Erste China Focus Conference in Frankfurt

Von Dr. Oliver Everling | 26.Mai 2015

„Jeden Monat werden Unternehmen in Europa von chinesischen Unternehmen gekauft“, führt Ulrich Bierbaum, General Manager der Ratingagentur Dagong Europe Credit Rating in die „1st Dagong Euroope China Focus Conference“ ein. Er ist verantwortlich für die Geschäfte der von der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde ESMA registrierten Ratingagentur mit Sitz in Mailand, Italien, die inzwichen vollständig in der Hand der chinesischen Muttergesellschaft  liegt. Bierbaum gibt einen Einblick in das Interesse, das sich für China allein schon anhand der Besucherzahlen der Website von Dagong Europea im Internet zeigen lässt.

Bernd Meist, Managing Director der Bank of China Frankfurt Branch, berichtet in der „Dagong Europe China Focus Conference“ über die Entwicklung der finanziellen Beziehungen zwischen Deutschland und China. Allerdings habe ihm die rasch zugenommene Regulierung der Banken schon graue haare wachsen lassen, scherzt Meist.

Die Bank of China fungiert als der erste Renminbi Clearing Hub in Europa mit RMB Produkten und RMB Dienstleistungen. Damit etabliere sich die Bank of China las Brücke zwischen deutschen und chinesischen Unternehmen. Meist berichtet von Untersuchungen, nach denen viele deutsche Unternehmen die Möglichkeiten, die sich in China für sie eröffnen, noch nicht in ihre Unternehmensstrategien integriert haben.

Meist lobt die Zusammenarbeit mit seinen chinesischen Kollegen. „Oft öffnen mir diese die Augen für noch bessere Lösungen“, berichtet Meist aus der Praxis. Meist folgert daher nicht nur aus den volkswirtschaftlichen Daten, sondern auch aus seinen persönlichen Erfahrungen, dass der gegenseitige Respekt zum Nutzen beider Seiten bleiben  wird. Meist heißt daher auch die chinesische Ratingagentur willkommen, die einen Beitrag zu den Beziehungen zwischen Deutschland und China leiste.

Guan Jianzhong, President von Dagong Europe sowie President und Chairman von Dagong Global, zeigt auf, wie Ratings eine Brücke für die Entwicklungen in Europa sein können. Die westlichen Theorien über Ratings seien in wichtigen Punkten falsch, daher sei eine neue Theorie benötigt. Die Finanzkrise von 2008 habe gezeigt, wie das Ratingsystem in den westlichen Staaten nicht in der Lage war, die Verantwortung zu übernehmen.

Die globalen Ratingagenturen haben das doppelte Ratingsystem übernommen. Guan zeigt auf, welche Fehler für die Krise verantwortlich waren. Eine neue Governance sei erforderlich. Russische, amerikanische und chinesische Ratingagenturen haben sich daher zusammengetan, um mit einem neuen System zu beginnen. Guan wirbt für Verständnis für die Notwendigkeit, im Rating umzudenken und mit einem neuen System zu beginnen.

Credit Rating erfordere, die Zusammenhänge zwischen Schuldnern zu verstehen. Das Ratingergebnis sei das Ergebnis der Theorie und der Beobachtungen, die in das Rating einfließen. „Wir haben daher zu den Wurzeln zu gehen“, fordert Guan. Ratingtheorie sei vielen fremd. Die „Zutaten“ seien vielen geheimnisvoll. Daher sei es nicht erstaunlich, wenn oft das Wissen fehle, Ratingentwicklungen angemessen zu beurteilen.

Die nächste Krise sei vorprogrammiert, wenn es nicht zu einem Umdenken komme. Die äußeren Phänomene der Krise seien verschwunden, aber die zugrundeliegenden Ideen seien unverändert. Man dürfe daher nicht zur Normalität übergehen, wenn nicht auch ein neues system installiert sei. Kreditbeziehungen seien eine Grundlagen menschlicher Beziehungen, von Bedeutung für die Menschheit insgesamt. Die Beudeutung eines angemessenen Ratingsystems sei daher nicht zu unterschätzen.

Studien zeigen nach Ansicht von Guan, dass die westlichen Ratingsysteme einer fundierten Theorie ermangeln. Die Ergebnisse seien in diesem Sinne daher „oberflächlich“. Wo keine fundierte Theorie vorhanden sein, könne es nicht zu einem tieferen Verständnis kommen. Einfach nur verbreitete Meinungen aufzugreifen, helfe nicht zu einem besseren Rating.

Guan greift die These an, dass die USA niemals zahlungsunfähig werden könnten. Die Länderratings seien die Obergrenzen für mögliche Ratings der Unternehmen in den jeweiligen Staaten. Die amerikanische Perspektive verletze daher den Anspruch der Objektivität. „Wir sprechen hier nicht von einer Ideologie. Länderratings dürfen nicht mit Unternehmensratings gleichzusetzen. Ausfallhäufigkeiten dürfen nicht mit Ausfallwahrscheinlichkeiten gleichgesetzt werden.“

Westliche Ratingideologie sei aber die treibende Kraft der Verbreitung von Ratings in den westlichen Ländern. Guan kommt auf das enorme Wachstum der Verschuldung in den USA in den letzten Jahrzehnten zu sprechen. Ratings würden durch die Medien kommuniziert, daher würden sie die Gedanken und Meinungen beeinflussen. Entsprechend tangieren Ratings die Kreditbeziehungen.

