Wahrscheinlichkeit für Lieferstopp oder Embargo
Von Dr. Oliver Everling | 30.März 2022
Investoren müssen sich in den kommenden Monaten vor allem auf steigende Inflation, eine härtere Gangart der Notenbanken und steigende Zinsen einstellen. Wie werden die großen Notenbanken das Dilemma zwischen Inflationsbekämpfung und konjunktureller Abschwächung lösen? Während die US-Notenbank Fed sich hier eindeutig positioniert und der Bekämpfung der sehr hohen Inflation in den USA klar Priorität einräumt, ist der Kurs der Europäischen Zentralbank noch unklar.
Nach der Ankündigung der EZB, die Anleihekäufe jetzt schneller zurückfahren als bislang vorgesehen, bleibt abzuwarten, ob bereits in diesem Jahr eine erste Anhebung des Leitzinses folgt. Der Handlungsspielraum der EZB ist aufgrund der zuletzt deutlich gestiegenen Rezessionsrisiken allerdings begrenzt: „Die Ankündigung des russischen Präsidenten Putin, Öl und Gas nur noch gegen Rubel zu liefern, macht einen Lieferstopp für russische Energieträger oder ein Embargo seitens der Abnehmer in Europa nochmals wahrscheinlicher. Dies würde in Europa und insbesondere in Deutschland unmittelbar eine Rezession auslösen“, sagte Axel D. Angermann, Chef-Volkswirt der FERI-Gruppe.
Aber auch ohne diesen Faktor sei insgesamt davon auszugehen, dass das Ende der monetären Unterstützung für die Märkte und die stark steigende Inflation sich negativ auf Wachstum, Unternehmensgewinne und -bewertungen auswirken und zunehmende Volatilität an den Märkten auslösen werde. „Professionelle Investoren sollten ihr Augenmerk jetzt auf möglichst inflations- und zinsresistente Aktien legen. Auch rohstoffbasierte Investments und Gold sind im gegenwärtigen Umfeld zu bevorzugen. Sehr zinssensitive Segmente und Rentenpapiere mit langer Duration sollten dagegen weiterhin vermieden werden“, sagte Marcus Zasada, Head Portfolio Management bei FERI Trust.
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Equifax startet neue Integration mit Apex® HCM
Von Dr. Oliver Everling | 29.März 2022
Um die Vorteile automatisierter Verifizierungen auf Unternehmen jeder Größe auszudehnen, kündigte Equifax eine neue Integration zwischen The Work Number® und Apex® HCM an, einem führenden Anbieter von Human Capital Management-Technologie für die Gehaltsabrechnung in Servicebüros.
Geschäftsinhaber müssen häufig HR-Funktionen erfüllen, wie z. B. Prüfer mit Beschäftigungs- und Einkommenshistorie für aktuelle oder frühere Mitarbeiter zu versorgen, die eine Wohnungsbauhypothek, einen Autokredit, Sozialleistungen oder andere Finanzdienstleistungen beantragen. Mit der neuen Integration zwischen Apex und The Work Number verbringen Geschäftsinhaber weniger Zeit mit der Beantwortung von Anfragen von Verifizierern und haben mehr Zeit für das Wachstum ihres Unternehmens.
„Apex bietet seinen Kunden einen großen Mehrwert, indem es sich auf Benutzerfreundlichkeit und Effizienz konzentriert“, sagte Joe Muchnick, Senior Vice President und General Manager von Employer Services and Talent Solutions bei Equifax Workforce Solutions. „Durch diese neue Integration mit The Work Number können die Kunden von Apex-Lohnabrechnungsbüros ihren Kunden jetzt helfen, durch Beschäftigungs- und Einkommensüberprüfungen auf ganz neue Weise Effizienzsteigerungen zu erzielen.“
Die Work Number-Datenbank ist das branchenführende, zentralisierte kommerzielle Repository von Einkommens- und Beschäftigungsdaten in den Vereinigten Staaten mit 136 Millionen aktiven Gehaltsabrechnungsdatensätzen. Sein optimierter, transparenter und automatisierter Service hilft zertifizierten Prüfern, sofortigenÜberprüfungen durchzuführen, auf die sich Mitarbeiter bei der Beantragung von Finanzdienstleistungen oder Sozialleistungen verlassen können.
