Vorstoß in den Massenmarkt

Von Dr. Oliver Everling | 11.Juli 2016

Der internationale Online-Kreditmarktplatz Lendico treibt seine Expansion in Europa voran und hat am 8. Juli 2016 die Lendico Schweiz AG gegründet. Ab dem vierten Quartal 2016 soll das Unternehmen kleinen und mittelgroßen Unternehmen (KMU) in der Schweiz Crowd-Finanzierungen ermöglichen. Der Markteintritt erfolgt in enger Kooperation mit der PostFinance, einer Tochter der Schweizerischen Post. Das Finanzinstitut gehört mit einer Bilanzsumme von über 119 Milliarden Franken zu den fünf größten Banken der Schweiz und ist Marktführerin im Zahlungsverkehr.

Gemeinsam wollen die Partner in der Schweiz eine neue Form der KMU-Finanzierung etablieren. Über das Joint Venture soll den vielen schweizerischen KMUs eine moderne Alternative zur traditionellen Bankenfinanzierung zugänglich gemacht werden. Die Partner bringen ihr sich ergänzendes Know-how in Sachen Kundenansprache sowie entlang des gesamten Kreditvergabe- und Rückzahlungsprozesses in das Gemeinschaftsunternehmen ein.

„Mit ihrer 110-jährigen Erfahrung im schweizerischen Bankgeschäft und ihren rund 3 Millionen Kundinnen und Kunden können wir uns für den Markteintritt in der Schweiz keine bessere Partnerin als die PostFinance vorstellen. In der konsequenten Fortführung unseres Aufbaus eines internationalen Kreditmarkplatzes ist das Joint Venture ein wesentlicher Schritt in unserer Geschäftsentwicklung“, sagt Dr. Dominik Steinkühler, Mitgründer und Geschäftsführer von Lendico.

Hansruedi Köng, CEO von PostFinance, freut sich, dass mit Lendico ein international erfolgreicher und etablierter Partner aus einer schnell wachsenden Industrie gewonnen werden konnte. „Unser Anspruch an diese Kooperation ist es, Crowdlending in der Schweiz aus dem Nischenstatus in den Massenmarkt zu heben. Die Kombination der Innovationskraft von Lendico und unseren Strukturen in der Schweiz bringt beste Voraussetzungen für die zukünftige Marktführerschaft der Lendico Schweiz AG.“

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Wieder ein Ende einer Europäischen Union

Von Dr. Oliver Everling | 8.Juli 2016

​In der Geschichte Europas gab es viele Versuche, die politischen Grenzen Europas an  die geographischen Grenzen Europas zu schieben. ​ Keiner dieser Versuche, selbst der Vorfahren der Italiener, haben je Jahrhunderte oder gar Jahrtausende überdauert. Seit dem es politische Herrschaft von Menschen über Menschen gibt, existieren Grenzen. „Es war klar,“ kommentiert Udo Schäfer aus Stuttgart, „dass die durch Schengen beseitigten Grenzen an anderer Stelle und eventuell anderer Form neu entstehen. Wer die nationalen Grenzen einreißen will, muss sich auch mit den Ideen der Gestaltung geopolitischer Großräume auseinandersetzen.“ Zwangsläufig lande der Suchende dann bei dem vom Weströmischen Reich inspirierten Staatsrechtler Carl Schmitt, z.B. seinem Werk „Der Nomos der Erde“.

Dieses geopolitische Denken ist in Deutschland politisch nicht korrekt, beobachtet Schäfer: „Die deutsche Politik hat Schengen begeistert zugestimmt, ohne über die Rolle Deutschlands im Zusammenspiel mit seinen europäischen Partnern in dem geopolitischen Großraum Schengen je ernsthaft nachgedacht zu haben. Die Öffnung der nationalen Grenzen ließ Grenzen in den Gesellschaften wieder deutlicher hervortreten.“ Schäfer meint zu sehen, dass die Spaltung der deutschen Gesellschaft, nicht nur in der Einwanderungsfrage, jetzt sichtbar ist. „Die Lager schotten sich immer weiter ab und führen nur noch einen Binnendiskurs. Schengen ist schon am zerbrechen, es geht nur darum, ob ein Kerneuropa noch zusammenbleiben kann oder ob z.B. die Visegrád-Staaten zusammen mit Österreich, Kroatien und Slowenien die Donau-Union bilden. Kerneuropa oder die Donau-Union werden eine Grenze haben, sicher mit Sperranlagen. Der Brexit beschleunigt diesen Prozess.“ 

