Härtere Tests für rumänische Banken

Von Dr. Oliver Everling | 10.November 2009

In den ersten 9 Monaten des Jahres 2009 stiegen die Eigenkapitalquoten der rumänischen Banken an. Das gelte im Durchschnitt für alle 36 ausländischen Banken in Rumänien, insbesondere aber für die 26 Banken aus den EU-Staaten. Hintergrund der Eigenkapitalveränderungen waren die scharfen Rückgänge im Kreditgeschäft, die seit Ausbruch der Finanzkrise zu beobachten waren, berichtet Floirn Georgescu, Prime Vicegouvernor der Banca Nationala a Romaniei (http://www.bnr.ro/) im Rahmen des Forumul Bancar Roman, dem rumänischen Bankenforum (http://www.finmedia.ro/).

Durch den Credit Crunch im Privatsektor gab es eine Notwendigkeit der Regierung einzuschreiten. Der Mangel an Finanzressourcen war das zentrale Thema über das gesamte Jahr hinweg. Nachdem die Finanzintermediation über Jahre hinweg zugenommen habe, so stagniere sie erstmals in diesem Jahr. Internationale Kredite waren erheblich dynamischer als Kredite in nationaler Währung.

Georgescu zeigt sich zufrieden mit den Solvabilitätskennzahlen, denn diese würden sich weiter verbessern. Die Qualität der Kredite sei nicht das große Problem für die rumänischen Banken. Der Zufluss von ausländischen Kapital sei nicht durch Verschlechterungen der Kreditqualität begründet gewesen. Rund 6 % der Kredite sei zu Risikokategorien heruntergestuft worden. Die Profitabiliät der Banken sei entsprechend unter Druck gekommen. Georgescu erwähnt auch den Personalabbau, der mit den Kostenmaßnahmen verbunden sei.

Interne Kontrollen zu verbessern, das Risikomanagement aufzurüsten, geringere Risikotoleranz und besseres Management von Ausfallrisiken sind Forderungen aus dem Larosiere-Bericht, den Georgescu zitiert. Kommerzielle Banken sollen in guten Zeiten stärker dazu angehalten werden, Rücklagen zu bilden. Nach der neuen Regulierung 18 für das Bankwesen in Rumänien ist seit September 2009 die Verantwortlichkeit für die Bankunternehmensführung gestärkt worden, wie auch das Stress-Testing eine größere Rolle spielt.

In Rumänien verwenden die Banken den Standardansatz nach Basel II, nach dem die Ratings externer Agenturen für die Eigenmittelunterlegung im Kreditgeschäft der Banken maßgeblich sind. Fortgeschrittene Ansätze werden von den Banken nur für die Bemessung des operationellen Risikos verwendet. Georgescu weist auf die intensive Zusammenarbeit mit den Aufsichtsbehörden in anderen Ländern hin.

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Der Zukunft auf der Spur

Von Dr. Oliver Everling | 8.November 2009

Die Prognos AG hat Grund zu feiern: „50 Jahre auf der Suche nach der besseren Zukunft“, so auch der Titel des ersten Beitrags von Heik Afheldt im Hauptkapitel „Orientierung in Zukunftsfragen“ des Buches von den Herausgebern Christian Böllhoff und Dr. Hans J. Barth „Der Zukunft auf der Spur – Analysen und Prognosen für Wirtschaft und Gesellschaft“. Das Buch erschien im Schaffer-Poeschel Verlag Stuttgart im Oktober 2009 (ISBN 978-3-7910-2918-4, http://www.schaeffer-poeschel.de/).

Böllhoff ist Geschäftsführender Gesellschafter und Delegierter des Verwaltungsrates der Prognos AG, Basel, mit Büros in Berlin, Bremen, Brüssel, Düsseldorf, München und Stuttgart. Barth ist Präsident des Freundeskreises Prgnos und ehemaliger Geschäftsführender Direktor der Prognos AG.

In sieben Beiträgen wird die Zeit von 1959 bis 2009 erzählt: Der schwierige Lernprozess der deutschen Gesellschaft auf Orientierungssuche, die Dauerbaustelle Gesundheitssystem, die Entwicklung der Verkehrsnachfrage, der Energieversorgung und des Klimaschutzes wie auch die Zukunftsfähigkeit von Städten und Regionen prägen die teils chronologischen, teils schlaglichtartigen Darstellungen. Originell ist das Kapitel „Visionen vor 25 Jahren: 2009 aus der Sicht von 1984″, denn hier muss sich der Leser vorstellen, wie aus der Situation von 1984 eine Prognose für das Jahr 2009 gesehen wurde.

Unkonventionell kommt die Überschrift des nächsten Hauptkapitels mit „Der Blick in die Küche“, wobei es hier um Fragen danach geht, wie etwas Neues entsteht und Innovation auch in Zukunft ein Erfolgsfaktor bleibt, um das Jahremarktsangebot der bouelvardesken Trend-Szene mit Zukunftsillusionen und Methoden einer realistischen Zukunftsforschung, warum es z.B. auch zukünftig keine fliegenden Autos gibt.

Im Prognosefenster von 2009 bis 2035 werden die Facetten Gesellschaft, Politik und Staat, Wirtschaft sowie Umwelt und Ressourcen durchleuchtet. Hier sammeln sich eine Reihe von lesenswerten Beiträgen für Ratinganalysten, die nach Ansätzen suchen, wie beispielsweise medizintechnische Innovationen und Patientenzentrierung, Leitbilder der Familienpolitik, Nachwuchsprobleme, Europas Regionen, öffentliches Management, Infrastrukturen, Strukturwandel, Zukunftstechnologien und Ressourcenmanagement zu beurteilen sein werden.