„Wir freuen uns, unsere Gehaltsabrechnungstechnologie bereitzustellen, damit unsere Servicebürokunden ihren Arbeitgeberkunden Einkommens- und Beschäftigungsnachweise anbieten können“, sagte Wes Muschara, Vice President of Product Management bei Apex HCM. „Die Work Number von Equifax ist die Art von Mehrwertdienst, der mit den Apex-Prinzipien übereinstimmt, die am einfachsten zu verwenden sind und die Effizienz für unsere Servicebüros und ihre Kunden steigern. Der wichtigste Aspekt dieser Partnerschaft ist die Auswirkung auf die Mitarbeitererfahrung für alle Mitarbeiter auf unserer Plattform. Sie erhalten zeitnah die Einkommens- und Beschäftigungsbestätigungen, die sie benötigen, um ihre persönlichen Finanzen zu regeln.“
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Stagflationsresistente Assets ins Depot
Von Dr. Oliver Everling | 28.März 2022
Die 1987 gegründete FERI Gruppe mit Hauptsitz in Bad Homburg sieht im Ukraine-Krieg einen echten geostrategischen „Game Changer“, der Anleger mit einer neuen Realität konfrontiert.
Das Verhältnis zwischen dem Westen auf der einen Seite und Russland und China auf der anderen Seite wird sich nachhaltig verändern, warnt das für institutionelle Investoren, Familienvermögen und Stiftungen tätige Institut.
„Dabei droht nicht nur eine wirtschaftliche Entflechtung, sondern eine politische Bifurkation mit der Herausbildung neuer globaler Blöcke, die den Trend zur Deglobalisierung beschleunigt und verfestigt. Im Ernstfall kommt es zu einem neuen kalten Krieg,“ warnt Dr. Eduard Baitinger, seit 2015 Head of Asset Allocation in der FERI Gruppe, „der Jahrzehnte andauern kann. Für Europa, das stark vom globalen Handel abhängt und politisch nicht mit einheitlicher Stimme spricht, ist diese Entwicklung eine strategische Gefahr und erfordert eine zeitnahe Kurskorrektur. Anderenfalls droht den europäischen Nationalstaaten die Zermürbung zwischen den neuen geopolitischen Fronten.“
Der Krieg in der Ukraine habe nicht nur langfristige geostrategische Folgen, er verändere bereits das gegenwärtige Investmentszenario. Die beiden Kontrahenten stellen global bedeutende Rohstoffregionen dar, folglich sind die Preise für Rohstoffe auf breiter Front angestiegen. Daher warnt Eduard Baitinger vor dem sich verschärfenden Inflationsdruck, der in den vergangenen Jahren durch die ultraexpansive Notenbankpolitik und die Corona-Pandemie aufgebaut wurde, noch einmal erheblich.
