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Offenlegung bleibt dürftig

Von Dr. Oliver Everling | 9.Februar 2012

Nicht einmal die Hälfte der rund eine Million veröffentlichungspflichtigen Unternehmen hat aktuell ihren Jahresabschluss für 2010 veröffentlicht. Für den überwiegenden Teil war die verbindliche Abgabefrist der 31. Dezember 2011. „Unternehmen sollten die gesetzlich festgeschriebenen Fristen dringend einhalten, da Jahresabschlüsse für Banken und Auskunfteien wichtige Kennzahlen für die Bewertung enthalten“, erläutert Thomas Dold, Geschäftsführer D&B Deutschland. So sinken zwangsläufig die Kreditwürdigkeit und das Rating, wenn trotz abgelaufener Abgabepflicht nur veraltete Bilanzkennzahlen vorliegen. Zusätzlich müssen Unternehmen mit empfindlichen Strafen von staatlicher Seite rechnen.

Lediglich aus Kulanzgründen werden derzeit wohl noch keine Strafen verhängt. Unternehmen, die ihre Rechnungslegung nach dem Handelsgesetzbuch offenlegen müssen, können sie seit Anfang des Jahres 2010 nur noch in elektronischer Form an den elektronischen Bundesanzeiger übermitteln. Die Papierform ist nicht mehr erlaubt. Liegen Kennzahlen und Daten nicht pünktlich vor, wird per Gesetz das Bundesamt für Justiz aktiv. Es kann Ordnungsgelder von bis zu 25.000 € verhängen, wenn Unternehmen Unterlagen nicht, zu spät oder unvollständig einreichen. Diese Sanktionsmöglichkeit besteht zudem mehrfach und sogar gegen die gesetzlichen Vertreter der säumigen Gesellschaft.

Erfahrungsgemäß wird ein großer Teil der Jahresabschlüsse 2010 erst im ersten Quartal 2012 eintreffen. Damit überschreiten rund 57 Prozent der Unternehmen die Frist von zwölf Monaten. Sinn und Zweck der Publizität der Unternehmensrechnungslegung ist es aber, allen Interessierten (Geschäftspartner, Gläubiger, Gesellschafter u. a.) zeitnah einen Überblick über die aktuellen wirtschaftlichen Verhältnisse des Unternehmens zu verschaffen. Das ist insbesondere dann erforderlich, wenn Gläubigern gegenüber grundsätzlich nur mit dem Gesellschaftsvermögen gehaftet wird – wie etwa bei Kapitalgesellschaften.

Die Pflicht zur Offenlegung ist hier die Kehrseite der Haftungsbeschränkung. Die Publizität liegt somit im gesamtwirtschaftlichen Interesse. Die Pflicht zur Offenlegung kann sich aber auch aus dem Geschäftsgegenstand (z. B. bei Banken und Versicherungsunternehmen) ergeben. Für Investoren und Gläubiger gilt: Solange der Gesetzgeber hier nicht mit Sanktionen tätig wird, bleibt dieser Zustand wohl die nächsten Jahre erhalten. Darüber hinaus verzichten alle Säumigen freiwillig darauf, ihre Kreditwürdigkeit zu stärken – hauptsächlich zum Schaden der Unternehmen selbst.

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