Abschließend präsentiert sich dem Leser der Rückblick eines 100jährigen Peter Felixberger aus dem Jahr 2059. Dieser lebt mit seiner 98jährigen Frau in Hamburg und ist natürlich berufstätig, wie die meisten in seinem Alter; er hilft als Life-Career-Consultant jüngeren Menschen ab 60 Jahren im Auftrag des Bundesarbeitsministeriums, Abteilung Life-Career. „Früher hieß das alles Rente. Den Begriff kennen heute nur noch die Wenigsten. Im Geschichtsunterricht in der Oberstufe wir er manchmal noch erwähnt. Rente war früher eine Art Versprechen zwischen den Generationen. Nach dem Motto: Arbeite fleißig ein Leben lang, dann kannst Du Dich ab 65 in den Ruhestand begeben, mit monatlicher finanzieller Unterstützung der nächsten Generation.“ Im Jahr 2059 liegt der endgültige Zusammenbruch des deutschen Rentensystems schon fast drei Jahrzehnte zurück. Unfasslich erscheint daher, wie man 50 Jahre zuvor in 2009 noch an das System glauben konnte.

Immerhin zeigt sich Deutschland 2059 als Innovationsland, zum Beispiel mit Klimapolis, einem riesigen Forschungszentrum im Süden Münchens. In Deutschland trifft man 2059 eine Diversity-Gesellschaft an. „Vorbei die Zeiten also, als Ausländer und Migranten der Zugang vielerorts verwehrt wurde, als sie in prekäre Arbeitsplätze und Arbeitslosigkeit abgedriftet sind und als viele ausländische Jugendliche in Schule und Ausbildung noch draußen bleiben mussten.“

Felixberger erinnert an die Zeit der ideologiebefrachteten Diskussion um das Schulwesen: Längst ist das gesamten Bildungswesen privatisiert. Fächer wie Ästhetik, Desing, Mode, Medien, Ernährung und Architektur haben Latein und Mathematik verdrängt. Der Autor skizziert Deutschland als Land voller Wohlstand und Lebenskunst, als Gesundheitsland Nummer eins. Der hundertjährige Autor berichtet über die Lebenserwartungen im Jahr 2059, nach denen er mit 117 Jahren rechnen kann. Ein Neugeborenes komme bereits auf 140 Jahre Lebenswahrscheinlichkeit, wenn auch die Zahl der Pflegefälle erheblich ansteigt.

Deutschland werde ein Land sozialer Ungleichheit, auch deutsche Großstädte wie auch die entvölkerten Gebiete Ostdeutschlands kennen Ghettos mit Menschen im Abseits der Gesellschaft. Felixbeger: „Es sind Menschen, welche die negativen Auswirkungen der Individualisierung erleben (zum Beispiel Anonymität, Stress und Einsamkeit). Sie alle haben zwar mehr Wahlmöglichkeiten als früher, aber die daraus resultierenden Dilemmata verwirren sie und machen sie unglücklich.“

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Risikoprofiling in der Praxis der Anlageberatung

Von Dr. Oliver Everling | 6.November 2009

Bleibt man bei der Betrachtung des Risikoprofilings erst einmal im Wertpapiergeschäft, so muss man sich mit der Tatsache auseinandersetzen, sich mit rund 850.000 Wertpapieren befassen zu müssen. Filtert man die Produkte erst einmal heraus, die gar nicht verfügbar sind, da nicht im Angebot, liefert der Produkttrichter eine Restmenge, die für den Vertrieb zur Verfügung steht. Herr Lothar Behrens, Dipl.-Kfm., Mitglied des Vorstands der Augsburger Aktienbank AG (http://www.aab.de/), stellt die Produktseite der Kundenseite gegenüber. Das Hauptaugenmerk der Branche liege zurzeit noch auf der Vermeidung von Haftung. Alle aufsichtsrechtlichen Kriterien zu erfüllen sei das oberste Ziel. Außerdem müsse im Zweifelsfall dem Richter eine möglichst lückenlose Dokumentation vorgelegt werden können, um zu beweisen, dass die Bank ihren Verpflichtungen nachkam.

Behrens bezweifelt, dass diese Art von Anlageberatung den Verbraucherinteressen entspreche. Die Pflicht, die von allen erfüllt werde, erkläre die Situation allerdings nur unzureichend, da auch die wirtschaftlichen Aspekte berücksichtigt werden müssen. Eine umfassende, ganzheitliche Anlageberatung inkl. Erläuterung der Zusammenhänge von Risiko, Rendite und Verfügbarkeit, sei ein erheblicher Aufwand, bevor mit dem Kunden überhaupt ein Geschäft gemacht werden könne. Wenn der Kunde 500 T€ geerbt habe, sei ein solcher Prozess noch lohnend. Was aber, wenn der Kunde nur 10 T€ mitbringe? Für eine solche Investitionssumme sei der IT-Aufwand, der Aufwand für die Erfüllung der aufsichtsrechtlichen Vorgaben usw. unverhältnismäßig, insbesondere wenn der Kunde anschließend noch weiter betreut werden soll.

Der Anlageprozess ende in einer Momentaufnahme, denn ein Jahr später könne sich beim Produkt, aber auch beim Kunden etwas verändert haben. Beim Standardretailkunden sei das in der hohen Qualität nicht zu leisten, die man sich wünschen würde. Gerade denjenigen, für die dringend Beratung benötigt würde, sei der Aufwand daher besonders schwierig, ökonomisch sinnvoll darzustellen. Finanzprodukte seien nicht „sexy“ genug, damit der Kunde den Aufwand seines Profilings selber tragen würde wie der junge Autokäufer den Aufwand für den Erwerb eines Führerscheins.

In der Schule werde man nicht auf die Anforderungen des Geschäftslebens vorbereitet, auch nicht in Fragen der Geldanlage. Selbst das traditionelle Studium der Betriebswirtschaftslehre liefere nicht das praktische Rüstzeug, um für sich persönlich Antworten auf Fragen der Geldanlage zu geben. Die Transparenz des Beratungsprozesses müsse daher an erster Stelle stehen, um überhaupt das Vertrauen des Kunden zu gewinnen. Die Grenzen zwischen Beratungs- und Verkaufsgespräch seien in der Branche aber oft nicht klar gezogen.

