltigen Entwicklung nachzuweisen und zu kommunizieren, urteilt Blumberg. Immobilienportfolien stellen dabei die wesentliche und entscheidende Betrachtungsebene des Rating für Immobilienunternehmen und Investoren in Immobilien dar. Der Blick auf die einzelne Immobilie aus der Froschperspektive allein, aber auch der singuläre Blick aus der Vogelperspektive der Bilanzanalyse sind aus dem jeweiligen Blickwinkel des externen Betrachters und des Verwendungszwecks nachvollziehbar, aber nicht ausreichend, stellt Blumberg klar.
„Das Rating von Immobilienportfolien darf dabei ausdrücklich nicht nur die Summe der bewerteten bzw. gerateten Immobilienobjekte abbilden, sondern muss das Management der Objekte, die Entwicklung über die Zeit und die dabei verfolgten Strategien berücksichtigen“, so Blumberg. Ebenso kann beim Rating von Immobilienunternehmen nicht bereits auf einer relativ hoch aggregierten Ebene (im Extremfall rein bilanzorientiertes Rating) Schluss gemacht werden und damit die wesentliche Ebene der Umsetzung von Unternehmens-, Investitions- und Portfolioentscheidungen auf Ebene der Immobilienobjekte ausgeblendet werden.
Insbesondere für Immobilienunternehmen und institutionelle Immobilieninvestoren sieht Blumberg Handlungsbedarf bei der systematischen Darstellung aller die Rendite beeinflussenden Faktoren auf der Ebene des einzelnen Investitionsobjekts zum Zwecke der Transparenz und zur Nachverfolgung von Investitionsentscheidungen. „Ein Entscheidungsunterstützungssystem für Immobilieninvestitionen sollte neben der Rendite immer auch das Risiko als zweite Zielgröße enthalten. Dieses System muss weitergehende Anwendungen der Risikoanalyse unterstützen und soll im Sinne eines Investitionscontrollingsystems auch nach erfolgter Investition zur Nachverfolgung von Rendite- und Risikoentwicklungen eingesetzt werden“, schreibt Blumberg. Die Aggregation der Einzelobjektinformationen auf der Ebene von Teilbeständen und des Gesamtbestands erfolge in einem Portfoliomanagementsystem, das gleichzeitig wesentlicher Bestandteil des Führungsinformationssystems sei.
Auf Seiten der Immobilienfinanzierer seien die Standards kritisch zu hinterfragen, kontinuierlich weiterzuentwickeln (d.h. an veränderte Nutzeranforderungen anzupassen) sowie der gewünschte Detaillierungsgrad festzulegen und zu konkretisieren, fordert Blumberg. Durch Anwendung eines Performance-Ansatzes lassen sich künftige Nutzeranforderungen zielgenauer mit den Eigenschaften der Immobilie abgleichen und dadurch die mittelfristige Verkäuflichkeit besser prognostizieren. Blumberg: „Weiterhin lässt sich über Datenhistorie von Immobilienkreditengagements die Analyse von Abhängigkeiten zwischen Immobilieneigenschaften und Kreditausfällen bzw. Verwertungserlösen verfeinern.“
Die auf Bankenseite eingesetzten Verfahren für das Immobilienrating sollten gegenüber Immobilienkunden aktiv kommuniziert werden, ermuntert Blumberg. Damit würden Kreditnehmer in die Lage versetzt, sich auf den Informationsbedarf der Kreditgeber vorzubereiten, und sie würden zusätzlich für Immobilienrisiken und mögliche Risikominderungsstrategien sensibilisiert.
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Immobilienportfolien versus -unternehmen
Von Dr. Oliver Everling | 12.Januar 2009
Die Kapitalanforderungen nach Basel I waren unabhängig von der Bonität des Kreditnehmers; aufgrund dieser in die Kritik geratenen Gleichbehandlung von Kreditnehmern mit erheblichen Risikounterschieden wurde durch Basel II eine risikoorientierte Bemessung der Eigenkapitalanforderungen im Bankensektor umgesetzt. Hierdurch sollte es zu einer risikoorientierten Margenspreizung im Kreditgeschäft kommen; d.h. günstigere Kreditkonditionen für Kunden mit ausgezeichneter Bonität und gleich bleibende bzw. unvorteilhaftere Konditionen für Kunden mit durchschnittlicher bzw. minderer Bonität. Es wurde erwartet, dass Basel II gerade die kapitalintensive, risikoreiche und traditionell mit wenig Eigenkapital ausgestattete Bau- und Immobilienbranche vor Finanzierungsprobleme stellen könnte, leitet Dr. Frank Blumberg seinen Beitrag “ Rating von Immobilienportfolien vs. Rating von Immobilienunternehmen“ ein zum Buch „Rating von Immobilienportfolios“ im Immobilien Manager Verlag (www.immobilienmanager.de). Dr. Frank Blumberg ist Geschäftsführer der LBBW Immobilien GmbH in Stuttgart.