„Dieser angebotsseitige Inflationsschock und die andauernde Störung der Lieferketten dämpfen die Wachstumserwartungen. Das wirtschaftliche Umfeld ist daher eindeutig stagflationär, was bereits in den Märkten eingepreist wird: So deutet die Verflachung der Zinsstrukturkurven auf erhöhte Rezessionsrisiken,“ so der Head of Asset Allocation weiter, „während die Inflationserwartungen steigen. Gleichzeitig haben globale Notenbanken zuletzt klar kommuniziert, dass für sie die Inflationsbekämpfung im Vordergrund steht, notfalls zu Lasten der Konjunktur.“
Der US-Notenbank traut Eduard Baitinger in den kommenden Monaten sogar doppelte Leitzinsanhebungen – also um 50 Basispunkte – zu: „Das inflationäre Umfeld und die Aussicht auf weiter steigende Leitzinsen setzen die Rentenmärkte bereits jetzt unter Druck. Das zunehmende Risiko einer Rezession dürfte zudem die Aktienmärkte mittelfristig belasten. In dieser Gemengelage gilt für professionelle Anleger: Simple Aktien- und Renteninvestments sind zum Scheitern verurteilt. Gefragt ist jetzt vielmehr ein proaktives Multi-Asset-Portfoliomanagement, bei dem inflations- und stagflationsresistenten Assets wie Gold und Rohstoffen ein fester Platz im Depot eingeräumt wird.“
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USA koppeln sich ab
Von Dr. Oliver Everling | 25.März 2022
Angesichts des Ukrainekriegs in den letzten Wochen wurden die Wachstumsschätzungen deutlich nach unten revidiert, wenngleich man die exakten Auswirkungen des Konflikts noch nicht genau quantifizieren kann. „Gleichzeitig sind die Inflationsprognosen gestiegen. Die Welt erlebt somit gerade erneut einen stagflationär wirkenden Angebotsschock“, analysiert Carsten Mumm, Chefvolkswirt bei der Privatbank DONNER & REUSCHEL. „Zwar bleibt das Basisszenario eines positiven Wachstums der Weltwirtschaft vorerst bestehen. Die Gefahr eines tatsächlichen Abrutschens in eine Stagflation ist aber zumindest für einige, besonders betroffene Regionen gestiegen, zum Beispiel Europa.“
Dabei seien relevante Wirkungskanäle neben steigenden Rohstoffpreisen auch fehlende Komponenten, beispielsweise für die Automobilindustrie, drohende Lebensmittelknappheit im weiteren Jahresverlauf in vielen vor allem ärmeren Regionen weltweit, eine Zurückhaltung bei Konsum und Investitionen sowie die Abschreibungen diverser Russland-Beteiligungen bzw. die Beendigung von Geschäftsaktivitäten in Russland sehr vieler Unternehmen.
„Sollten Rohstofflieferungen aus Russland komplett eingestellt werden, wäre über einen nochmaligen Preisschock eine Rezession über einige Quartale wohl nicht zu vermeiden. Die Umfragen unter Unternehmen,“ so zitiert Volkswirt, „zum Beispiel die Markit-Einkaufsmanagerindizes für Deutschland und die Eurozone, verdeutlichen die hohe Unsicherheit. Zwar ist die Auftragslage weiterhin positiv, die gestiegenen Kosten können weitgehend an die Endverbraucher durchgereicht werden und die Beschäftigung steigt, allerdings wurden die weiteren Geschäftsaussichten deutlich schwächer eingeschätzt.“
Unternehmen in den USA hingegen können sich von den negativen Auswirkungen der Ukrainekrise deutlich abkoppeln. „Vor allem die positive Beschäftigungslage, steigende Löhne und die Möglichkeit gestiegene Kosten auf die Abnehmerpreise umzulegen, ließen hier die Einkaufsmanagerindizes steigen. Während die wirtschaftliche Dynamik in den USA zunimmt, schwächt sie sich in Europa ab. Weiterhin sind volkswirtschaftliche Prognosen allerdings mit sehr hohen Unsicherheiten verbunden.“
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In Russland werden die US-Dollars knapp
Von Dr. Oliver Everling | 23.März 2022
Seit 18. März 2022 gibt es Berichte von Inhabern russischer Staatsanleihen über den Eingang von am 16. März 2022 fälligen Kuponzahlungen. Das deutet nach Ansicht von Moody’s darauf hin, dass sie die Zahlung in US-Dollar in Höhe von 117 Millionen US-Dollar innerhalb der vertraglichen Nachfrist von 30 Kalendertagen erhalten werden.