Behrens skizziert das Instrumentarium, das in der Beratung Einsatz finden kann. Der Beratungsbogen, der am Anfang des Gesprächs steht, kann dem Kunden ausgehändigt werden. Behrens sieht hier aber ein Spannungsfeld zwischen Individualisierung und Standardisierung. Wenn der Kunde auf Basis des Risikoprofilings nur Produkte einer bestimmten Risikoklasse angeboten bekomme, könne dies zu einer einseitigen Vermögensstruktur führen, zeigt Behrens auf. Unter Portfoliogesichtspunkten könne es sinnvoll sein, auch riskantere Produkte aufzunehmen, als sie durchschnittlich dem Risikoprofil des Kunden entsprechen.

Sein Fazit: Wenn der breiten Bevölkerung die Chance gegeben werden soll, zu den richtigen Produkte zu kommen, dann muss dieser auch das Instrumentarium gegeben werden, beraterunabhängig ein gutes Ergebnis zu erhalten. Bei den Kunden in der Vermögensanlage und Wealth Management sei das Thema anders zu beurteilen als im Breitengeschäft.

Behrens ist Autor im Buch von Oliver Everling und Monika Müller (Herausgeber): „Risikoprofiling von Anlegern – Kundenprofile treffend analysieren und in der Beratung nutzen“ (Bank-Verlag Medien GmbH, Köln, http://www.bank-verlag.de/, 1. Auflage 2009, 534 Seiten, Art.-Nr. 22.443-0900, ISBN 978-3-86556-222-7). Das Expertenforum „Risikoprofiling von Anlegern“ wurde unter der Leitung von Monika Müller von FCM Finanz Coaching organisiert (http://www.monika-mueller.de/).

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Finanzpsychologie beim Risikoprofiling von Anlegern

Von Dr. Oliver Everling | 6.November 2009

Die Kernaufgabe des Beraters ist es, seinen Kunden in die Lage zu versetzen, selbst eine möglichst gute Entscheidung zu treffen, zeigt Monika Müller von FCM Finanz Coaching im Expertenforum „Risikoprofiling von Anlegern“ auf. Monika Müller ist Mitherausgeberin und Autorin im Buch: „Risikoprofiling von Anlegern – Kundenprofile treffend analysieren und in der Beratung nutzen“ (Bank-Verlag Medien GmbH, Köln, http://www.bank-verlag.de/, 1. Auflage 2009, 534 Seiten, Art.-Nr. 22.443-0900, ISBN 978-3-86556-222-7). Das Expertenforum „Risikoprofiling von Anlegern“ wurde unter der Leitung von Monika Müller von FCM Finanz Coaching organisiert (http://www.monika-mueller.de/).

Zunächst sei zu fragen, was der Kunde mitbringe, um gute Finanzentscheidungen zu treffen. Denn jeder Kunden bringe eine Menge Ressourcen in die Beratung, auf die der Berater aufbauen kann. Setzt sich der Kunde gerne mit Finanzthemen auseinander? Kann der Kunde gut „rechnen“. Die Erfahrungswerte des Kunden sind einzubeziehen. Wenn mit dem Kunden in einer Art gesprochen werde, die ihm verständlich sein kann, könne die Beratung wirklich zielführend und effizient sein. Müller ruft dazu auf, auch die Entscheidungsfreude und –wege des Kunden zu ergründen. Entscheidet „der Kunde“ möglicherweise „als Paar“?

Die finanzielle Risikobereitschaft des Kunden erfassen heiße, das indirekte Wissen des Kunden über sich selbst abzurufen. Das Wissen der Berater über ihre Kunden sei in diesem Punkt oft unzureichend. Die Selbstüberschätzung des Beraters sei hier der wunde Punkt, da dieser selbstsicher das Risikoprofil korrekt einzuschätzen glaubt.

Beim Risikoprofiling von Anlegern sei innovatives Wissensmanagement gefragt. Dabei könne der Gegensatz von Individualität versus Standardisierung aufgelöst werden. Die häufig diskutierte Frage laute: Erfassen wir die Risikobereitschaft im Interview mit dem Kunden oder mit einem standardisierten und wissenschaftlich fundierten Fragebogen. In der Kombination liege die Lösung: Ein guter Fragebogen sei objektiv, reliabel, valide, wissenschaftlich fundiert, verständlich und zeitschonend. Ein Fragebogen müsse von jedem, gleich welchen Alters und Hintergrund, beantwortet werden können. Die Auswertung biete Grundlage für das anschließende Interview mit dem Kunden. Dies sei persönlich, maßgeschneidert, liefere aussagefähige Ergebnisse, der Kunde habe die Chance, den weiteren Erkenntnisprozess maßgeblich zu beeinflussen und nachzuvollziehen. Beim Interview kommt es besonders auf die individuelle Kompetenz des Interviewpartners an.

Müller berichtet über die Akzeptanz von Fragebögen bei Anlegern, die oft von Beratern unterschätzt würde, die dem Konzept eines fragebogengestützten Erhebung des Risikoprofils von Anlegern skeptisch gegenüberstehen würden. Das Risikoprofilingsystem von FinaMetrica beruht darauf, dass der Kunde selbständig durch eine IST-Analyse seinen finanziellen Risikobericht objektiv, reliabel und valide erstellt. Die Auswertung bietet die Gesprächsgrundlage für eine GAP-Analyse zwischen Zielen, Kapital und Risikobereitschaft und der aktuelle Asset Allokation des Kunden. Der Fragebogen ermöglicht die transparente Kommunikation über die zu erwartenden Risiken, unterstützt durch den Risk-and-Return-Guide.