Guan betont, wie die von Unternehmen zukünftigen Leistungen nach entsprechenden Prämissen die Ratings beeinflussen. 2008 habe sich gezeigt, wie der Zusammenhang zwischen Krediten und Wirtschaftsleistung verloren ging. Die amerikanische Wirtschaft sei durch „virtuelle“ Kreditbeziehungen gekennzeichnet. Die Verlässlichkeit des Ratingsystems sei daher schwach und Blasenbildung unausweichlich.

Guan analysiert, dass bis 2007 ein unverhältnismäßig großer Anteil aller Kredite solchen Volkswirtschaften zuzuordnen waren, die AAA geratet wurden. Das Kreditvolumen stand aber nicht in einem angemessenen Zusamenhang zur Wirtschaftsleistung dieser Volkswirtschaften. Reichtum sei dadurch „produziert“ worden, dass Gläubiger neue Schuldner fanden. Guan prangert die schwerwiegenden Missverhältnisse an, die zwischen Verschuldung und Wirtschaftskraft besteht.

„Nach 2008 wurden die westlichen Ratingagenturen heftig kritisiert. Niemand habe aber sein Verhalten entsprechend geändert.“ Die Faktoren, die zum Zusammenbruch 2008 führten, sind nach Feststellung von Guan nach wie vor vorhanden.

Dagong habe sich daher der Entwicklung einer neuen Theorie des Ratings gewidmet. Dagong hat dazu vier Prinzipien entwickelt. Kreditbasierte Volkswirtschaften seien heute durch Widersprüche gekennzeichnet: Produktion und Kredit laufen auseinander, außerdem seien Kredite und Ratings auseinandergelaufen. Es müsse die Frage nach der Kreditkapazität gestellt werden.

Die „Seele des Systems“ sei die Profitabilität des Kreditnehmers. „Woher kommt aber diese Profitabilität?“ Guan fragt nach den Faktoren, die zur Beantwortung dieser Frage führen. Die Relation zwischen Verschuldung und Quellen der Rückzahlung sei zu analysieren. Guan meint zu sehen, dass in den westlichen Ratingsystemen die wahren Quellen der Fähigkeit von Schuldnern, ihre Kredite zurückzuzahlen, nicht erkannt werden.

„Die USA verlassen sich ganz auf den Bubble-Effekt, um Wachstum zu erreichen“, warnt Guan. Natürliches Wachstum sei so nicht zu erreichen, sondern nur astronomisch hohe Verschuldung. Die Profitabilität des Schuldners sei aber von zentraler Bedeutung. Guan spricht daher vom AAA-Rating Russlands. Alle realen Faktoren würden für Russland sprechen. „Alle amerikanische Agenturen verlassen sich dagegen auf sehr verzogenes Datenmaterial und schauen durch eine ideologische Brille auf Russland“, meint Guan und kritisiert, dass zu oft allein von der Vergangenheit auf die Zukunft von Ratings geschlossen werde. Es reiche nicht, Trends einfach fortzuschreiben.

Guan kommt auch auf Ratingsymbole zu sprechen. Diese müssten Vergleichbarkeit sicherstellen. Guan räumt ein, dass mansche Überlegungen theoretisch oder sehr komplex klingen mögen. Auch Basel stütze sich auf fehlerhafen Annahmen. „Einmal im Jahr eine Ausfallwahrscheinlichkeit zu berechnen, macht keinen Sinn“, greift Guan die Bürokraten an, die ohne tiefes theoretisches Fundament Banken die Verwendung interner Ratings vorschreiben.

Guan unterstreicht, dass zwar ständig von Ratings geredet werde, ohne sich aber mit den theoretischen Grundlagen zu befassen. „Wir sollten uns mehr Zeit nehmen, sich mit neuen Ratingideen zu befassen“, schließt Guan.

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Scope Vorstand um Dr. Stefan Bund erweitert

Von Dr. Oliver Everling | 21.Mai 2015

Dr. Stefan Bund, Chief Analytical Officer von Scope Ratings AG, wurde zusätzlich in den Vorstand der Berliner Ratingagentur berufen. Bund weist eine langjährige, internationale Erfahrung im Rating und der Analyse von Finanzinstrumenten mit Stationen in London, Tokio und New York auf. So arbeitete er mehr als acht Jahre bei Fitch Ratings in London. Bund unterrichtet auch regelmäßig als Dozent an internationalen Hochschulen zum Thema Rating und Finanzierung.

In seiner Funktion als Chief Analytical Officer verantwortet Bund das Rating und die Analyse in den vier Bereichen, in denen Scope Ratings bisher tätig ist: in der Bewertung von Banken, Unternehmensanleihen, strukturierten Finanzierungen und alternativen Investmentfonds (AIF).

Scope verfolgt den Anspruch, führend in der analytischen Qualität zu sein. Dabei berücksichtigt Scope dezidiert die Lehren aus der Finanzkrise, verbunden mit einem tiefgreifenden Verständnis für die Anforderungen von Investoren sowie den Besonderheiten europäischer Emittenten.

Ziel von Scope ist es, einen analytischen Mehrwert zu bieten, der über die reine Veröffentlichung von Ratingnoten hinausgeht. So beruht die Methodik von Scope darauf, die Analysten mit ihrer Erfahrung und ihrer Expertise in den Vordergrund zu stellen und den Investoren Prognosen über das künftige Verhalten von Finanzinstrumenten zu bieten. Dazu besteht das Analystenteam heute nicht nur aus Kreditanalysten, sondern ist um Investmentbanker und Aktienanalysten erweitert worden. Diese Vielfalt in den unterschiedlichen Sichtweisen der Analysten will Bund noch weiter vorantreiben. Mit dieser Ernennung erweitert Scope Ratings den Vorstand, dem seit August 2014 CEO Torsten Hinrichs vorsteht.

