Kurzarbeitsprogramme werden zu lang

Von Dr. Oliver Everling | 31.August 2020

Am 25. August 2020 kündigte die Bundesregierung die Verlängerung ihres Kurzarbeitsprogramms (Kurzarbeit) von 12 auf 24 Monate an. Das System zur Beibehaltung des Arbeitsplatzes ermöglicht es den Arbeitnehmern, kürzere Arbeitszeiten zu haben, wobei die Regierung ihre Löhne aufstockt. Die Regierung kündigte auch die Ausweitung vorübergehender Vorschriften an, die den Zugang zum System erleichtern, die Kosten für Unternehmen senken und eine höhere Vergütung für die teilnehmenden Mitarbeiter gewährleisten.

Obwohl die Verlängerung des Systems die Inlandsnachfrage stützt, ist es für Deutschland insgesamt für die Kreditwürdigkeit des Lands negativ, warnt die Ratingagentur Moody’s, da seine erweiterte Nutzung zu zusätzlichen Steuerbelastungen führen. Außerdem mahnt Moody’s die Ineffizienzen auf dem Arbeitsmarkt an. Die Maßnahmen der Bundesregierung behindern den überfälligen Strukturwandel. Letzteres wird das mittelfristige Wachstum belasten. Die Ineffizienzen ergeben sich aus dem Hindernis für die Umverteilung von Arbeitskräften von schrumpfenden Sektoren auf expandierende Wirtschaftssektoren. Es bleiben Arbeitsplätze erhalten, die ohne staatlichen Eingriff nicht lebensfähig wären.

Durch die Verlängerung des Systems werden die Haushaltskosten über 2020 hinaus erhöht. Moody*s Analysten gehen jedoch davon aus, dass die zusätzlichen Haushaltskosten im Jahr 2020 unter den Kosten für Kurzarbeit liegen werden, da die Zahl der Kurzzeitbeschäftigten insgesamt abnimmt. Nach Schätzungen des Bundesamtes für Arbeit wird die Regelung im Jahr 2020 rund 20 Mrd. € oder 0,6% des BIP kosten, wovon die Agentur bereits 14,2 Mrd. € ausgezahlt hat. Die zusätzlichen Kosten im Jahr 2021 dürften deutlich niedriger sein, schätzt Moody’s.

Sollte Moody’s mit den Schätzungen daneben liegen, könnte der stabile Ausblick des Credit Ratings in Gefahr geraten. Derzeit ist die Bundesrepublik Deutschland als Schuldner noch stabil mit Aaa von Moody’s geratet.

Während das Kurzzeitarbeitsprogramm die Wirtschaftstätigkeit unterstützt und einen Anstieg der Arbeitslosigkeit verhindert hat, verschleiert dies die tatsächliche Unterauslastung der Arbeitskräfte. Die Zahl der Kurzzeitarbeiter dürfte nach Ansicht von Moody’s im Mai mit 6,7 Millionen ihren Höhepunkt erreicht haben, was etwa 20% der Gesamtbeschäftigung ausmacht, die den Sozialversicherungsbeiträgen unterliegt. Es wird jedoch erwartet, dass die Kurzarbeit in den von der Coronavirus-Krise am stärksten betroffenen Sektoren wie Reisen und Tourismus weiterhin von Bedeutung ist.

Kurzzeitarbeitsprogramme sollen Unternehmen und Arbeitnehmern helfen, Abschwünge oder vorübergehende Schocks zu überstehen. Als solches ist ein solches Programm nach Meinung von Moody’s ideal geeignet, um mit scharfen, aber letztendlich kurzlebigen Schocks umzugehen, wie sie durch die Coronavirus-Pandemie ausgelöst werden. Nach einer tiefen Rezession im ersten Halbjahr 2020 erwarten die Analysten, dass sich die deutsche Wirtschaft im dritten Quartal wieder erholt, und prognostizieren für 2021 ein BIP-Wachstum von 5,4% nach einem Rückgang von 6,7% in diesem Jahr. Insgesamt erhöht die Verlängerung des Systems jetzt die nachteiligen Nebenwirkungen der Regelung, einschließlich der Steuerbelastungen und der Entstehung von Ineffizienzen auf dem Arbeitsmarkt.

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Vertrauen in einer Zeit der Unsicherheit

Von Dr. Oliver Everling | 29.August 2020

Die Corona-Pandemie ist noch lange nicht zu Ende. Dies gilt insbesondere dann, wenn man diese nicht rein medizinisch betrachtet, sondern auch von den gesellschaftlichen und ökonomischen Konsequenzen her. Das Virus spaltet die Meinungen der Experten: Auf der einen Seite diejenigen, die vor der Gefährlichkeit des Virus warnen und besorgt sind, das nicht genug im Kampf gegen die Ausbreitung des Virus getan würde, Auf der anderen Seite jene, die vor übertriebenen Maßnahmen warnen und die vielen Implikationen sehen, die nicht medizinischer, sondern gesellschaftlicher, sozialer und wirtschaftlicher Art sind.

Die meisten Menschen können sich in keiner der angesprochenen Fragen als Experten bezeichnen. Die Mehrheit ist nicht Mediziner, Soziologe, Ökonom oder welche Expertise noch benötigt wird, um die vielfältigen Konsequenzen sowohl des Virus, als auch der getroffenen Maßnahmen zu beurteilen. Wer nicht selbst urteilen kann, muss sich auf das Urteil anderer verlassen. Das setzt Vertrauen voraus. Es geht insbesondere um Vertrauen in die Entscheidungen anderer – Politiker, Ärzte, Unternehmer und vieler anderer, die Verantwortung für ihre Mitmenschen tragen.

Die Betreiber sozialer Medien sind sich zunehmend ihrer Verantwortung bewusst. So stellt LinkedIn ein Papier mit dem Titel „Vertrauen in einer Zeit der Unsicherheit“ vor. Es thematisiert die Partnerschaft von Unternehmen mit ihren Kunden und Geschäftspartnern. „Vertrauen ist in unsicheren Zeiten von größter Bedeutung“, argumentieren die Social-Media-Experten von LinkedIn.

Das Edelman Trust Barometer 2020 zeigt, dass trotz einer starken Weltwirtschaft und auch zu Zeiten der Vollbeschäftigung keiner der vier von der Studie ergriffenen gesellschaftlichen Institutionen – Regierung, Unternehmen, Nicht-Regierungsorganisationen (NGOs) und Medien – mehr vertraut wird. Die Ursache für dieses Paradoxon liege in den Ängsten der Menschen vor der Zukunft und ihrer Rolle darin. Dies sei ein Weckruf für diese Institutionen, neue Wege zu finden, um effektiv Vertrauen aufzubauen: Kompetenz mit ethischem Verhalten in Einklang zu bringen. Sozialkreditratings könnten hier eine Rolle spielen. Edelman stützt ich auf 34.000 Befragungen in 28 Märkten weltweit.

Vertrauen wurde in den meisten Staaten durch das Wirtschaftswachstum beflügelt. Dies setzt sich in Asien und im Nahen Osten fort, jedoch nicht in entwickelten Märkten, in denen die Einkommensungleichheit heute der wichtigere Faktor ist, der das Vertrauensniveau beeinflusst. Die Mehrheit der Befragten glaubt hier nicht, dass es ihnen in fünf Jahren besser gehen wird, und mehr als die Hälfte der Befragten weltweit glaubt, dass der Kapitalismus in seiner gegenwärtigen Form der Welt mehr Schaden als Nutzen zufügt.

