CFO-Relevanz von Nachhaltigkeit
Von Dr. Oliver Everling | 13.April 2015
Nachhaltigkeit ist ein Thema für CFOs, die Finanzvorstände von Unternehmen, insbesondere solche Unternehmen, die auch am Kapitalmarkt gelistet sind und sich daher den kritischen Anforderungen institutioneler wie auch privater Anleger stellen müssen. Dr. Thomas Schulz von der BNU Berratung für Nachhaltige Unternehmensführung gibt im Rahmen des MontagsMeetings des eff European Finance Forum in Frankfurt am Main einen Ein und Überblick über die steigenden Informationsanforderungen.
CDP, Principles for Responsible Investment (PRI), Global Investor Coalition on Climate Change (GICCC), Investor Network on Climate Risk (INCR), Sustainable Stock Exchanges (SSE)
Schulz spricht die Untersuchungen der führenden Nachhaltigkeitsratingagentur in Deutschland, der oekom research AG aus München an. Demnach „rechnet“ sich Nachhaltigkeit zumindest bei den 1409 börsennotierten Unternehmen, die im MSCI World, MSCI Europe und MSCI US enthalten sind.
Stakeholder des Themas Nachhaltigkeit sind nicht nur die Kapital- und Kreditgeber, sondern auch Mitarbeiter und Gewerkschaften (u.a. auch mit Blick auf den demografischen Wandel), Kunden (steigende Zahlungsbereitschaft für „grüne“ Produkte, Wandel des Qualitätsbegriffs, öffentliche Beschaffungsaufträge), Zuliefere (alle B2B-Unternehmen sind Teil einer Lieferkette) und NGOs (vertreten medienwirksam Interessen von Natur, indigenen Völkern und ausgebeuteten Menschen). Schulz macht klar, dass die Vernachlässigung von Nachhaltigkeitsthemen nicht nur Reputationsrisiken mit sich bringen.
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Prof. Schumann auf dem Weg nach Russland
Von Dr. Oliver Everling | 13.April 2015
Die Prof. Schumann GmbH engagiert sich zunehmend in internationalen Märkten. 2015 ist sie daher auch auf Fachmessen in den USA und Russland vertreten. Bereits jetzt nutzen circa 25 % der Kunden der Prof. Schumann GmbH die Software CAM im Ausland und für das internationale Geschäft.
„Auch große Unternehmen aus dem Ausland interessieren sich vermehrt für unsere Lösungen im Credit Management. Konzerne mit vielfältigen Auslandsaktivitäten finden bei uns die entsprechende Expertise und eine leistungsfähige IT-Lösung“, erklärt Dr. Martina Städtler-Schumann, die Geschäftsführerin der Prof. Schumann GmbH.
Die Auswirkungen einer verstärkten Internationalisierung von Unternehmen und Märkten müssen auch für die Prozesse im Credit Management berücksichtigt werden. Für internationale Konzerne steht ein zentraler Überblick über das Ausfallrisiko und eine effektive Absicherung von Geschäften im Mittelpunkt. Das bedeutet, eine länderübergreifende Datenverfügbarkeit in Echtzeit und eine zentrale Datenhaltung sind essentiell. In allen Geschäftsstellen und Gesellschaften müssen zur gleichen Zeit die gleichen Daten zur Verfügung stehen, egal ob in Frankfurt, New York oder Moskau. Werden diese Daten, wie eigene Zahlungserfahrungen oder Auskünfte von externen Anbietern, automatisch ständig aktualisiert, sind auch Kreditentscheidungen bzw. Auftragsfreigaben jederzeit möglich. Auch die Anbindung lokaler Auskunfteien und Kreditversicherer ist für internationale Unternehmen wichtig. Städtler-Schumann: „Unsere Software CAM (Credit Application Manager) hat elektronische Schnittstellen zu über 20 Informationsanbietern. Zudem bieten wir CAM im internationalen Umfeld natürlich mehrsprachig an.“ Ein internationales Roll-out gelingt am besten mit modernen internetbasierten Technologien. Alle Daten und Funktionen sind so ohne lange Installationen sofort verfügbar, auch auf Tablet-PCs und Smartphones.
„Internationale Messen und Kongresse sind ein wichtiges Mittel, um uns auch im Ausland zu positionieren. Wir freuen uns deshalb sehr auf die Teilnahme u.a. an den FCIB Events in Madrid und Miami, auf den NACM Credit Congress in St. Louis und den Credit Management Congress in Moskau“, berichtet Dr. Martina Städtler-Schumann.
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Elektriker fährt Porsche?
Von Dr. Oliver Everling | 13.April 2015
Der Titel des neuesten Buches aus dem FinanzBuch Verlag der Münchner Verlagsgruppe GmbH deutet bereits an, dass es sich hier nicht um ein trockenes Sachbuch handelt: „Mein Elektriker fährt einen Porsche: Wie Sie vom längsten Trend der Menschheitsgeschichte profitieren“ (ISBN 978-3-89879-921-8).
Der Autor des Buches, Gianni Kovačević, beschäftigt sich seit über fünfzehn Jahren intensiv mit Investments im Bereich Rohstoffe und den Themen Emerging Markets, China und realistischem Umweltschutz. Er macht sich als Redner einen Namen und lebt hauptsächlich in Vancouver/Kanada, verbringt aber auch viel Zeit in Europa. Kovačević spricht fließend Englisch, Deutsch, Italienisch und Kroatisch. Das Buch erschien auch in englischer Sprache unter dem Titel „My Electrician Drives a Porsche?“
Kovačević mischt Autobiografie und Fachbuch zu einem fiktiven Dialog zwischen einem Arzt und einem Elektriker, der zum Investor mutierte. Das Buch ist aus der Perspektive des Arztes geschrieben, der sich langsam neuen Assetklassen nähert, die zuvor nicht in seinem Portfolio vorkamen. Das Buch von Kovačević ist ein Plädoyer für Kupfer – wer seine zahlreichen Verwendungen kennt, vermag zu ermessen, welchen Einfluss die demografischen und wirtschaftlichen Veränderungen insbesondere in China auf die Nachfrage nach Kupfer haben wird. Von diesem Trend sollten alle profitieren, die Kuper gewinnen, liefern oder handeln.
Die Zielrichtung des Buches ist so durchschaubar wie legitim: Kovačević gelingt es, auch Leser für das Thema Kupfer als Investment zu interessieren, die sonst wohl kaum je auf die Idee kämen, sich ausgerechnet mit diesem Rohstoff zu befassen. Das Buch ist daher ein Einstieg – und Kovačević setzt offenbar darauf, dass seine Expertise im Thema in zahlreichen Varianten „abgerufen“ wird, also zu Nachfrage nach seinen Vorträgen, Newsletters usw. führt. Zurecht lenkt er in den fiktiven Dialogen den Leser mehrfach auf die Frage nach den geeigneten Informationsquellen.
