Basel III, Fiskal- und Stärkungspakt

Von Dr. Oliver Everling | 28.April 2013

Wenn eine Kommune in der Vergangenheit Geld brauchte, genügte ein Gespräch mit der örtlichen Sparkasse, die dann die Mittel gleich auf dem ebenfalls bei der Sparkasse geführten Konto der Stadtkasse zur Verfügung stellte. Kai Abruszat, heute Mitglied des Landtags in Nordrhein-Westfalen, erinnert sich an seine Zeit als erster Beigeordneter. Abruszat spricht auf dem Seminar „Basel III – Was ändert sich für den Mittelstand und seine Banken?“ Auf der Theodor-Heuss-Akademie der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit in Gummersbach. Die Veranstaltung wurde von der Wirtschafts- und Finanzjournalistin Petra Hoffknecht, Dipl.-Volkswirtin, moderiert, lange Korrespondentin des Handelsblattes.

In den bekannten Sonntagsreden von Politikern werde gerne von Transparenz geredet, jedoch sei dies mehr dem Bemühen zuzuschreiben, einem Zeitgeist zu entsprechen. „Die Stadt Dortmund hat beispielsweise über 80 Beteiligungen, die nicht in ihrem Kernhaushalt auftauchen“, warnt Abruszat und gibt eine Reihe weiterer Beispiele, wie nicht nur die schwierige Umstellung von der Kameralistik auf die Doppik vollzogen wurde, sondern auch Vollzugsdefizite entstanden.

„In Nordrhein-Westfalen haben wir an manchen Stellen Verhältnisse wie in Südeuropa zu beklagen“, sagt Abruszat. Fehlende Abschlüsse, gravierende Versäumnisse im Zusammenhang mit de Einführung des NKF, Androhung von Folgen wie Streichung von Födermitteln beschäftigen heute manchen Kommunalpolitiker. „Die Schuldenbremse für den Bund gilt ab 2016, für die Länder spätestens ab 2020. In NRW bleibt die Regierung aber in Spendierlaune“, mahnt Abruszat an.

Von der Wirtschaftskraft her wäre NRW, wenn NRW ein eigener Staat wäre, der 17. stärkste Staat der Welt. Abruszat macht deutlich, welche Signale duch eine verfehlte Finanzpolitik in NRW an andere Staaten gesendet werden. Basel III trifft durch die erhöhten Anforderungen auch das kommunale Kreditgeschäft. „Das Gläubiger-Schuldner-Verhältnis verändert sich, da ja auch eine neue Verschuldungsobergrenze gilt. Der Aktionsrahmen der Kreditinstitute wird eingegrenzt. Der Kommunalkredit ist volumenstark und margenarm, daher sinkt das Interesse der Banken an der Kommunalfinanzierung schon jetzt“, sieht Abruszat.

„Schon heute haben sich namhafte Kreditinstitute, nicht nur die viel gescholtenen privaten, sondern auch die staatlichen, aus der Kommunalfinanzierung ganz oder teilweise zurückgezogen“, berichtet Abruszat. Durch Basel III würden die finanziell stärkeren Kommunen günstigere Finanzierungskonditionen bekommen als die schwächeren.

Nach einer neuen Studie der Bertelsmann Stiftung würde die klare Mehrheit der Bürger einen Bürgermeister wählen, der den kommunalen Haushalt wieder in Ordnung bringe, verweist Abruszat auf neuste Ergebnisse, die klar den Wunsch der Bürger nach einem Ende der ausufernden Verschuldung zeigen.

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Mittelständische Finanzierungspolitik nach Basel III

Von Dr. Oliver Everling | 27.April 2013

„Die regelmäßigen Ersatzinvestitionen werden oft unterschätzt“, kommentiert Carl-Dietrich Sander, Unternehmerberate, seine Liste der vielen Anlässe, zu denen sich Unternehmen Liquidität und damit auch Finanzierung sichern müssen. Sander sprach auf dem Seminar „Basel III – Was verändert sich für den Mittelstand und seine Banken?“ in der Theodor-Heuss-Akademie der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit in Gummersbach. Die Veranstaltung wurde von der Wirtschafts- und Finanzjournalistin Petra Hoffknecht, Dipl.-Volkswirtin, moderiert, lange Korrespondentin des Handelsblattes.

