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Geldreform gefordert

Von Dr. Oliver Everling | 10.Oktober 2014

Das Buch von Thorsten Polleit und Michael von Prollius „Geldreform: Vom schlechten Staatsgeld zum guten Marktgeld“ gibt es nun bereits in der dritten Auflage, erstmals jetzt im FinanzBuch Verlag der Münchner Verlagsgruppe.

„In einem System des freien Marktgeldes steht es den Marktakteuren frei,“ schreiben die beiden Autoren, „dasjenige Gut zu wählen, das sie als Geld verwenden wollen. Niemand macht den Geldnachfragern Vorgaben, was sie als Geld nachfragen müssen. Jedem ist es zudem freigestellt, Angebote bereitzustellen, die sich als Geld etablieren können. Das Zusammenspiel von freiwilligem Angebot von und freiwilliger Nachfrage nach Geld bestimmt, was Geld ist, welche Qualität es hat, und in welcher Menge es umläuft. Geld wird durch ein Ausleseverfahren hervorgebracht – wie es üblicherweise bei jedem anderen Gut auch der Fall ist.“

Die Folgerungen von Polleit und von Prollius liegen auf der Hand: „Die Geldnachfrager werden nur dasjenige Gut als Geld nachfragen, von dem sie erwarten, dass es gutes Geld ist. Aus Sicht der Geldnachfrager wäre gutes Geld vermutlich ein Geld, das sich vor allem nicht beliebig und unkontrolliert vermehren lässt. Ein Gut, das diese Mindestanforderungen nicht erfüllt (wie zum Beispiel bunt bedruckte Papierzettelchen), würde nicht als Geld nachgefragt werden.“

Es ist das Verdienst der Autoren, ganz gegen den Ruf nach immer mehr Bankenregulierung sich mutig mit der Idee des „Free Banking“ zu bfeassen: Banken sind unter Bedingungen des „Free Banking“ im Kern nur in zwei Geschäftsfeldern aktiv: im Depositengeschäft und im Kreditgeschäft. Banken sind hier keine Geldproduzenten, sondern in beiden Geschäftsfeldern handhaben sie nur bereits vorhandenes Geld.

Der Staat beanspruche aber heute noch das Monopol der Geldproduktion, weil sich auf diesem Wege Zwangsumverteilungspolitiken verfolgen lassen, die in einem freien Marktgeldsystem in dieser Größenordnung nicht möglich wären. „Das Ersetzen des Sachgeldes durch ein staatliches Zwangspapiergeld, das beliebig vermehrt werden kann, vergrößert die Finanzkraft und damit auch die Wirkungsmacht des Staates in unerhörtem Ausmaß.“

Bei vielen Menschen stehe der Staat in allergrößtem Ansehen. Zwar rege sich hier und da auch Missmut über ihn, wenn etwa bekannt wird, dass er Steuergelder verschwendet hat. „Trotzdem wird der Staat von vielen als unverzichtbar angesehen. Schließlich könne eine moderne Gesellschaft ohne Staat nicht funktionieren, so die Mehrheitsmeinung. Die Regierenden mögen zwar schlecht sein, aber ohne sie wäre alles noch viel schlechter. Es sei besser, mit den Unzulänglichkeiten des Staates zu leben, als das Chaos zu ertragen, das sich ohne ihn unweigerlich ausbreiten würde.“

Der Wertverfall des Geldes ist daher auch ein herausragendes Merkmal des staatlich beherrschten Geldwesens. Die Beschränkungen einer ausufernden Verschuldung und Aufblähung des Finanzwesens verschwanden mit dem Übergang zum nicht einlösbaren Papiergeld: Dieses Geld kann jederzeit in jeder beliebigen Größe vermehrt werden. „Ob US-Dollar, japanischer Yen, Euro, britisches Pfund, chinesischer Renminbi oder Schweizer Franken – sie alle sind staatliches Zwangsmonopolgeld. Sie werden von staatlichen Zentralbanken durch Kreditvergabe ‚aus dem Nichts‘ geschaffen.“ Dieses „Nichts“ kann eben beliebig vermehrt werden.

Polleit und von Prollius zeigen, wie Mindestreserven praktisch obsolet geworden sind, denn das Szenario, in dem die Kunden die Bankenschalter stürmen (man spricht hier auch von einem „Bank-Run“), kann mittlerweile das ungedeckte Papiergeldsystem wohl nicht mehr ernstlich erschüttern. Im heutigen Zentralbanksystem kann jederzeit neues Geld geschaffen und den Banken zur Verfügung gestellt werden.

In der Konsequenz befördere das Eigennutzkalkül des Individuums Politiken, durch die die Gesellschaft zusehends in ein kollektivistisch-sozialistisches Gemeinwesen überführt wird: einen zusehends dominierenden Staat und einen immer größer werdenden Regel- und Regulierungswust, und zwar zulasten der individuellen Freiheit. Freie Währungswahl und freie Geldproduktion, verbunden mit Free Banking, seien dagegen die natürlichen Bausteine eines marktwirtschaftlichen Geldwesens.

„Gutes Geld erfordert nicht nur den freien Eintritt in die Geldproduktion, es muss auch eine gänzlich freie Nachfrage nach Geld gewährleistet sein. Ein jeder darf das Geld, das seinen Zwecken am besten entspricht, frei auswählen. Keine Geldart darf privilegiert werden“, warnen die Autoren, denn jedes Fiatgeld sei inflationär, es begünstige einige wenige auf Kosten vieler. Das „aus dem Nichts“ geschaffene Geld sorge zudem für Wirtschaftsstörungen: Fehlinvestitionen, Spekulationswellen und Boom-und-Bust-Zyklen.

Polleit und von Prollius zeigen grundlegende Eigenschaften eines marktwirtschaftlichen Geldwesens auf: „(1) Das Angebot von und die Nachfrage nach Geld ist vollkommen frei; (2) es gibt keine Zentralbank, die das Monopol der Geldproduktion innehat; (3) es herrscht Bankfreiheit (Free Banking) und (4) Banken operieren mit einer 100-prozentigen Reserve; keine Bank darf etwas verleihen, was ihr als jederzeit fällige Sichteinlage anvertraut wurde.“

Thorsten Polleit und Michael von Prollius geben dem Leser ein klares Bild davon, was Geld eigentlich ist, was seine Kaufkraft ausmacht und wie Geld entstanden ist. Wer daran noch zweifeln sollte: Inflation ist „immer und überall ein Übel“, daher widmen die Autoren diesem Nachweis ein ganzes Kapitel.

Nachdem klar ist, wie staatliches Zwangsgeldmonopol und Inflation zusammenhängen, widmen sich Polleit und von Pollius der Idee des freien Marktgeldes und des „Free Banking“. Vor diesem Hintergrund beschreitet der Leser dann „den leidvollen Weg vom Sach- zum Papiergeld“ und versteht, warum Geld heute verstaatlicht ist, wie der Staat Geld produziert und bekommt mit auf den Weg, was man über Zentralbanken wissen sollte.

Zinspräferenz, Zins und Zinsfeindschaft, „Boom und Bust“, Überschuldung, Hyperinflation, kollektive Korruption, trügerische Rettungspolitiken – der Leser darf auf eine spannende Lektüre bis zum „Happy End“ der „Rückkehr zu gutem Geld“ gefasst sein. Leider wird der Leser jedoch das Buch mit der Sorge zusammenklappen müssen, dass wir heute noch weit von „gutem Geld“ entfernt sind.

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