Kovačević garniert das Thema mit vielen Anekdoten und unterhaltsamen Exkursen. Im Originalton klingt sein Text z.B. so: „‚Aber um zum Thema zurückzukommen, wo kommt all das Kupfer her, über welche Länder und wie viele Minen reden wir?‘ Er ließ diese Frage für einen Moment im Raum stehen, während wir darüber nachdachten. Dann fuhr er fort. ‚Die Tage, an denen große Minenunternehmen sich frei entscheiden konnten, wo sie investieren wollten, sind vorbei. Jeder, der glaubte oder noch glaubt, dass Politik keinen Einfluss auf die Rohstoffpreise hat oder darauf, wo und wie man sich in der Förderindustrie engagiert, ist entweder ein Narr oder ein verdammter Narr. Der größte Kupferproduzent ist Chile und der größte Konsument von Kupfer ist China – das sind die Fakten. Die primäre Produktion von Kupfer kommt vom Bergbau, daher der Begriff ›primär‹. Und die sekundäre Produktion kommt vom Recycling, das rund 15 Prozent des Marktes ausmacht.'“
Die Helden des Buches lässt Kovačević gemeinsam Konferenzen besuchen, über das Gehörte diskutieren und Konsequenzen ziehen, indem sie sich vor Ort in China weiter mit dem Anlagethema „Kupfer“ befassen. „Nach meiner Rückkehr von der Konferenz begann ich sofort mit dem Prozedere, meinen ersten Pass zu beantragen. Wenn ich darüber nachdachte, war das albern. Wie konnte ein gut situierter, 58 Jahre alter amerikanischer Bürger noch nie einen Pass beantragt haben? In der Gesellschaft von Johnny und anderen antizyklischen Investoren war mir das mehr als nur ein bisschen peinlich. Ich war sogar sehr ärgerlich darüber. Was hatte ich nur in all den Jahren verpasst?“
Kovačević beschreibt detailgetreu und realistisch, welche Erfahrungen man in China sammelt: „Auf der rechten Seite lag eine sehr große Fabrik, und auf der anderen Seite der Straße war der Anfang einer Baustelle zu sehen, der vermuten ließ, dass dort noch eine größere Fabrik entstehen würde. ‚Diese Fabrik produziert fast eine halbe Million Autos jedes Jahr. Das ist mehr als Amerikas produktivste Autofabrik. Und sehen Sie die Baustelle da drüber? Da entsteht eine weitere Anlage, die noch mehr Autos pro Jahr produzieren wird. Derzeit tummeln sich die Autoproduzenten dieses Planeten so wie hier – Ford, Volkswagen, Fiat, GM, Toyota, alle, weil das hier in fast allen Fällen ihr größter Markt ist. Sie sind alle scharf darauf, hier Milliarden zu investieren, weil der chinesische Hunger, ein Auto zu besitzen, unstillbar ist.'“
Wenn die chinesische Wirtschaft weiterhin mit Raten von 7 oder 8 Prozent wächst, rechnet Kovačević vor, dass sie im Jahr 2020 mehr Autos produzieren, als die USA und Europa zusammen. „Und selbst dann werden 40 Prozent der chinesischen Bevölkerung immer noch in ländlichen Gegenden leben. In den letzten drei Jahrzehnten, seit Deng Xiaoping seine geistige kapitalistische Initiative startete, haben dreihundert Millionen Menschen die Armut verlassen und sind nach Guangzhou und Shenzhen gekommen. Die große Mehrheit dieser Menschen kauft gerade jetzt ihr erstes Auto.“
„‚Und was sind die Auswirkungen auf Öl? Nahrungsmittel? Die Annehmlichkeiten des Lebens? Man kann diese Migration auf alle Bereiche des Lebens beziehen. Aber man muss sicher gehen, dass man es auch auf die Dinge bezieht, die man braucht, um das alles herzustellen.‘ ‚Was im Falle eines Autos durchschnittlich fünfzig Pfund Kupfer entspricht.'“
Das Buch „Mein Elektriker fährt einen Porsche: Wie Sie vom längsten Trend der Menschheitsgeschichte profitieren“ leistet einen Beitrag dazu, mehr Menschen aus ihrem in Geldfragen lethargischen Verhalten zu reißen und ihr Geld nicht mehr nur bei der Bank oder Sparkasse abzugeben, sondern aktiv mit eigenen Ideen zu managen.
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Kapitalanlage in der Null-Zins-Phase
Von Dr. Oliver Everling | 13.April 2015
Für Erspartes keine Zinsen mehr bekommen, daran haben sich Sparer allmählich gewöhnt. Doch nun drohen Negativzinsen: Robert Michele, Anleihechef bei JP Morgan Asset Management, rechnet mittelfristig mit Renditen für Bundesobligationen von minus drei Prozent. So begann die Suche nach Auswegen: solide Geldanlagen, die auch heute Renditen oberhalb der Inflationsrate abwerfen. Die Autoren Rolf Morrien und Lars Günther stellen in einem neuen Buch des FinanzBuch Verlags kurz und knapp die Chancen und Risiken von Unternehmensanleihen, Genussscheinen, Wandelanleihen, Aktienanleihen, dividendenstarken Aktien, Real Estate Investment Trusts, Pfandbriefen, Lebensversicherungen, Investmentfonds und weiteren Kapitalanlagen vor.
„Als das ‚Magische Dreieck der Geldanlage‘ werden die drei konkurrierenden Ziele Sicherheit, Liquidität und Rendite bezeichnet. Sie bilden sozusagen“, berichten die Autoren, „die Eckpunkte eines Dreiecks. Mit diesem Bild soll ausgedrückt werden, dass man zwar jedes dieser Ziele für sich genommen und meist auch zwei gemeinsam erreichen kann, aber nicht alle drei zugleich.“ Das von den Autoren zitierte „Magische Dreieck der Geldanlage“ bereichert seit Jahrzehnten schon die Literatur für Sparer; leider fehlt ein Hinweis darauf, dass für viele Anleger das Dreieck inzwischen zum Viereck geworden ist, da diese Anleger neuerdings auch nach Nachhaltigkeit fragen.