Ungleichheit wird nicht mehr als erfreuliches Ergebnis von Freiheit gesehen, sondern als Fehlfunktion des Kapitalismus. So werden nicht mehr staatliche Eingriffe und Privilegierungen, sondern der Kapitalismus verantwortlich gemacht. Die Ungerechtigkeit staatlicher Eingriffe wird weder erkannt noch verstanden. Die Privilegien, die auf staatlichem Zwang gründen, zwingen Wettbewerber aus dem Markt, die nicht den Zugang zu denjenigen haben, die durch Regulierung bestimmte Organisationen und Unternehmen zu privilegieren und Wettbewerbsvorteile verschaffen wissen. Auf Verfahren der Gesetzgebung aktiv einzuwirken, können sich praktisch nur große oder hoch profitable Firmen leisten.

Kapitalismus gedeiht eigentlich nur auf der Grundlage freier Entscheidungen möglichst vieler Menschen. Die Freiheit, über die eigene Arbeitsergebnisse zu entscheiden und zwischen Konsum und Investition abzuwägen, führt im Kapitalismus zur optimalen Allokation von Ressourcen. Edelman zeigt, wie weit in entwickelten Staaten die Bevölkerung inzwischen vom elementaren Verständnis über den Zusammenhang zwischen Freiheit und Kapitalismus entfernt ist.

Das Ergebnis ist nach Feststellung von Edelman eine Welt zweier unterschiedlicher Vertrauensrealitäten. Die informierte Öffentlichkeit – wohlhabendere, gebildete und häufige Konsumenten von Nachrichten – vertraut jeder Institution weitaus mehr als die Massenbevölkerung. In den meisten Märkten vertraut weniger als die Hälfte der Massenbevölkerung darauf, dass ihre Institutionen das Richtige tun.

Im 2020 Edelman Trust Barometer ist der Trust Index ein Durchschnitt aus dem Prozent Vertrauen in NGOs, Unternehmen, Regierung und Medien. Das weltweit größte Vertrauen genießen NGOs, Unternehmen, Regierung und Medien in der Bevölkerung der Volksrepublik China. In der Gesamtbevölkung Chinas konnte das Vertrauen 2020 gegenüber dem Vorjahr noch gesteigert werden (von 79 % auf 82 %). Umgekehrt verhält es sich in den Ländern wie den USA (von 49 % auf 47 %) oder dem Vereinigten Königreich (von 43 % auf 42 %).

Diese Ergebnisse dürften nicht mehr allein mit Einschränkungen der Presse- und Meinungsfreiheit in der Volksrepublik China erklärt werden können. Schon aufgrund der großen Bevölkerungszahl haben viele chinesische Familien ein weit verzweigtes Netz aus Kontakten weltweit. Chinesen gehören zu den reisefreudigsten Völkern. Der ökonomische Aufstieg erlaubt es Millionen von Chinesen, in alle Länder der Welt zu reisen. Auch in Deutschland wurden die Reisemöglichkeiten für Chinesen nicht durch die chinesische Regierung, sondern durch eine restriktive deutsche Visumspolitik eingeschränkt. Für Chinesen war es zudem schon vor Corona schwierig, ein Reisevisum nach Deutschland zu beantragen, da für die meisten Chinesen allein schon die Pflicht zum persönlichen Vorsprechen in den wenigen deutschen Konsulaten oder der deutschen Botschaft in Peking mit einer oft tausende Kilometer weiten Reise verbunden ist. Dennoch ist der Kenntnisstand gebildeter Chinesen über die Verhältnisse in Deutschland wesentlich besser als umgekehrt von Deutschen in China. Die Spitzenposition Chinas hinsichtlich des Vertrauens der Bevölkerung in Regierung, Unternehmen und Organisationen bedarf daher weiterer Erforschung.

Vertrauen ist eine Dimension der Reputation von Unternehmen. Diese Reputation wird in China seit 2014 in vielen Pilotprojekten systematisch gemessen und in Ratings zusammengeführt. Die Corona-Krise brachte die chinesische Führung nach anfänglichen Fehlern u.a. deshalb schneller unter Kontrolle, da sie auf Hilfe durch solche Unternehmen und Organisationen setzte, die über gute Ratings verfügen. In der Krise geht es nicht nur um finanzielle Stabilität, sondern auch um Vertrauenswürdigkeit gesellschaftlich verantwortungsvollen Handelns. Daher wurden Social Credit Ratings herangezogen, um gut reputierte Unternehmen auszuwählen. Mehr dazu und zu vielen weiteren Aspekten des Social Credit Ratings im Buch des Springer-Verlags.

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TSO The Simpson Organisation – Werbeaussage enttäuscht

Von Dr. Oliver Everling | 21.August 2020

Der Unternehmensanalyse von Stephan Appel, Fondsanalyst seit 1991, ist die Emittentin von Vermögensanlagen TSO (The Simpson Organisation), Frankfurt am Main, ins Netz gegangen. Die Emittentin mit Genehmigung zum Vertrieb von US-Immobilienfonds nach dem Vermögensanlagengesetz (Deutschlands) täusche in einem Onlinemagazin des Handelsblatts S.11 (Reflex-Verlag) die Leser mit dieser Falschaussage: „Alle Produkte stehen unter strikter Aufsicht in den USA. Auf Bundesebene sind das die US-Börsenaufsicht SEC und die Bundesbehörde, also die IRS, die dem Finanzministerium unterstellt ist.“

Die United States Securities and Exchange Commission (SEC) ist als US-Börsenaufsichtsbehörde für die Kontrolle des Wertpapierhandels in den Vereinigten Staaten zuständig. Der Internal Revenue Service (Abkürzung IRS) ist die Bundessteuerbehörde der Vereinigten Staaten und ist dem Finanzministerium unterstellt. Die Aufgabe der Behörde ist die Erhebung aller Bundessteuern sowie Ermittlungen in Steuerstrafsachen und der Forderungseinzug.

Alle TSO-Produkte stehen unter strikter Aufsicht in den USA? „Das ist falsch“, schreibt Stephan Appel, „und stellt eine wettbewerbswidrige Inanspruchnahme einer Prüfungsaufsicht für Investmentvehikel dar, die gerade NICHT dieser Aufsicht unterliegen. Hier liegt nicht nur eine vertriebsspezifische, beschränkt haftbare Mittäterschaft beim Vertrauensmißbrauch gegenüber Anlegern vor. Der Autor der Falschaussage, Christian Kunz, ist verantwortlicher Manger der Emittentin (Geschäftsführer Marketing) und damit unmittelbar verantwortlich für den Vertrauensmißbrauch dieser Falschaussage.“

Die Aussage erschien in der Reflex-Verlag-Publikation „Wohin mit dem Geld? Investmentstrategien in volatilen Zeiten“, 29.06.2020, in einem als Werbebeitrag gekennzeichneten Interview. „In Deutschland ist TSO durch die Vertriebsgesellschaft TSO Capital Advisors GmbH vertreten“, heißt es in dem Werbebeitrag. Die TSO Capital Advisors GmbH wurde am 22. August 2019 in Frankfurt am Main von Allan Boyd Simpson und Melody Mann-Simpson gegründet. Bei Creditsafe gibt es für diese Gesellschaft derzeit keinen Credit Index (zuvor 3,7 auf einer Skala von 1 bis 6).