Während das Regelwerk für Immobilienkredite an private Kreditnehmer (Finanzierung von privaten Wohnbauten) zahlreiche Erleichterungen hinsichtlich der bankaufsichtsrechtlichen Eigenkapitalanforderungen brachte, wurden andere Immobilienkredite (z.B. für Erschließungs- und Bebauungsmaßnahmen) zum Teil mit hohen Risikoaufschlägen belegt, berichtet Blumberg. Basel II eröffnete den Banken jedoch die Möglichkeit, die vorgegebenen Risikoaufschläge für gewerbliche Immobilienfinanzierungen nicht in Anwendung zu bringen und das mit der Immobilienfinanzierung verbundene Risiko selbst zu bestimmen. Voraussetzung sei, so Blumberg, ein Immobilienratingmodell, welches den Qualitätsanforderungen von Basel II entspricht und von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht akzeptiert wird.
„Diese Entwicklungen hinsichtlich der Fremdfinanzierung machten nicht nur in der Bankenwelt, sondern auch bei den Unternehmen der Immobilienbranche Veränderungen erforderlich. Denn die Verfahren im Bereich des Bonitätsrating, wie sie zur Überprüfung der Kreditwürdigkeit von Schuldnern eingesetzt werden, sind nicht direkt“, warnt Blumberg, „auf den Bereich der Immobilienfinanzierung oder die Immobilie selbst anwendbar.“
Noch immer sei die Frage, welche Auswirkungen Immobilienrating auf die Immobilienbranche haben, stark auf die Bankensicht fokussiert. In den Immobilienunternehmen herrsche oft noch, so die Erfahrung von Blumberg, eine abwartende, beobachtende, vielfach auch noch unaufgeklärte Haltung darüber, was Immobilienrating eigentlich ausmachen, wie sie aufgebaut sind, welche Aussagen sie machen. „Und dies, obwohl seit Oktober 2003 der europäische Dachverband der nationalen Immobilienbewertungsorganisationen, The European Group of Valuers Associations (TEGoVA), seine Broschüre „Markt- und Objektrating“ veröffentlichte.“
Mit diesem Ansatz sollen Chancen und Risiken von Einzelimmobilien und Immobilienportfolien differenzierter untersucht und verglichen werden können. Die seitdem verstärkt begonnene Durchsetzung von Standards für ein Property- und Market-Rating zeigt, so Blumberg, dass das Thema Immobilienrating weiter an Bedeutung gewinnt. Ein Grund dafür ist nicht zuletzt die zunehmende Internationalisierung von Investoren, die in Objekte außerhalb der eigenen Landesgrenzen investieren. Im internationalen Kontext sind jedoch Immobilien und Immobilien-Portfolios hinsichtlich des Risikos noch schwerer vergleichbar.
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Ein Rückschritt für die sinnstiftenden Aspekte der Globalisierung
Von Ami de Chapeaurouge | 11.Januar 2009
„Eine zweite große deutsche Bank“ ist das Mantra der Frankfurter Globalisierungsgegner in heutigen Leitartikeln und Glossen. Wenn es Ernst wird mit der Globalisierung im positiven Sinne, wird die sich so sehr der übergeordneten nationalen Perspektive und gar der Weltläufigkeit verschriebene Frankfurter Presse ein gleichgeschaltetes lokales Kampfblatt.