Heute ist es nicht mehr jedem Sparer egal, unter welchen ethischen, ökologischen und sozialen Aspekten seine Ersparnisse Rendite erwirtschaften. Morrien und Günther erheben allerdings auch keinen Anspruch, in ihrem Buch alle relevanten Aspekte erschöpfend behandelt zu haben – Sicherheit, Liquidität, Renditechance, Einfachheit, Kosten, Haltedauer: „Diese sechs Kriterien lassen gewisse Bewertungsspielräume zu. Es gibt nicht die eine richtige Einordnung.“
Es ist das Verdienst der Autoren, sachlich und fundiert in Fragen der Geldanlage allgemeinverständlich einzuführen. „Dieses Buch kann nicht das nachholen, was unser Bildungssystem seit Jahrzehnten versäumt hat, aber die folgenden Grundlagen erleichtern Ihnen die Entscheidungsfindung beim Thema Geldanlage.“ Die Autoren zeigen, was insbesondere der Verzicht auf jede Aktienanlage bedeutet: „In der abgeschlossenen 25-Jahres-Phase von 1988 bis 2013 hat der DAX
einen durchschnittlichen Jahresgewinn von rund 8 % abgeworfen (Kursgewinn + Dividenden).“
Die Autoren machen Geldanlage begreiflich, insbesondere auch durch Klärung von Begriffen. Zum Beispiel Rating: „Damit Sie als potenzieller Anleihenkäufer einschätzen können, wie hoch die Zahlungskraft (Bonität) des Emittenten ist, gibt es die sogenannten Ratings. Das ist ein Notensystem – vergleichbar mit Schulnoten. Ein sehr gutes Rating bedeutet, dass weder laufende Zinszahlungen noch die Rückzahlung des Nominalbetrags zum Fälligkeitszeitpunkt aus heutiger Sicht in Gefahr sind. Ein schlechtes Rating zeigt an, dass es Schwierigkeiten geben könnte.“
Nicht ganz zur Zielgruppe des Buches passt allerdings diese Empfehlung: „Vertrauen Sie nicht blind auf Rating-Noten! Bilden Sie sich zum jeweiligen Emittenten auch ihre eigene Meinung.“ Sicher ist es immer ein vernünftiger Rat, sich eine eigene Meinung zu bilden. Ob die Hoffnung aber begründet ist, als Laie ein treffsichereres Urteil als die Ratingagenturen zu bilden, die seit einem Jahrhundert mit tausenden von Experten darauf spezialisiert sind, erscheint doch fraglich.
In jedem Fall aber kann der Leser praxiserprobten Empfehlungen wie dieser folgen: „Da sich jedoch die wenigsten Privatanleger intensiv mit dem Aktienmarkt beschäftigen können oder wollen, ist es schwierig, das richtige Timing beim Aktienkauf zu erwischen. Diese Hürde können Sie mit einem einfachen Trick überspringen: Nutzen Sie den Cost-Average-Effekt.“
Das Buch teilt sich in „Grundlagen“ und in „Geldanlagen im Check“, wo die oben genannten Kriterien Anwendung finden. „Die Informationsbeschaffung ist durch das Internet viel einfacher geworden, und die Transaktionskosten sind für Privatanleger so niedrig wie nie zuvor. Wenn Sie zum Beispiel für 2.000 € Anteile eines Indexfonds oder auch einzelne Aktien kaufen möchten, kostet Sie das bei einer günstigen Depot-Bank keine 10 € an Gebühren.“
Die Autoren befassen sich mit allen Formen der Geldanlage, wie sie in den Lehrbüchern stehen. Wer aber nach „Kapitalanlage“ in Google usw. sucht, wird heutzutage mit Versuchungen konfrontiert, die in Werbebannern für Tradingplattformen, Crowdinvesting oder sich in Angeboten sonstiger FinTech-Unternehmen konkretisieren. Zu diesen wie auch Instrumenten wie CFDs oder Wikifolios haben die Autoren (noch) keinen Kommentar.
Denn schon Lenin wusste: »Um die bürgerliche Gesellschaft zu zerstören, muss man nur ihr Geldwesen verwüsten.“ „Sie fragen sich vielleicht, warum die in diesem Buch geäußerten Gedanken und Anregungen die Möglichkeit eines solchen Crashs nicht berücksichtigen.“ „Da bei einem Zusammenbruch nicht notwendigerweise alle Teilsysteme gleich stark betroffen sein werden, bietet der Rat, das eigene Kapital auf verschiedene Vermögensanlagen zu streuen, auch im Falle eines großen Crashs die besten Chancen, wenigstens einen Teil dieses Vermögens zu retten.“
Das Buch von Morrien und Günther ist im FinanzBuch Verlag als gedrucktes Buch (ISBN Print 978-3-89879-908-9) oder auch elektronisch erhältlich: ISBN E-Book (PDF) 978-3-86248-726-4, ISBN E-Book (EPUB, Mobi) 978-3-86248-727-1.
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„Bullshit Economics“
Von Dr. Oliver Everling | 11.April 2015
Das mit dem Deutschen Finanzbuchpreis ausgezeichnete Buch „Die große Geldschmelze“ stellte bereits unter Beweis, dass diese beiden Autoren mehr als nur das Handwerk des Schreibens beherrschen: Prof. Dr. Hanno Beck und Prof. Dr. Aloys Prinz unterstreichen mit ihrem neuesten Titel „Bullshit Economics“erneut ihre Fähigkeiten, komplexe Sachverhalte in einer für breiteres Publikum geeigneten Form zu präsentieren. Wie nicht zuletzt auch die Lektüre dieses empfehlenswerten Buches zeigt, ist mehr Allgemeinbildung in Wirtschaftsfragen einer der wichtigsten Schlüssel dafür, Deutschland auf einen nachhaltigen Wachstumspfad zu bringen.
Die Wahl eines gewagten Titels für ein Sachbuch, „Bullshit Economics“, lässt schon erahnen, dass es den Autoren nicht nur um trockene Wiedergabe von Fakten geht, sondern auch darum, dies in einer für Leser unterhaltsamen, sogar spannenden Form zu tun. Daher soll auch an dieser Stelle nicht verraten werden, wie es zur Wahl des Titels „Bullshit Economics“ – dazu sollte sich der interessierte Leser selbst in das Buch vertiefen. Das Grundprinzip der „Bullshit Economicsw“ sei jedoch bereits angedeutet: „Ein deutsches Nachrichtenmagazin hat sogar den ‚Merkel-Phrasomat‘ bereitgestellt,“ nennen die beiden Autoren ein den „Bullshit Economics“ vergleichbares deutsches Beispiel, „mit dessen Hilfe man sich seine eigene Rede nach dem Vorbild der Kanzlerin zusammenstellen kann – zu jedem Themenbereich, versteht sich.“
Hanno Beck, Jahrgang 1966, war bis 2006 Mitglied der Wirtschaftsredaktion der »Frankfurter Allgemeinen Zeitung«. Seit 2006 ist er Professor für Volkswirtschaftslehre und Wirtschaftspolitik an der Hochschule Pforzheim. Hanno Beck ist Autor zahlreicher Bücher, u.a. „Der Alltagsökonom“ und 2012 bei Hanser „Geld denkt nicht: Wie wir in Gelddingen einen klaren Kopf behalten“.