Großbritannien hat sich dafür entschieden, eine Großmacht zu bleiben, die ihre Macht mit keiner anderen politischen Institution teilen will: die imperiale Seemacht Großbritannien wird ihre Atomwaffen behalten und sich keinerlei Mitbestimmung der Festlandeuropäer unterwerfen, folgert Schäfer. „Großbritannien wird auf seine Privilegien als Mitglied der Five Eyes nicht verzichten und sich nicht an deutsches Datenschutzrecht halten. Die USA sind im Ernstfall näher mit Großbritannien als mit Deutschland verbunden. Schon Benjamin Disraeli unterbreitete einen hellsichtigen Vorschlag in seinem Roman Tancred: Die Königin von England solle mit ihrem ganzen Hofstaat von London nach Delhi ziehen.“ Disraeli war der Meinung, das britische Reich sei eher eine asiatische als eine europäische Macht: „Er fühlte, dass die Insel kein Stück von Europa mehr war. Ihr Schicksal war nicht mehr notwendig mit dem Europas verbunden.“ 

Deutschland muss in den vorhersehbaren Turbulenzen nach dem Abgang von Kanzlerin Merkel ohne politischen Beistand von Großbritannien und den USA auskommen. „Beide angelsächsischen Mächte werden Deutschland mit den hilfsbedürftigen Mittelmeerländern sitzen lassen“, warnt Schäfer. „Denn nach der deutschen Bundestagswahl kommt der Grexit mit allen Nebenwirkungen für die europäische Finanzwelt. Dazu gehören auch die aus dem Gleichgewicht geratenen Target-Salden.“

„Das ist das Ende der jetzigen EU“, so das Fazit von Schäfer.

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Globaler Konjunkturgegenwind

Von Dr. Oliver Everling | 7.Juli 2016

Die Industrieproduktion Deutschlands schrumpft im Berichtsmonat Mai unerwartet stark um 1,3% M/M (s.a.), warnt Dr. Stefan Große vom Economics Team der NORD/LB Research/Volkswirtschaft in der Norddeutsche Landesbank Girozentrale. „Auch im Vorjahresvergleich steht nunmehr ein negatives Vorzeichen zu Buche: -0,4% Veränderung im Vergleich zu Mai 2015 wurden gemeldet.“

Damit lässt sich nach Ansicht von Große nicht mehr von der Hand weisen, dass nun auch an Deutschlands Wirtschaft die negative Entwicklung der globalen Wirtschaft nicht mehr spurlos vorbei geht. In den letzten vier Monaten gab es gerade mal einen mit einem positiven Vorzeichen (April). „Dabei sind die Auswirkungen des britischen Brexit-Referendums und die damit zusammenhängende politische Unsicherheit noch gar nicht dabei. Diese dürften dann in den nächsten Monaten für eine zusätzliche Belastung sorgen“, so die Warnung von Große. Ohnehin geben die nach seinen Worten „wenig berauschenden“ Auftragseingänge für die deutsche Industrie (-2,0% M/M im April, 0,0% M/M im Mai) kaum Hoffnung auf eine Besserung in naher Zukunft.
Bedenklich stimmt die Experten bei der NORD/LB auch, dass die Produktion insbesondere bei den Investitionsgüter gedrosselt wurde (-3,9% M/M). Lediglich Konsumgüter blieben im positiven Bereich. Zurückhaltende Investitionen sprechen nach Ansicht von Große ebenfalls für trübere Wachstumsaussichten. Die Konjunkturindikatoren wie der ifo-Geschäftsklimaindex und der ZEW hatten sich zuletzt zwar verbessert, aber diese Umfragen fanden vor dem britischen Referendum statt. Die Stimmung dürfte sich nunmehr erheblich verschlechtert haben.

