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Keine Haftung unter dieser Nummer

Von Dr. Oliver Everling | 10.Februar 2023

Schon als Oberbürgermeister von Hamburg und später als Bundesfinanzminister wurde das glücklose Wirken des heutigen Bundeskanzlers Olaf Scholz an verschiedenen Beispielen und Versäumnissen deutlich. Zu den prominentesten Fällen gehören neben dem Cum-Ex-Skandal der Wirecard-Skandal. Daher kommt der eventuellen staatlichen Haftung gegenüber Anlegern wegen Amtspflichtverletzung im Zusammenhang mit dem Wirecard-Skandal einige Bedeutung zu, denn der Schaden wäre dem Ressort des damaligen Bundesfinanzministers Olaf Scholz zuzuordnen.

„Seine“ Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen (BAFin) soll Anlegern nicht auf Schadensersatz wegen unzureichender Aufsichtswahrnehmung haften, da die Aufgaben allein im öffentlichen Interesse wahrgenommen werden. So urteilt das Oberlandesgericht Frankfurt am Main: „Eine Verletzung der Bilanzkontrollpflichten im Rahmen des sog. Wirecard-Skandals ist auch nicht feststellbar.“

Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) hat mit heute veröffentlichter Entscheidung die landgerichtliche Klageabweisung bestätigt, wonach ein Anleger die BAFin nicht wegen Amtspflichtverletzung auf Schadensersatz für er littene Kursverluste in Anspruch nehmen kann.

Das OLG berichtet über Details: Der Kläger kaufte 2019 und 2020 Aktien der Wirecard AG. Er nimmt die BAFin wegen behaupteter Aufsichts- und Informationsversäumnisse sowie Amtsmissbrauch auf Schadensersatz für die erlittenen Kursverluste in Anspruch. Die 1999 gegründete Wirecard AG unterlag der Finanzaufsicht der Beklagten. Im April 2020 gab ein vom Aufsichtsrat der Wirecard AG beauftragter Sonderprüfer bekannt, dass über die Existenz eines Bankguthabens auf Treuhandkonten in Höhe von insgesamt 1,9 Mrd. € keine aureichenden Prüfungsnachweise zu erlangen gewesen seien.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die hiergegen eingelegte Berufung hatte auch vor dem OLG keinen Erfolg. Dem Kläger stünde kein Anspruch auf Schadensersatz gegen die Beklagte zu, bestätigte das OLG.

Die Beklagte habe nicht gegen die ihr obliegenden Amtspflichten bei der Bilanzkontrolle verstoßen. Nach damaliger Rechtslage erfolgte die Bilanzkontrolle in einem zweistufi gen System: zunächst durch eine private Prüfstelle und danach durch eine staatliche Instanz (die Beklagte). Die Beklagte habe dieses System eingehalten und im Februar 2019 eine Sonderprüfung durch eine private Prüfstelle veranlasst.

Der Kläger habe keine greifbaren Anhaltspunkte für die Annahme vorgetragen, dass die Beklagte bereits zu einem früheren Zeitpunkt eine solche Sonderprüfung hätte beauftragen müssen. Ebenso habe der Kläger keine Anhaltspunkte dafür vorgetragen, dass die Beklagte die Prüfstelle nicht hinreichend überwacht habe oder wegen erheblicher Zweifel an der ordnungsgemäßen Durchführung der Prüfung die Prüfung hätte an sich ziehen müssen. Im Übrigen fehle es am Verschulden der Beklagten. Es sei schließlich nicht feststellbar, dass der Schaden des Klägers bei einem früheren Einschreiten der Beklagten nicht eingetreten wäre.

Einem Schadensersatzanspruch wegen Amtspflichtverletzung stehe zudem entgegen, dass die Beklagte bei der Wahrnehmung der Bilanzkontrolle allein im öffentlichen Interesse tätig werde. Der einzelne Anleger werde grundsätzlich nicht durch die bankauf sichtsrechtliche Tätigkeit der Beklagten geschützt. Der Senat halte auch unter Berücksichtigung jüngster Rechtsprechung des EuGH und der Transparenz-Richtlinien an seiner bisherigen Rechtsprechung fest, wonach Schadensersatzansprüche Dritter gegen die BAFin, etwa wegen unzureichender Aufsichtstätigkeit ausgeschlossen seien. Der Kläger könne auch nicht wegen Amtsmissbrauchs Schadensersatz verlangen. Es sei kein amtsmissbräuchliches Verhalten der Mitarbeiter der Beklagten feststellbar. Dass Mitarbeiter Aktien der Wirecard AG besessen hätten, sei nicht sittenwidrig. Die von der Beklagten seit 2019 ergriffenen Maßnahmen seien pflichtgemäß erfolgt.

Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Mit der Nichtzulassungsbeschwerde kann die Zulassung der Revision begehrt werden.

Themen: Aktienrating | Kein Kommentar »

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