Sander zeigt auf, auf welche Faktoren es zur Sicherung der Finanzierung ankommt: Ertrag, Cashlow, Eigenkapitalquote und -struktur, Schuldentiglungsdauer, Branchensituation, Kundenstruktur, Marktstellung, Aktualität der Jahresabschlüsse, Bewertungsstandards, Steuerungs- und Controlling-Systeme sowie persönliche Management- und Managerbeurteilung. Sander illustriert, wie man mit gut vorbereiteten Unterlagen Kreditinstitute überzeugen kann.

Je nach Themenstellung empfiehlt Sander, vorher bei der Bank zu erfragen, welche Unterlagen diese benötigt, denn dies erspare immer noch mal das Nachreichen. Stärken müssen gezielt dargestellt und wettbewerbsrelevante Schwächen benannt werden. „Wer erläutert diese Unterlagen der Bank? Sie!“ Der Unternehmerberater Sander hält die Argumentation für den eigenen Kredit nicht delegierbar.

„Die Ergebnisse im Schnellrating der Bank sind ein bis zwei Stufen schlechter als im Vollrating“, warnt Sander. Sander verweist auf www.strategiebaum.de, wie auch eine Unternehmensstrategie dargestellt werden könne. Auch dem Bilanzgespräch wendet sich Sander systematisch zu.

In jedem Fall empfiehlt Sander zwei Hausbanken zu haben. Wenn eine Hausbank über alle Sicherheiten verfüge, müsse eine zweite Hausbankverbindung in Schritten erst aufgebaut werden. Banken“pflege“, Offenheit, Rechtzeitigkeit und – last not least – Unternehmenskonzept stehen Insolvenzgründen und Geschäftsführerhaftung gegenüber.

„Lassen Sie sich die Ratingergebnisse erläutern. Sie müssen, wo Sie aus Sicht der Bank stehen. Drängen Sie nicht aufs letzte Detail, sondern erkundigen Sie sich nach den wesentlichen Stellschrauben“, ruft Sander zum Dialog mit der Bank auf. Ratingberichte enthalten Hinweise zu Handlungsmöglichkeiten, Tipps und nüztliche Empfehlungen.

Ratingsysteme der Banken und Ratingagenturen können Mittelständler nicht „nachbauen“. MinD.business der GenoBanken (Managementinstrumente und Dialog) und Rating-Cockpit der Prof. Schneck Rating, heute Teil der Scope Group, stellt Sander als geeignte Tools vor, um sich softwaregestützt mit Ratingkriterien und deren Zusammenwirken zu beschäftigen.

Saner empfiehlt www.kmu-banken-check.de und eine Reihe weiterer Quellen im Internet, mit denen gezielt Bankengespräche vorbereitet werden können.

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„Baselei“ geht in Runde 3

Von Dr. Oliver Everling | 26.April 2013

Das Seminar der Theodor-Heuss-Akademie in Gummersbach mit dem Titel “Basel III” startet mit einem provokanten Vortrag ins Thema. Prof. Dr. Helmut Roland, u.a. Vorsitzender des Bundesverbandes der Ratinganalysten und Ratingadvisor e.V., nimmt zu den geplanten Änderungen von Basel III Stellung und erläutert die Auswirkungen auf Kreditinstitute und die Finanzierungsmöglichkeiten von Unternehmen. Die Veranstaltung wurde von der Wirtschafts- und Finanzjournalistin Petra Hoffknecht, Dipl.-Volkswirtin, moderiert, lange Korrespondentin des Handelsblattes.

Seit 1988 wird das Kreditvolumen einer Bank anhand der Höhe des Eigenkapitals reguliert. Mit den veränderten Finanzmarktstandards von 2004 wurde die Eigenkapitalunterlegung gewichtet nach Maßgabe des individuell gemessenen Ausfallrisikos, das mit bankinternen Ratings gemessen wird. Roland skizziert die Entwicklung der Rechtslage für Kreditinstitute, die in den neuen Maßnahmen im Rahmen von Basel III mündeten. “Basel II setzt auf Basel III auf, viele Regelungen bleiben erhalten”, macht Roland klar.

Roland zieht nach der Finanzkrise eine nüchterne Bilanz: “Die Eigenkapitalaussicht war unzureichend, die Bankenaufsicht nicht wirksam und Transparenz war auch nicht angesagt”, sagt Roland. “Basel II war ein ‘Flop’”, so das eindeutige Urteil von Roland mit Blick auf die drei Säulen von Basel II, die lange die Diskussion um das neue Bankenaufsichtsrecht beherrschten und als Garanten dafür gesehen wurden, dass einen Finanzkrise, wie sie weltweit nach Inkrafttreten von Basel II zu verkraften war, nicht eintreten würde.