Das Verhalten des Sales & Marketing Manager TSO Capital Advisors ist kein Einzelfall – mit staatlicher Aufsicht als Gütesiegel wird verbreitet geworben. Dabei wird übersehen, dass staatliche Aufsicht selbst dann kein umfassendes Rating der Kapitalanlage ersetzen kann, wenn das Produkt tatsächlich staatlicher Aufsicht unterliegt. In Deutschland beispielsweise prüft die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht für bestimmte Produkte lediglich die Einhaltung von Mindestanforderungen wie Transparenz und Offenlegung, nicht aber die Wahrscheinlichkeit eines überdurchschnittlichen wirtschaftlichen Erfolgs.

Für den Anleger ist aber nur der Hinweis auf eine Institution interessant, die mit ihrer Expertise eine überdurchschnittliche bzw. besonders sichere oder wie auch immer definiert „gute“ Anlage zu versprechen vermag. Das ist aber bei den Aufsichtsbehörden grundsätzlich nicht der Fall, da dies weder in Deutschland, noch in den meisten anderen Staaten ihr Auftrag ist. So bleibt von einem solchen Hinweis auf die Aufsicht inhaltlich nur das Versprechen des Anbieters, dass das Anlageprodukt nicht illegal ist. Das sollte wiederum selbstverständlich sein und gehört nicht in die Werbebotschaft.

Als besonders schwerwiegend ist zu beurteilen, wenn der Hinweis auf die Aufsicht täuschen könnte, wie von Stephan Appel kritisiert. Drollig ist außerdem jeder Hinweis auf Steuerbehörden, denn irgendein anwendbares Steuerrecht gibt es bei jedem Produkt. Der Kommunikationsfehler liegt darin, mit einem Produktmerkmal zu werben, das kein Unterscheidungsmerkmal zu anderen Produkten ist bzw. sein darf.

Ein Kaufargument kann dagegen ein gutes Rating sein, das unabhängige Rating einer anerkannten Ratingagentur oder eines reputierten Analysten. Es liegt im Wesen eines Ratings, Finanzinstrumente zu vergleichen und durch eine Ratingskala eine Einordnung auf einer ordinalen Skala mit relativem wie auch absolutem Aussagegehalt vorzunehmen.

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Fit für die Insolvenzwelle

Von Dr. Oliver Everling | 21.August 2020

Die Vorbereitungen für das Massensterben laufen auf Hochtouren. Mit dem Ausbruch von COVID-19 und den damit einhergehenden infektionsschutzrechtlichen Maßnahmen haben sich bundesweit Betriebsschließungen in sämtlichen wirtschaftlichen Branchen gehäuft. Ein umfassender Versicherungsschutz kann Ertragsausfälle von Unternehmen jedoch ausgleichen und die Kontinuität der unternehmerischen Tätigkeit sichern. Deshalb durchleuchten derzeit avocado rechtsanwälte die Versicherungsbedingungen ihrer Mandanten auf Ansprüche gegen ihre Versicherung.

„Unternehmen sollten bereits bestehende Versicherungsverträge überprüfen oder gegebenenfalls mit der Versicherung nachverhandeln“, so der Rat der Experten aus Frankfurt am Main.

Die Unternehmen haben mit den Folgen der Politik zu kämpfen. „Staatlich angeordnete Betriebsunterbrechungen oder -schließungen haben während der COVID-19-Pandemie massive wirtschaftliche Schäden für Unternehmen vieler Branchen verursacht. Nur durch die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht konnte eine sofortige Insolvenzwelle zwar verhindert, jedoch nicht aufgehoben werden“, urteilen die Anwälte.

Aus Sicht von avocado rechtsanwälte befinden sich viele wirtschaftlich bereits insolvente Unternehmen in einer geduldeten Form der Eigenverwaltung. Bei der „offiziellen“ Eigenverwaltung handelt es sich um ein Insolvenzverfahren, das sich von der Regelinsolvenz in einigen Punkten unterscheidet. Ziel der Eigenverwaltung ist es, dass ein Unternehmen unter Beteiligung des bisherigen Managements saniert wird.

Mit dem Ende der Aussetzung der Insolvenzantragspflicht – zum jetzigen Stand zum 30. September 2020 – dürfte die geduldete Form der Eigenverwaltung in eine Insolvenzantragspflicht münden. Wer dann nicht seinen Insolvenzantrag stellt, macht sich möglicherweise strafbar.

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Autobank abseits der Spur

Von Dr. Oliver Everling | 19.August 2020

Die österreichische Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA) hat am 19. August 2020 per Bescheid mit sofortiger Wirkung dem Vorstand des konzessionierten Kreditinstituts „AutoBank AG“ mit Sitz in 1100 Wien, Gertrude-Fröhlich-Sandner-Straße 3, die Wirtschaftsprüferin Dkfm. Dorotea-E. Rebmann als vorläufige Verwalterin gemäß § 46 des Bundesgesetzes über die Sanierung und Abwicklung von Banken (BaSAG) zur Seite gestellt. AutoBank AG unterhält eine Zweigniederlassung Deutschland am in Oberhaching bei München.

Die AutoBank AG ist an der Wiener und Münchner Börse börsennotiert. Mit einem Kursverlust binnen Jahresfrist von über 60 % und einer Marktkapitalisierung von weniger als 3 Mio. € wurden die Entwicklungen vom Markt offenbar vorweggenommen. Ein Rating einer anerkannten Ratingagentur gibt es nicht.

Bei der Bestellung einer vorläufigen Verwalterin handelt es sich um eine sogenannte Frühinterventionsmaßnahme, welche es der FMA ermöglicht, tatsächlichen oder drohenden Verstößen gegen aufsichtsrechtliche Bestimmungen möglichst früh entgegenzuwirken. Aufgabe der vorläufigen Verwalterin ist, alle ihr übertragenen Befugnisse auszuüben, um Lösungen zur sicheren Einhaltung des Aufsichtsrechts voranzubringen. Zu diesem Zweck haben die Geschäftsleiter der Bank bescheidgemäß mit der vorläufigen Verwalterin zusammenzuarbeiten und diese insbesondere in sämtliche Agenden und Kompetenzen entsprechend der Geschäftsordnung der Autobank AG operativ einzubinden. Überdies hat der Vorstand bei wesentlichen Geschäftsfällen vor der Entscheidung die Einwilligung der vorläufigen Verwalterin einzuholen. Die Verwalterin hat weiters Stellungnahmen und Mitteilungen der Bank an die Aufsicht auf deren Schlüssigkeit zu prüfen und die Finanzlage der Bank laufend einzuschätzen. Diese Frühinterventionsmaßnahme ist bis zur Behebung des Frühinterventionsbedarfs befristet, längstens jedoch auf zwölf Monate.

Themen: Aktienrating, Bankenrating | Kein Kommentar »

Social Credit Rating – Und nun?

Von Dr. Oliver Everling | 18.August 2020

„Wir haben in dieser Publikation“, schreibt Prof. Bernd Thomsen mit Blick auf das Buch „Social Credit Rating“ aus dem Springer-Verlag, „viel über Wesen und Inhalte des Social Credit Rating (SCR) gelesen, über Governance, Recht und Nachhaltigkeit, sowie Methoden, Modelle und Funktionen gelernt. Aber was heisst das jetzt – für Bürger wie für Unternehmen? Wie kann, wie wird SCR die Welt zukünftig verändern?“

Thomsen sieht SCR im Rahmen der globalen digitalen Transformation und geopolitisch inmitten der die Welt verändernden Triade aus “Politischen Systemen”, “Ökonomischen Systemen” und “Digitalen Systemen”. Als Digitales System sei es hierbei für SCR entscheidend, von welchen übergeordneten Werten diese Technologie in ihren Wechselbeziehungen mit Wirtschaft und Politik geleitet und mit welchem Ziel sie eingesetzt wird.