Der Binnenkonsum in Deutschland dürfte allerdings weiter zum Wachstum beitragen, das zeigen unter anderem die Einzelhandelsumsätze. „Der Konsum allein wird allerdings nicht ausreichen,“ schränkt Große ein, „um den Dampfer auf Fahrt zu halten, vor allem wenn die Firmen nun auch ihre Investitionen zurückhalten sollten. Das BIP im II. Quartal erwarten wir ohnehin etwas schwächer, nun mehren sich allerdings die Fragezeichen für das III. Quartal. Um eine Krise auszurufen, ist es allerdings noch etwas zu früh.“

Das Fazit aus dem Hause der NORD/LB: „Die Industrieproduktion in Deutschland ist im Mai abermals zurück in negativem Terrain. Damit zeigt sich, dass auch wir uns nicht mehr gegen den aktuellen globalen Konjunkturgegenwind stemmen können. Von den vier Monaten Februar bis Mai hatten drei ein negatives Vorzeichen. Nicht nur das: Der Brexit-Schock ist noch gar nicht in den Zahlen enthalten, allein die Auftragseingänge in April und Mai – also noch vor Brexit – sprechen eher für trübere Aussichten. Der deutsche Konsument hält zwar die Konjunktur unter Dampf, allerdings dürften die zurückhaltenden Investitionen und die noch niedrigere Auslandsnachfrage für wenig Euphorie sorgen.“

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Illiquid Credit

Von Dr. Oliver Everling | 5.Juli 2016

Jeremy Ghose von 3i Debt Management spricht bei Hedgework über das Thema: “The Growth of Illiquid Credit”. Alternative Credits gewinnen rasch an Aufmerksamkeit und Interesse bei institutionellen Investoren, da in einer Zeit negativer Zinsen der Druck wächst, alternative Ertragsquellen zu erschließen. Im Unterschied zu privaten Kunden werden die Belastungen, die die Banken aufgrund der negativen Zinspolitik der Europäischen Zentralbank zu tragen haben, an institutionelle Investoren weitergegeben.

Ghose sieht in den letzten zwölf Monaten das stärkste Wachstum bei Private Euqity (43 %), stärker als bei Hedge Funds (25 %), Real Estate (30 %) oder Natural Resources (24 %). Ghose erwartet, dass die Finanzierung durch Baknen weiter an Boden verlieren werde. Er zitiert Zahlen zu dem Anteil nicht performender Kredite zum Beispiel in Italien. Der hohe Anteil der Wertberichtigungen mache es den Banken praktisch unmöglich, sich als offensive Kreditgeber zu präsentieren.

Private Equity sei der Treiber der weiteren Entwicklung des Darlehensmarktes. „Wir sehen eine Menge Dry Powder“, macht Ghose klar. In seiner dreißigjährigen Berufstätigkeit habe er keine Zeit gesehen, in der Leveraged Transactions mit einem so hohen Anteil von EIgenkapital durchgeführt worden wären wie heute.

Ghose lobt die Assetklasse des Loan Market, denn dieser sei z.B. nach der Nachricht über den Brexit kaum berührt gewesen. Die Stabilität des Loan Market mache diesen attraktiv. Er zeigt Statistiken, nach denen auch gegenüber High-Yield Bonds eine niedrigere Volatilität zu verzeichnen ist. Ferne sei eine niedrige Korrelation mit Renditen anderer Assetklassen hervorzuheben.

Ghose erwartet für 2016 und 2017 weiterhin vergleichsweise niedrige Insolvenzraten, wenn man Unternehmen aus den Sektoren Energie, Metalle und Mining ausklammere. 

