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Sustainable Finance Forum

Von Dr. Oliver Everling | 6.September 2012

„Hätten Spanier nur spanische Staatsanleihen kaufen können, Deutsche nur Bundesanleihen, dann gäbe es viele der heutigen Probleme der Finanzkrise nicht“, sagt Richard Koo, Chief Economist des Nomura Research Institute, Japan, auf dem „Sustainable Finance Forum“ in Frankfurt am Main. Koo zeigt die strukturellen Defizite der Eurozone auf. Das Vertrag von Maastricht und der Fiskalpakt habe nie das Risiko der Kontraktion von Bilanzen berücksichtigt. Das Ergebnis sei, dass die Länder in deflationäre Spiralen gefangen genommen werden, glaubt Koo, da ihnen andere Möglichkeiten genommen seien.

Dr. Heiner Flassbeck, Prof. Dr. Dr. h.c. Reinhard H. Schmidt und Dr. Gertrud R. Traud diskutieren anschließend unter Moderation von Christine Novakoic, Leiterin Corporate & Institutional Clients der UBS Schweiz mit Koo über Modelle und Perspektiven einer nachhaltigen Finanzarchitektur. Schmidt bemerkt zum Wort „Sustainability“ (Nachhaltigkeit), dass natürlich „jeder“ dafür sei. Die Frage sei nun, wie diese Idee im Finanzsektor umgesetzt werden könne. Aus einer bilanziellen Sicht fügt Schmidt den Gedanken hinzu, dass Nachhaltigkeit auch im Erhalt von Bilanzwerten zu sehen sei.

Flassbeck, Director Division Globalization and Development Strategies bei UNCTAD unterstreicht die Bedeutung der Makroperspektive: Kürzungen im falschen Moment seien ein Beispiel dafür, wo die Perspektive des individuellen Haushalts nicht für die Volkswirtschaft insgesamt angewandt werden könne. „Wir können die Logik nicht ignorieren, dass sich alle Forderungen und Verbindlichkeiten insgesamt zu Null summieren.“

Traud, Chefvolkswirtin der Helaba Landesbank Hessen-Thüringen, erläutert ihre Erkenntnisse aus der Präsentation von Koo: Es komme auf die Perspektive und die mentale Verankerung an. Von 2005 bis 2007 glaubte man, dass der Boom nachhaltig sei. Deutschland galt als „kranker Mann“ Europas, während andere Länder daran glaubten, dass das Wachstum beliebig fortgeführt werden könne. Eine Wurzel für die Fehlentwicklung sei „zu viel“ öffentliche und private Verschuldung gewesen. „Wir brauchen einen nachhaltigeren Weg“, fordert die Chefvolkswirtin. „Der Wachstumspfad wird niedriger und stärker von technischen Innovationen geprägt sein.“ Es sei nun offenbar, dass der Finanzsektor nicht im Gleichschritt mit der Immobilienwirtschaft um ein vielfaches schneller wachsen könne als der Rest der Volkswirtschaft. Eine endlose Expansion von Budgetdefiziten sei nicht möglich.

Die Fehler Japans 1997 und 2001 sollten nicht in anderen Volkswirtschaften wiederholt werden, warnt Koo. Das Problem sei nicht der öffentliche, sondern der private Sektor: Die Regierung reagiere nur, der Privatsektor sei zu reformieren. Flassbeck kommentiert die Position von Koo: Deutschland habe seine Kunden im Süden finanziert, und nun seien diese nicht mehr zahlungsfähig. Schmidt fügt hinzu, dass die bilanziellen Bedingungen und die des Gleichgewichts nicht ignoriert werden dürften. Als Finanzinstitutionen immer größer wurden, immer mehr Risiken übernahmen, habe sich die Bedeutung des Gedankens der Nachhaltigkeit gezeigt. Novakovic kommt auf die überbordende Regulierung der Banken zu sprechen.

Schmidt weist darauf hin, dass in Großbritannien der explodierende Finanzsektor seine Geschäfte nicht mit Unternehmenskredite mache, sondern mit Interbankgeschäften und mit Immobilienfinanzierungen. Flassbeck kritisiert, dass das Bankwesen eine große Zahl von „Bubbles“ hervorgebracht habe. Die Blasen würden keine Wertschöpfung für die Gesellschaft insgesamt erzeugen. „Das ist kein produktives Geschäft für die Gesellschaft. Es geht nur um Wetten mit der Illusion, schnelles Geld zu verdienen.“

Koo weist darauf hin, dass an Kapitalmärkten mit Null Prozent Zinsen möglicherweise niemand Kapital haben wolle. „Wozu werden Banken gebraucht, wenn keiner das Geld gegen Zinsen haben wolle?“ Koo illustriert, dass während der Finanzkrise zwar viele Banker ihre Jobs verloren hätten, nicht aber die Bankenaufseher. Nun würden aber ausgerechnet diejenigen, die die Finanzkrise nicht vorhersahen, die neuen Regulierungen für Banken schreiben.

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