„In Demokratien können SCR-Systeme dazu beitragen,“ analysiert Thomsen, „die Freiheit der Bürger zu bewahren. In Autokratien laufen sie Gefahr, zu einem Instrument lebensalltäglichen Geiseltums zu werden, das die individuelle Freiheit einschränkt.“

In der Wirtschaft sieht Thomsen in SCR die Chance, unternehmerische Übernahme von Verantwortung unterstützen, zum Beispiel im Kampf gegen den Klimawandel, in einem Staatskapitalismus sei dagegen die Befürchtung gerechtfertigt, dass SCR überwiegend dem totalitären Machtausbau diene.

„Es sollte also nicht darum gehen,“ warnt Thomsen, „SCR zu diskrediteren, sondern darum, die Absichten der für digitale Bewertungssysteme Verantwortlichen zu hinterfragen.“ Die aktuell zu beobachtende, weltweite Sinnkrise der liberalen Demokratien fällt nach Feststellung von Thomsen mit einer Machtverschiebung zugunsten repressiver Regimes, die aktuelle Kapitalismusdepression mit einem Hype des Staatskapitalismus zusammen. „Das Ausmaß beginnen viele Menschen gerade erst zu verstehen“ Warnt Thomsen und fügt hinzu: „SCR ist dabei nicht nur in seiner transformativen Wirkung, sondern auch für die westlichen Industrienationen ein ernstzunehmender Faktor.“

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Länderrisiko: Der Fluch ausländischer Investoren

Von Dr. Oliver Everling | 17.August 2020

Ein aktuelles Buch zum Thema „Country Risk: The Bane of Foreign Investors“ findet bei den Ratingagenturen einige Beachtung, denn dieses Buch ist eine originelle und innovative Arbeit. In Kapitel 1 werden die Schlüsselkonzepte vorgestellt. Kapitel 2 analysiert zwei Jahrhunderte des Länderrisikos. Kapitel 3 enthält eine Taxonomie des Länderrisikos. In den Kapiteln 4 und 5 wird die Black Box der Indikatoren für das Staatsrisiko bzw. das Länderrisiko geöffnet und deren Richtigkeit untersucht. Die Ergebnisse des Autors sind aufschlussreich und besonders hilfreich für internationale Investoren.

Norbert Gaillard, Ph.D., macht sich als Independent Consultant einen Namen (http://www.norbertgaillard.com). Er hat einen Abschluss von Sciences Po Paris und der Princeton University. In seiner 2008 abgeschlossenen Doktorarbeit beschäftigte er sich mit staatlichen Ratingmethoden. Seitdem war er Berater der IFC, der Weltbank, des Bundesstaates Sonora (Mexiko), der OECD, des Europäischen Parlaments und verschiedener Finanzdienstleistungsunternehmen. Er hat auch am Graduate Institute (Genf) und an der Universität Genf unterrichtet. Er ist ein Euromoney Country Risk-Experte. Seine Hauptfachgebiete sind Staatsverschuldung und Staatsrisiko, Verschuldung der lokalen Regierung und subnationales Risiko, Ratingagenturen, Länderrisiko und Wirtschaftsprognose.

„Länderrisiko“ ist ein proteanischer, wechselhafter Begriff, der Wissenschaftler seit langem verwirrt. Der Begriff scheint leicht zu verstehen zu sein, aber um die Mehrdimensionalität des Konzepts zu begreifen, sind Kenntnisse in einer Vielzahl von Bereichen erforderlich, darunter (unter anderem) Wirtschafts-, Finanz- und Politikwissenschaften.

Bei jedem Versuch, das Länderrisiko allgemein zu definieren, tritt das Problem auf, dass Definitionen von den Profilen bzw. Perspektiven der Länderrisikorexperten abhängen. Für einen Risikomanager in einem exportierenden Unternehmen umfasst das Länderrisiko hauptsächlich protektionistische Bedrohungen, aber auch politische und wirtschaftliche Ereignisse, die die Nachfrage nach Produkten und / oder Dienstleistungen des Unternehmens im Ausland verringern könnten. Ein ausländischer Gläubiger ist in erster Linie besorgt über die Wahrscheinlichkeit, dass Schuldner den gesamten geliehenen Geldbetrag und die fälligen Zinsen vollständig und rechtzeitig zurückzahlen. Ein ausländischer Direktinvestor befürchtet ein Enteignungsrisiko sowie politische, soziale, wirtschaftliche und steuerliche Schocks, die sich auf seine Geschäftstätigkeit auswirken könnten. Im Gegensatz dazu kann ein externer Analyst (z. B. ein Ökonom, der für eine Denkfabrik arbeitet, die an keiner Form von Investitionen im Ausland beteiligt ist) einen weniger parochialen Ansatz zur Bewertung des Länderrisikos verfolgen.

Ein zweites Problem betrifft die Komponenten des Länderrisikos. Insbesondere decken sie viele akademische Bereiche ab und weisen unterschiedliche Merkmale auf. Eine Komponente kann aus ökonomischen Schocks, wie er aus dem Ausbruch der Coronakrise entstand, oder einer latenten Bedrohung bestehen. die ein Unternehmen sehr kurzfristig oder mittel- und langfristig betreffen können. Das Länderrisiko kann zu verschiedenen Arten von Schäden für Anleger führen, z.B. zu finanziellen Verlusten bis zu Reputationsschäden.

Ein drittes Problem betrifft Länderrisikoindikatoren. Diese haben seit den 1980er Jahren floriert und bestimmte Aspekte des Länderrisikos (z. B. politisches Risiko, Staatsrisiko) oder die Kombination verschiedener Komponenten stärker in den Vordergrund gerückt. Schon Anfang der 1980er Jahre gab es auch in deutscher Sprache bereits eine Reihe von Doktorarbeiten zu diesem Thema. Die Idee und der Begriff des „Ratings“ wurde vielen erst durch das Länderrating bekannt.

Länderrisikorexperten und Ratinganalysten haben seitdem ihre Methoden, Berichte und Ratings veröffentlicht. Anleger haben jedoch keine klare Vorstellung von der Konsistenz oder Genauigkeit dieser Indikatoren. Dieses Buch ist die erste Forschungsarbeit, die sich mit diesen drei Themen befasst und somit eine neuartige Analyse des Länderrisikos liefert.

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Betriebsgeheimnis Score Formel

Von Dr. Oliver Everling | 31.Juli 2020

Ein durch eine Bonitätsauskunft Betroffener hat nach dem Urteil des Bundesgerichtshofs (Az VI ZR 156/13 vom 28. Januar 2014) einen Anspruch auf Auskunft darüber, welche personenbezogenen, insbesondere kreditrelevanten Daten bei der Auskunftei gespeichert sind und in die den Kunden der Auskunftei mitgeteilten Wahrscheinlichkeitswerte (Scorewerte) einfließen. Die sogenannte Scoreformel, also die abstrakte Methode der Scorewertberechnung, ist hingegen nicht mitzuteilen. Zu den als Geschäftsgeheimnis geschützten Inhalten der Scoreformel zählen dagegen die im ersten Schritt in die Scoreformel eingeflossenen allgemeinen Rechengrößen, wie etwa die herangezogenen statistischen Werte, die Gewichtung einzelner Berechnungselemente bei der Ermittlung des Wahrscheinlichkeitswerts und die Bildung etwaiger Vergleichsgruppen als Grundlage der Scorekarten.