Aloys Prinz, Jahrgang 1956, war von Ende 1993 bis Frühjahr 2000 Professor für Wirtschaftspolitik an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Seit April 2000 ist er Professor für Finanzwissenschaft an der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster. Er ist Autor zahlreicher Beiträge in nationalen und internationalen Fachzeitschriften.
Wer beispielsweise die Anhörungen im Finanzausschuss des Deutschen Bundestages zu den Themen „Rating“ und „Ratingagenturen“ mit verfolgen durfte/musste, kann die von Beck und Prinz beschriebene Art der Wahrheitsfindung des deutschen „Souveräns“ nur bestätigen: „Man kann das auch Fakten-Eklektizismus nennen – eine gezielt willkürliche Zusammenstellung von Fakten, die nur einem Ziel dient: die eigene Meinung stützen.“ Die Autoren berichten mit praktischen Beispielen davon, wie Politiker die Wissenschaft in diesem Spiel in etwa so nutzen „wie Betrunkene Straßenlaternen: sie suchen Halt, nicht Erleuchtung.“
Die beiden Professoren berichten von der Praxis des Gutachten-Hoppings – dieses wird so lange veranstaltet, bis Politiker die ihnen genehmen Ergebnisse erhalten. Diese Praxis ist allerdings keine neue Methode der Großen Koalition, sondern gab es auch schon früher, wie die Autoren nachweisen. „Die Missachtung der Gutachten ist teils legendär: Im Sommer 1964 sprachen sich die fünf Weisen in einem Sondergutachten für die Aufwertung der D-Mark und flexible Wechselkurse aus. ‚Das Gutachten haben wir zum Kanzleramt geschickt und danach nie mehr etwas davon gehört, es gab nur die Quittung des Pförtners‘, erinnert sich der damalige Wirtschaftsweise, Herbert Giersch.“
Beck und Prinz entlarven Emotionen als „eine Zauberwaffe im Kampf um die politische Lufthoheit: Wer will schon ein sachliches Argument hören, wenn niedliche Robbenbabys, hungernde Kinder oder unterjochte Tagelöhner beschworen werden? Ob es tatsächlich einen Zusammenhang zwischen diesen Emotionsträgern und der betreffenden Politik gibt, ob die Politikvorschläge Robben, Kinder oder Tagelöhner wirklich schützen oder nicht – völlig egal. Wer die Emotionen der Menschen beherrscht, beherrscht die Politik.“
Das Buch hält manchen argumentativen „Leckerbissen“ bereit, zum Beispiel für diejenigen, die sich mit Kostentheorie und Opportunitätskostenansätzen auskennen. So kommen Beck und Prinz auf das Unwort des Jahres 2010 von der Alternativlosigkeit zu sprechen: „Die milliardenschwere Euro-Rettung wäre kostenlos, wenn sie tatsächlich alternativlos gewesen wäre, denn man hätte mit all dem Geld, das man in den Rettungsschirm gepumpt hat, nichts anderes anfangen können. Ehrlich? Das sehen wir nicht so. Es gibt immer eine Alternative.“
Die Autoren machen die Entscheidungssituation von Politikern deutlich: „…wenn Sie Politiker sind, ignorieren Sie jegliche Beurteilung Ihrer früheren Arbeit, kanzeln Sie Experten ab, die Ihnen am Zeug flicken wollen, ignorieren Sie jegliche Folgen Ihrer Politik. Werden Sie das, was man als ‚ergebnisresistent‘ bezeichnet.“
So geht es im Buch „Bullshit Economics“um Fakten-Shopping und Gutachten-Hopping. Emotionalisierung und Moralisierung, Schwarz-Weiß-Malerei, Maskierung, Metaphern – und natürlich um „Alternativlosigkeit“.
Beck und Prinz liefern einen Beweis nach dem anderen für die Überregulierung in Deutschland, z.B. Ladenschlussgesetz: Christdemokraten wie auch Sozialdemokraten sind sich aus unterschiedlichen Motiven beim Ladenschlussgesetz einig, das die Nacht, den Sonntag und Feiertage heiligt – mit der Folge der Verurteilung einer Tankstellenverkäuferin, die in der Nacht zwei Fußgängern Bier verkaufte, denn sie hätte nur Autorfahrern Bier verkaufen dürfen.
„Während die regulären Supermärkte um 22 Uhr schließen müssen,“ erläutern Beck und Prinz die widersinnige Rechtslage, „können Tankstellen munter weiter verkaufen, zum Ärger der Konkurrenz. Also hat der Gesetzgeber verfügt, dass nur Reisende nach 22 Uhr sich für ihren Bedarf eindecken können. Doch woran erkennt man Reisende? Na klar, daran, dass sie mit dem Auto kommen. Also verfügt man, dass nach 22 Uhr Alkohol nur noch an Leute verkauft werden darf, die mit dem Wagen kommen, weil man von denen vermutet, dass sie Reisende sind. Was mit Radfahrern ist oder mit Leuten, die im Taxi kommen?“ Die lästigen Details sichern dann die Arbeitsplätze von tausenden Bürokraten.