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Moody’s neue Agentur für öffentliche Emittenten

Von Dr. Oliver Everling | 21.Mai 2015

Moody’s Investors Service (Moody’s) gibt die Gründung einer neuen Gesellschaft, Moody’s Public Sector Europe (MPSE), bekannt. Diese neue Ratingagentur ist die erste ihrer Art in Europa, die sich gezielt an den wachsenden europäischen Markt für Schuldverschreibungen des öffentlichen Sektors richtet.

„MPSE vereint globale Reichweite mit maßgeschneiderten Dienstleistungen und lokalem Sachverstand unter Verwendung der rigorosen Ratingmethodiken von Moody’s zur Erteilung weltweit vergleichbarer Ratings. Mit seinem internationalen Team aus erfahrenen Branchenexperten wird MPSE transparente, unabhängige Kreditanalysen erstellen,“ heißt es in der Meldung von Moody’s, „sich dabei verstärkt auf emittentenspezifisches Research in der jeweiligen europäischen Landessprache konzentrieren und dadurch seine Meinungsführerschaft in Bezug auf bonitätsrelevante Entwicklungen in diesem Bereich unter Beweis stellen.“

Die Bemühungen des Deutschen Städtetags richteten sich bisher darauf, Bonitätsklassifizierungen durch Rating möglichst zu vermeiden und ein Ausscheren einzelner Kommunen oder öffentlicher Unternehmen zu verhindern. MPSE kündigt nun aber an, für einen zusätzlichen Fokus auf die besonderen Eigenschaften und Anforderungen öffentlicher Stellen zu sorgen. „Gleichzeitig können die weltweite Vergleichbarkeit und Anerkennung der von MPSE erteilten Ratings dazu beitragen,“ so Moody’s, „den öffentlichen Dienstleistern in Europa, wie regionale und kommunale Gebietskörperschaften, Universitäten, Kliniken und Wohnungsgesellschaften, ein breiteres Spektrum an Finanzierungsoptionen zu bieten und ihnen den Zugang zu den internationalen Fremdkapitalmärkten zu erleichtern.“

„Die Gründung von Moody’s Public Sector Europe ist Ausdruck unserer Verpflichtung, die Weiterentwicklung der öffentlichen Stellen in Europa zu fördern und ihren Zugang zu neuen Finanzierungsquellen zu verbreitern“, so Michel Madelain, President von Moody’s Investors Service.

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Erfolgsgeschichten im Spezialfondsmarkt

Von Dr. Oliver Everling | 20.Mai 2015

Zm Thema „Strukturen, Erfolgsgeschichten und Trends im deutschen Spezialfondsmarkt“ spricht auf der Jahrestagung Kapitalverwalter 2015 der WM Datenservice Clemens Schuerhoff, Vorstand der Kommalpha AG aus Hannover. Der Spezialfondsmarkt ist ein vergleichsweise intransparenter Markt, ist das deutlich größere Marktsegment im Vergleich zu Publikumsfonds und kann seit über 20 Jahren auf jährliche Nettozuflsse zurückblicken, bierchtet Schuerhoff.

Das Nettomittelaufkommen per Ende März 2015 summiere sich aschon auf 43,8 Mrd. €, während 2014 insgesamt 91 Mrd. € zu verzeichnen waren. Nach Schuerhoff sind bereits mehr als 1,3 Billionen € in Spezialfonds investiert, einem typisch deutschen Produkt. Schuerhoff stützt sich auf Zahlen der Deutschen Bundesbank.

„In den letzten Jahren verzeichnen immer noch auch Rentenfonds deutliche Zuwachsraten“, bemerkt Schuerhoff, der Spezialfonds nach Fondskategorien aufgliedert: Hedgefonds, Geldmarktfonds, Immobilienfonds, Dachfonds, Aktienfonds, gemischte Fonds, gemischte Wertpapierfonds, Rentenfonds und sonstige Fonds. Die Versicherungen sind die größte Anlegergruppen, gefolgt von nichtfinanziellen Kapitalgesellschaften und Altersvorsorgeeinrichtungen. Ansonsten machen von Spezialfonds auch private Organisationen ohne Erwerbszweck, sonstige Finanzintermediäre, öffentliche und kirchliche Zusatzversorgungseinrichtungen, Sozialversicherungen, Gemeinden, Kredit- und Versicherungshilfsinstitutionen sowie Ausländer Gebrauch. Insbesondere Versicherungen gaben den Spezialfonds einen Wachtumsschub.

„Spezialfonds werden auch in Zukunft das beliebteste Vehikel für indirekte Kapitalanlagen institutioneller Investoren bleiben“, analysiert Schuerhoff. „Das Mittelaufkommen wird langfristig auf hohem Niveau bleiben.“ Die Kommalpha-Prognose beziffert das Marktvolumen für Spezialfonds auf zwei Billionen € in zehn Jahren.

„Kapitalgedeckte Altersvorsorge und Umschichtung von direkten in indirekte Anlagen sind die stärksten Treiber in der Zukunft“, glaubt Schuerhoff. „Das KAGB und die Einbeziehung von Sachwerten – Real Assets – als spezialfondsfähige Vermögensgegenstände produzieren zusätzlich Rückenwind für Spezialfonds. Die langfristigen Effekte der Vielzahl investoren- und anbieterseitiger Regulierungsvorhaben sind aktuell kaum greifbar und stellen eine große Herausforderung dar.“

Schuerhoff sieht voraus, dass sich die operationelle Praxis des Spezialfondsgeschäftes sowie Zusatzservices gemäß regulatorischer und technischer Möglichkeiten konstant weiterentwickeln werden.