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Historische Chance für Deutschland

Von Dr. Oliver Everling | 5.Juli 2016

Ein Volksentscheid in Großbritannien zugunsten eines Austritts aus der Europäischen Union (EU) lag schon immer im Bereich des Möglichen. Dennoch hat der „Brexit“ sowohl die EU als auch die Investoren kalt erwischt, berichtet Christophe Bernard, Vontobel-Chefstratege. Es folgte eine Verkaufswelle an den globalen Aktienmärkten, während sogenannte sichere Häfen wie Staatsanleihen und Gold stark nachgefragt wurden.

Bernard wirft einen Blick auf fünf mögliche Konsequenzen eines wahrscheinlichen Austritts der Briten aus der 28-Staaten-Gemeinschaft: „In erster Linie hat das Ergebnis des britischen Referendums vom 23. Juni das Land in ein politisches Chaos gestürzt. Die tiefen Gräben innerhalb der Parteien und zwischen den Regionen sind nun offen zutage getreten. Großbritannien droht die Spaltung, da Schottland und Nordirland in der EU bleiben möchten, während England und Wales den Alleingang vorziehen.“

Hält das politische Chaos in Großbritannien weiter an, könnte sich das Kräfteverhältnis in Europa zugunsten von Deutschland verschieben. Schon heute profitiert Deutschland davon, noch zu den wenigen mit AAA gerateten Staaten zu gehören, während Großbritannien nach übereinstimmenden Urteil aller führenden, selbst der angelsächsischen Agenturen nicht mehr zum Kreis der AAA-Emittenten gehört. Trifft die Befürchtung von Bernard zu, dann gäbe es nach einer Spaltung Großbritanniens sogar Anlass zu weiteren Herabstufungen durch die Ratingagenturen, während Deutschland sich Anbietern als vergleichsweise „sicheren Hafen“ anbieten würde.

Da das „Leave“-Lager (noch) keinen klaren Anführer oder einen Plan für den Abschied von der EU hat, analysiert Bernard, stehen Großbritannien unsichere Zeiten bevor. Gegenwärtig sieht Bernard beinahe unendlich viele Möglichkeiten, wie Großbritannien und die EU ihre Scheidung – oder ein wie auch immer geartetes Zusammenbleiben – gestalten können.

Zur wirtschaftlichen Dimension kommentiert Bernard: „Nach der ‚Brexit‘-Abstimmung haben wir ausgehend von Investitionsrückgängen und einem gedämpften Konsum unsere Prognose für das britische Bruttoinlandprodukt (BIP) für die nächsten 18 Monate um 2.5 Prozentpunkte nach unten korrigiert. Ein Rückgang in dieser Höhe könnte in Großbritannien, der zweitgrößten Volkswirtschaft der EU, zu einer leichten Rezession führen. Die Unsicherheit wird sich auch negativ auf die Aussichten in der EU auswirken, jedoch in deutlich geringerem Ausmaß.“ 

Für den Fall, dass die Verhandlungen „in geordneten Bahnen“ verlaufen, ziehen die Analysten bei Vontobel beim Wachstum in der Eurozone für denselben Zeitraum 0.7 Prozentpunkte ab. Für die USA und den Rest der Welt sind gegenwärtig nur geringe Auswirkungen zu erwarten.

Außerhalb Großbritanniens und der EU würden sich etwaige wirtschaftliche Folgen aus einer Verschärfung der finanziellen Bedingungen, sprich Kursrückgängen an den Aktienmärkten und höheren Kreditspreads, ergeben. „Die Zentralbanken verfolgen die Entwicklung sicherlich mit großer Aufmerksamkeit. Insbesondere die Europäische Zentralbank ist fest entschlossen,“ meint Bernard, „einen möglichen Anstieg der Renditeabstände zwischen den Staatsanleihen der ‚Peripherieländer‘ der Eurozone einerseits und deutschen Staatspapieren andererseits zu bekämpfen. Auch die Bank of Japan wird bei ihrer nächsten Sitzung im Juli voraussichtlich eine weitere Lockerung der Geldpolitik beschließen.“