Durch Basel III werde nun versucht, mehr Qualität und Quantität beim Eigenkapital zu erreichen, berichtet Roland. Roland geht auf Einzelheiten der neuen Regulierung ein. “Die Ausweitung des regulatorischen Eigenkapitals dürfte für viele Banken sehr begrenzt sein”, stellt Roland fest und folgert, dass die Kreditpolitik der Banken folglich zur Überprüfung gezwungen sei. Um die verminderte Intensität der Nutzung des Eigenkapitals auszugleichen, würden die Banken künftig noch stärker auf auskömmliche Zinsmargen fixiert sein. “Die Bereitschaft zum Abschluss langfristiger Darlehensverträge könnte abnehmen”, prognostiziert Roland.

Roland sieht in der Prozyklizität von Basel II, “die wir möglicherweise genauso nach Basel III sehen werden”, unterstreicht Roland, einen gravierenden Kunstfehler. Die Eigenkapitalunterlegung sei “risikoadjustiert” vorzunehmen. Wenn das Eigenkapital der Banken “vollbeschäftigt” sei, dann befinde sich der Finanzsektor in einer Gleichgewichtssituation. Wenn sich die Ausfallrisiken aber gleichzeitig in einem Land maßgeblich verschlechtern, muss kurzfristig von allen Instituten mehr Eigenkapital unterlegt werden, wenn das bisherige Geschäftsvolumen aufrechterhalten werden soll. “Plötzliche restriktive Kreditpolitik des gesamten Bankensektors bringt die Realwirtschaft in Gefahr und eine Kreditklemme droht.”

Roland hält einen gesicherten Rückgriff auf zusätzliches regulatorisches Eigenkapital für hilfreich, wenn Wirtschaftszyklen “vorübergehend” die Ausfallrisiken der Adressen ansteigen lassen. Basel III sieht dies nicht vor. Der Vorschlag von Roland zielt auf die Deckung des zusätzlichen Eigenkapitalbedarfs in solchen Ausnahmesituationen durch eine Art obligatorischer „Eigenkapitalrückdeckungversicherung“, die etwa vergleichbar wie eine Rückversicherung wirkt.

Sodann weist Roland auf ein weiteres Problem im Zusammenhang mit der Bonitätsbeurteilung von Unternehmen durch Kreditinstitute hin. “Bankinterne Ratings sind nur begrenzt geeignet, individuelle Bonitätsrisiken zu messen”, führt Roland eine weitere These an. “Bankinterne Ratings sind eigentlich gar keine Ratings”, provoziert Roland, “mit ihnen erfüllen Banken nur eine aufsichtsrechtliche Verpflichtung”. Die Verwendung der speziell für diese Aufgabe strukturierten und (nur) für diesen Zweck geeigneten bankinternen Ratings auch zur Risikoklassifizierung und Bonitätsbeurteilung der einzelnen Unternehmenskredite gemäß MA/Risk führe leicht zu Fehleinschätzungen der Bonität bei auftretenden Konjunkturzyklen.

Roland hält hier insbesondere den vorgeschriebenen Aussagehorizont (1 Jahr) und die sofortige Anpassung von Ratings in Zyklen (Bewertung „at the point“) bei den bankinternen Ratings zur Beurteilung der Bonität eines konkreten Unternehmens für ungeeignet. Diese Methodik sei speziell auf die eigentliche Aufgabe bankinterner Ratings, die Eigenkapitalunterlegung der Banken der Aufsicht nachzuweisen, abgestimmt. Zur Beurteilung der Bonität eines konkreten Unternehmens sei die Methodik der Ratingagenturen, die ihren Bonitätsurteilen einen Zeithorizont von drei bis fünf Jahren unterlegen und die Beurteilung der Bonität eines konkreten Unternehmens im Verlauf von Zyklen eher konstant halten, fachlich eindeutig vorzuziehen. Interne Ratings werden dagegen laufend an sich verändernde Bedingungen, die Konjunktur angepasst. Dies impliziere die Gefahr, dass Bonitäten im Aufschwung zu positiv und im Abschwung zu negativ eingeschätzt würden. Darauf fußende Kreditentscheidungen gingen sowohl zu Lasten der Banken als auch der Unternehmen.