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Credit Suisse wagt im digitalen Private Banking den Quantensprung

Von Karl-Heinz Goedeckemeyer | 20.Mai 2015

Europas Banken stehen mitten im Transformationsprozess. Der Großteil der Institute ist durch die stärkeren regulatorischen Anforderungen und dem damit einhergehenden Profitabilitätsdruck gezwungen ihr Geschäftsmodell zum Teil massiv  zu ändern. Da viele Institute noch damit beschäftigt sind ihre jüngere Vergangenheit aufzuarbeiten wurden Investitionen in die Digitalisierung des Geschäfts vernachlässigt. Mit ihrer neuen digitalen Initiative will die Credit Suisse nunmehr aufzeigen, dass die digitale Welt viele Möglichkeiten bietet, die Effizienz und Rentabilität in Segmenten wie dem Private Banking zu erhöhen. Denn anders als im Retailbanking, das durch die Vielzahl der neuen Wettbewerber im Zahlungsverkehr unter massiven Druck steht, gibt es in der gehobenen Vermögensverwaltung nur wenige Player die das Geschäftsmodell der Privatbanken bedrohen  können. Denn im Geschäft mit der vermögenden Klientel geht es in erster Linie um persönliche Beziehungen.

„Digitalisierung zwingt Banken zur größten Transformation ihrer Geschichte“, sagt Holger Spielberg, Head of Innovation der Digital Private Bank der Credit Suisse auf der Konferenz zum Thema “Finanzdienstleister der nächsten Generation“, die im Mai zum fünften Mal vom Frankfurt School Verlag durchgeführt wurde. „Was Banken kennen wird künftig wenig relevant sein“, betont Spielberg. Seine Vision ist, dass Banking sich relevanter und mit hohem Maß an Vertrauen in das Leben seiner Kunden einbettet. Für die Banken bedeutet dies auch, klug in neue strategische Fähigkeiten wie Partnering zu investieren.

Um wirklich etwas zu bewegen, muss die ursprüngliche Vorangehensweise geändert werden. Das beginnt bereits beim Team, das die Digitale Private Banking-Unit mit Talenten aus anderen Bereichen der Bank sowie Industrien und Start-ups ergänzt. Spielberg selbst versucht die Impulse zu setzen, die auf seiner Erfahrung von 15 Jahren Silicon Valley beruhen. Die Transformation erfasst auch die Räumlichkeiten, um ein enges Zusammensitzen von Banker- und Entwickler-Team zu ermöglichen, wobei man auf positive Erfahrungen in ihrer Singapur-Location verweisen kann. Verändern will Spielberg auch die Art und Weise wie mit den Kunden kommuniziert werden soll. Rund 1.700 Finanzprodukte bietet die Schweizer Großbank an, wobei nur  18% der Relationship-Manager (RM`s) „einen fit  mit dem Kunden haben“. Künftig soll der Kundenberater daher eine wichtigere Rolle spielen dessen Aufgaben sich jedoch ändern muss, um die Kundschaft effizienter bedienen zu können. Daher wird der Berater eher als eine Art Coach gesehen. Der RM mutiert quasi zum Life Coach, um alle Bedürfnisse des Kunden abzudecken zu können.

Für ihre neue digitale Private-Banking-Plattform  hat die Credit Suisse Singapur als Testmarkt ausgewählt. Der asiatische Markt wurde deshalb ausgewählt weil dieser von der Kundenseite her schon sehr digital ist und das ganze Umfeld dort – was das digitale Verhalten angeht – sehr fortgeschritten ist.  Der zweite Grund war, dass die Core-Banking-Plattform in den letzten Jahren renoviert wurde. Die Grundlagen, um ein neues digitales Angebot draufzustellen, waren dort bereits gegeben. Ferner gelte Asien als Wachstumsmarkt, wo die die Großbank präsent sein will. Laut Spielberg sollen 200 Mitarbeiter ein Jahr an der Entwicklung gearbeitet haben. Bis der erste User auf der Plattform war, habe es nur sechs Monate gedauert, bis zum eigentlichen „roll-out“ neun Monate. Die Schweizer Nutzer sollen im kommenden Jahr auf die neue Plattform zugreifen können. Für die Zeit nach 2020 sollen Innovation Labs in Zürich und im Silicon Valley entstehen. Von diesen Labs sollen auch Impulse ausgehen, dass Banking neu zu definieren. Mit der Digital Private Bank scheint die Credit Suisse am Beginn der Transformation ihres  Bankgeschäfts zu stehen.

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Trends im europäischen Fondsmarkt

Von Dr. Oliver Everling | 20.Mai 2015

Detlef Glow von Lipper gibt auf der Konferenz „Kapitalverwalter in Deutschland“ von WM Datenservice einen aktuellen ÜBerblick über den europäischen Fondsmarkt: Absatztendenzen, Anteilklassenflut und ETF-Welle. Die Veränderung der Zahl der Fonds ergibt sich aus der Anzahl der Schließungen, Zusammenlegungen und Eröffnungen. Seit 2011 gehen die Zahlen deutlich zurück. Netto gab es 2011 insgesamt 722 Fonds weniger, 2012 minus 1022, 2013 minus 971 und 2014 minus 603. Das Spektrum unterschiedlicher Fonds hat jedoch zugenommen.