Es wäre nicht nur schlimm, sondern verheerend, wenn die Kündigung von bis zu 10.000 Mitarbeitern der Dresdner Bank nicht vermieden werden könnte, bzw. der eigentliche heimliche Werttreiber des Zusammenschlusses zwischen Commerzbank und Dresdner Bank geworden wäre. Die China Development Bank (CDB) hatte in ihrem Übernahmekonzept schlüssig dargelegt, die Belegschaft der Dresdner Bank nicht anzutasten. Sie hätte der Dresdner Kleinwort in London und Frankfurt Perspektiven im Investment Banking durch die Anbindung an die Märkte in Shanghai und Hong Kong bieten können. Sie hat deutlich mehr geboten und die Absicht geäußert, auf einmal den Kaufpreis in Bar entrichten zu wollen. Jetzt ist – zur Rechtfertigung (?) – von suboptimalen juristischen Vertragsentwürfen die Rede. Das klingt wie ein unverhohlener Vorwand. Die „deutsche“ Lösung wäre zwar konzern- und aktienrechtlich nicht so anrüchig wie im März die „amerikanische“ Lösung des Verschiebens von Bear Stearns an JPMorgan Chase & Co. Aber es bleibt dennoch der Eindruck, dass in München und Frankfurt Gesichtspunkte bemüht werden, die weder betriebswirtschaftlich für die Allianz Sinn stiften, die Belange der Dresdner Belegschaft adäquat reflektieren noch die Internationalisierung des Standorts Frankfurt unterfüttern oder gar das Eigeninteresse der Allianz genügend mitreflektieren.
Offensichtlich kann und darf aktien- und konzernrechtlich die Allianz einen solchen Verkauf außerhalb einer fairen Auktion organisieren. Selbst nach der Rechtsprechung und den strengen Regeln des US Bundesstaates Delaware, wenn wir einmal für eine gedankliche Sekunde annehmen würden, dass es sich bei der Dresdner um eine unabhängige, börsennotierte Bank gehandelt hätte, hätte der Verwaltungsrat einem niedrigeren Angebot zustimmen dürfen, wenn es in einer klugen Güterabwägung zu rechtfertigen wäre. Indes ist die Dresdner eine 100%ige Tochter der Allianz und unsere Rechtsprechung zum Unternehmensverkauf im Wege der Auktion ist noch nicht so abgewogen wie die in Delaware.
Aber weg von einer solchen fiktiven juristischen Güterabwägung in die Mitte des Geschehens: Ist nach den uns eigenen Maßstäben wirtschaftlicher Vernunft der Nicht-Verkauf an die CDB ein weiser Schritt? Warum die Geringschätzung des Schicksals der Arbeitnehmer? Warum die Akzeptanz des niedrigeren Kaufpreises? Wäre eine langfristige strategische Verbindung mit der CDB als Mehrheitsgesellschafter nicht eine für die Allianz sinnvollere Lösung geworden im Kampf um Marktanteile in China? Will die Allianz sich denn nicht besser als bisher in China präsentieren, wo sie gerade in den Bereichen Asset Management und betrieblicher Altersversorgung für Aktive und In-Aktive – das für die Allianz strategisch bei weitem lukrativste Expansionsfeld weltweit – weit hinter der Generali und AIG hinterherhinkt? Obschon die Allianz in Indien bereits unbestreitbar erfolgreich auf diesen Geschäftsfeldern operiert, bemüht sie sich doch anscheinend vergebens seit mehr als einem Jahrzehnt um ähnliche Marktdurchdringung und bessere Aufstellung gerade in der Volksrepublik China.
Ein Vergleich mit dem unredlichen Einstieg und rechtswidrigen Ausstieg einer taiwanesischen Gesellschaft (BenQ) bei der Siemens Mobiltelefonsparte darf wohl kaum als plausibles Gegenargument gegen die Seriosität der CDB und ihrer Absichten für einen weitgehenden Know-how Transfer des modernen Investment Banking, Kredit- und Einlagegeschäfts und der Firmenkundenanbindung ins Feld geführt werden. Wenn wir einer Öffnung auch gerade des deutschen Markts im Hinblick auf die sinnvollen Aspekte der Globalisierung das Wort reden, ist diese Entscheidung des Aufsichtsrats der Allianz schwer nachvollziehbar.
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Alte Oldenburger sieht nicht alt aus
Von Dr. Oliver Everling | 8.Januar 2009
Die Ratingagentur Assekurata zeichnet die Alte Oldenburger Krankenversicherung AG wiederholt mit dem Spitzenurteil A++ aus und bestätigt auch alle Urteile in den Teilqualitäten.
Im Geschäftsjahr 2007 wuchs die Alte Oldenburger in der Vollversicherung deutlich stärker als der Markt. Trotzdem zeigen sich die branchenweiten Einschnitte nun auch beim Unternehmen in Form einer niedrigeren Zuwachsrate (2,40 %) gegenüber dem Vorjahr. Im laufenden Geschäftsjahr 2008 ist die Wachstumsprognose allerdings weitgehend stabil. Dagegen ist in der Zusatzversicherung die hohe Wachstumsdynamik ungebrochen, so dass die Alte Oldenburger insgesamt ein exzellentes Wachstumsurteil erhält.