Das bedeutet nach Ansicht von Bernard im Wesentlichen Folgendes: „Es wird kräftige Liquiditätsspritzen geben; eine Verschärfung der Geldpolitik ist nicht in Sicht – auch nicht in den USA, dem einzigen großen Industrieland, in dem bis vor Kurzem noch eine Anhebung der Leitzinsen absehbar war. Das sollte dazu beitragen, Verlustrisiken zu minimieren.“

Das weltweite Wirtschaftswachstum und die globalen Unternehmensgewinne werden letzten Endes die wichtigsten Treiber der Aktienmärkte sein. „Insofern erwarten wir,“ heißt es aus dem Haus von Vontobel, „dass die Auswirkungen des Brexits moderat ausfallen werden, sollten alle anderen Faktoren unverändert bleiben. Jedoch werden die Anleger erst konkrete Beweise dafür sehen wollen, bevor sie sich bei riskanten Anlagen engagieren.“

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Unternehmensbewertung

Von Dr. Oliver Everling | 1.Juli 2016

Im Schäffer-Poeschel Verlag legen Wolfgang Ballwieser und Dirk Hachmeister die fünfte Auflage ihres Buches „Unternehmensbewertung“ vor. Es geht hier um den Prozess der Unternehmensbewertung, um Methoden und Probleme. Die Autoren unterscheiden im Wesentlichen Gesamtbewertungsverfahren, Einzelbewertungsverfahren, Mischverfahren und Überschlagsrechnungen. Bei den Gesamtbewertungsverfahren geht es um den Ertragswert und den Discounted Cash Flow. Bei den Einzelbewertungsverfahren unterscheiden die Autoren Liquidationswert und Substanzwert. Unter den Mischverfahren lernt der Leser das Mittelwertverfahren und Übergewinnverfahren kennen und schließlich bei den Überschlagsrechnungen marktpreisorientierte Verfahren.

Unternehmensbewertung ist Mittel zum Zweck, daher stellen die Autoren die verschiedenen Anlässe und Zwecke der Unternehmensbewertung ganz an den Anfang ihrer Erörterung. Außerdem arbeiten sie heraus, wie wichtig eine korrekte Abgrenzung des Bewertungsobjektes ist, also auch der Unternehmensbegriff.

Den Ertragswert lernt der Leser mit seinen Komponenten kennen, er erfährt von der Vergangenheitsanalyse und Lageanalyse sowie Ertragsprognose. Der Ertragswert wird bei Sicherheit sowie bei dem realistischeren Fall von Unsicherheit ermittelt. Schon vor der Finanzkrise war die Frage nach der Bestimmung des Zinsfußes schon schwierig zu beantworten. Vor dem Hintergrund von Negativzinspolitik nicht nur der Europäischen Zentralbank steht die Unternehmensbewertung heute aber vor völlig neuen Herausforderungen. Je nach Modell ergeben sich bei Anwendung eines negativen Zinsfußes absurd hohe Unternehmenswerte. Leider ist die wissenschaftliche Literatur dazu noch nicht sehr ergiebig. Entsprechend ist das Thema auch bei Ballwieser und Hachmeister im Lehrbuch noch nicht verarbeitet.

Das Ausfallrisiko und die mit einer Insolvenz einhergehenden Kosten sind ein wichtiger Aspekt der Unternehmensbewertung. Bei verschiedenen Modellen lassen es die Modellannahmen nicht zu, Insolvenzkosten explizit mit einzubeziehen. Auch Ballwieser und Hachmeister widmen dem Zwischenschritt der Ermittlung eines Kreditratings daher kein gesondertes Kapitel. Insbesondere bei größeren Unternehmen, bei denen ein externes Rating verfügbar ist, wird dieses von Bewertern in der Praxis jedoch einbezogen, um Annahmen über Risikoprämien zu plausibilisieren.