Der sich in zahlreichen Gesetzen entfaltende Aktionismus der Politik führt zu Schwierigkeiten, „die sie anschließend selbst bekämpfen muss, wobei man immer betont, dass die Folgen aber nicht von dieser Politik herrühren. Das ist fast ein Arbeitsbeschaffungsprogramm für Politiker und Bürokraten: Falsche Politik führt zu neuen Problemen, für die man dann weitere Politik und Bürokratie braucht.“
Von dieser Politik profitieren eine Fülle von Beamten, Unternehmen bis hin zu Freiberuflern wie Anwälten oder Prüfern aller Art. „Und diese werden ihre Einkommen, die sie dem Unfug der Politiker verdanken, mit Zähnen und Krallen verteidigen. Politik, so könnte man daher zynisch schlussfolgern, hat eine gesellschaftliche Ordnung zum Ziel, die sich ohne Politiker nicht mehr aufrechterhalten lässt.“
Beck und Prinz zeige „nützliche“ Methoden auf: „Die beste Methode, um als Dieb davonzukommen, ist der entschlossene Ruf ‚Haltet den Dieb!‘ – einfacher kann man gar nicht die Aufmerksamkeit von sich ab- und auf andere hinlenken. “
Die Autoren der „Bullshit Economics“ rechnen nach, was der Deutsche Bundestag eigentlich leistet: „Was kann man in 22 Sitzungswochen abarbeiten? In der vergangenen Legislaturperiode von 2009 bis 2013 waren es 553 Gesetze, die durch den Bundestag gewinkt wurden. Das sind aber nur diejenigen, die es geschafft haben. Die Zahl der insgesamt im Bundestag diskutierten Gesetze ist weitaus höher – insgesamt haben sich Bundestag und Bundesrat in diesen vier Jahren mit 900 Gesetzesvorhaben beschäftigt. Gehen wir einmal von 50 Wochen pro Jahr aus (ein wenig Ferien wollen wir den Parlamentariern gönnen), dann sind das mehr als elf Gesetze pro Woche. Setzen wir nur die 22 Sitzungswochen an, so sind das rund 25 Gesetze, die pro Woche durchs Parlament gewinkt werden.“ Daher folgern Beck und Prinz: „Das riecht nach der Sorte Aktionismus, die wir als ein Element von Bullshit identifiziert haben: Kleines Karo statt großer Würfe, Aktionismus vortäuschen, ein wenig Gesetz hier, ein wenig Verordnung da.“
Die beiden Wirtschaftswissenschaftler rechnen vor, dass sich Bürger leider „rational“ verhalten, wenn sie sich im deutschen Staatsfernsehen lieber von „Rote Rosen“ usw. ablenken lassen, als sich mit lästigen Details politischer Entscheidungen zu befassen. „Ihre Wahlentscheidung mag wohlfundiert sein, aber das Gewicht dieser Stimme liegt bei 0,0000017 Prozent. Lohnt es sich wirklich, dafür so einen Aufwand zu betreiben? Politisches Engagement ist zumindest in dieser Hinsicht alles andere als attraktiv.“
Beck und Prinz skizzieren ein strukturelles Problem einer Demokratie: „Der Aufwand, sich politisch zu informieren, ist unverhältnismäßig hoch, verglichen mit der tatsächlichen Wirkung dieses Engagements – wenn sich Wähler also keine Mühe geben, sich politisch zu informieren, so ist das – leider – durchaus rational.“
So findet sich allerdings immer eine große Koalition von Wählern dafür, „die Reichen“ endlich zur Kasse zu bitten. „Mal ehrlich – wer von uns fühlt sich reich? Reich, das sind immer die anderen, die mit der Oldtimersammlung, den zehn Villen, dem Hubschrauber, der Gemäldesammlung. Aber wir? Nein, wir sind doch nicht reich. Deswegen kann man – auch als Wähler aus der gehobenen Mittelschicht – so entspannt der Forderung zustimmen, die Reichen stärker zu belasten, sollen andere die Zeche zahlen. Wir nicht. Dass man aber, wenn man Masse braucht, dahin muss, wo die Masse ist, ignoriert man lieber. Und wo sitzt die Masse? Genau, dort, wo der Mittelstand ist.“
Beck und Prinz zeigen das Muster auf, wie mit Problemstellungen in der Politik umgegangen wird, z.B.: „Armut in der Dritten Welt? Rasch den anonymen Großkonzernen die Schuld in die Schuhe geschubst, noch eine Internetpetition unterzeichnet und dann wieder zurück zum Alltag. Politiker gaukeln uns eine einfache Welt vor, weil wir eine einfache Welt haben wollen.“
Beck und Prinz stehen mit ihrer Kritik in der Literatur keineswegs alleine. Allerdings handelt es sich bei anderen Autoren – meist nicht mit wirtschaftswissenschaftlicher Vorbildung – oft um „Verschwörungstheoretiker“: „Wichtig dabei ist, dass sie nie konkret werden, Namen nennen oder sonst irgendwie direkt werden – immer schön undifferenziert bleiben, anonyme Mächte oder Instanzen beschuldigen; damit macht man sich unangreifbar.“ Humorvoll zeichnen Beck und Prinz nach, wie diese Autoren ihr Geld verdienen: „Mach dem Leser klar, dass eine Katastrophe bevorsteht, dass Ausbeutung, Elend, Sklaverei und Weltuntergang auf der Agenda stehen – je sensationeller und emotionaler, desto besser.“
Zurecht stellen Beck und Prinz fest, dass diejenigen, die sich als Kritiker herrschender Politik präsentieren, nach einem Feuerwerk der Kritik in der Regel wenig Rat wissen: „Tütensuppenratschläge, die angesichts ihrer Harmlosigkeit und Banalität so gar nicht zu den Katastrophen- und Weltuntergangsszenarien passen, die in den Büchern beschworen werden.“ Beck und Prinz folgern: „Antikapitalismus funktioniert eben auch nach den Spielregeln des Kapitalismus. Es ist geradezu ein zynischer empirischer Beweis für die Funktionsfähigkeit von Märkten, dass die Marktkritik zum wirtschaftlichen Erfolg gerade über diese Märkte führt.“
Beck und Prinz sehen eine Fülle von Ansatzpunkten zur Verbesserung, z.B. weniger Wahlwerbung, mehr Anreize für (Berufs-) Politiker, eine sinnvolle Politik zu machen, weniger Lobbys, mehr direkte Demokratie, mehr Wissen. Mehr dazu in „Bullshit Economics“.
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Nachhaltig 340 Mio. € investiert
Von Dr. Oliver Everling | 7.April 2015
Die Nachfrage in Fonds auf Basis der Nachhaltigkeitsstandards des Global Challenges Index (GCX) der Börse Hannover hält an. Zum Ende des ersten Quartals (Stand: 31. März 2015) hat das investierte Vermögen in Fonds auf Aktien des Global Challenges Index (GCX) und Anleihen des Global Challenges Corporates (GCC) die Schwelle von 340 Millionen Euro erreicht. Damit hat das Volumen erneut einen Höchststand markiert.
Seit Jahresanfang bis Ende März 2015 wuchs das Volumen um rund 15 Prozent – zum Jahresauftakt hatte das investierte Vermögen noch bei etwa 290 Millionen Euro gelegen. Privatanleger können über zwei Publikumsfonds in die 50 internationalen Aktien des GCX investieren. Der NORD/LB AM GCX-Indexfonds (WKN: A1T756) sowie der PRIMA Global Challenges Fonds (WKN: A0JMLV) werden an der Börse Hamburg und der Börse Hannover gehandelt.