Die Gewinnlage der Alte Oldenburger ist deutlich marktüberdurchschnittlich und damit exzellent ausgeprägt. Hauptträger des Erfolgs ist das Versicherungsgeschäft. Im Vierjahresmittel beträgt die versicherungsgeschäftliche Ergebnisquote 15,05 %, womit sich die Alte Oldenburger als Nr. 4 im Krankenversicherungsmarkt positioniert. Besonders hervorzuheben ist die seit Jahren hohe Ergebniskontinuität. Ein wesentlicher Erfolgsfaktor hierfür ist die äußerst günstige Kostensituation. Den Kapitalanlageerfolg sieht Assekurata im Wettbewerbsvergleich als durchschnittlich an. Die aktuelle Nettoverzinsung in Höhe von 4,08 % ist im derzeit schwachen Marktumfeld auf einem unauffälligen Niveau. Auch ohne Spitzenwert beim Kapitalanlageerfolg fällt die Rohergebnisquote der Alte Oldenburger sehr hoch aus. Im Vierjahresdurchschnitt beträgt sie 15,49 % und liegt damit zwei Prozentpunkte höher als im Markt (13,47 %). In 2007 erzielt die Alte Oldenburger mit 17,06 % eine der höchsten Ergebnisse im Markt.
Vor diesem Hintergrund fallen die Zuführungen zur Rückstellung für Beitragsrückerstattung (RfB), die auch der Abmilderung von Beitragsanpassungen dient, entsprechend hoch aus. Die RfB-Zuführungsquote der Alte Oldenburger erreicht zeitweise Spitzenwerte im Wettbewerbsvergleich. Im Vierjahresdurchschnitt liegt sie mit 13,52 % stabil über dem Marktschnitt (11,14 %). Die RfB-Quote der Gesellschaft zeigt regelmäßig Ausprägungen um die 30 %. Gleichzeitig profitieren die Versicherten zeitnah und stark von der beitragsmildernden Wirkung durch vergleichsweise hohe Entnahmen. Im Vierjahresmittel ist die RfB-Entnahmequote (9,47 %) der Alte Oldenburger rund drei Prozentpunkte über dem Branchenwert (6,29 %) angesiedelt. Hiervon profitieren die Versicherungsnehmer durch unterdurchschnittliche Beitragsanpassungssätze. Über den Zeitraum 2003 bis 2008 waren dies zum Beispiel in der Vollversicherung durchschnittlich 3,90 %, wohingegen der Durchschnitt der von Assekurata gerateten Krankenversicherer (Assekurata-Durchschnitt) eine Anpassungsrate von 5,41 % aufweist. Diese Anpassungssituation bildet die Basis für eine insgesamt exzellente Beitragsstabilität der Alte Oldenburger.
Das Kundenzufriedenheitsniveau steigt in der aktuellen Befragung der Alte Oldenburger an. Der positive Gesamteindruck der Kunden führt letztendlich auch zu einer vergleichsweise geringen Kündigungsbereitschaft, die bei lediglich 13,5 % liegt und damit eine der niedrigsten Ausprägungen im Wettbewerb einnimmt (Assekurata-Durchschnitt: 16,4 %). Ein überdurchschnittlich beitragsstabiler Verlauf der Tarife sowie einen auch in Zukunft bezahlbaren Versicherungsschutz stellen zentrale Aspekte des kundenorientierten Handels der Alte Oldenburger dar. Assekurata bewertet die Kundenorientierung insgesamt mit gut.
Die Eigenkapitalquote der Alte Oldenburger erreicht mit 21,66 % in 2007 den Spitzenwert unter den konzerngebundenen Tochtergesellschaften. Damit verfügt das Unternehmen trotz hoher Überschussleistung zugunsten seiner Versicherten auch über eine deutlich marktüberdurchschnittliche Eigenkapitalausstattung (Markt: 13,76 %). Die Integration in die Versicherungsgruppe Hannover verbessert zudem nach Ansicht von Assekurata die Sicherheitslage. Ein sehr gutes Risikomanagement, in welchem Fehlentwicklungen frühzeitig erkannt und Gegensteuerungsmaßnahmen ergriffen werden, rundet die exzellente Sicherheitslage der Alte Oldenburger ab.
