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Schaidinger schiebt Kreditklemme zum Bund

Von Dr. Oliver Everling | 3.Oktober 2009

Regensburg wurde von der Finanzkrise bisher noch nicht so hart getroffen. Dies hängt mit der mangelnden Abhängigkeiten von einzelnen Branchen zusammen. Hans Schaidinger, Oberbürgermeister der Stadt Regensburg, hebt das gute Ranking seiner Stadt beim 5. Immobilien-Symposium „Finanzkrise und Immobilienwirtschaft“ hervor, das von der IREBS veranstaltet wurde. „Wir werden lediglich von Wiesbaden, Düsseldorf und Karlsruhe geschlagen“, sagt Schaidinger verweist auf die Vorzüge seiner Stadt.

Zurzeit werde ein altstadtnahes Quartier revitalisiert, Arbeiten und Wohnen am Wasser sei dazu das Leitthema. Eine alte Zuckerfabrik werde außerdem als neues Stadtviertel entwickelt. „Wir freuen uns, ein attraktiver Zuzugsstandort geworden zu sein“, sagt Schaidinger. „Wir bieten nach wie vor neue Arbeitsplätze. Wir haben jetzt Unternehmen, die nur noch 300 statt 400 neue Mitarbeiter einstellen – das ist unsere Version der Krise.“

Schaidinger übermittelt die Grußworte des Bayerischen Staatsministers der Finanzen aus München, Georg Fahrenschon, der durch die Koalitionsverhandlungen an der Mitwirkung beim Kongress gehindert war. „Offenbar ist man vom Wahlerfolg und der Aufgabe, die neue Bundesregierung zu stellen, überrascht worden“, scherzt dazu Prof. Dr. Wolfgang Schäfers von der Universität Regensburg, der die Podiumsdiskussion moderierte.

„Nach meiner Einschätzung haben wir das Wesentliche hinter uns, wenn man den eigentlichen Einstieg in der Pleite von Lehmann sieht“, meint Schaidinger. Hätte man lauter isolierte Währungen gehabt, dann wäre es uns wahrscheinlich richtig schlecht gegangen, erinnert Schaidinger an die stabilisierende Bedeutung der Einführung des Euros. „Die Krise habe eine Reihe wertvoller Erkenntnisse geliefert“, so Schaidinger. Beim G20 Gipfel in Pitsburg seien allerdings noch nicht alle Hausaufgaben gemacht worden.

Würde man Abschlüsse nach HGB, GAAP oder IFRS vergleichen, so würden die Unterschiede deutlich. „Wir hatten eine Menge Abschreibungen, wir werden aber am Ende der Krise auch eine Menge Zuschreibungen haben“, sagt Schaidinger. Der Anteil der Sparkassen sei gesunken. Wenn dieser Anteil außen vor bleibe, wenn die Wertaufholungen anstünden, werde es noch interessant. Schaidinger macht auf die Verteilungswirkungen aufmerksam, die mit den Ab- und Zuschreibungen verbunden seien.

Wenn es eine Kreditklemme in Deutschland gibt, dann liege es an der Politik, sagt Schaidinger – unter sonst gleichen Bedingungen. Welche Vorschriften des Kreditwesengesetzes erfüllt sein müssen, entscheide der Deutsche Bundestag, wie auch die Frage der Eigenkapitalunterlegung. Basel II gelte in Deutschland, aber nicht in den USA. Schaidinger hält es für ein wohlfeiles Argument, die Banken würden keine Kredite vergeben. Im Verwaltungsrat seiner Sparkasse habe er von der Kreditklemme nichts feststellen können.

Den Kernkapitalbegriff enger zu fassen, werde „uns weh tun und ist auch sachlich nicht geboten“, urteilt Schaidinger. 55 % der Kredite werden immer noch mit Immobilien besichert, berichtet Schaidinger. Bayern sei ein wachsendes Land, „wir haben ein Wohnungsbauproblem“. Es sei nicht attraktiv genug, Wohnungen zu bauen. Bayern habe eine Bevölkerungszunahme mit einem Trend zu kleineren Haushalten. Fast 1 Million neue Wohnungen, so die Hochrechnungen, würden in kurzer Zeit benötigt. Der Anspruch auf mehr Wohnfläche pro Einwohner sei ungebrochen.

„Wenn wir auf der einen Seite wissen, dass die Mehrheit der Kredit mit Immobilien besichert werden, und auf der anderen Seite den steigenden Bedarf sehen, sei klar, wo das Problem liege“, sagt Schaidinger, der die Kreditklemme stärker als eine gefühlte als eine tatsächliche sieht. „In der ersten Hälfte der 1990er Jahre sei in der Euphorie alles finanziert worden, auch wenn es Schrott war, danach umgekehrt.“ Das Land Bayern wolle der gefühlten Kreditklemme entgegenwirken, indem der Finanzminister einen Gesprächskreis einrichtet sowie eine Ombudsperson beruft.

Es liege auch viel daran, ob die schwarz-gelbe Koalition den Weg zu Steuerentlastungen freimachen könne. Die Kommunen seien die größten Baudienstleister, so dass sie in besonderem Maße betroffen seien. Die Gewerbesteuer werde immer noch weiter nach unten gehen. 2010 werde ein echtes Tal der Tränen wegen des Time-lags bei der Gewerbesteuer, da mit Zeitverzögerung bei den Kommunen weniger ankomme. Die Nachfrageschwäche der öffentlichen Hand werde also erst noch kommen. Die Kanzlerin habe gesagt, „Hände weg von der Gewerbesteuer“. Im Jahr 2004 habe ich noch nie so viel Zustimmung zur Gewerbesteuer erlebt, als die Betriebe erkannten, wie wichtig diese Steuer für die Kommunen sei.

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