Roland rät den Verantwortlichen in den Kreditinstituten, sich nicht allein auf das bankinterne Rating zu stützen, sondern auf Basis einer soliden betriebswirtschaftlichen Analyse zu entscheiden. Den Unternehmern legte er ans Herz, diesen Prozess durch eine transparente, aktive Finanzkommunikation zu unterstützen. Dies sei das sicherste Mittel, seine Finanzierung „durchzubringen“. Qualifizierte Rating Advisor könnten den Unternehmen hier wertvolle Hilfe leisten.

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Alpha, Verlustrisiko und Portfoliokonstruktion

Von Dr. Oliver Everling | 26.April 2013

Quantitatives Aktien-Portfoliomanagement will Anlageentscheidungen von den täglichen Launen von Fondsmanagern unabhängig machen. Für manche Autoren ist es der Inbegriff für objektive Anlageentscheidungen auf Basis von fundamentalen Erkenntnissen mit dem Ziel, breit diversifizierte Portfolios auf Basis von risiko-adjustierten Performanceprognosen zu konstruieren. So auch in dem Buch von Daniel Linzmeier „Alpha, Downside Risk and Portfolio Construction – Efficient Implementation in Quantitative Strategies“ (Bd. 8 der Reihe “Financial Research”, Hrsg. Prof. Dr. Thorsten Poddig, Prof. Dr. Heinz Rehkugler, Uhlenbruch Verlag, Bad Soden, März 2013, 177 S., ISBN 978-3-933207-80-7, € 59,–).

Finanzmärkte sind nicht perfekt effizient. Aus dieser Tatsache resultieren Chancen für die Implementierung eines strukturierten Investmentprozesses. Das Buch greift mit Blick auf die Dynamik der Kapitalmärkte und insbesondere die jüngeren Finanzkrisen die Notwendigkeit auf, den zugrundeliegenden Investmentprozess permanent weiterzuentwickeln und beschäftigt sich mit aktuellen Fragen der Kapitalmarktforschung sowie des Quantitativen Aktien-Portfoliomanagements. Dabei werden gleichermaßen Ansätze der theoretischen und empirischen Forschung sowie der Praxis der Rendite- und Risikoprognose und der Portfoliokonstruktion miteinander verbunden.

Linzmeier promoviert mit drei für sich genommen eigenständigen Studien, die jeweils Fragestellungen in Bezug auf einzelne Investmentprozess-Bausteine empirisch untersucht. Im Zuge einer immer weiter ansteigenden Informationsintensität und -dichte stellt er in Kapitel 2 zunächst verschiedene Verfahren zur Alpha-Prognose gegenüber. Die in der Praxis häufig verwendete Regressionsmethodik, die auf Basis historisch geschätzter Faktorgewichte eine Renditeprognose für Einzelaktien liefert, wird im Rahmen dieser Untersuchung mit zwei Methoden verglichen, die alternative Kombinationsansätze von Alphafaktoren mit bereits nachgewiesenem Erklärungsgehalt verfolgen. Der zugrundeliegende Datensatz umfasst das gesamte europäische MSCI Aktienuniversum inklusive der entsprechend verwendeten Faktoren sowie Datastream Total Return Indizes zur Berechnung aktienspezifischer Preistrend-Faktoren über einen Gesamtzeitraum von 15 Jahren. Im Ergebnis zeigt sich bei Linzmeier, dass die verschiedenen Methoden zu ähnlichen Faktorgewichten und damit einhergehend auch ähnlichen Alpha-Prognosen führen.

Aktienrenditen sind nicht normalverteilt. Die Volatilität ist als symmetrisches Risikomaß daher nicht geeignet, um einseitig extreme Marktbewegungen quantitativ zu erfassen. Linzmeier widmet sich daher auch dem Erklärungsgehalt nicht-parametrischer Risikomaße wie Value at Risk und Expected Shortfall sowie höherer Momente wie Schiefe und Wölbung für Renditen europäischer Aktien

Aktien mit geringeren historischen Verlusten – gemessen mit Value at Risk und Expected Shortfall – weisen einen signifikanten risikoadjustierten Renditevorteil gegenüber riskanteren Aktien auf, stellt Linzmeier fest. Diese Beobachtung sei im Einklang mit der Volatilitätsanomalie, dass Aktien mit weniger historischer Volatilität eine im Durchschnitt höhere Rendite als riskantere Aktien erzielen. Diese Renditeanomalie steht im Widerspruch zur Annahme eines linearen Zusammenhangs zwischen Rendite und Risiko und motiviert zur Entwicklung alternativer Portfoliokonstruktionsmethoden.