Die fünfte Auflage hebt sich von den früheren Auflagen insbesondere durch die Aufnahme von zwei neuen Kapiteln zu den Besonderheiten der Unternehmensbewertung für die Steuerbemessung und zur Unternehmensbewertung in der Rechtsprechung ab. Das Lehrbuch wird der Zielsetzung gerecht, als Standardwerk den aktuellen Stand des Fachgebiets zu repräsentieren: Auf 317 Seiten werden Studierende mit allen maßgeblichen Bewertungsverfahren vertraut gemacht und erhalten so das Rüstzeug, um auch in Verhandlungssituationen über den Unternehmenwert in der Praxis bestehen zu können.

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Daten sind der Zins von morgen

Von Dr. Oliver Everling | 30.Juni 2016

Georg Fahrenschon, Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverband e.V. erteilt einer europäischen Börse mit Sitz in London eine klare Absage. „Es wäre verkehrt, die Briten jetzt für ihre Entscheidung abzustrafen“, macht Fahrenschon klar. Aber eine Fusion der Deutschen Börse mit Verlegung des Sitzes nach London sei nach der Entscheidung der Briten undenkbar. Fahrenschon will den Umzug der European Banking Authority von London in die Europäische Union nutzen, um auch die Bankenaufsicht neu zu ordnen.

Fahrenschon spricht auf dem 14. Internationalen Retail-Bankentag der Börsen-Zeitung in Frankfurt am Main. „Am Ende sind wir Retailer doch der ganz besondere Transmissionsriemen, der im Kleinen und vor Ort tätig ist, aber ganze Volkswirtschaften betrifft.“

„Lohnt sich in dieser Welt Retail-Banking überhaupt noch?“ Fahrenschon schont nicht, unbequeme Fragen anzusprechen. „Unsere privaten Kunden schirmen wir vor den Negativzinsen ab. Wir wissen, dass es ein Signal für den kompletten deutschen Finanzmarkt wäre. Sehr schnell würden sich erhebliche Anlagevolumina bewegen.“ Aus der Politik der Wirtschaft ein Paradoxon zu erklären, sei eine besondere Herausforderung. Fahrenschon unterstreicht daher, dass es eine große Leistung der deutschen Kreditwirtschaft sein, die Verunsicherung der Kunden abzuwenden.

„Ich kann nur hoffen, dass alle Akteure der Geldpolitik über die eintretenden Effekte im Klaren sind“, warnt Fahrenschon, wenn doch Institute gezwungen sein würden, die sie belastenden Negativzinsen an ihre Kunden weiterzugeben und damit eine Kettenreaktion auslösen.

Fahrenschon lässt den Blick auf andere Branchen schweifen. Die Medienwelt, die jahrelang kostenlos Inhalte in den neuen Medien angeboten hat, sucht nun mühsam den Weg zurück zu Bezahlmodellen. Fahrenschon ruft daher dazu auf, kostenintensive Bankleistungen der Kontofühürung auch mit entsprechenden Entgelten zu versehen.

„Daten sind der Zins von morgen“, sagt Fahrenschon. Es gehe aber nicht darum, Daten an Dritte zu verkaufen, sondern den großen Datenpool, über den die Sparkassen ohnehin verfügen, für kundengerechte Produkte zu nutzen. „Über Nacht werden wir Zahlungen von Handy zu Handy ermöglichen. Hier arbeiten wir mit den Volksbanken und Raiffeisenbanken zusammen.“ Schon bald werde jeder Sparkassenkunde auch zu jeder anderen Bank mit seinem Handy überweisen können. „Wir wollen es nicht zulassen, dass sich Dritte zwischen uns und unsere Kunden schieben“, macht Fahrenschon klar. 