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Rechtsrahmen des Risikoprofilings

Von Dr. Oliver Everling | 5.November 2009

„Risikoprofiling steht in keinem Gesetz“, führt Philipp Mertens, LL.M. von B | M | S Rechtsanwälte (http://www.bms-kanzlei.de/) in die rechtlichen Aspekte des Themas ein. Die MiFID sage jedoch erstmals detaillierter, was vom Kunden im Rahmen der Exploration erfragt werden müsse. Das Gesetz schweige sich jedoch dazu aus, was man mit den Informationen anfangen soll. Insbesondere die Risikobereitschaft sei dabei, weil in hohem Maße subjektiv, nur sehr schwer abfragbar. Die jahrelang geübte Praxis behilft sich hierzu mit Kundenkategorien wie „Konservativ“, „Ertrag“ oder „Spekulativ“.

Mertens ist Autor im Buch von Oliver Everling und Monika Müller (Herausgeber): „Risikoprofiling von Anlegern – Kundenprofile treffend analysieren und in der Beratung nutzen“ (Bank-Verlag Medien GmbH, Köln, http://www.bank-verlag.de/, 1. Auflage 2009, 534 Seiten, Art.-Nr. 22.443-0900, ISBN 978-3-86556-222-7). Das Expertenforum „Risikoprofiling von Anlegern“ wurde unter der Leitung von Monika Müller von FCM Finanz Coaching organisiert (http://www.monika-mueller.de/).

„Gewinne werden gerne privatisiert, Verluste hingegen sozialisiert“, so sei vielfach die Interessenlage von Kunden. Wenn der wirtschaftliche Erfolg nicht eintritt, will jeder Kunde „konservativ“ gewesen sein. Davor schützen auch immer umfangreichere Prospekte zu den einzelnen Produkten nur eingeschränkt. Der ordnungsgemäßen Exploration der Risikobereitschaft eines Anlegers komme daher große praktische Bedeutung zu. Nach zwei Jahren der europäischen Richtlinie Markets in Financial Instruments Directive (MiFID) sei allerdings noch nicht recht klar, wohin die Reise weiter gehe. Fraglich erscheine, ob die Strukturen bereits so weit verbessert wurden, dass die Risikotragfähigkeit und –bereitschaft von Anlegern besser abgebildet werde.

Die Qualität der Beratung durch erhöhte Anforderungen an die Berater anzuheben, sei die aktuelle Herausforderung, so Mertens. Noch heute können bestimmte Produkte von Leuten ohne jeden Qualifikationsnachweis vermittelt werden. Die Risikobereitschaft des Kunden treffe dabei auf „Berater“ mit Anreizstrukturen, die durch spezifische Provisionsstrukturen gekennzeichnet sind. Dr. Joachim Böhler von der Union Investment Privatfonds GmbH wirft ein, dass selbst in der Schulausbildung nichts vermittelt werde, was zur Beurteilung von Finanzprodukten qualifiziere. Der politische Wille den gesamten Beratungsprozess durch eine höhere Transparenz zu verbessern sei durchaus vorhanden, so Mertens, jedoch sei hier der Widerstand von Interessengruppe zu verzeichnen.

Horst Schneider von MLP Finanzdienstleistungen AG stellt die Herausforderung dar, das Verständnis für den „Value at Risk“ zu erarbeiten. Das Methodenwissen kann nicht vorausgesetzt werden. Uwe Zeidler von der Deutschen Apotheker- und Ärztebank diskutiert in diesem Kontext die Häufigkeit der Six-Sigma-Ereignissen. Seit dem zweiten Weltkrieg seien bereits 42 Jahrtausendereignisse eingetreten, die eigentlich nur einmal in Tausenden von Jahren statistisch auftreten dürften.

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Optimierte Beratungskonzepte zum Risiko

Von Dr. Oliver Everling | 5.November 2009

„Diversifikation allein reicht nicht mehr“, sagt Horst Schneider von der MLP Finanzdienstleistungen AG (http://www.mlp.de/) zur Frage der Ansatzpunkte zur Optimierung von Beratungskonzepten. Sicherheit sei eine Funktion der Zeit, so das Kostolany-Prinzip. Säkulare Markttrends deuten auf einen Trendwechsel, denn jüngst seien zunehmende Marktkrisen zu beobachten. Der Cost-Average-Effekt muss nicht immer positiv sein, zeigt Schneider auf.

Effektives Finanzmanagement stellt die Beratung vor besondere Herausforderungen. Schneider legt die Umwandlung von „aktivem“ in „passives“ Vermögen dar, nämlich von der Arbeitskraft in das Vermögen, von dem im Alter gezehrt werden könne. Ganzheitliche Kundenberatung mit allen Instrumenten am Markt mit nachhaltiger Betreuung – ein Leben lang – müsse das Ideal sein. Der Berater könne aber nicht in einer Person alle Produkte zugleich mit gleicher Kompetenz beraten – und benötigt deshalb entsprechende Unterstützung aus dem Backoffice. Da der Berater sich fokussieren müsse, werde er sich auf die Beratung bestimmter Produkte spezialisieren.

Schneider führt den CFO-Gedanken in der Beratung von Privatkunden ein. Der Chief Financial Officer (CFO) müsse das Unternehmen liquide halten, kontinuierlich den bestmöglichen Vermögenswert des Unternehmen erhalten, entwickeln und darstellen sowie eine optimale Finanzierungsstruktur sicherstellen. Alle staatliche Vergünstigungen, steuerliche Gestaltungen und Forderungen konsequent nutzen und das Unternehmen vor Risiken schützen. Es müsse in Wirkungsweisen und nicht in Produktvorteilen gedacht werden. Der zentrale Anspruch an die Beratung müsse sein, immer liquide zu sein, ein passendes Risikoprofil und die dazu bestmögliche Renditeerwartung zu finden und das Ganze preis-leistungsoptimal darzustellen. Aus der Betrachtung der Zielebene müsse die Spartenebene entsprechend aufgestellt werden.