Die Zahlungen, an denen eine Reihe von US-Finanzinstituten beteiligt waren, darunter JPMorgan Chase & Co und CitiBank, NA, wurden unter einer allgemeinen Lizenz des Office of Foreign Assets Control (OFAC) erbracht, die es US-Unternehmen ermöglicht, bis zum 25. Mai 2022 Schuldenrückzahlungen von der Central Bank of Russia (CBR), dem National Wealth Fund oder dem Finanzministerium zu erhalten.
Angesichts der deutlichen Verschlechterung der Fähigkeit und Bereitschaft der russischen Regierung, ihren Schuldenverpflichtungen nachzukommen, sind Russlands Zahlungsausfallrisiko und potenzielle Verluste für Anleger jedoch nach wie vor sehr hoch.
Darüber hinaus dürfte das Auslaufen der OFAC-Generallizenz am 25. Mai 2022 die Chancen der Anleger beeinträchtigen, die Rückzahlung von Fremdwährungsschulden zu erhalten. Darüber hinaus ermöglicht ein am 5. März 2022 erlassenes russisches Präsidialdekret die Rückzahlung von auf Fremdwährung lautenden Schuldverschreibungen an nichtansässige Anleger in Landeswährung.
Kommt es zu dieser Auszahlung in Landeswährung, statt in der durch die Anleihebedingungen bestimmten Währung, wird Moody’s dies wahrscheinlich als Ausfall für Anleihen behandeln. Eine solche Umstellung würde unter vertraglich nicht zugelassenen Bedingungen erfolgen, mithin das Definition eines „Ausfalls“ erfüllen.
Die in Berlin ansässige Scope Ratings GmbH hat bereits am 17. März 2022 ihre der Russischen Föderation zugeordneten Kreditratings aus geschäftlichen Gründen zurückgezogen. Dieser Beschluss stehe im Einklang mit EU-Sanktionen gemäß der Verordnung (EU) 2022/428 des Rates, Punkt (7) Beschluss (GASP) 2022/430 vom 15. März 2022, berichtete die Agentur.
Die Agentur entzog Russland das langfristige Emittentenrating wie auch das für vorrangige unbesicherte Schuldtitel. Russland war von den Berlinern zuletzt mit dem langfristigen Rating C „under review“ und dem kurzfristigen Ratings S-4 „under review“ sowohl in Landes- als auch in Fremdwährung beurteilt wurden.
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Stimmungsbild mit Extremwerten
Von Dr. Oliver Everling | 23.März 2022
„Auch wenn sich das fundamentale Bild seit dem 24. Februar 2022 in der Breite verschlechtert hat und bei Anlegern vorerst wenig Hoffnung auf wieder deutlich steigende Aktienkurse aufkommen lässt,“ sagt Michael Winkler, Leiter Anlagestrategie bei der St.Galler Kantonalbank Deutschland AG, „ist die Lage aus markttechnischer Sicht weniger pessimistisch zu beurteilen. So zeigt das Ergebnis des Global Fund Manager Survey, einer monatlichen Umfrage der Bank of America unter institutionellen Investoren, dass die aktuelle Verunsicherung der Marktteilnehmer größer ist, als sie es zur Zeit der Finanzkrise 2008 oder der Eurokrise 2011/2012 gewesen ist.“
Auch der „Fear & Greed Index“, der als Sentiment-Indikator das Stimmungsbild der Anleger misst, zeigt negative Extremwerte. Doch die überproportional negativen Stimmungswerte könnten sich als trügerisch erweisen, indem sie das wirtschaftliche Gesamtbild in der Breite deutlich negativer erscheinen lassen, als es in Wirklichkeit ist.