Linzmeier trägt zur Diskussion der „Low Vola-Strategien“ bei, also dem Ausnutzen der Volatilitätsanomalie. Er setzt sich mit den Vor- und Nachteile von drei verschiedenen „Low Vola Strategien“ für den europäischen Aktienmarkt über einen Zeitraum von mehr als 19 Jahren auseinander. Neben „Minimum Variance“ fokussiert sich seine Analyse auf die risiko-reduzierenden Portfoliokonstruktionsmethoden „Maximum Diversification“ und „Equal Risk Contribution“. Insbesondere durch die Vermeidung extreme negativer Portfoliorenditen sieht Linzmeier im Ergebnis, dass alle „Low Vola-Strategien“ ein wesentlich attraktiveres Rendite-Risikoprofil aufweisen als ein europäischer, marktkapitalisierungsgewichteter Standard Index.

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MBB Clean Energy AG im URA Emissions Check

Von Dr. Oliver Everling | 23.April 2013

Neu im URA Emissions Check: Die sechsjährige Anleihe der MBB Clean Energy AG (Zeichnungsfrist 24.4.-3.5.2013). Die Emittentin will mit dem Emissionserlös Solar- und Windkraftanlagen kaufen, die bereits an das Netz angebunden sind, und diese anschließend in 100%-Tochtergesellschaften betreiben, also keine Risiken aus Projektentwicklung und Bau ganz neuer Anlagen, berichtet die Ratingagentur aus München.

Die Anleihe wird mit 2 „URA-Haken“ bewertet, anhand der 6 unter der folgenden Anleihenübersicht genannten Kriterien. Grundlage sind Bilanz, GuV-Rechnung und Kapitalflussrechnung für die Plan-Jahre 04.2014 bis 04.2019. Es gebe noch keinen eigenen Geschäftsbetrieb und damit keine aussagefähigen Ist-Zahlen, berichtet die URA; Know-how und Personal, z.B. für die Auswahl der zu kaufenden Kraftwerke, kommen bisher von der obersten Muttergesellschaft MBB Projects AG / Zürich, bisher v.a. bei Wasserkraft, Geothermie und Biogas tätig.

Positivfaktoren gemäß URA: Creditreform-Emissionsrating BBB (d.h. Investmentgrade), sehr gläubigerfreundliche Anleihebedingungen (inkl. Ausschüttungssperre), umfangreiche Treuhandregelungen (zur Mittelverwendung mit strikten Investitionskriterien, zur Thesaurierung der Mittelzuflüsse von den Töchtern sowie zur Verwaltung von Sicherheiten). Außerdem soll eine Finanzierungsrückversicherung („FINITE Versicherung“) abgeschlossen werden, bei der die Allianz – bis zur Höhe der Anleihezinsen der 6 Jahre – für spezielle Ertragsausfallrisiken aufkommt (z.B. aufgrund von Wettereinflüssen oder Gesetzesänderungen wie dem EEG).

URA listet die folgenden Negativfaktoren auf: strukturelle Nachrangigkeit der Anleihe (Bankkredite bei den Töchtern mit bis zu 80% deren Bilanzsumme), in 5 der 6 Planjahre unterdurchschnittliche Bondspezifische Kennzahlen, niedrige bilanzielle Eigenkapitalquote (im 1. bis 5. Planjahr zwischen -1% und +6%; stuft man die mit der Allianz organisierte Absicherung bestimmter Risiken über einen sog. Entschädigungsfonds als stille Reserven bzw. wirtschaftliches Eigenkapital ein, so läge die Eigenkapitalquote um rd. 11 %-Punkte höher).

„Die geplante nachrangige Besicherung der Anleihe mit Anteilen an den Töchtern hat nur einen begrenzten Nutzen,“ urteilt die URA, „da der allergrößte Teil des MBB-Vermögens vermutlich für die Bankkredite der Töchter verpfändet wird.“ Für die Gesamtgruppe MBB Projects AG und deren bisherige Projekte würden aussagefähige Angaben zum „Track Record“ und zur Finanzsituation fehlen.