Wirtschaftsauskunfteien sammeln und speichern im Rahmen ihrer Tätigkeit personenbezogene Daten, die für die Beurteilung der Kreditwürdigkeit der Betroffenen relevant sein können. Darüber hinaus erstellt eine Auskunftei, u.a. auch unter Berücksichtigung der hinsichtlich des jeweiligen Betroffenen vorliegenden Daten, sog. Scorewerte. Ein Score stellt einen Wahrscheinlichkeitswert über das künftige Verhalten von Personengruppen dar, der auf der Grundlage statistisch-mathematischer Analyseverfahren berechnet wird. Die ermittelten Scores sollen aussagen, mit welcher Wahrscheinlichkeit der Betroffene seine Verbindlichkeiten vertragsgemäß erfüllen wird. Ihren Vertragspartnern stellt die Auskunftei diese Scorewerte zur Verfügung, um ihnen die Beurteilung der Bonität ihrer Kunden zu ermöglichen.

Den Kunden der Vertragspartner der Auskunftei steht eine “Datenübersicht nach Bundesdatenschutzgesetz” zu. Neben den gespeicherten persönlichen Daten des Kunden und allgemeinen Informationen zur Auskunftei sowie zum Scoringverfahren finden sich in den Angaben der Auskunftei die Auflistung von Anfragen Dritter und die in Bezug auf den Kunden übermittelten sowie ihre aktuellen Wahrscheinlichkeitswerte. Die aktuellen Wahrscheinlichkeitswerte werden nach verschiedenen branchenbezogenen Scores getrennt; bei den übermittelten Wahrscheinlichkeitswerten wird der zugehörige Branchenscore ebenfalls angegeben. Die Darstellung aller Wahrscheinlichkeitswerte erfolgt dabei mit dem jeweiligen Scorewert, der Ratingstufe, der prozentualen Erfüllungswahrscheinlichkeit, der Auflistung verschiedener Datenarten sowie der Bedeutung insgesamt. Bei den Datenarten wird jeweils dargestellt, ob sie verwendet oder nicht verwendet werden. Im Fall der Verwendung erfolgt die Einordnung in eine von fünf näher bezeichneten Risikostufen. Die Gesamtbedeutung wird ebenfalls in verschiedenen Risikokategorien verbalisiert.

Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob eine erteilte Auskunft den gesetzlichen Anforderungen genügt, insbesondere ausreichend transparent ist, wenn nicht hinreichend nachvollziehbar ist, wie einzelne Branchen-Scorewerte zustande kommen: Ein über die Angabe der in das Scoring eingeflossenen Daten hinausgehenden Auskunftsanspruch über das Zustandekommen der Scorewerte für Banken, Handel und Telekommunikationsunternehmen besteht nicht. Datenübersichten genügen der gesetzlichen Anforderung, dem Betroffenen über das Zustandekommen und die Bedeutung der Wahrscheinlichkeitswerte einzelfallbezogen und nachvollziehbar in allgemein verständlicher Form Auskunft zu geben. Die Auskunftei stellt das Risiko eines Zahlungsausfalls für die einzelnen von ihr herangezogenen Datenarten gesondert und tagesaktuell dar. Die Auskunftei ist nicht verpflichtet, dem Beurteilten den Einfluss jedes einzelnen zur Beurteilung des Risikos herangezogenen Datums zu erläutern. Dies würde einer Offenlegung der Formel für die Berechnung des Scores gleichkommen, an deren Geheimhaltung die Auskunftei ein überwiegendes schutzwürdiges Interesse hat. Das Recht des Betroffenen, über die den Wahrscheinlichkeitsberechnungen zugrunde liegenden Sachverhalte informiert zu werden, wird durch das Erfordernis der Geheimhaltung der Scoreformel begrenzt.

Nach der Gesetzessystematik erstreckt sich der Auskunftsanspruch über das Zustandekommen der Wahrscheinlichkeitswerte nur auf den Zusammenhang zwischen den Datenarten und den Wahrscheinlichkeitswerten, nicht jedoch auf die Bedeutung jedes einzelnen herangezogenen Datums. Auskunfteien sind nur zur Auskunft über die zur Berechnung der Wahrscheinlichkeitswerte genutzten Datenarten verpflichtet. Wenn aber nur über die genutzten Datenarten Auskunft zu geben ist, muss dies auch für die Erläuterung des Zustandekommens der Daten gelten, da sonst die gesetzlich begrenzte Auskunftspflicht unzulässig erweitert würde. Der gesetzgeberische Zweck der Auskunftsverpflichtung bleibt, da der Betroffene dennoch die Möglichkeit hat, die Richtigkeit der gesamten Datenbasis zu überprüfen, die der Auskunftei in Bezug auf seine Person vorliegt, und im Falle ihrer Unrichtigkeit deren Berichtigung zu verlangen.

Ein durch eine Bonitätsauskunft der Auskunftei Betroffener hat einen Anspruch auf Auskunft darüber, welche personenbezogenen, insbesondere kreditrelevanten Daten in die den Kunden der Auskunftei mitgeteilten Wahrscheinlichkeitswerte eingeflossen sind. Ziel des Bundesdatenschutzgesetzes ist es insbesondere, die Regelungen für die Tätigkeit von Auskunfteien deren gestiegener und weiter steigender Bedeutung und dem vermehrten Einsatz von Scoringverfahren anzupassen. Durch eine Erweiterung der Informations- und Auskunftsrechte der Betroffenen soll die Transparenz der Verfahren verbessert und mehr Rechtssicherheit sowohl für die Betroffenen als auch für die Unternehmen geschaffen werden. Insbesondere soll den Betroffenen zukünftig ersichtlich sein, aufgrund bzw. mit Hilfe welcher zu ihrer Person gespeicherten Daten eine sie betreffende Entscheidung zustande gekommen ist, damit sie fehlerhafte Daten korrigieren oder Missverständnisse aufklären und ihre Interessen sachgerecht gegenüber einem Sachbearbeiter vertreten können.

Der Auskunftsanspruch über die zur Berechnung der Wahrscheinlichkeitswerte genutzten Datenarten soll dem Beurteilten die Möglichkeit gegeben bzw. erleichtern, falsche Daten zu korrigieren oder den für ihn errechneten Wahrscheinlichkeitswert zu widerlegen. Einzelne Datenfelder eines Datensatzes sind so zusammenzufassen, dass der Betroffene nachvollziehen kann, welche Merkmale in das konkrete Berechnungsergebnis eingeflossen sind. Dem Betroffenen sind das Zustandekommen und die Bedeutung der Wahrscheinlichkeitswerte einzelfallbezogen und nachvollziehbar in allgemein verständlicher Form darzulegen. Die Darlegung der der Wahrscheinlichkeitsberechnung zugrunde liegenden Sachverhalte erfolgt in einer für Laien verständlichen Form.

Unternehmen sollen aber die Scoreformel, an deren Geheimhaltung ihnen ein überwiegendes schutzwürdiges Interesse zugebilligt wird, nicht offenbaren müssen. Das Ergebnis sollte aber für den Betroffenen soweit nachvollziehbar sein, dass er seine Rechte sachgerecht ausüben, mögliche Fehler in der Berechnungsgrundlage aufdecken und Abweichungen von den automatisiert gewonnenen typischen Bewertungen des zugrunde liegenden Lebenssachverhalts gegenüber der für eine Entscheidung verantwortlichen Stelle darlegen kann.