„Was mich überrascht, dass wir trotz eine Niedrigzinsumfeldes immer  noch eine große Zahl neuer Bond Funds sehen“, sagt Glow. Diese Fonds würden zum Teil aufgelegt, um in einem Umfeld steigender Zinsen profitieren zu können. Immer mehr Fonds würden als „Multi Asset Fonds“ positioniert, um wegbrechende Zinserträge durch Performance in Aktien und anderen Assets auszugleichen. „Wir sehen allerdings auch viele Strategien, die nicht funktioniert haben und daher vom Markt genommen werden.“

Glow zeigt den längerfristigen Trend bei den Fondsabsätzen in Europa. Nach den Rückschlägen 2008 und 2011 habe 2015 überaus erfolgreich gestartet. Diese Entwicklung wurde insbesondere durch Mischfonds getragen, die eine „wechselvolle Geschichte“ haben, wie Glow anhand der Statistik zeigt. 2014 waren die Mischfonds sogar die zweitbest verkaufte Anlageklasse.

Nur rund 10.000 Fonds von rund 35.000 würden wirklich international in Europa verkauft. „Eigentlich hatten die internationalen Fonds immer einen Vorteil gegenüber den lokal verkauften Produkten“, berichtet Glow. Mischfonds sei ein Produkt, das insbesondere von lokalen Anbietern vorangetrieben werde. Daher spielen diese international eine geringere Rolle.

„Investoren suchen alternative Renditequellen. Man traut dem Frieden am Bondmarkt nicht“, warnt Lipper. Die große Frage sei, was passiere, wenn die Märkte wirklich anfangen zu schwanken. Die Mittelzuflüsse zu Fonds stehen nicht unbedingt in einem Zusammenhang mit der Performance der Fonds bzw. Assetklassen.

Dividendenfonds konnten auch noch 2011 deutliche Mittelzuflüsse verzeichnen. Inzwischen fließen 27 % (2014) in „Income Funds“. Während 2010 bis 2013 zeigten Equities UK Income Abflüsse, einige wenige Fonds führten 2014 zur Umkehr, berichtet Glow anhand der Daten von Thomson Reuters, Lipper FMI. Die bestverkaufenden Fonds machen rund dreiviertel der Nettoverkäufe aus.

Glow illustriert, wie Anleger mit ETFs von Trendsituationen schnell profitieren können. Entsprechend schwanken die Nettoverkäufe von ETFs bzw. die Zuflüsse zu ETFs. Glow stellt nüchtern fest, dass ETFs nur bei 10 bis 15 % Marktanteil liegen. „Der ETF ist gut gewachsen, ja, ist er eine Bedrohung für aktive Manager, nein“, meint Glow mit Blick auf die doch dominante Marktposition der aktiven Fonds. „Smart Beta ist ein echter Trend im Markt, aber deutlich begrenzt, da nur Beimischung. Smart Beta sei für Index Plus ein Problem.“

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EZB ist das Problem

Von Dr. Oliver Everling | 19.Mai 2015

„Die EZB löst nicht das Problem, sondern sie ist das Problem“, so provokant fasst Dr. Gertrud R. Traud, Chefvolkswirtin und Leistung Research bei der Landesbank Hessen-Thüringen Girozentrale ihre Analyse der Politik der Europäischen Zentralbank (EZB) auf der Konferenz „NPL Forum 2015″ des Frankfurt School Verlags mit ihrem Vortrag „Zwischen Niedrigzins, SNB-Entscheidung und Grexit – Wer vertraut noch wem?“

Traud diskutiert mit Prof. Dr. Lars P. Feld, Leiter de Walter Eucken Instituts, Professor für Wirtschaftspolitik an der Universität Freiburg und MItglied des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaflichen Entwicklung, Sascha Klaus, Bereicchtsvorstand Non-Core Assets der Commerzbank AG und Mitglied des Vorstands der Hypothekenbank Frankfurt AG, Dr. Hans-Joachim Massenberg, Mitglied der Hauptgeschäftsführung des Bundesverbandes deutscher Banken und Prof. Dr. Axel Wieandt, Honorarprofessor an der WHU Otto Beisheim School of Management und Lehrbeuaftragter an der Goethe Business School, Universität Frankfurt, unter der Moderation von Prof. Dr. Christoph Schalast, Professor für Mergers & Acquisitions, Wirtschafsrecht und Europarecht an der Frankfurt School of Finance & Management.

„We have created a monster“ zitiert Wieandt den Franzosen Thomas Piketty. Wieandt betont, dass der Euro zuallererst ein politisches Projekt und der einzige Weg, Frieden halten und schaffen zu können. „In meiner Generation ganz wichtig: Wir haben keine gemeinsame Sprache, aber einen gemeinsamen Euro.“ Wieandt verknüpft den Gedanken des Euros mit dem der Demokratie. Der Euro sei nie als End-, sondern immer als Anfangspunkt gedacht gewesen.

Es habe immer schon ein Misstrauen gegenüber flexiblen Wechselkursen gegeben. Der Euro sei nie als fertiges Projekt gedacht gewesen, sondern als Anstoss und Grundstein der Integration. Das Eurosystem habe natürlich auch eine Reihe vn Limitationen. Allein mit Verträgen funktioniere er nicht. Die Zinsen waren in den Ländern, die nun die Probleme bereiten, vor der Krise zu niedrig. Daher sei nicht verwunderlich, dass man nun an diesem Punkt angekommen sei.

Der Euro und die Staatspleiten müssten deutlich auseinander gehalten werden. „Wir müssen institutionelle Reformen vorantreiben“, sagt Wieandt. Die Griechenlandkrise habe eine Menge positive Aspekte, da man Institutionen weiterentwickelt habe.