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Keine Beratung – keine Beratungsprotokolle

Von Dr. Oliver Everling | 20.April 2013

„Manche Finanzdienstleister der neuen Generation sind sich vielleicht nicht bewusst, dass sie nicht bloß eine Plattform im Internet betreiben, sondern möglicherweise eine Art ‚Geschlossener Fonds‘. Da sich bisher keine Anleger melden, wird man möglicherweise erst später wissen, wie die Dienstelstungen zu beurteilen sind“, sagt Björn Sänger, Mitglied des Deutschen Bundestages und dessen Finanzausschusses, auf dem Seminar „New Finance Generation“ in Gummersbach. Die Veranstaltung findet im Hause der Theodor-Heuss-Akademie der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit statt.

Sänger stellt auf das Phänomen ab, dass ein möglicher Anlegerschaden oft erst nach Jahren zeigt. Es liegt im Wesen neuer Geschäftsmodelle, dass es zu diesen wenig Erfahrung gibt. Jeder Nutzer neuer Finanzdienstleistungen muss sich daher selbst ein Urteil bilden, ob die angebotenen Leistungen seinen Erwartungen entsprechen werden.

Björn Sänger diskutiert unter Moderation von Christoph Pape von der Christoph Pape & Partner KG mit Dr. Herbert Walter, ehemals Vorstandsvorsitzender der Dresdner Bank, Dr. Ralf-Joachim Gtz, Chefvolkswirt der DVFA Deutsche Vermögensveratung AG, Marc Bernegger aus der Geschäftsleitung der Next Generation Finance Invest AG aus Zug, Schweiz, sowie Marc Mielmann, Schweiz.

„Dass die Regulierung in ihrer kumulativen Wirkung einiges behindert, ist klar und muss glattgezogen werden“, sagt Sänger auf die Frage, was durch die Regulierung auf Finanzdienstleister zukommt. „Am Ende des Tages kann man das, was man für den Verbraucherschutz getan hat, um das Verhältnis von Kunden zum (Finanz-)Berater zu regeln, in die Tonne treten, wenn der Kunde gar nicht mehr mit einem Berater spricht, sondern selbst im Internet agiert. Die häufigste Lüge ist doch die, auf die Frage. Haben Sie die Allgemeinen Geschäftsbedingungen gelesen und verstanden? Ja!“ Sänger zeigt die Herausforderungen auf, die durch Finanzdienstleister der neuen Generation entstehen.

Götz weist darauf hin, dass die IT bei vielen Finanzdienstleistern bereits mit der Umsetzung zwingender gesetzlicher Vorgaben befasst sei.“Die Bereitschaft des Deutschen, bevor er etwas tut, bereits Geld auf den Tisch zu legen, ist nicht sonderlich ausgeprägt“, sagt Sänger mit Blick auf die Honorarberatung. „Der Kunde zahlt doch nicht 100 € für Beratung, um anschließend eine Versicherung für 75 € im Jahr abzuschließen.“Der Kunde könne auch nicht einschätzen, ob der Berater für seinen Rat eine Stunde oder fünf Stunden benötige und die Abrechnung der Stunden gerechtfertigt ist.

„Die Honorarberatung wird nicht den durchschlagenden Erfolg bringen können, den die linke Seite sich davon erhofft“, stellt Sänger nüchtern fest. Götz fügt hinzu, dass es schon heute Honorarberatung gibt – ein Promille der Vermittler. „Es könnten ja viel mehr sein, wenn Kunden das nachfragen würden. Es hat sich offenbar nicht durchgesetzt.“ Es gebe insbesondere auch keinen systematischen Grund, dass die Honorarberatung besser sein würde. Auf dem Lande werde man sich zudem bedanken, wenn der Honorarberater dann erst einmal 150 € Anfahrtkosten abrechne.

Walter prophezeit, dass es die heutigen, verklausulierten Preismodelle nicht mehr im Jahre 2020 geben werde. „Es ist doch unmöglich, dass wir in Europa nach allen Untersuchungen mit die niedrigsten Zufriedenheitswerte von Kunden mit ihren Banken haben. Das wird so nicht bleiben.“ Je mehr Banken beim Retailkunden nichts mehr verdiene, desto mehr werde die Situation auch zum Thema für die Politik werden.