Über die zur Berechnung der Wahrscheinlichkeitswerte genutzten Daten ist nicht unbedingt in einer bestimmten Ordnung zu berichten, so dass beispielsweise nicht in absteigender Reihenfolge ihrer Bedeutung für das im Einzelfall berechnete Ergebnis Auskunft zu erteilen ist. Damit wäre zwar der Schutz des Betroffenen und die Nachvollziehbarkeit des errechneten Gesamtwerts erhöht. Die Gesetzesformulierung sieht dies nicht vor, ermöglicht dem Betroffenen aber immerhin die Einordnung seines Scorewerts in einen allgemeinen Rahmen.

Auf der einen Seite soll dem Betroffenen ausreichende Informationen darüber an die Hand gegeben werden, welche – ihn betreffenden – Sachverhalte Grundlage der Wahrscheinlichkeitsberechnungen sind, insbesondere um falsche Daten korrigieren zu können und von der statistischen Betrachtung abweichende Umstände gegenüber den – etwa über eine Kreditvergabe – entscheidenden Stellen darlegen zu können. Auf der anderen Seite soll die Scoreformel als Geschäftsgeheimnis der Auskunfteien geschützt werden. Einerseits werden dem Betroffenen Auskunftsrechte zur Sicherung der Transparenz gegeben und andererseits werden die schutzwürdigen Interessen der Auskunfteien berücksichtigt.

Dem Betroffenen müssen jedenfalls diejenigen personenbezogenen Daten mitgeteilt werden, die von Relevanz für den jeweils ermittelten Wahrscheinlichkeitswert sind, also in die Wahrscheinlichkeitsberechnung konkret einfließen. Strittig bleibt in der Praxis, ob trotz einer möglichen Zusammenfassung von Datenfeldern zu Datenarten eine Erkennbarkeit der einzelnen in das Berechnungsergebnis eingeflossenen Daten verlangt oder ob eine bloße Auskunft über Datenarten ohne weitergehende Präzisierung ausreichend ist. Unstrittig ist jedenfalls eine Auskunftsverpflichtung über die in die Wahrscheinlichkeitswerte eingegangenen Einzeldaten aus der Pflicht der Auskunftei, über das Zustandekommen dieser Werte insbesondere nachvollziehbar und einzelfallbezogen Auskunft zu erteilen.

Dem Betroffenen soll die Möglichkeit an die Hand gegeben werden, die in das Scoringergebnis eingeflossenen Lebenssachverhalte, also die Datengrundlage, nachzuvollziehen und gegenüber der über eine Kreditvergabe entscheidenden Stelle bestimmte Abweichungen – etwa in der Kredithistorie – plausibel durch bei ihm vorliegende atypische Lebenssachverhalte erklären zu können. Dies ist ihm aber nur dann möglich, wenn für ihn über die Darstellung bloßer Datenarten hinaus auch erkennbar ist, welches konkrete Datum die Scoreberechnung beeinflusst hat. Die weitergehenden, auf Daten und nicht auf Datenarten bezogenen Ansprüche des Betroffenen erstrecken sich auf die konkreten in die Berechnung eingeflossenen Daten des Betroffenen. Im Zentrum steht nach dem Gesetz das Interesse des Betroffenen, gerade die für einen (negativen) Scoringwert relevanten Daten zu korrigieren oder im Gespräch mit einem Sachbearbeiter bestimmte Abweichungen zu erläutern. Eine Mitteilungspflicht über die für die Wahrscheinlichkeitsberechnung verwendeten Daten des Betroffenen spricht auch die EG-Datenschutzrichtlinie, durch die die Mitgliedstaaten jeder betroffenen Person das Recht garantieren, vom für die Verarbeitung Verantwortlichen eine Mitteilung in verständlicher Form über die Daten, die Gegenstand der Verarbeitung sind, zu erhalten. Eine Einschränkung auf bloße Datenkategorien findet sich hier nicht. Vielmehr soll jede Person ein Auskunftsrecht hinsichtlich der sie betreffenden, den Gegenstand einer Verarbeitung bildenden Daten haben, damit sie sich insbesondere von der Richtigkeit dieser Daten und der Zulässigkeit ihrer Verarbeitung überzeugen kann. Die Nachvollziehbarkeit des Zustandekommens bedeutet demnach nicht dessen Nachrechenbarkeit und Überprüfbarkeit der Berechnung, sondern insbesondere die schlüssige Erkenntnismöglichkeit, welche Faktoren die ausgewiesene Bewertung beeinflusst haben.

Dem Auskunftsanspruch liegt die gesetzgeberische Intention zugrunde, trotz der Schaffung einer größeren Transparenz bei Scoringverfahren Geschäftsgeheimnisse der Auskunfteien, namentlich die sog. Scoreformel, zu schützen. Die Erstellung dieser auch als Scorecard bezeichneten Rechenformel basiert insbesondere auf der Analyse von Datenbeständen durch Ermittlung allgemeiner Korrelationen und Signifikanzen. Die Algorithmen der Scorecard enthalten die relevanten und signifikanten Merkmale aus der Analyse sowie deren Gewichtung und Verhältnis zueinander. Erst in einem nächsten Schritt wird aus dieser Rechenformel mit einer Anzahl von Variablen durch das Einsetzen von personenbezogenen Daten des Betroffenen in die Variablen ein personenbezogener Scorewert errechnet. Zu den nach dem gesetzgeberischen Willen als Geschäftsgeheimnis geschützten Inhalten der Scoreformel zählen damit die im ersten Schritt in die Scoreformel eingeflossenen allgemeinen Rechengrößen, wie etwa die herangezogenen statistischen Werte, die Gewichtung einzelner Berechnungselemente bei der Ermittlung des Wahrscheinlichkeitswerts und die Bildung etwaiger Vergleichsgruppen als Grundlage der Scorekarten. Das ist angesichts der aufwändigen Entwicklung des Scores, die spezielles Fachwissen voraussetzt, auch nachvollziehbar und folgerichtig. Zudem hängt von dem jeweiligen Verfahren die Aussagekraft der Prognose und damit die Wettbewerbsfähigkeit sowie der Marktwert des Produkts und der Auskunftei selbst ab.

Eine darüber hinausgehende Auskunft würde nicht dazu beitragen, die weitergehende Geltendmachung von Rechten des Betroffenen zu ermöglichen, da sich diese nur auf personenbezogene Daten beziehen. Auf eine Änderung des Scorewerts selbst besteht bei Zugrundelegung zutreffender Ausgangstatsachen ohnehin kein Anspruch.

Der Beurteilte kann mangels Mitteilung der Vergleichsgruppen die Zuordnung zu diesen Gruppen nicht überprüfen. Diese Einschränkung beruht auf der gesetzgeberischen Intention, einen Ausgleich zwischen Transparenzerfordernissen und dem Schutz von Geschäftsgeheimnissen herzustellen und deshalb den Betroffenen in erster Linie durch Mitteilung der in die Berechnung eingeflossenen personenbezogenen Daten, nicht aber durch die Offenlegung von Details des Berechnungsverfahrens zu schützen. Für einen darauf gerichteten datenschutzrechtlichen Auskunftsanspruch ist daher kein Raum. Aus der EG-Datenschutzrichtlinie folgt kein weitergehender Auskunftsanspruch, denn sie sichert dem Betroffenen lediglich Informationen über die Verarbeitung ihn betreffender Daten an sich sowie über Zweckbestimmungen der Verarbeitungen, über Daten bzw. Datenkategorien, die Gegenstand der Verarbeitung sind, über die Datenherkunft und Empfänger bzw. Empfängerkategorien der Daten. Dem Schutz der Privatsphäre soll daher insbesondere durch Auskunft über die Basisdaten des Betroffenen Rechnung getragen werden. Ein Recht auf Auskunftserteilung über konkrete Elemente eines Scoringverfahrens enthält die Richtlinie nicht, sondern auch hier berührt das Auskunftsrecht das Geschäftsgeheimnis nicht und dieser Umstand darf nur nicht dazu führen, dass der betroffenen Person jegliche Auskunft verweigert wird.