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Scope kauft weitere Ratingagentur

Von Dr. Oliver Everling | 30.Juni 2016

​Mit der heute bekannt gegebenen Veräußerung der Ratingagentur FERI EuroRating Services AG an die Scope Corporation AG setzt die FERI Gruppe die strategische Weiterentwicklung konsequent fort. Ziel ist es, FERI als führendes Investmenthaus in Deutschland, Luxemburg, der Schweiz und Österreich weiter zu etablieren. Dabei fokussiert sich das Unternehmen auf die drei Kerngeschäftsfelder: Investment Research (volkswirtschaftliche Prognosen & Asset Allocation-Analysen), Investment Management (Institutionelles Asset Management & Private Vermögensverwaltung) und Investment Consulting (Beratung von institutionellen Investoren & Family Office Dienstleistungen).

Bereits im vergangenen Jahr hatte FERI diese drei Bereiche unter dem Dach der FERI Trust GmbH zusammengeführt. Dadurch wird eine noch engere Verbindung von Investment Research und Investment Management geschaffen, was die Effizienz und Flexibilität der Investmentprozesse deutlich erhöht. Gleichzeitig hat FERI die etablierte Research- und Selektionskompetenz für klassische wie auch alternative Investments konzentriert und weiter verstärkt.

„Die Veräußerung der EuroRating ist strategisch der nächste konsequente Schritt in der Weiterentwicklung der FERI Gruppe. Wir konzentrieren uns auf unser Kerngeschäft, in dem Investment Research und Asset Management unmittelbar ineinander greifen. Dieses macht bisher rund 95 Prozent des Umsatzes der FERI Gruppe aus. Gleichzeitig hat die Ratingagentur die Möglichkeit, ihr Geschäft in der Scope Group deutlich weiterzuentwickeln“, sagt Arnd Thorn, Vorstandsvorsitzender der FERI Gruppe.

Im Zuge der Weiterentwicklung wird die FERI Gruppe die langjährige Research-Kompetenz weiter stärken: Zusätzlich zum bestehenden Investment Research und den etablierten Branchenanalysen baut FERI derzeit ein eigenes Forschungsinstitut auf, das speziell langfristige Zukunftstrends und deren Auswirkungen auf Vermögen im Fokus hat. „Der FERI-Ansatz basiert seit fast 30 Jahren auf einem fundierten Research. Nach diesem Grundsatz bauen wir auch das neue FERI Institut auf. Es wird ein meinungsstarker und notfalls unbequemer Vordenker sein, mit klarem Fokus auf die relevanten Zukunftstrends in der Wirtschafts- und Vermögensforschung“, sagt Dr. Heinz-Werner Rapp, Vorstand und CIO der FERI Gruppe.

Details zur Transaktion der FERI EuroRating Services AG sowie zur strategischen Weiterentwicklung der Scope Group finden sich in einer begleitenden Scope-Pressemitteilung unter www.scopegroup.com.

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Von Bank zu Banking

Von Dr. Oliver Everling | 29.Juni 2016

Andreas Pratz, Partner und Leiter der Financial Institutions Group für Deutschland bei der A.T. Kearney GmbH, erwartet, dass Angebote wie eine Kontoeröffnung in wenigen Minuten hohe Akzeptanz haben werden. Damit widerspricht er Bedenkenträgern, die auf dem 14. Internationalen Retail-Bankentag der Börsen-Zeitung die Bereitschaft von Bankkunden in Frage stellten, die Bequemlichkeit der Kontoeröffnung online nutzen zu wollen. Roland Boekhout, Vorsitzender des Vorstandes der ING-DiBa AG, hatte am Morgen noch berichtet, dass immer noch der größere Teil der Kontoeröffnungen über das umständliche Postident-Verfahren in Warteschlagen der Postfilialen erfolge.

„Frictionless“ sei der neue Standard. Das sei der Begriff des „New Normal“: Urban Mobility (Uber, MyTaxi, …), Smart Home (Google Nest, Amazon Echo, …), Connected Cars (Parkhaus, Mautstraßen, Versicherung), mHealth (Apple Healthkit, Google Fit, …), Car-Sharing (Direvenow, Car2Go), Predictive Shopping (Amazon Prime, Amazon Dahs, Smart Appliances (Thermomix, Smart Fridge, …), Media on Demand (Netflix, Spotify, …).