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Auf dem Weg zum Commerzbankbeamten?
Von Dr. Oliver Everling | 8.Januar 2009
Staatsrechtlich ist ein Beamter eine von einem Dienstherrn in ein öffentlich-rechtliches Dienst- und Treueverhältnis berufene Person. Haftungsrechtlich ist derjenige Beamte, welcher bei einer Behörde bestellt ist oder in deren Auftrag Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt (vgl. § 11 Abs. 1 Nr. 2 StGB). Der Beamte steht zum Staat in einem Sonderrechtsverhältnis. Während seiner Dienstzeit ist der Beamte einer gesteigerten Bindung an den Staat ausgesetzt, welche in ihrer Intensität über die normale Bindung des Bürgers an den Staat hinausgeht. Der Beamte steht also in besonderer Nähe des Staates; er ist dessen Repräsentant. Infolgedessen können die Grundrechte von Beamten eingeschränkt werden.
Anderes gilt für Bankangestellte, denn sie wurden nicht in ein öffentlich-rechtliches Dienst- und Treueverhältnis berufen. Noch bei einer Festveranstaltung „100 Jahre Bankhaus Neelmeyer“ im Januar 2008 zeigt Prof. Dr. Manfred Weber, Geschäftsführender Vorstand des Bundesverbandes deutscher Banken, auf, welche Bögen die Bankgeschichte geschlagen hat: „Zum Beispiel vom Kunden, der über Jahrzehnte treu zu seiner Bank stand und dem Bankbeamten auf dem Podest fast ehrfürchtig gegenübertrat, zum anspruchsvollen, wechselbereiten Kunden, um den sich heute ein modernes Kundenmanagement bemüht. Und Privatbankiers wie Neelmeyer hatten stets ein besonders gutes Gespür für die Ansprüche ihrer Kunden.“
Nun fragt sich, wie die von Prof. Dr. Manfred Weber zitierten Bögen der Bankgeschichte weiter geschlagen werden. Als erstes deutsches Kreditinstitut begibt die Commerzbank eine Anleihe mit Staatsgarantie. Um staatsgarantierte Anleihen zu begeben, bedarf es eigentlich keines privaten Kreditinstituts. Die Staatsgarantie kann nichts anderes bewirken, als dass mögliche Verluste sozialisiert, mögliche Gewinne aber privatisiert werden. Bei den gegenwärtigen Marktbedingungen wäre eine Staatsgarantie für die Commerzbank praktisch unbezahlbar.
An ein öffentlich-rechtliches Dienst- und Treueverhältnis, wie es für Beamten konstituierend ist, wird bei der Commerzbank nun nicht gedacht. Es genügt der Commerzbank, dass der Staat für eventuelle weitere Schieflagen aufkommt. Allein die Staatsgarantie erlaubt, dass die Anleihe der Commerzbank mit Bestratings an den Markt gehen kann. Der Anleger wird zufrieden sein, denn er erhält von seiner Commerzbank ein sicheres Produkt. Hermann Hesse hätte diesen Vorgang eventuell folgendermaßen kommentiert, schreibt die DZ BANK in ihrer Research- Publikation: „Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne.“
„Vielleicht mag man in diesem Fall nicht gerade an Zauber und Weltgeist denken, fügt DZ BANK-Analyst Jörg Birkmeyer hinzu, „doch ein Neuanfang scheint es zumindest in gewisser Hinsicht allemal zu sein.“ Die weltweite Finanzkrise, die die Realökonomie tief in Mitleidenschaft zieht, habe eine neue Assetklasse hervorgebracht, die bekanntlich die Besonderheit aufweise, eine begrenzte Laufzeit zu besitzen – wenn alles gut gehe und die staatlichen Garantien nicht über den augenblicklich festgelegten Zeitrahmen hinaus verlängert würden. „Denn konstitutives Element dieser Assetklasse sind Staatsgarantien, wie sie in den jeweiligen nationalen Rettungspaketen kodifiziert sind. In Kürze werden nun auch deutsche Banken hierzu einen Beitrag liefern“, erwartet Birkmeyer. „Mehr als ein Dutzend Banken haben entsprechende Anträge beim zuständigen Sonderfonds (Soffin) gestellt. Der Commerzbank werden in absehbarer Zeit HSH Nordbank und BayernLB folgen.“
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