Eine Auskunft über den logischen Aufbau einer automatisierten Verarbeitung ist nur dann zwingend vorgesehen, wenn eine automatisierte Einzelentscheidung vorliegt. Zwischen der automatisierten Verarbeitung von Daten zum Zweck der Bewertung einzelner Aspekte einer Person wie deren Kreditwürdigkeit einerseits und der aufgrund dieser Verarbeitung erfolgenden Entscheidung andererseits ist zu unterscheiden. Das Vorliegen einer automatisierten Verarbeitung stellt alleine noch keine automatisierte Entscheidung, sondern eine der Entscheidung vorausgehende Datenauswertung dar. Von einer automatisierten Einzelentscheidung kann im Falle des Scorings nur dann ausgegangen werden, wenn die für die Entscheidung verantwortliche Stelle eine rechtliche Folge für den Betroffenen nach sich ziehende oder ihn erhebliche beeinträchtigende Entscheidung ausschließlich aufgrund eines Scoreergebnisses ohne weitere inhaltliche Prüfung trifft, nicht aber, wenn die mittels automatisierter Datenverarbeitung gewonnenen Erkenntnisse lediglich Grundlage für eine von einem Menschen noch zu treffende abschließende Entscheidung sind. Das Vorliegen oder auch nur Drohen einer rechtliche Folge für den Beurteilten nach sich ziehenden oder ihn erheblich beeinträchtigenden Entscheidung aufgrund der Scorewerte wäre nachzuweisen. Die Frage der Reichweite des Auskunftsanspruchs über den logischen Aufbau der automatisierten Verarbeitung kann dahinstehen, wenn keine automatisierte Einzelentscheidung gegeben ist.

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Angebotsprofil Creditsafe

Von Dr. Oliver Everling | 29.Juli 2020

Mit mehr als 1.200 Mitarbeitern, davon 120 in Deutschland, liefert Creditsafe an über 115.000 Kunden Wirtschaftsinformationen über 365 Mio. Firmendaten aus 160 Ländern und aus mehr als 8.000 Quellen. Das sind überschlägig im Durchschnitt mehr als 300.000 Firmendaten pro Mitarbeiter, die über 500.000 Nutzer für 450.000 Entscheidungen täglich mit den von Creditsafe bereitgestellten Daten unterstützen. Unternehmensdaten werden täglich fünf Millionen mal durch lokale Quellen aktualisiert. Dies verschafft einen Einblick in tausende Geschäftsereignisse, die jeden Tag auftreten. Circa 60 % der online zugänglichen Berichte enthalten Zahlungsangaben von Lieferanten.

Um sprachlich zu unterscheiden, nennt Creditsafe ihre Kunden „Partner“, denn Kunden sind Unternehmen, die wiederum Informationen über andere Unternehmen beziehen. Partner von Creditsafe können Unternehmen aus den Ländern Belgien, Deutschland, Dänemark, Finnland, Frankreich, Großbritannien, Irland, Italien, Japan, Kanada, Liechtenstein, Luxembourg, Niederlande, Norwegen, Österreich, Schweden, Schweiz, Spanien und USA einer Liste hinzufügen, für die per E-Mail ein Monitoring erfolgt.

Weil nicht alle Länder einen Wert von 1 bis 100 nutzen, setzt Creditsafe auf ein Rating von A und E. Diese Ratingskala soll es erleichtern, das Kreditrisiko von Unternehmen über Ländergrenzen hinweg zu vergleichen. A ist das niedrigste Risiko, D das höchste, und E bedeutet, dass keine Bewertung vorgenommen wurde.

Creditsafe greift auf Daten zu mehr als 49.000 aktiven börsennotierten Unternehmen in über 165 Ländern der Welt sowie schwer auffindbare historische Daten zu allen mit der Vermögens- und Immobilienverwaltung befassten Unternehmen (non-trading companies) zu:

Der massive Einsatz elektronischer Datenverarbeitung ermöglicht nicht nur diese noch vor wenigen Jahrzehnten undenkbar hohe Produktivität, sondern Nutzern auch die Prüfung von Kredit- und Finanzdaten ihrer Kunden in Echtzeit. Anders als andere Auskunfteien speichert Creditsafe keine historischen Berichte, sondern überprüft alle Unternehmen unverzüglich, über die keine Informationen vorliegen. Wann immer ein Bericht nicht unmittelbar online zur Ansicht zur Verfügung steht, wird das betreffende Unternehmen neu überprüft, um aktuelle, vertrauenswürdige Informationen zu erheben. Rechercheaufträge will Creditsafe innerhalb von fünfeinhalb Tagen bedienen können.

Creditsafe-Daten mit einem CRM-System zu integrieren soll dank vorkonfigurierter Apps für Salesforce, Sage, SugarCRM, SAP, Microsoft Dynamics usw. kinderleicht sein. Creditsafes Apps sollen eine manuelle Eingabe und Aktualisierung von Kundendaten unnötig machen und so Zeit und Ressourcen sparen. EIne Option zur sofortigen Erstellung und Aktualisierung von Datensätzen soll für Korrektur und Verlass auf die Daten sorgen.

Telefonrecherchen, Aktienindizes, Local Agents, Niederlassungen, Amtsblätter, Zahlungserfahrungen, Nachrichten, Banken, Verzeichnisse, Gerichte und Meldebehörden gehören zu den Informationsquellen (zur Recherche von Meldeadressen siehe Civil Address).

Creditsafe liefert Massen- und individualisierte Daten aber auch in einer nach den Vorstellungen des jeweiligen Partners zugeschnittenen Datei. Mit hunderten auswählbarer Felder, die alle Aspekte des Geschäfts unterstützen, wird der Inhalt passend zu den konkreten Anforderungen konzipiert. Solche Dateien können auf sichere Weise in einem Format nach Wahl, täglich, wöchentlich, monatlich oder vierteljährlich zur Verfügung gestellt werden.

Über eine Programmierschnittstelle erlaubt Creditsafe die Integration in kundenspezifische Systeme des Customer Relationship Management (CRM) und damit die konsequente Ausrichtung eines Unternehmens auf seine Kunden und die systematische Gestaltung der Kundenbeziehungsprozesse. Die Programmierschnittstelle – Application Programming Interface, kurz API genannt – ist der Programmteil, der von einem Softwaresystem anderen Programmen zur Anbindung an das System zur Verfügung gestellt wird.

Mit Connect API sollen Daten in die genannten Systeme integriert werden können und Anwender die Möglichkeit erhalten, Geschäftsdaten von Creditsafe auf jede benötigte Weise zu nutzen. Der direkte Zugriff in Echtzeit auf Unternehmensdaten soll Mitarbeiter in die Lage versetzen, schnelle und fundierte Entscheidungen mit Daten zu treffen, denen das Unternehmen vertrauen kann und die die Entwicklung neuer Funktionen und automatisierter Abläufe erlauben.