Wie zeitpunktgenau muss ein Anlageziel erreicht werden? Welchen temporären Vermögensverlust können und wollen Kunden zur Erreichung ihrer Ziele tragen? Welche Liquiditätsreserve gibt den Kunden ausreichend Handlungsspielraum? Und wie verfügbar muss das Vermögen sein? Dies sind nach Darstellung von Schneider die Kernfragen zur Umsetzung einer erfolgreichen Vermögensstruktur. Die Organisation des Vermögens sei der wesentliche Erfolgsfaktor.

Schneider ist Autor im Buch von Oliver Everling und Monika Müller (Herausgeber): „Risikoprofiling von Anlegern – Kundenprofile treffend analysieren und in der Beratung nutzen“ (Bank-Verlag Medien GmbH, Köln, http://www.bank-verlag.de/, 1. Auflage 2009, 534 Seiten, Art.-Nr. 22.443-0900, ISBN 978-3-86556-222-7). Das Expertenforum „Risikoprofiling von Anlegern“ wurde unter der Leitung von Monika Müller von FCM Finanz Coaching organisiert (http://www.monika-mueller.de/).

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Psychografische Kundensegmentierung und Risikoeinstellung

Von Dr. Oliver Everling | 5.November 2009

Dr. Joachim Böhler von Union Investment erläutert im Expertenforum „Risikoprofiling“ die psychografische Kundensegmentierung und Beurteilung der Risikoeinstellung. Psychografische Kundentypologien seien in der Beratungspraxis hilfreich. Sie ergänzen die klassische betriebswirtschaftliche ABC-Segmentierung: „Wo liegt Kundenpotenzial?, Wie erschließe ich Kundenpotenzial?“ Das sind die beiden Leitfragen, die einerseits zur ABC-Segmentierung, andererseits zur psychografischen Segmentierung führen.

Böhler ist Autor im Buch von Oliver Everling und Monika Müller (Herausgeber): „Risikoprofiling von Anlegern – Kundenprofile treffend analysieren und in der Beratung nutzen“ (Bank-Verlag Medien GmbH, Köln, http://www.bank-verlag.de/, 1. Auflage 2009, 534 Seiten, Art.-Nr. 22.443-0900, ISBN 978-3-86556-222-7). Das Expertenforum „Risikoprofiling von Anlegern“ wurde unter der Leitung von Monika Müller von FCM Finanz Coaching organisiert (http://www.monika-mueller.de/).

Typ 1 (Der Vorsichtige) sei durch geringe Affinität zu Finanzdienstleistungen, Vorbehalte gegen moderne Vertriebsformen, Sicherheitsorientierung und Besitz nur weniger Finanzprodukte gekennzeichnet. Schlüsselfaktor für den Vertrieb sei bei diesem Typ die soziale Kompetenz in der Beratung, da es für diesen Typ letztlich auf ein persönliches Vertrauensverhältnis zum Berater, gestützt durch Vertrauen in die Reputation der Bank, ankomme. Repräsentative Befragungen zeigen, dass etwa 60 % der Bevölkerung als „vorsichtig“ charakterisiert werden können.

Typ 2 (Der Aufgeschlossene) habe eine pragmatische Neugier in Finanzfragen, sei durch einen emotionalen Umgang mit Finanzthemen und dadurch charakterisiert, dass den Berater als „informierten Partner“ sieht, mit dem er gemeinsam maßgeschneiderte Lösungen erarbeiten möchte. Er schätzt konkrete, unkomplizierte Empfehlungen, Schlüsselfaktor in der Beratung bei „Vorsichtigen“ sei ebenfalls die soziale Kompetenz. 32 % können als „aufgeschlossene“ Kunden betrachtet werden.

Typ 3 (Der Souveräne) setzt sich gern mit Finanzthemen auseinander, nutzt SB, Internet und Telefon als Informations- und Transaktionskanäle, ist relativ erfahren und informiert, vergleicht Konditionen und neigt zur Illoyalität. Auch für den „Souveränen“ ist die soziale Kompetenz ein Schlüsselfaktor, mehr aber noch die fachliche Kompetenz (im Vergleich zu den beiden anderen Anlegertypen). Es handele sich hier um einen „harten“ Kern, der rund 8 % der Bevölkerung ausmache.

Erfahrene Anlageberater formulieren spontan Hypothesen, wenn sie mit der Finanztypologie konfrontiert werden: „Der souveräne Anleger, das ist doch fast immer der A-Kunde“, „Der Vorsichtige scheut jedes Risiko, der souveräne Anleger ist grundsätzlich risikofreudig, und der Aufgeschlossene liegt so in der Mitte“; „Super, da brauche ich ja in Zukunft keine Risiko-Klassifizierung mehr vorzunehmen, wenn ich weiß, welcher Typ mein Kunde ist“. Leider seien diese Hypothesen unzutreffend – die Risikoeinstellung privater Anleger korreliere nur wenig mit soziodemografischen Merkmalen, und eine eindeutige Zuordnung eines Finanztyps zu einer Risikoeinstellung sei nicht möglich, zeigt Böhler auf. Bei jedem Typ gebe es (fast) jede Risikoeinstellung wenn auch in unterschiedlicher Verteilung. Beim Vorsichtigen seien keine hochspekulativen Anlagen zu platzieren.

Explizite Risikomessung sei daher unverzichtbar und unersetzlich, zeigt Böhler auf. Psychografische Finanztypologien können Hinweise auf die grundsätzliche Risikomentalität des Kunden geben. Für die adäquate Bestimmung individuell geeigneter Finanzprodukte ist eine robuste, in der Beratungspraxis handhabbare Typologie aber nicht geeignet: Die Risikoeinstellung korrespondiert nicht 1:1 mit einer grundsätzlichen Einstellung zu Finanzdienstleistungen. Daher müssen zur Risikoklassifikation separate, robuste, aussagefähige und einfache Risikoanalyseinstrumente entwickelt werden.