Massenberg wendet zur Schlussfolgerung von Traud ein, dass der Zins wissentlich politisch gewählt sei. „Die Banken und die Märkte befinden sich in einer Ausnahmesituation“, sagt Massenberg. Die negativen Einlagenzinsen seien eine geldpolitische Übersteuerung, denn sie hätten für die Realwirtschaft keine negativen Wirkungen gehabt. Wie Traud schon ausgeführt habe, seien eher die sinkenden Ölpreise für die Ankurbelung der Wirtschaft verantwortlich gewesen.

„Gegenüber der EZB würde ich ebenso deutlich formulieren, dass weder die Bank of Japan, noch die Fed oder andere Zentralbanken ihren Märkten neben QE auch noch negative Einlagenzinsen zugemutet habe“, kritisiert Massenberg. Unstrittig stimmt Massenberg der Notwendigkeit struktureller Reformen zu. Diese würden sich aber nicht nur auf Griechenland usw. beziehen, sondern strukturelle Änderungen seien auch in Deutschland notwendig.

Klaus warnt davor, dass Griechenland extrem teuer werde, hat jedoch keinen Zweifel daran, dass Griechenland „drin bleiben“ werde. Traud hatte die These aufgestellt, dass ein Grexit eine abschreckende Wirkung auf andere Länder haben würde. Die „Drohstrategie“ in Europa würde einfach zu oft gemacht. „Wenn wir das nicht machen, dann bricht Europa auseinander“, so würden viele Maßnahmen in Europa begründet. Traud bezweifelt aber, ob ein Austritt Griechenlands aus der Währungsunion Europa scheitern lassen würde.

„Die Banken stehen unter einem enormen Kostendruck, wir müssen uns verändern, unsere Bilanzen aufräumen“, macht Klaus unter dem Eindruck der Herausforderungen der Niedrigzinsen klar. Durch die Finanzkrise habe man eine „extrem teuere“ Regulatorik bekommen und benötige ein neues Abkürzungsverzeichnis, um die vielen neuen Regeln zu benennen. Die Banken würden vor diesem Hintergrund noch ihre optimalen Bilanzstrukturen finden müssen. „Natürlich tut es uns auch weh, dass weniger investiert wird. Das macht es uns schwer, im Firmenkundengeschäft Ertragssteigerungen hereinzuholen.“ Klaus sieht einen gewaltigen Unterschied zwischen Banken in Deutschland und in Südeuropa. „Ein einheitlicher regualtorischer Rahmen kann dazu beitragen, dass überall die Hausaufgaben auch wirklich gemacht werden.“

„Wir sind bei der Frage, wieviel Flexibilität haben wir in der Europäischen Union“, wirft Feld ein. Was Europa zusammenhalte, sei die Rechtsgemeinschaft. „Wir pochen auf unseren Rechtsstaat, auch wenn wir Flexibilität zeigen.“ Die vier Grundfreiheiten gehörten dazu, wie auch die Fragen, die Griechenland zur Disposition stelle.

Schalast spricht die Lernkurven aus anderen Ländern an, die man sich zunutze machen könne. Traud hatte darauf hingewiesen, dass sich in den USA der Bundesstaat Kalifornien auch ohne horizontalen Ausgleich aus der Krise hinausgeführt habe. „Die Flexibilität innerhalb und zwischen den Bundesstaaten ist viel, viel höher“, meint Traud zu sehen. „In Europa sagt man, ‚da muss doch jemand mal was machen‘, während Amerikaner sagen, ‚da müssen wir mal was machen‘.“ So komme es dazu, dass sich alle Hoffnungen auf die EZB und Draghi richten würden. Klaus warnt vor den Verbindlichkeiten, die auch in Deutschland aufgetürmt wurden. Man solle sich vorstellen, wie das in zwanzig Jahren aussieht.

Deutschland gehört zu den Ländern, in denen horizontaler und vertikaler Finanzausgleich zu einem engen Abhängigkeitsverhältnisse von Bund, Ländern und Kommunen führt. Feld skizziert die Situationen in den USA und in der Schweiz: In der Schweiz seien die Kantone vollkommen eigenverantwortlich. Mit Durchgriffsrechten sei Disziplin nicht zu erreichen, sondern nur über Märkte.

Mindestlohn, Rentenpaket – Feld zeigt auf, warum diese politischen Versprechen völlig in die falsche Richtung führen. „Wir haben ganz viele Probleme der Wettbewerbsfähigkeit für Deutschland vor uns“, sagt Feld. Mit expansiver, kurzfristiger Fiskalpolitik nach keynesianischer Art lasse sich kein Wachstum schaffen. Feld zeigt das Missverständnis auf, dass die Erkenntnis, dass staatliche Eingriffe nach Keynes zum Scheitern verurteilt sind, nicht einhalte, dass jede Fiskalpolitik wirkungslos wäre. „Natürlich sind Steuersenkungen durchaus wirksam“, so Feld.

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Herbawi steht ohne FERI Rating da

Von Dr. Oliver Everling | 19.Mai 2015

Die FERI EuroRating Services AG entzieht mit sofortiger Wirkung das Rating der Anleihe der Herbawi GmbH (WKN: A12T6J/ ISIN: DE000A12T6J2). Auf Anfrage der Emittentin, berichtet die Ratingagentur aus Bad Homburg, beendet FERI ebenfalls die Ratingüberwachung der Anleihe.