Walter zeigt auf, wie Krise, Krise, Krise es für private Anleger ungeheuer schwierig mache, die richtigen Entscheidungen zu treffen. So müsse doch befürchtet werden, dass die Politik nachziehen werde, wenn Sparer ihr Vermögen auf verschiedene Konten und Banken verteilen, um nicht an die Grenzen der Einlagensicherung zu stoßen, und die Politik eines Tages die Einlagensicherung weiter zurückdrehe. „Die Sicherheit der Einlagen wird uns auch erreichen. Das Geld einfach liegenzulassen, ist eigentlich das Unsicherste. Man muss unbedingt versuchen, Geld in irgendwelche Strukturen zu bringen, Fonds oder andere Investments.“ Walter warnt vor der Vorstellung, die Sicherheit sei für alle Banken in Europa wiederhergesetllt.

„Mir macht der Vertrauensverlust sorge. Ich habe auch kein Interesse, Wahlkampf gegen Banken zu machen. Aber am Libor war die Politik nicht beteiligt, Am Zertifikatehandel war die Politik nicht beteiligt.“ Sänger weist auf die Hausaufgaben hin, die von Banken zu leisten sind, um Vertrauen wiederherzustellen.

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Synergien der Finanzdienstleister der nächsten Generation

Von Dr. Oliver Everling | 20.April 2013

„Wir sind bewusst börsennotiert“, sagt Marc P. Bernegger von der Next Generation Finance Invest AG, Zug, Schweiz, mit Blick auf die Demokratisierung der Finanzbranche, die durch die neuen Informations- und Kommunikationstechnologien neue Impulse erhält. Bernegger sprach auf dem Seminar „New Finance Generation“ über die Finanzdienstleister der neuen Generation am Beispiel der innovativen Geschäftsmodelle im Portfolio seiner Gesellschaft. Das Seminar findet auf der Theodor-Heuss-Akademie der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit in Gummersbach statt.

Bernegger fokussiert die Synergien, die sich aus den Geschäftsmodellen von ayondo, Gekko Global Markets, yavalu, StockPulse und 2iQ Research ergeben. „Finanzdienstleistungen brauchen ganz andere Skill-sets als der Verkauf von Schuhen übers Internet“, macht Bernegger klar, „ohne natürlich letzteren Vertrieb damit abzuwerten.“ Bernegger skizziert die Kanäle, über die künfitg die Kommunikation über Finanzfragen möglich sein wird.

Entscheidende Vorteile ergeben sich für die Next GFI durch die Integration von Dienstleistungen, die es möglich machen, ein eigenes „Ökosystem“ der Finanzdienstleistung zu schaffen. Mithin werden sukzessive immer mehr Dienstleistungen aus einer Hand erbracht.

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Hordentheorie in der Finanzpraxis

Von Dr. Oliver Everling | 20.April 2013

„Wir wenden konkret Hordentheorie an und arbeiten mit Psychologen zusammen“, berichtet Sebstian Herfurth von Friendsurance aus Berlin. Herfurth sprach auf dem Seminar „New Finance Generation“ in der Theodor-Heuss-Akademie in Gummersbach. So habe sich gezeigt, dass bei kleineren Gruppen der von Friendsurance beabsichtigte Effekt eher eintritt als bei den durchschnittlich mehr als 130 Facebook-Freunden.

Es geht um den Effekt, dass man Freunde nicht betrügt. Gerade bei Versicherungen seien aber die Hemmungen gering, eine große, anonyme Versicherungsgesellschaft zu betrügen. Das Einsparungspotnetial sei daher groß, denn die Schäden aus Betrug sind bei Versicherungen eingepreist – jeder Versicherungskunde zahlt diese mit seiner Versicherungsprämie.

Weitere Ansatzupunkte von Friendsurance zur Kostenreduktion sind weniger risikoreiches Verhalten, keine Abwicklung kleiner Schäden, Administration und insbesondere Marketing und Vertrieb. Herfurth zeigt auf, dass auch bei den Big Claims Einsparungspotential besteht, dass durch das einzigartige Konzept von Friendsurance jedem Versicherten zugute kommen kann.

Die Viralität beträgt rund 35 % bis 40 %, d.h. 100 neue Kunden bringen 35 bis 40 weitere, ohne dass dafür Werbung gemacht werden muss. Betrugsrückgang, bessere Risikoselektion, reduzierte Prozesskosten und verminderte Vertriebskosten sind wesentliche Vorteile von Friendsurance. Kunden erhalten bis zur Hälfte der Prämien am Jahresende zurück.