Grob gesagt zeige sich bei deutschen Konsumenten etwa folgende Aufteilung: 20 % verweigern sich grundsätzlich, die neuen Technologien anzunehmen, 20 % sind aufgeschlossen, auch die neuesten Möglichkeiten zu nutzen, während rund 60 % nur dann neue Wege geht, wenn die Vorteile ganz erheblich sind.

Pratz macht klar, dass auch die Schmerzen der Banken zum Beispiel mit Kontoeröffnungen, die bis zu 14 Tage dauern, recht groß seien. Es liege daher nicht nur im Interesse der Kunden, die Prozesse deutlich zu beschleunigen. Unternehmen wie arvato Bertelsmann, CUnexus oder Rocket Mortgage ermöglichen schon heute Echtzeitentscheidungen mit komplett papierlosen und automatisierten Antragsprozessen, berichtet Pratz aus der Praxis.

Mit Blick auf Deutschland sieht Pratz bei den Banken einen im internationalen Vergleich mittleren Ertrag, die niedrigste Risikovorsorge, aber den höchsten Aufwand. „Wir haben praktisch kein Risiko mehr im Privatkundengeschäft. Wir sind Gewinner in der Eurozone, vollbeschäftigt und haben Wachstum.“ So erklärt Pratz die aktuelle Situation, die nur dadurch getrübt wird, dass Deutschland für jeden verdienten Euro die höchsten Kosten auf sich nehme.

Geschäftsvolumina und Erträge wachsen, aber die Gewinne stagnieren. Eine vorübergehende Gewinnerholung gab es in Westeuropa primär dank gesunkener Risikovorsorge. Die Gewinne in Deutschland stagieren trotz günstiger Risikositution, da die Kosten zu stark steigen.

Deutsche Banken seien relativ komplex aufgestellt. Neben den Produkten im Schaufenster läuft eine Vielzahl von Produkten im Hintergrund weiter, so dass sich eine entsprechend große Anzahl von Prozessen ergebe. Aus diesem Zusammenhang ergibt sich die Angreifbarkeit durch neue Wettbewerbeer, die sich auf wenige Prozesse konzentrieren.

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Moderne Bankkonzepte integrieren Kunden, Bargeld und Filialen

Von Dr. Oliver Everling | 29.Juni 2016

„Egal wen man fragt, Finanzdienstleistungen sind eines der nächsten Ziele digitaler Uwälzungen“, sagt Christian Weisser, Senior Vice President und als Bereichsvorstand bei Wincor Nixdorf (künftig Diebold-Nixdorf) verantwortlich für das weltweite Geschäft mit Banken. Der Aussage, dass die Digitalisierung das Risiko (signifikant) erhöht, die eigene Markstellung zu verlieren, ist unter Finanzdienstleistern praktisch schon Konsens. Weisser spricht auf dem 14. Internationalen Retail-Bankentag der Börsen-Zeitung in Frankfurt am Main.

Konnektivität, Automation, Entscheidungsfindung und Innovation sind Dimensionen in der Gestaltung des Weges zur Digitalisierung. Weisser verdeutlicht, das Digitalisierung für Wincor Nixdorf heißt. „Begeisterung entsteht durch persönlichen Servie im richtigen Moment“, macht Weisser an verschiedenen praktischen Beispielen klar. Mobile Konzepte unterstützen die Berater von Banken dabei. 

Bargeld sei weiterhin das einzige Bezahlmedium mit 100 % Akzeptanz. Es gebe weiterhin gute Möglichkeiten, durch optimierte Bargeldrozesse den Service für Geschäftskunden und die eigene Effizienz zu steigern. Weisser sieht das Thema Bargeldoptimierung über das einfache Cash Recycling hinaus. „Digitalisierung heißt, dass die Effizienzen in der Automatisierung besser gehoben werden können.“ Wie Weisser zeigt, sind durch die Dienste von Wincor Nixdorf „hürdenlose“ Konsumentenerfahrungen möglich.

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