Den größten Wertzuwachs im ersten Quartal 2015 erzielten die Aktien des US-amerikanischen Betreibers von Geothermie-Kraftwerken Ormat Technologies (WKN: A0DK9X, plus 54 Prozent) sowie des spanischen Windanlagenherstellers Gamesa (WKN: A0B5Z8, plus 51 Prozent). Auch die Titel des weltweit größten Herstellers homöopathischer Arzneimittel Boiron (WKN: 873532, plus 50 Prozent), des französischen Autobauers Renault (WKN: 893113, plus 42 Prozent) und von STMicroelectronics (WKN: 893438, plus 41 Prozent) aus den Niederlanden verbuchten ein kräftiges Plus.
Aufgenommen werden in den GCX nur Unternehmen, die aktiv einen Beitrag zur Bewältigung von sieben globalen Herausforderungen leisten. Dazu zählen Klimawandel, Trinkwasserversorgung, Erhalt der Artenvielfalt, nachhaltige Waldwirtschaft, Bevölkerungsentwicklung, Armutsbekämpfung und verantwortungsvolle Führungsstrukturen. Die Index-Zusammensetzung wird laufend überprüft und halbjährlich angepasst. Wenn Aktien nicht mehr den strengen, von der Börse Hannover und der Nachhaltigkeitsrating-Agentur oekom research entwickelten Auswahlkriterien genügen, werden an ihrer Stelle neue Titel in den Index aufgenommen. Der Nachhaltigkeitsindex GCX wurde 2007 von der Börse Hannover initiiert und legte bis heute um fast 100 Prozent zu (Stand: 31.03.2015).
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Gutes von der FIL Investment Management
Von Dr. Oliver Everling | 7.April 2015
FERI EuroRating Services AG hat den Mischfonds „Fidelity Funds – Global Multi Asset Income Fund“ (ISIN: LU0905233846) mit „B“ („gut“) bewertet. Der Fonds wurde am 27.03.2013 von FIL Investment Management (Luxembourg) S.A. in der rechtlichen Struktur einer SICAV aufgelegt und verfügt somit zum Bewertungsstichtag (31. Januar 2015) über eine Fondshistorie von knapp zwei Jahren. In die Fondsbewertung fließen daher sowohl qualitative als auch die Ergebnisse der quantitativen Analyse ein. Speziell für Kunden im deutschsprachigen Raum wurde eine Anteilsklasse unter dem Namen „Fidelity Zins & Dividende“ aufgelegt.
Die flexible Gestaltung des Investmentkonzeptes wird positiv beurteilt. Der „Fidelity Funds – Global Multi Asset Income Fund“ orientiert sich strategisch an der fundamentalen Marktmeinung des Investment Solutions Teams und zeichnet sich durch eine breite und flexible Allokation über die Assetklassen Aktien, Anleihen (Staatsanleihen, Unternehmensanleihen, inflationsindexierte Anleihen), Infrastrukturanlagen und Immobilien aus, wobei eine grundlegende Kernallokation definiert ist. Die Fondsmanager investieren dabei sowohl in Investment Grade- und High Yield-Anleihen als auch in Developed- und Emerging Markets. Der benchmarkfreie Ansatz ermöglicht die Umsetzung der besten Ideen des hauseigenen Fondsresearchs. Das Portfoliomanagement unterliegt im Peergroup-Vergleich geringeren Investitionsbeschränkungen, was sich durch hohe Freiheitsgrade in der taktischen Asset Allocation und bei der Fondsselektion bemerkbar macht. Die taktische Asset Allocation wird durch Kombination von quantitativen Modellen und qualitativen Analysen in Form von taktischen Abweichungen zur strategischen Kernallokation formuliert. Den vorhandenen operativen Entscheidungsraum des Fondsmanagements erachtet FERI als angemessen und der Erfahrung des Fondsmanagements entsprechend ausgestaltet.
Positiv bewertet FERI auch das Fondsmanagement, die im Vergleich zur Peergroup überdurchschnittlich hohe Investmenterfahrung der Fondsmanager sowie die hohe personelle Stabilität im Fondsmanagement. Eugene Philalithis ist seit 2007 bei Fidelity Worldwide Investment beschäftigt, verantwortet das Team Fixed Income und Alternatives Research innerhalb des Fidelity Solutions Teams und verfügt über 17 Jahre Investmenterfahrung. Nick Peters ist stellvertretender Fondsmanager und würde das Portfoliomanagement im Falle einer dauerhaften Abwesenheit von Eugene Philalithis übernehmen. Er ist in das tägliche Fondsmanagement involviert und unterstützt Eugene Philalithis mit seinen fachspezifischen Kenntnissen in der Assetklasse Aktien. Nick Peters ist seit 2012 für Fidelity Worldwide Investment tätig, leitet das Aktienresearch und weist eine zwanzigjährige Investmentexpertise auf.
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Crowdinvesting – Die Investition der Vielen
Von Dr. Oliver Everling | 6.April 2015
Crowdinvesting, Crowdfunding, Crowdlending, Crowdsourcing – alle diese Begriffe werden oft in einem Atemzug genannt, oft auch nicht ausreichend unterschieden.
Die Grundprinzipien des Crowdfundings sind vielleicht so alt wie die Menschheit. Jeder kennt die Grundformen des Crowdfundings von seiner Moschee, seinem Gemeindehaus, seinem Tempel, seiner Kirche oder einfach vom Spaziergang über eine belebte Einkaufsstraße: Eine gute Idee bedarf zu seiner Realisierung Geld, das der Initiator nicht aufbringen kann oder will. Daher bittet er öffentlich um Spenden. Neben Spenden ist gelegentlich auch tatkräftige Mitwirkung oder Rat gewünscht.
Obwohl demnach das Grundmuster des Crowdfundings uralt ist, verbindet sich mit dem Begriff eine Innovation, deren Konsequenzen für die Wirtschaft und die Gesellschaft sich erst umrissartig abzeichnen. Wer von „Crowdfunding“ statt einfach von Spendensammlung spricht, zielt nämlich auf die ungeahnten Möglichkeiten des Internets, jederzeit jeden überall auf alles ansprechen zu können.
Das Internet verlagert aber nicht nur einfach einen uralten Vorgang auf ein neues Medium, sondern bringt auch neue Spielregeln mit sich. Der Pfarrer in der Kirche kann seinen Klingelbeutel während des Orgelspiels zur Finanzierung einer überteuerten Kirchturmglocke herumreichen lassen, ohne im selben Moment kritische Fragen nach der Sinnhaftigkeit und Angemessenheit seiner Ausgaben beantworten zu müssen.
Das Medium des Internets dagegen ermöglicht eine bis dato nicht gekannte Interaktion, Transparenz und Schnelligkeit. Während der Priester kaum befürchten muss, unter seinen Spendern Anwälte zu finden, die ihn für Falschinformation nach dem Gottesdienst noch mit hohen Gebühren abmahnen, sind ganze Anwaltssozietäten im Internet unterwegs, um selbst kleinste Fehler in der Projektdarstellung oder im Impressum mit Unterlassungserklärungen zu ahnden und abzukassieren.