Freigabe durch Aufsichtsbehörden, Patentanmeldungen in den USA und Europa, vier Versicherungskategorien life, viele integrierte Versicherungspartner und internationale Aufmerksamkeit sind die Achievements to-date, berichtet Herfurth.

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Netzwerke im Private Banking

Von Dr. Oliver Everling | 18.April 2013

Die Doktorarbeit von Anna Poser greift mit dem Titel „Netzwerke im Private Banking“ nicht einfach nur ein Modethema auf. Die Arbeit trägt vielmehr dazu bei, eine wissenschaftliche Lücke in der Erforschung von Netzwerken in der Bankwirtschaft zu schließen. Die Autorin nimmt die Herausforderung an, trotz der zu konstatierenden Theoriedefizite eine empirisch fundierte wissenschaftliche Arbeit vorzulegen.

Die Dissertation kann vor diesem Hintergrund also nicht darauf beschränken, theoretische Modelle an praktischen Beispielen zu testen. Der Deskription von Netzwerken im Private Banking fügt Poser daher Begriffsabrenzungen, den metatheoretischen Hintergrund sowie Überlegungen aus der Systemtheorie hinzu, um sich schließlich den Netwerken als Form öknomisch effizienter Koordination sowie als Quelle sozialen Kapitals zuzuwenden.

Ihre Beherrschung des Wissenschaftshandwerks stellt Poser im Kapitel über ihr Forschungsdesign und Methodologie der emprischen Untersuchung unter Beweis (Vorbereitung, Datenerhebung, Datenpräsentation und -analyse sowie Beurteilung des Verfahrens). Dem schließen sich empirische Netzwerkanalysen auf der Mikro-, Meso- und Makroebene an.

Dem genossenschaftlichen FinanzVerbund als Netzwerk „sui generis“ ist der Netzwerkgedanke immanent – kaum erstaunlich daher, dass sich die Autorin auf die Beziehungen innerhalb des FinanzVerbundes der Volksbanken und Raiffeisenbanken sowie weiterer verbundszugehöriger Institute konzentriert.

Insbesondere den „Genossen“ ist die Arbeit von Poser sicher eine interessante Lektüre, da es Poser gelingt, in intuitiv einleuchtenden Darstellungen und mit Hilfe bewährter Computerprogramme Strukturen und Beziehungen aufzuzeigen. Angesichts der Brisanz ihrer Auswertungen ist es verständlich, dass Poser das Beziehungsgeflecht in anonymisierter Form präsentiert, so dass die Identitäten handelnder Personen geschützt bleiben.

Die Arbeit von Anna Poser „Netzwerke im Private Banking“ erscheint in der Reihe Private Finance and Wealth Management, Band 11, herausgegeben von Prof. Dr. Peter Schaubach und Prof. Dr. Rolf Tilmes, im Uhlenbruch Verlag (ISBN 978-3-933207-79-1).

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Finanzanalyse in Echtzeit

Von Dr. Oliver Everling | 17.April 2013

Die Sentiment-Analyseplattform StockPulse startet ein rundum erneuertes Angebot. „Als einer der ersten Anbieter im deutschsprachigen Raum“, sagt Geschäftsführer Stefan Nann, „analysiert StockPulse die Finanz-Kommunikation in Social Media automatisiert und ab sofort in Echtzeit.“

Aus täglich hunderttausenden Nachrichten und Meinungen in deutscher und englischer Sprache destilliert das StockPulse-System einfach verständliche Kennzahlen. „Ab sofort werden diese Kennzahlen in Echtzeit aktualisiert, sobald relevante neue Nachrichten oder Meinungen eintreffen“, fügt Jonas Krauß hinzu, ebenfalls Geschäftsführer von StockPulse.

Zum neuen Angebot gehören ebenfalls individuell einstellbare Signale, die den Nutzer ohne Verzögerung benachrichtigen, sobald zum Beispiel die Kommunikation zu einer gewünschten Aktie stark ansteigt. Über die zugehörigen Smartphone-Apps für iPhone und Android können diese Nachrichten auch auf ein Handy geschickt werden.

„Die Qualität der StockPulse-Signale ist durch unabhängige wissenschaftliche Studien belegt“, sind sich die Kölner Experten sicher. „Mit dem neuen System können Anleger nun deutlich schneller und komfortabler Zugriff auf die Signale erhalten und damit ihre Anlageentscheidungen unterstützen.“

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