„Zwar gibt es derzeit viele Unwägbarkeiten,“ so der Anlagestratege weiter, „die mit Blick auf die weitere Entwicklung der Märkte nur sehr schwer einzuschätzen sind. Doch sollten die Aktienmärkte ausgehend von ihren Tops und in Folge ihres jüngsten Ausverkaufs ihre kurzfristigen Tiefs bereits gesehen haben. Hinzu kommt, dass die geldpolitische Wende von Seiten der Notenbanken bei den Anlegern kein Überraschungspotenzial mehr bereithält und auch die anhaltend hohe Inflation diese nicht von Aktienbeteiligungen abschreckt. Das überwiegend negative Stimmungsbild sollte daher weniger als Risiko begriffen und vielmehr als Chance verstanden werden, wobei neuerliche Korrekturen als antizyklische Kaufgelegenheiten anzusehen sind.“
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Inflation ohne Zügel
Von Dr. Oliver Everling | 23.März 2022
Tabulas Chief Investment Officer (CIO), Jason Smith, warnt davor, dass die wichtigsten Zentralbanken mit dem Anziehen der geldpolitischen Zügel im Zuge steigender Inflationsraten zu lange gewartet haben.
Zwar habe zum einen die US-Fed den Startschuss für einen avisierten Zinserhöhungszyklus gegeben und zum anderen die Bank of England (BoE) bereits den dritten Monat in Folge das Zinsniveau angehoben. „Die EZB hingegen hat klargestellt,“ so sieht es der Experte, „dass sie sich derzeit nicht in diesem Fahrwasser sieht. Vor dem Hintergrund, dass die Inflation in der Eurozone in Richtung 6% anzieht, erwarten die Investoren vor dem Ende des Jahres dennoch Zinsanhebungen von etwa 0,5%.“
Er erwartet, dass die Inflationsraten dieses Jahr auf außergewöhnlich hohen Niveaus verharren. Während die Fed eine Teuerung von 4,1% für 2022 erwartet, geht die EZB von 5,1% aus. Die BoE räumt sogar ein, dass eine Teuerungsrate von 8% gegenüber dem Vorjahresmonat in den nächsten Monaten möglich sind.
Dazu sagt Jason Smith: „Die wichtigsten Zentralbanken konnten sich letztes Jahr nicht zu Zinserhöhungen durchringen, obwohl bereits 2021 klare Hinweise für anziehende Teuerungsraten vorhanden waren, inklusive Anzeichen dafür, dass eine hohe Inflation ein hartnäckigeres Problem sein könnte und eben kein vorübergehendes Phänomen. Nun kommt mit dem Krieg in der Ukraine weiterer Druck auf ohnehin strapazierte Lieferketten gerade im Rohstoffsektor hinzu. Die bisherigen bereits erfolgten und in Aussicht gestellten geldpolitischen Straffungen werden den angebotsseitigen Aufwärtsdruck bei den Preisen nicht verhindern können. Es besteht sogar die Gefahr, dass diese Maßnahmen nicht ausreichen werden, die Inflation selbst auf längere Sicht in Richtung der Zielwerte zu drücken.“
Dabei stellt sich über die von Jason Smith aufgeworfenen Aspekte hinaus die Frage, ob überhaupt die Inflation in einem Währungsraum wie dem der Teilnehmerländer der Europäischen Union gesteuert werden kann. So, wie jahrelang eine – vermeintlich – ausreichend hohe Inflation nicht erreicht wurde, kann nun die Phase beginnen, in der die Inflation nicht mehr abgesenkt werden kann.
Hinter beiden Ideen, der geldpolitischen Erhöhung oder Absenkung der Inflation, steckt letztlich eine Selbstüberschätzung von Menschen, nämlich der Glaube einzelner Menschen an ihre Fähigkeit, die Transaktionen von hunderten Millionen Menschen verstehen und beeinflussen zu können. Außerdem impliziert eine solche Politik zu wissen, was für alle Menschen gut wäre. Das wahrscheinlichste Szenario bleibt daher, dass die EZB die Zügel nicht in der Hand hat.