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Nominierungen für die Feri EuroRating Awards 2010

Von Dr. Oliver Everling | 5.November 2009

Die Nominierten für die Feri EuroRating Awards 2010 in den fünf Asset Manager Kategorien stehen fest und können ab sofort unter http://www.feri-fund-awards.com/ eingesehen werden. Damit vergibt die Feri zusammen mit ihrem Kooperationspartner, dem Nachrichtensender n-tv, erstmals Auszeichnungen auf Gesellschaftsebene im Rahmen der Feri EuroRating Awards. Die Preise werden für Deutschland, Österreich sowie für die Schweiz in den folgenden fünf Kategorien bester Asset Manager verliehen: Aktienfonds, Rentenfonds, Universalanbieter, Spezialanbieter und für die Sonderkategorie „Bester ETF-Anbieter“.

„In diesem Jahr vergeben wir neben den Awards für die besten Fonds auch Asset Manager Awards, die die Managementqualität der Kapitalanlagegesellschaften bewerten“, sagt Dr. Tobias Schmidt, Vorstand bei der Feri EuroRating Services AG. „Damit wollen wir Anlegern eine zusätzliche Hilfe für Investitionsentscheidungen geben, indem wir die Gesamtkompetenz und -performance der verschiedenen Gesellschaften würdigen.“

Die Vergabe der KAG-Awards erfolgt in Anlehnung an die quantitative Bewertungsmethodik der Fondskategorien. Alle gerateten Fonds einer Gesellschaft werden zum Stichtag 31. Oktober 2009 anhand der Ratingpunktzahl, der Performance über zwölf Monate und der Volatilität über zwölf Monate bewertet. Die Resultate werden zu einer Gesamtnote zusammengeführt, wobei jeder Fonds das gleiche Gewicht erhält. Die fünf Gesellschaften, die die jeweils höchsten Gesamtnoten in den fünf Kategorien in Deutschland, Österreich und der Schweiz erhalten haben, werden nominiert.

Voraussetzung für die Teilnahme in den Kategorien Bester Asset Manager Aktienfonds bzw. Rentenfonds ist, dass mindestens acht Fonds der Gesellschaft mit einem Feri Fondsrating ausgezeichnet sind. Die Universalanbieter müssen 25 (Deutschland, Österreich) bzw. 20 (Schweiz) von Feri geratete Fonds aufweisen, wobei mindestens ein bewerteter Aktien-, ein Renten- und ein Mischfonds vorliegen muss. Die Spezialanbieter müssen über mindestens acht, maximal jedoch über 24 von Feri geratete Fonds verfügen, inklusive mindestens ein von Feri bewerteter Aktien- und ein Rentenfonds. Die Bewertung der Sonderkategorie ETF-Anbieter erfolgt durch zwei unabhängige Marktbefragungen privater und institutioneller Investoren.

Die Gewinner der Asset Manager Awards werden gemeinsam mit den Siegern der Fondskategorien am 24. November 2009 im Rahmen einer feierlichen Veranstaltung im Bad Homburger Schloss bekannt gegeben. Eine Übersicht aller für die Feri Awards 2010 Nominierten sowie weitere Informationen finden Sie unter www.feri-fund-awards.com.

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„Richtige“ Corporate Governance

Von Dr. Oliver Everling | 4.November 2009

In der angelsächsischen Literatur erreichte die Theorie vom „Shareholder Value“ einen „Kultstatus“, berichtet Fredmund Malik in seinem neuen Hörbuch im Campus Verlag, „Die richtige Corporate Governance – Mit wirksamer Unternehmensaufsicht Komplexität meistern“ (EAN 9783593390598, http://www.campus.de/hoerbuch/hoerbuch/Die+richtige+Corporate+Governance.86002.html). Zu diesem Eindruck haben die Medien beigetragen, die unreflektiert die angelsächsischen Lehren verbreiteten. Das amerikanische Wachstum sei als Medienereignis gefeiert worden. Das „Wirtschaftswunder“ der USA gründete aber allein auf Verschuldung, nicht aber auf Produktivitätszuwächsen, wenn man von wenigen Ausnahmebereichen absieht.

Malik räumt mit der Vorstellung auf, die gesetzlich verankerte Corporate Governance gebe eine sinnvolle Antwort auf die Frage nach guter Unternehmensführung. Schon der Begriff der „Corporate Governance“ (statt „Corporate Management“) und die Ausrichtung des Unternehmens darauf seien irreführend. Malik hält sogar viele Regeln als mit guter Unternehmensführung gänzlich unvereinbar, so dass gute Unternehmer geradezu gezwungen seien, sich über die von Juristen geprägten Regeln hinwegzusetzen. Die meisten diesbezüglichen Gesetzesnormen seien Notgeburten, da durch Fehlentwicklungen Sofortmaßnahmen notwendig wurden.

In seinem Hörbuch arbeitet Malik die wichtige Rolle des Aufsichtsorgans detailliert heraus. Nach angelsächsischen Unternehmensverfassungen ist die Institution eines Aufsichtsrats weitgehend unbekannt. Das in Deutschland verbreitete, für Aktiengesellschaften zwingende, zweistufige Modell sei in den USA kaum bekannt. Die in dieser verfehlten Konstitution liegenden Interessenkonflikte und Fehlsteuerungswirkungen macht Malik evident. Malik betont die Rolle des Aufsichtsorgans für jede gute Unternehmensführung.

Malik zeigt den Zusammenhang zwischen einseitiger Aktionärsorientierung und Missmanagement auf. Früher wurde der größte Teil der Aktien auch börsennotierter Unternehmen von Privatpersonen gehalten. Heute seien diese von Pensionsfonds und anderen institutionellen Anleger zu einem großen Teil verdrängt worden. Damit habe sich auch die Ausrichtung hin auf kurzfristige Performanceziele verschoben. Malik warnt auch vor der Rolle von Ratingagenturen, die mit ihren Fondsratings dazu beigetragen hätten, stets das Ranking der Performance kurzfristig zu verfolgen und damit Anstoß zu Veränderungen in den Unternehmenszielsetzungen gaben.