Herbawi teilte FERI nach Einberufung der Gläubigerversammlung am 11.05.2015 mit, dass die Gläubigerversammlung den am 24. April vorgeschlagenen wesentlichen Änderungen der Anleihebedingungen mit der notwendigen Anzahl von Stimmen zugestimmt hat. Damit wird zum Nachteil der Anleihegläubiger u.a. die Besicherung der Anleihe deutlich reduziert, der Verwendungszweck der Anleihe geändert und ein Sonderkündigungsgrund (Kontrollwechsel) aufgehoben. Die Restrukturierung der Anleihebedingungen begründet einen technischen Default der Anleihe, dem das Unternehmen mit der Kündigung zuvorkommt.

Das FERI Unternehmensanleiherating, das für die Bewertung von Anleihen kleiner und mittelgroßer Unternehmen entwickelt wurde, besteht aus quantitativen und qualitativen Elementen und beinhaltet eine umfassende Analyse des Unternehmens sowie seines Marktumfeldes, welches seinen mittelfristigen unternehmerischen Erfolg und die Möglichkeit zur Erzielung auskömmlicher Renditen bestimmt. Der Ratingprozess setzt sich aus den Teilschritten des unternehmensadjustierten Ratings, des wettbewerbsadjustierten Branchenratings sowie einem positionierungsadjustierten Rating zusammen. Abschließend werden die Anleihebedingungen vor dem Hintergrund der Kreditqualität des Unternehmens bewertet. Das Unternehmensanleiherating stellt eine Einstufung der Kreditqualität einer Anleihe anhand einer Ratingnote einer von 21 Noten (AAA-CC) umfassenden FERI-Ratingskala dar.

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QE-Auswirkungen auf Europas Finanzmärkte

Von Dr. Oliver Everling | 19.Mai 2015

Moritz Kraemer, Chief Rating Officer der Sovereign Ratings Group von Standard & Poor’s Ratings Services, spricht auf dem „NPL Forum 2015″ des Frankfurt School Verlags über „Quantitative Easing – Auswirkungen auf Europas Finanzmärkte“. „Die EZB hat erst im März begonnen. Wir glauben daher, dass die Zinsen auf niedrigem Niveau bleiben werden“, folgert Kraemer aus der Struktur der Marktteilnehmer, insbesondere solchen, die „sichere und liquide“ Titel halten müssen.

Kraemer sieht für den Euro voraus, als Weltwährung an Terrain zu verlieren. Der Euro bleibe aber die Nummer Zwei. „Vor dem Renminbi braucht sich die Euro noch lange nicht zu fürchten“, urteilt Kraemer.

Vier Gegenwinde werden auch weiterhin das Wachstum in Europa schwächen. Weder Geld-, noch Fiskalpolitik könne den Wachstumsprozess stimulieren. „Wenn es möglich wäre, mit Fiskalpolitik Wachstum zu schaffen, müssten ja gerade die Schuldnerstaaten wie Griechenland das größte Wachstum gezeigt haben. Das Gegenteil ist aber regelmäßig der Fall.“

Kraemer kommt auf den „demografischen Gegenwind“ zu sprechen. Die „Dependency Ratio“ oder „Abhängigenquote“ ist definiert als (Junge plus Alte)/(15-64jährige). Die Quote stabilisiere sich weltweit, während sie in Europa und in Japan deutlich, ähnlich aber auch in den USA nach oben gehe. Die Langzeitarbeitslosigkeit verstärke die demografischen Herausforderungen. In der Eurozone insgesamt sei die langfristige Arbeitslosigkeit auf rund 6 % der Bevölkerung angestiegen. Drei oder mehr Jahre Arbeitslosigkeit betreffe in Spanien z.B. inzwischen mehr als eine Million Menschen, zitiert Kraemer die Statistik.

Kraemer warnt davor, dass sich Globalisierung und Spezialisierungsgewinne verlangsamen. „Über wenige Dinge sind sich Ökonomen so einig wie darüber, dass durch Arbeitsteilung und Spezialisierung Wohlstandsgewinne realisierbar sind.“ Es sei daher kein Zufall, dass vor der Krise starkes Wirtschaftswachstum mit noch stärkerem Wachstum des Welthandels einherging. „Es ist mein Verdacht, dass die Eurozone durch den Verlust an Globalisierung und Spezialisierung noch weiter an Wachstum verlieren wird.“

Einen dritten Punkt sieht Kraemer in den schwächelnden Produktivitätszuwächsen. In Spanien habe man nach Reformen einen Anstieg der Produktivität gesehen. „Im Bausektor sei die Produktivität pro gearbeiteter Stunde besonders niedrig. Da dieser Sektor in Spanien zusammengebrochen sei, hat sich rechnerisch ein Produktivitätsschub ergeben.“ In Italien nehme die Produktivität sogar noch ab, da Arbeitsplätze vor allem in weniger produktiven Bereichen geschaffen würden. „Die Menschen haben nicht vergessen, was sie vorher wussten oder konnten, sondern werden vermehrt in weniger produktiven Tätigkeiten eingesetzt.“

„Die Investitionstätigkeit bleibt niedrig.“ Von den Investitionen gehen daher zurzeit keine Impulse für mehr Wachstum in Europa aus. Monopole, Arbeitsmarktreformen, Bildungspolitik usw. sind Stichworte, denen Kraemer Bedeutung für die Verbesserung der Wachstumsbedingungen in Europa beimisst. Kraemer bemerkt die Verteilungswirkungen, die von QE für Vermögensbesitzer ausgehe. „Wir brauchen viel mehr nationalen Willen, um die notwendigen Veränderungen herbeizuführen“, fordert Kraemer.