Heute dürften gegenüber dem Internet noch Skepsis und Vorsicht bei möglichen Spendern überwiegen. Immerhin liegt die Zeit kaum zwei Jahrzehnte zurück, als sich seriöse Leute nicht einmal eine Mailadresse oder Präsenz im als „Schmuddelmedium“ verrufenen Internet erlaubten. Noch immer vertrauen Menschen lieber beklebten Spendenbüchsen oder kurzerhand zu Sammelbehältern umfunktionierten Plastikbechern ihr Geld an, als ihr Geld per Mausklick zu spenden, selbst wenn hinter manchem Freiprediger oder Bettler organisierte Banden stehen und man die Spendenempfänger nie mehr wieder sieht.
Wer nun unbefangen den Vorurteilen trotzt und sich mit den neuen Möglichkeiten befassen will, dem kann durch das Buch „Crowdinvesting: Die Investition der Vielen“ geholfen werden. Das Buch liegt nun schon in der 3. Auflage vor. Sein Autor, Prof. Dr. Ralf D. Beck von der Fachhochschule Dortmund, gilt als einer der renommiertesten Kenner der Materie. Wer sein Buch liest, dem ist es kaum erstaunlich, dass sein Buch auch für den Deutschen Finanzbuchpreis nominiert wurde.
Beck liefert tatsächlich auf 255 Seiten alles, was man zur Einführung in diese neue Materie braucht: Er berichtet über die Stellung des Crowdinvestings im Rahmen der Finanzierung, die Akteure des Crowdinvestings, die rechtliche Strukturierung des Engagements und ihre Folgen für die Akteure, die Risiken des Crowdinvestings, die Anforderungen an Crowdinvesting-Plattformen, die Marktentwicklung und Perspektiven des Crowdinvestings bis hin zum Nachweis des volkswirtschaftlichen Nutzens.
Erwartungen an eine neue Sache werden schon durch die Wahl der Begriffe geweckt. Beck befasst sich eingehend mit den eingangs genannten Begriffen Crowdfunding, Crowdinvesting usw. Zahlreiche Plattformen bieten sich im Internet an, die Beck in einer Übersicht systematisiert. Die Zielsetzungen der Plattformbetreiber sind unterschiedlich, ebenso ihre Vergütungsmodelle, Rentabilität, Kommunikationspolitik, Marketing, Verhaltenspflichten und Geschäftsbedingungen. Sowohl Crowdfunding, als auch Crowdinvesting kann sich unterschiedlicher rechtlicher Gestaltungsformen bedienen. Hybride Finanzierungsformen finden sich beispielsweise in stillen Beteiligungen, Genussrechten oder partiarischen (Nachrang-) Darlehen.
Obwohl die Crowd-Begriffe so angelsächsisch klingen, kommen die Pioniere des Crowdinvestings nicht unbedingt aus den USA, sondern sogar aus Deutschland. Obwohl die USA vielen als kapitalistisches Land par exellence gilt, sind die meisten Bürger in den USA von direkten Kapitalanlagen ausgeschlossen, da diese unter strengen Voraussetzungen einer Registrierungspflicht bei der US-Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde SEC unterliegen. In Deutschland gilt dagegen eine Art Bagatellgrenze von 100.000 €, unterhalb derer sich jeder Geld über das Internet beschaffen darf – vorausgesetzt, er findet eine unter den inzwischen vielen Plattformen, die sein Projekt akzeptiert und publiziert.
Obwohl Beck die Unterschiede zwischen Crowdfunding, Crowdinvesting, Crowdlending und Crowdsourcing wissenschaftlich exakt herausarbeitet und auch ihre historischen Entwicklungen mit konkreten Beispielen nachzeichnet, drängt sich nach der Lektüre seines Buches doch der Eindruck auf, dass mit „Crowdinvesting“ ein letztlich doch völlig neues Phänomen zu beobachten ist: Menschen tun sich mit kleinen Beträgen zusammen, um teils praktische und dringend notwendige, teils aber auch völlig neue und skurrile Projekte möglich zu machen, sei es durch Spenden, durch Beteiligungen oder durch Kredit.
Beck lässt an den Risiken keinen Zweifel, zeigt aber auch, wie man sich vor unseriösen Akteuren und erfolglosen Projekten schützen kann. Selbst bei großer Sorgfalt und juristischer Absicherung bleiben natürlich Risiken. Wenn Kritiker des Crowdinvestings ihre Kritik jedoch durch den Vergleich mit etablierten Investmentmöglichkeiten begründen, etwa durch den Vergleich mit einlagengesicherten Sparbüchern oder „blue chips“ börsennotierter Aktiengesellschaften, übersehen sie den Willen von Crowdinvestoren, einfach eine gute Sache in Gang zu bringen, möglicherweise auch unter Inkaufnahme eines Verlustes.
Wer also im Crowdfunding nicht einfach nur einen ins Internet transferierten Klingelbeutel sieht, wer im Crowdinvesting nicht einfach nur einen online gestellten Sparplan seiner Sparkasse sieht, sondern akzeptiert, dass sich hier eine völlig neue Gestaltungsform der Zusammenarbeit mit anderen Menschen eröffnet, dürfte kaum enttäuscht werden.
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Die große Geldschmelze
Von Dr. Oliver Everling | 5.April 2015
Selten kann eine Buchempfehlung so deutlich ausgesprochen werden wie bei diesem Titel: „Die große Geldschmelze: Wie Politik und Notenbanken unser Geld ruinieren“. Das Buch ist nicht nur ein Ritterschlag für die Autoren Dr. Hanno Beck und Prof. Dr. Aloys Prinz von der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster, sondern auch für die Jury des Deutschen Finanzbuchpreis. Die Jury stellte mit der Wahl dieses Buches für den Deutschen Finanzbuchpreis nicht nur zum fünften Mal ihre Kompetenz unter Beweis, Bücher auszuzeichnen, die Privatanlegern einen praktischen Mehrwert bei allen Fragen rund um die Geldanlage, den Vermögensaufbau, die Wertpapierauswahl und die Zusammensetzung des eigenen Depots bieten, sondern auch ihren Mut, den Scheinwerfer auf ein für Politik und Banken unangenehmes Thema zu schwenken.