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Konjunktur im Rating
Von Dr. Oliver Everling | 22.März 2022
Der Ukraine-Konfliktes hat in den letzten Wochen Forschungsinstituten, internationalen Organisationen und Banken Anlass gegeben, ihre Wachstumsprognosen für dieses Jahr nach unten und die Inflationsprognosen nach oben zu revidieren. Für nahezu alle Regionen und Volkswirtschaften unterliegen die Konjunkturprognosen besonders großen Unsicherheiten, denn sie erfolgen in einem sehr dynamischen und von der Corona-Pandemie sowie globalen Lieferkettenproblemen belasteten Umfeld.
Die Auswirkungen des Krieges können bisher nur grob abgeschätzt werden. In dieser Woche stehen nun die März-Schnellschätzungen einiger besonders relevanter Markit-Einkaufsmanagerindizes sowie der ifo-Geschäftsklimaindex zur Verfügung. Die Umfragen unter Unternehmen in Deutschland, der Eurozone, Großbritannien und den USA erfolgten erstmals nach der militärischen Eskalation in der Ukraine.
Die direkten Auswirkungen auf einzelne Unternehmen hängen von individuellen Umsatz- bzw. Gewinnanteilen in Russland oder der Ukraine und dem Ausmaß zusätzlich durch Sanktionen unterbrochener Lieferketten sowie kriegsbedingter Produktionsstopps ab.
„Die gesamte Wirtschaft leidet jedoch unter stark gestiegenen Preisen für viele Rohstoffe,“ schreibt Carsten Mumm, Chefvolkswirt bei der Privatbank DONNER & REUSCHEL, „zumindest kurzfristigen Dämpfern für die Konsum- und Investitionsstimmung sowie erneuten Belastungen globaler Lieferketten.“
Für Deutschland und die Eurozone besteht nach seiner Ansicht trotzdem noch keine akute Rezessionsgefahr, denn die Industrie hat nach wie vor einen stark erhöhten Auftragsbestand abzuarbeiten und Dienstleister profitieren von den weiteren Lockerungen von Corona-Restriktionen.
„Diesem Bild entspricht“, so die Argumentation des Chefvolkswirts, „beispielhaft das Ergebnis einer Blitzumfrage des Verbands Deutscher Maschinen- und Anlagenbauer (VDMA) von Anfang März. So sehen 85 Prozent der befragten Unternehmen den Krieg als gravierendes oder merkliches Risiko für ihre Geschäfte an. Die Erwartungen an das Wachstum der Maschinenproduktion in Deutschland wurden für das laufende Jahr zwar ebenfalls von vorher 7 Prozent nach unten korrigiert, liegen mit einem Plus von 4 Prozent aber immer noch deutlich im positiven Bereich. Nur ein kompletter Stopp der Rohstofflieferungen aus Russland würde die Wahrscheinlichkeit für eine Rezession deutlich erhöhen.“
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Convertible-Markt bietet Konvexität und Diversität
Von Dr. Oliver Everling | 21.März 2022
Arnaud Brillois, Portfoliomanager und Analyst bei Lazard Asset Management und Manager des Lazard Convertible Global Fund, berichtet über die Chancen für Wandelanleihen im laufenden Jahr 2022.
„Im Jahr 2021 entwickelte sich der Aktienmarkt besser als die Wandelanleihen,“ berichtet Arnaud Brillois, „was hauptsächlich an den treibenden Branchen lag: Finanz- und Energieunternehmen konnten zum Beispiel starke Gewinne verbuchen, sind bei den Convertibles jedoch kaum präsent. Die Emittenten der Wandelanleihen gehören überwiegend zu den Small- und Mid-Caps, die Wachstumskapital suchen – es besteht eine gewisse Nähe zum Aktienindex NASDAQ. Dementsprechend sind hier Branchen wie Technologie oder Healthcare stark vertreten.“
Aktuell sprechen aus seiner Sicht die folgenden vier guten Gründe für Wandelanleihen: Erstens konnten gerade Technologie-Unternehmen wie zum Beispiel Spezialisten für Cybersecurity zum Jahresauftakt mit starken Ergebnissen aufwarten. Zweitens sind bei den Aktien aktuell attraktive Bewertungen zu sehen: „Die Kurse sind gefallen, obwohl die Unternehmen starke Gewinne einfahren“, sagt Arnaud Brillois. Zudem besteht drittens ein gewisses Recovery-Momentum für einige von der Pandemie stark getroffene Branchen wie zum Beispiel den Tourismus oder die Eventveranstalter. Neben den Sondereffekten durch die Pandemie und die Energiepreise treiben viertens auch strukturelle Faktoren die Inflation.