Nachdem Malik keinen Zweifel daran lässt, dass die gegenwärtig praktizierten Ansätze der Corporate Governance und der Orientierung am Shareholder Value in die Irre führen müssen, richtet sich der Blick auf die Maßnahmen, die für eine gute Unternehmensführung kennzeichnend sind. Malik bringt dazu eine Reihe von Faktoren ins Spiel, wie beispielsweise die „Total Factor Productivity“, die über alle produktiven Faktoren des Unternehmens hinweg gemessene Produktivität, die also nicht allein an der Produktivität der Ressource „Kapital“ zu messen ist. Außerdem unterstreicht Malik die Bedeutung guten Personals – „gute Leute“.

Da an deutschen Hochschulen von Professoren der Wirtschaftswissenschaften meist nur angelsächsische Lehren nacherzählt werden, klingen die Forderungen von Malik in deutschen Ohren ungewöhnlich: Malik tritt nicht nur für eine strikte Abkehr von den verfehlten Modellierungen der Shareholder-Value-Lehren ein, sondern sogar dafür, nicht die Gewinnmaximierung zur Leitmaxime des unternehmerischen Handelns zu machen, sondern das Gewinnminimum, verstanden als langfristig zu erwirtschaftender Gewinn. Die Unternehmensführung habe danach zu fragen, wieviel Gewinn mindestens erwirtschaftet werden muss, um die Eigentümerinteressen zu befriedigen. Im Mittelpunkt aller Anstrengungen müssten aber Märkte und Kunden stehen, denn nur sie bezahlen für Leistungen des Unternehmens und verfolgen nicht lediglich Interessen. Nur für Kunden erbrachte Leistungen enthalten eine Wertschöpfung, die an „Stakeholder“ verteilt werden könne. Die Ausrichtung an „Stakeholder“-Interessen sei ebenso wenig mit guter Unternehmensführung vereinbar wie die an „Shareholder“-Interessen im Speziellen.

Persönliches Beispiel und Vorbildfunktion lässt sich nicht per Gesetz dekretieren. Aufbau und Erhaltung der Humanressourcen muss ein zentrales Anliegen der Unternehmensführung sein: Die Wissensträger und Spezialisten bedürfen systematischer Laufbahngestaltung. Nur das Exekutivorgan kann die Vorbereitung und Entwicklung der Struktur erarbeiten, denn diese lässt sich nicht von anderen machen. Ebenso sind die Beziehungen zu Schlüsselgruppen wie Medien, Kapitalgebern und Öffentlichkeit vornehmlich Aufgabe des Exekutivorgans, aber das Aufsichtsorgan muss sich damit befassen, ob das Management diesen Aufgaben angemessen nachkommt.

Top-Manager müssen operativ in dem Sinne tätig sein, dass sie direkten Kontakt zu Kunden behalten. Nur die operative Aufgabe zwinge Manager, sich unmittelbar mit den Realitäten ihrer Kunden zu befassen. Dazu könnten nicht Stabsleute oder Berater herangezogen werden, denn diese würde nur über ihre Sichtweise berichten. Ein kompetenter Gesprächspartner für Mitarbeiter und Kollegen zu sein, bleibe Voraussetzung dafür, Akzeptanz zu finden. Ohne einen gewissen Anteil an Sacharbeit werde man nur noch Marionetten im Management haben, prophezeit Malik.

Wenn ein Finanzmanager Vorstandsvorsitzender werde, sei es nur natürlich, dass finanzielle Größen im Vordergrund seiner Unternehmensführung stehen würden. Ebenso verhalte es sich mit einer Betonung technischer Fragen, wenn ein Ingenieur diese Spitzenposition besetze. Rasch Ergebnisse zu erzielen, um wieder bestellt zu werden, seien die Konsequenz kurzer Vertragslaufzeiten. Fünf oder mehr Jahre Vertragslaufzeit haben die umgekehrten Wirkungen, wenn auch der Leistungsdruck abnehme und sich möglicherweise eine gewisse Bequemlichkeit einstelle. Malik empfiehlt, branchenspezifische Antworten zu geben. Der „goldene Mittelweg“ der fünfjährigen Vertragsdauer sei nicht immer die beste Lösung, denn auch eine unbefristete Vertragslaufzeit sei möglich.

Exekutives Topmanagement könne kaum von Einzelpersonen dargestellt werden. Daher seien Teams zu fordern. Besonders sorgfältig muss auf die Funktionsweise von Teams im Topmanagement geachtet werden, zumal hier oft Machtmenschen zu beobachten seien. Malik fordert Disziplin und das Zurückstellen persönlicher Beziehungen und „Chemie“. Beispiel „Chemie“: Das Topmanagement müsse auch dann funktionieren, wenn „die Chemie“ unter seinen Mitgliedern einmal nicht stimme. Die Regeln des Zusammenwirkens müssten entsprechend ausgestaltet sein. Die Mitglieder eines Managementteams brauchen sich nicht zu mögen, aber es dürfe keine Agitation nach außen geben. Topmanager dürfen ihre Kollegen nach außen nicht qualifizieren, auch nicht loben.

Teams brauchen eine innere Struktur und eine Leitung, eine Schlüsselposition, die durch ein Stichentscheidungsrecht eine Pattsituation zu überwinden. Muss er von diesem häufig Gebrauch machen, sei dies ein Warnsignal, dass etwas grundsätzlich mit dem Team nicht mehr stimme. Gewisse Entscheidungen dürfen von niemandem alleine getroffen werden, sondern bedürfen der Zustimmung aller bzw. der Entscheidung durch das Gesamtteam gemäß Geschäftsordnung, zum Beispiel im Falle von Akquisitionen. Autonome Entscheidungskompetenzen müssten mindestens mit Informationspflichten einher gehen.