Wer sich also auf die Entwicklung der Staatsschulden und die Stabilisierung des Finanzmarktes konzentriere, übersehe die eigentlichen Herausforderungen, die zu den Symptomen geführt haben, die mit QE bekämpft werden.

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Griechenland und kein Ende

Von Dr. Oliver Everling | 19.Mai 2015

Prof. Dr. Lars P. Feld, Leiter des Walter Eucken Instituts, Professor für Wirtschaftspolitik an der Universität Freiburg und Mitglied des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, sieht kein Problem Deutschlands mit Griechenland, sondern mit Italien, Spanien und Frankreich. Griechenland habe mit Griechenland ein Problem. Feld spricht bei der Konferenz „NPL Forum 2015″ des Frankfurt School Verlags.

Der Blick auf die staatliche Verschuldung zeige deutlich, dass die Konsolidierungsanstrengungen deutlich verringert wurden. Markant sei die Verschlechterung der Wettbewerbsfähigkeit Italiens und Frankreichs. Deutschland habe seine Wettbewerbsfähigkeit von 2000 bis 2008 verbessern können, seitdem erodiert dieser Vorteil. Italien und Frankreich sei eindeutig keine Verbesserung zu sehen. In Spanien gebe es eine Verbesserung der Arbeitnehmerproduktivität, die aber wesentlich auf Entlassungen beruhen, allerdings nicht nur, räumt Feld an.

In Italien komme nichts am Markt an. Vor Weihnachten habe es in Italien ein Arbeitsgesetz gegeben, das dem Präsidenten mehr Möglichkeiten biete, für mehr Flexibilität am Arbeitsmarkt zu sorgen. „Davon ist aber noch nichts zu sehen“, konzentriert sich Feld auf die Fakten. Die Automobilkonzern FIAT sei kein italienischer mehr, sondern holländisch-britisch und investiere in Italien nicht mehr.

„Die Abschaffung des Mindstlohns würde Frankreich wirklich nach vorne bringen“, stellt Feld nüchtern fest. Die Lohnsubventionen könnten dann eingespart werden. „Politisch schwer durchzusetzen, aber es ist nun einmal so.“ Die Verkrustungen des französischen Arbeitsmarktes seien nicht zu unterschätzen. Daran ändere es auch nichts, wenn der Ladenschluss am Sonntag ein wenig gelockert wurde.

Anstieg der Eigenkapitalquoten und Auslandsinvestitionen sind die wichtigsten Gründe den Anstieg der Ersparnis der Unternehmen in Deutschland. Deutsche Überschüsse werden dennoch immer wieder zur Zielscheibe der Kritik gemacht. „Zwischen Deutschland und dem Rest der Eurozone gibt es keine Ungleichgewichte mehr, mit einer Ausnahme, und das ist Frankreich.“

In Griechenland sieht Feld hauptsächlich das Thema der Ansteckungseffekte. „Die ausländischen Banken haben sich aus Griechenland zurückgezogen. Was in Griechenland passiert, berührt sie praktisch nicht mehr.“ Betroffen wären öffentliche Gläubiger, wenn Griechenland nicht mehr zahlt. Wenn die von der KfW ausgehändigten Kredite ausfallen würden, dann würde sich die KfW beim Bund refinanzieren. „Es sind nur die KfW-Kredite, die die schwarze Null von Herrn Schäuble in Gefahr bringen könnten.“

Der Zinsaufschlag für griechische Staatsanleihen – für die wenigen, die noch gehandelt werden – ging 2015 noch einmal kräftig nach oben, im Unterschied zu allen anderen. Die Ansteckungsgefahren werden demnach für gering gehalten. „Der Grexit ist nicht vorgesehen. Griechenland kann auch aus der Währungsunion austreten. Allerdings muss man einräumen, dass Griechenland möglicherweise nicht unter allen Bedingungen bereit ist, Verträge einzuhalten.“

Feld sieht in einer Parallelwährung eine Möglichkeit, die schlimmsten Engpässe zu überwinden, indem der Staat „IOUs“ (I owe you) emittiert. Eine Dauerlösung sei dies aber im Kontext des Euros nicht. Feld hegt jedoch kaum Hoffnung, dass Griechenland in der Lage sein würde, ihre laufenden Ausgaben durch Einnahmen zu. „Griechenland bleibt auf Hilfe von außen angewiesen. Nur darf es nicht so sein, dass man Deutschland den schwarzen Peter zuschiebt.“

Die griechische Regierung sei reif für den Karlspreis, scherzt Feld. „Kaum jemand trägt so viel zur europäischen Einigung so viel bei wie Griechenland.“ Bis 2012 habe Griechenland mit seinen Ansteckungsgefahren eine Rolle gespielt, heute nicht mehr.

Zur Gesamtstrategie zur Stabilisierung des Euro sieht Feld als einen der wichtigsten Punkte, die Verbindung von Staaten und Banken zu zerschlagen. Feld skizziert die unter den gegebenen Bedingungen bestehenden Abhängigkeiten von Banken und Staaten. Vor diesem Hintergrund sieht Feld in einer einheitlichen europäischen Bankenaufsicht einen Schritt auf dem richtigen Weg.

„Die Eurokrise ist noch immer nicht beendet, aber einige Reformschritte gingen in die richtige Richtung: Liquidität gegen Selbstverpflichtung für Strukturreformen und Haushaltskonsolidierung wie auch Bankenunion.“ Die gefährlichste Entwicklung gehe von der neuen Rolle der Europäischen Zentralbank als „lender of last resort“ aus.

Themen: Bankenrating, Länderrating | Kommentare deaktiviert für Griechenland und kein Ende

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