„Wandelanleihen können über ihre Aktienkomponente einen gewissen Inflationsschutz bieten“, wirbt der Portfoliomanager.
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Cyberangriffe aus Russland
Von Dr. Oliver Everling | 17.März 2022
Im Zuge der schweren Wirtschaftssanktionen, die die USA und ihre Verbündeten gegen Russland als Reaktion auf seine Invasion in der Ukraine verhängt haben, wächst das Risiko, dass die russische Regierung und andere Cyber-Akteure versuchen werden, Cyberangriffe auf Unternehmen in allen Sektoren und Regionen als illegales Mittel zur Geldbeschaffung durchzuführen.
Die wahrscheinlichsten Ziele sind nach Ansicht der internationalen Ratingagentur Moody’s Investors Service Banken, Kryptowährungsplattformen und geistiges Eigentum von Unternehmen. Diese Risiken verstärken die wachsende Besorgnis über eine weltweite Eskalation von Cyber-Bedrohungen.
Robuste Cybersicherheitspraktiken werden eine Schlüsselrolle dabei spielen, so die Einschätzung der Analysten, Schuldtitelemittenten widerstandsfähiger gegen Cyberangriffe zu machen, insbesondere in kritischen Infrastruktursektoren: „Unsere Emittentenumfragen zum Cyber-Risiko zeigen, dass grundlegendes Cybersicherheitsmanagement unter den kritischen Infrastruktursektoren eine relative Stärke für die Finanzdienstleistungs- und Verteidigungsindustrie ist.“
Im Gegensatz dazu hinkt das Cybersicherheitsmanagement bei regionalen und lokalen Regierungen und anderen Arten von öffentlichen Einrichtungen im Vergleich zu dem anderer kritischer Infrastruktursektoren hinterher, warnt die Ratingagentur.
Seit Beginn des militärischen Konflikts seien bisher keine Fälle von störenden, staatlich geförderten Cyberangriffen innerhalb oder außerhalb der Ukraine bekannt geworden. Für die Ukraine selbst haben die Cybersicherheitshilfe der NATO und die anhaltende Unterstützung von Technologieunternehmen wie Microsoft wahrscheinlich ihre Cyberabwehr gestärkt, glauben die Analysten.
Als Beispiel führen sie die Abstimmung der NATO-Staaten vom 4. März 2022 an, in der diese einstimmig dafür gestimmt haben, die Ukraine in ihr Cooperative Cyber Defense Center of Excellence (CCDCOE) aufzunehmen. Das soll der Ukraine helfen, ihre Verteidigung gegen potenzielle Cyberangriffe aus Russland zu verbessern.
Moody’s Analysten halten Berichte für glaubhaft, dass es jedoch nichtstaatliche Cyber-Aktivitäten von pro-ukrainischen freiwilligen Hackern und Drohungen von pro-russischen Akteuren gibt, die sich an alle Länder richten, die versuchen könnten, Russlands kritische Infrastruktur anzugreifen.
Cyberangriffe auf Belästigungsebene sind in der Regel von kurzer Dauer, ohne dauerhafte Auswirkungen auf die angegriffenen Einheiten, und können im Allgemeinen durch starke Cybersicherheit verhindert werden. Moody’s sieht mit Sorge, dass solche unkoordinierten Angriffe die Feindseligkeiten eskalieren könnten, wenn sie Schäden an kritischer Infrastruktur verursachen, insbesondere weil diese Art von Angriffen schwer schnell und genau zuzuordnen sind.
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