Malik setzt sich mit dem Managereinkommen auseinander. Mit dem „Economic Value Added“ wurde die Vergütung einseitig an den Unternehmenswert gekoppelt, kritisiert Malik. Es sei weniger eine Frage des Versagens der Ethik, als des Versagens der Unternehmensaufsicht, wenn es zu Exzessen gekommen sei. Zweifellos müssten gute Leute gut bezahlt werden. Es sei aber ein unbewiesenes Dogma, dass gute Leistungen gute Bezahlung erfordern würden. Gute Bezahlung sei nur bei guten Leistungen möglich, aus dieser Logik ergibt sich aber noch nicht die Richtigkeit des Umkehrschlusses, dass gute Leistungen nur bei außergewöhnlich hoher Bezahlung erbracht würden. Die Bezahlung erfolge „aus“ dem Ergebnis, aber nicht „für“ das Ergebnis.

Die verfehlten Managementlehren angelsächsischer Prägung blieben nicht ohne Wirkung auf die Betrachtungsweisen US-amerikanischer Ratingagenturen. Die „herrschenden Lehren“ von der Überlegenheit der einseitigen Ausrichtung von Unternehmen auf kurzfristige Aktionärsinteressen konnten an den auf amerikanischen Business Schools geschulten Analysten der Agenturen nicht spurlos vorübergehen. Obwohl Malik nicht explizit auf diesen Aspekt zu sprechen kommt, so weist sein Ansatz der Ausrichtung an einem anzustrebenden Gewinnminimum auch den Weg für die Zukunft des Kreditratings: Die Einhaltung von Mindestgewinnzielen ist deutlich besser als kurzfristige Gewinnmaximierung und die damit verbunden, rein finanzwirtschaftlichen Ergebnismanipulationen mit den Bedürfnissen von Gläubigern nach Sicherheit ihrer Forderungen vereinbar. Das Buch von Malik ist deshalb für jeden eine Empfehlung, der die Notwendigkeit eines europäischen Ratingansatzes als Alternative zum US-Kartell verstehen will.

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Raiffeisenlandesbank Oberösterreich mit web-basiertem Basel II Rating

Von Dr. Oliver Everling | 4.November 2009

Die GRZ IT Gruppe, einer der größten IT-Dienstleister Österreichs, hat für die Raiffeisenlandesbank Oberösterreich und ihre Leasingtöchter eine zentrale, web-basierte Anwendung für die Bewertung der Leasinganträge von Firmen- und Privatkunden in den Bereichen PKW, LKW, Maschinen- und Immobilien-Leasing erstellt. Auf der Basis der Risk Rating-Plattform von Innovations Software Technology, einem Mitglied der Bosch-Gruppe, ist die Anwendung innerhalb kurzer Zeit entstanden. Seit September 2009 bewerten die zugehörigen Leasingagenturen in den Osteuropäischen Ländern Leasinganträge im Privat- und Geschäftskundensegment mit der Ratinganwendung. Die Basel II-Rating-Anwendung wird seit Anfang September 2009 von den angeschlossenen Agenturen in Ungarn, Polen, der Slowakei, Rumänien und Kroatien eingesetzt. Aktuell enthält die Rating-Anwendung vier Bewertungsmodelle, die in unterschiedlichen Sprachen und Ausprägungen zur Anwendung kommen.

„Die Resonanz in den Ländern war sehr positiv. Das System hat die Anwender mit Schnelligkeit und Einfachheit überzeugt“, so Magister Christina Wagner, verantwortlich für das Risikomanagement der osteuropäischen Leasingtöchter der Raiffeisenlandesbank Oberösterreich. Die zentrale Web-Anwendung wurde innerhalb von 12 Wochen umgesetzt, heißt es in der Meldung. Der Zeitfaktor sei ein wichtiges Kriterium für die Entscheidung der GRZ IT Gruppe gewesen, die Anwendung gemeinsam mit dem Dienstleister Innovations und dessen Risk Rating-Plattform zu erstellen. Dr. Dr. Helmut Hamberger, Projektleiter von Seiten des Kunden, erläutert: „Neben der Dynamik und Flexibilität der Applikation hat uns die Umsetzungsgeschwindigkeit und Kompetenz von Innovations überzeugt“.

Innerhalb kürzester Zeit seien die Ratingexperten der GRZ IT Gruppe und der Raiffeisenlandesbank Oberösterreich in die Lage versetzt worden, mit der Risk Rating-Plattform und deren grafischem Modellierungswerkzeug Ratingmodelle selbst zu erstellen und weiter zu entwickeln. Außer den fachlichen Modellen haben die Modellexperten auch die zugehörigen Benutzerschnittstellen und Workflows für die Freigabe von Ratings erstellt.

Die zentrale Basel II-Rating-Anwendung löst eine heterogene Systemlandschaft ab und stellt sicher, dass die Bewertung der Leasingpartner international einheitlich erfolgt. Hierfür hat Innovations die umfassende Integration der Anwendung in die bestehende Infrastruktur sichergestellt, wobei hohe Sicherheitsanforderungen zu berücksichtigen waren. Beispielsweise wurden das Berechtigungssystem für die Benutzerverwaltung und das Mailsystem angebunden, um Aufgaben im Erstellungs- und Freigabeprozess automatisch mailbasiert zu übermitteln.

Die Anwendung soll den Risikoverantwortlichen der Raiffeisenlandesbank Oberösterreich heute ermöglichen, alle Ratingvorgänge – aktuelle, abgeschlossene und sogar gelöschte – inklusive ihrer Ergebnisse zu jeder Zeit nachzuvollziehen. Hierfür würden alle Ratings Basel II-konform revisionssicher historisiert. Für die aktuelle Bewertung, wie ein Ratingergebnis zustande gekommen ist, sollen den Risikoexperten die Bewertungsregeln transparent in der Form grafischer Regelmodelle zur Verfügung stehen. Auf Basis der sehr positiven Ressonanz sollen in Kürze weitere Märkte die zentrale Basel II-Rating-Anwendung nutzen. Darüber hinaus plant die GRZ IT Gruppe, die Anwendung um die Nutzung von Daten externer Anbieter und Auskunfteien zu erweitern.

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