Ist Creditsafe an eines der genannten Systeme angebunden, sollten folgende Aufgaben erfüllt werden können:

Waren- und Kreditentscheidungen unterstützt Creditsafe bei Unternehmen auch mit Bonitätsinformationen über Privatpersonen, deren Daten aus öffentlich zugänglichen Quellen stammen. Diese Daten werden um Daten von nationalen und internationalen Partnern und durch manuelle Recherche kontinuierlich ergänzt. Negativmerkmale werden u.a. über Insolvenz- und Schuldnerregister erfasst. Überblick über alle Unternehmen, bei denen eine natürliche Person Geschäftsführer ist oder an denen sie Anteile hält (vergleiche auch PALTURAI).

Das Creditsafe Data Cleaning Tool ist eine Lösung zur Verbesserung der Datenqualität und in insgesamt 14 Ländern verfügbar, um Dubletten, Fehler und veraltete Informationen zu korrigieren, inaktive Firmen zu identifizieren und Daten mit zahlreichen Informationen (wie beispielsweise Unternehmensstammdaten, Bilanzdaten, Bonitätsbewertungen, Kreditlimits und Kontaktinformationen) anzureichern.

Der Creditsafe Compliance Check unterstützt bei der Identifikation potentiell risikoreicher Geschäftsbeziehungen sowie bei deren kontinuierlichen Überwachung (Monitoring), zum Beispiel bei aktuellen und früheren Sanktionen gegenüber Unternehmen und Privatpersonen, zur Identifikation politisch exponierter Personen (PEPs) und auf der Suche nach Gerichtsurteilen, Negativberichterstattung und Insolvenzen.

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Commerzialbank, nicht Commerzbank

Von Dr. Oliver Everling | 17.Juli 2020

Die Ähnlichkeit des Namens könnte für Verwechslung sorgen – nicht die in Deutschland ansässige Commerzbank, sondern eine kleine, in Österreich domizilierende Commerzialbank ist betroffen: Die österreichische Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA) hat der “Commerzialbank Mattersburg im Burgenland AG” mit Mandatsbescheid vom 14. Juli 2020 mit sofortiger Wirkung zur Gänze die Fortführung des Geschäftsbetriebs untersagt. Die Website der Bank ist schon offline, http://commerzialbank.at/.

Die FMA ist die unabhängige, weisungsfreie und integrierte Aufsichtsbehörde für den Finanzmarkt Österreichs und als Anstalt öffentlichen Rechts eingerichtet. Ihr obliegt u.a. die Aufsicht über Kreditinstitute.

Die Abschaltung der Website entspricht der behördlichen Zahlungseinstellung der gedeckten Einlagen, sodass insbesondere keine weiteren Einzahlungen, Abhebungen oder Überweisungen möglich sind. Für die betroffenen Einleger bedeutet dies, dass der Einlagensicherungsfall eingetreten ist: Die “Einlagensicherung AUSTRIA Ges.m.b.H.”, zu deren Gesellschaftern auch die Commerzialbank gehört, hat innerhalb von sieben Arbeitstagen jedem Einleger dieser Bank einen Betrag in der Höhe seiner gedeckten Einlagen zu erstatten.

Gedeckte Einlagen sind erstattungsfähige Einlagen (wie etwa Guthaben auf Girokonten, Gehaltskonten, Studentenkonten und Pensionskonten oder Einlagen auf Sparbüchern und Sparkonten) bis zu einer Höhe von € 100 000 oder Gegenwert in fremder Währung pro Einleger (sowie zeitlich begrenzte gedeckte Einlagen). „Die Einlagensicherung AUSTRIA Ges.m.b.H arbeitet bereits mit der Commerzialbank Mattersburg im Burgenland AG eng zusammen,“ schreibt die FMA, „um die ordnungsgemäßen Auszahlung in den nächsten Tagen zu organisieren.“

Neben Stefan Grgic und Martin Pucher ist die „Personalkredit- und Kommerzialkreditvermittlungs- und Anteilverwaltungsgenossenschaft Schattendorf-Zemendorf-Stöttera-Krensdorf-Hirm-Loipersbach-Draßburg-Baumgarten registrierte Genossenschaft mit beschränkter Haftung“ Hauptaktionär. Die „COMMERZ-REAL Vermietungs- und Verwaltungsgesellschaft m.b.H.“, die „Commerzialbank Immobilien GmbH“, die „Florianihof Betriebs GmbH“, die „AVG Abstellplatz-Vermietung GmbH“ sind Töchter der “Commerzialbank Mattersburg im Burgenland AG”. Darüber hinaus gibt es eine Anzahl von Minderheitsbeteiligungen, z.B. an verschiedenen Bauland-Erscließungs-Gesellschaften.

Die folgende Abbildung zeigt die Beziehungen (Quelle: PALTURAI, für eine größere Darstellung Bild anklicken):

 

17.07.2020 - Commerzialbank Mattersburg im Burgenland Aktiengesellschaft

 

„Die aktuell aufgedeckten Erkenntnisse erwecken den offensichtlichen Verdacht,“ schreibt dazu Mag. (FH) Gerald Sinabell, Head of Corporate Communications bei der TPA Group, „dass die verantwortlichen Prüfer der TPA Wirtschaftsprüfung GmbH unerwartet Opfer einer umfangreichen und komplexen Täuschung durch das Management der ‚Commerzialbank Mattersburg im Burgenland AG‘ wurden.“

Es sei das Vertrauen der Prüfer in die Korrektheit der zur Verfügung gestellten Unterlagen offensichtlich missbraucht worden. Die Ermittlungen dazu liefen bereits und würden voraussichtlich in den kommenden Tagen durch die Behörden veröffentlicht, kündigt der Sprecher der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft an.

Mit dem Argument, für ein Rating nach internationalen Standards „zu klein“ zu sein, entziehen sich viele Banken der Beurteilung durch unabhängige Agenturen. Auch im Falle der “Commerzialbank Mattersburg im Burgenland AG” gab es kein veröffentlichtes Credit Rating einer anerkannten Agentur. Wie auch im Fall Wirecard wäre allerdings fraglich, ob Analysten einer Ratingagentur Anlass für Zweifel gesehen hätten.

Ob DAX-Unternehmen oder kleine Bank im Burgenland: Die Untersuchungsmethoden mögen den Umständen entsprechend unterschiedlich sein, in jedem Fall aber bedarf es unabhängiger, forensischer Ratings, um anhand objektiver Ratingkriterien die Wahrscheinlichkeit krimineller Handlungen einzuschätzen. Forensische Ratings stützen sich beispielsweise auf aus der Forensik bekannte Tätertypologien, Mustererkennung aufgrund soziologischer, kriminalistischer und kriminologischer Erfahrungen, erstellte Täterprofile und das Erkennen möglicher Serienstraftaten.

Der Begriff „forensisches Rating“ hat Wurzeln im Latein. „Rating“ drückte im späten Mittelenglisch einen „geschätzten Wert“ aus. Das mittelalterliche lateinische „rata“ wurde zum Beispiel in „pro rata parte“ verwendet, „nach dem proportionalen Anteil“. Das Wort „ratus“ (berechnet) ist das Partizip Perfekt von „reri“ (rechnen, glauben, meinen, denken). Das Wort „forensisch“ stammt vom lateinischen „forensis“, „zum Forum, Markt oder Marktplatz gehörig“, da Gerichtsverfahren, Untersuchungen, Urteilsverkündungen sowie der Strafvollzug im antiken Rom meist öffentlich auf dem Marktplatz (lateinisch: forum) durchgeführt wurden.

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