Obwohl sich am Thema der Finanzkrise schon viele Autoren versucht haben, kommt erst mit diesem Buch eine sorgfältig recherchierte Aufarbeitung in den Buchhandel, die die Gratwanderung zwischen Allgemeinverständlichkeit auf der einen Seite und fachlicher Unangreifbarkeit auf der anderen Seite überzeugend bewältigt. „Dieses Buch ist der Versuch,“ schreiben die Beck und Prinz bescheiden, „ohne Fachchinesisch, Imponiervokabular und Verschwörungstheorien zu erklären, was in den vergangenen Jahren passiert ist und welche Folgen das haben könnte.“
Der Titel ist nicht nur als Ratgeber für irritierte Anleger, sondern auch als unterhaltsame Lektüre hervorragend geschrieben. „Die Notenbanken stehen vor dem, was wir“, schreiben Beck und Prinz, „das Balu-Dilemma nennen: Hat man den Tiger erst einmal beim Schwanz gepackt (also die Finanzmärkte mit billigem Geld gerettet), ist es extrem schwierig, den Tiger wieder loszulassen (die überschüssige Geldmenge wieder einzusammeln), ohne dabei zu Schaden zu kommen.“
„Angetrieben von einem Prozess namens Geldschöpfung, für Normalsterbliche so rätselhaft wie die Kernfusion im Inneren eines Sterns, haben sie sich in den vergangenen Jahren zu Roten Riesen unseres Wirtschaftssystems aufgebläht. Wie sehr,“ machen die Autoren an Beispielen klar, „kann man anhand der Summen sehen, mit denen sie jonglieren: Ob die Europäische oder britische Zentralbank oder das amerikanische Notenbanksystem, das Federal Reserve System (kurz Fed) – sie alle haben in den vergangenen Jahren innerhalb kürzester Zeit mit unglaublichen Mengen an neu geschaffenem Geld um sich geworfen und damit ihre finanzielle Leuchtkraft dramatisch erhöht.“
Verschlimmert werde das Ganze durch die Finanzmärkte, die das Geld bereitstellen, das die Politik durchbringt – „sie haben die Spendierhosen der Politik ausgepolstert und sich so von der Politik abhängig gemacht. Zahlt eine Regierung ihre Schulden nicht zurück, wackeln weltweit die Bankentürme. Das gilt auch umgekehrt“, warnen Beck und Prinz: „Wackeln Banken, wird die Politik aktiv, um diese zu retten, mit der Folge, dass die Zahlungsfähigkeit des Staates selbst in Gefahr gerät – ein Teufelskreis.“
„Über Jahrhunderte haben Alchemisten, Betrüger, Scharlatane und Forscher versucht, Gold herzustellen – vergebens. Es ist diese Vergeblichkeit, die Gold so wertvoll macht – es ist selten und nicht beliebig vermehrbar. Alle Stoffe, die rar, nicht beliebig vermehrbar und speicherbar sind, können als Zahlungs- und Wertaufbewahrungsmittel, als Geld, dienen.“ Nur scheinbar haben die digitalen Codes, die heute Geld definieren, einen Menschheitstraum wahr gemacht. „Unser Geld ist nicht durch Gold gedeckt, sondern durch das Versprechen, dass ihm langfristig ein entsprechender Berg von Gütern und Dienstleistungen, das Sozialprodukt, gegenübersteht. Damit ist klar, wer den Wert unseres Geldes bestimmt: Alle diejenigen, die dieses Sozialprodukt herstellen.“
Wer über die Darstellungen der Autoren länger nachdenkt, dem wird klar, dass die Krisen im staatlichen Zwangsgeldmonopol wurzeln: „Der Staat nötigt die Notenbank, ihm gegen Wertpapiere, die er selbst ausstellt, Geld auszuhändigen, und dann zwingt er seine Bürger, dieses Geld als Zahlungsmittel zu akzeptieren.“
Bei der Europäischen Zentralbank heiße Rating „BBB– statt A–“ die Devise. Früher bekamen europäische Geschäftsbanken nur Zentralbankgeld, wenn sie Wertpapiere bester Bonität einreichten. „Im Fachchinesisch der Notenbanker sprach man davon, dass diese Sicherheiten von den Ratingagenturen, einer Art Finanzmarkt-Schufa, welche die Güte von Krediten benotet, mindestens mit der Note A– bewertet sein müssen – das entspricht etwa die Schulnote Zwei plus.“ Beck und Prinz skizzieren wie der Ramsch, der jetzt in den Bilanzen der EZB steht, und das Geld, das die EZB dafür im Gegenzug herausgegeben hat, nun durch das europäische Finanzsystem vagabundiert. „Hier wurde aus Schrott Geld gemacht, im schlimmsten Fall hat die Zentralbank Geld ausgegeben und im Gegenzug nur wertlose Kredite dafür bekommen.“
Diesem Geld steht kein Sozialprodukt gegenüber, mit bekannten Folgen, warnen die Autoren: ungedeckte Geldscheine, gebrochene Versprechen. „Die Garantien der Kundengelder der Banken durch die Regierung sind rein psychologischer Natur; im Ernstfall reichen die Mittel des Staates nicht aus,“ rechnen Beck und Prinz vor, „um die Einlagen des Bankensystems zu garantieren.“
Beck und Prinz illustrieren, warum auch die heutigen Talkshows populäre Wunschvorstellung des „Vollgeldes“ in die Irre führt. „Die entscheidende Frage in dieser Debatte ist, ob die Notenbank die Geld- und Kreditmenge einfach so bestimmen kann oder ob deren Höhe nicht letztlich durch die Kreditnachfrage der Kunden bestimmt wird – im letzteren Fall funktioniert die Sache mit dem Vollgeld dann auch nicht.“ In der Praxis kann ein Vollgeldsystem nur mit einer Zentralverwaltung à la DDR umgesetzt werden.
Die Autoren machen klar, dass die Ursachen der Krise nicht bei amerikanischen Immobilien zu finden sind. So zeigen sie auf, dass die Notenbanken weltweit schon ihren Anteil an der DotCom-, Internet- und Technologieblase Ende der 1990er Jahre sowie an weiteren Fehlentwicklungen hatten. „In den Augen der Öffentlichkeit standen sie unbeteiligt an der Seitenlinie und schauten dem Tollhaustreiben der Märkte und Anleger zu – doch ganz so unbeteiligt waren sie nicht, waren sie es doch letztlich, die diese Finanzmarkteskapaden ermöglichten.“ Die Notenbanken hatten „die Party an den Aktienmärkten finanziert – sie haben die Bowle-Schüssel für die Party bereitgestellt.“
Die Globalisierung und die Wirtschaftsliberalisierung weltweit trugen dazu bei, dass sich Geldvermehrung nicht in Güterpreisinflationen übersetzte. „Zunächst einmal dämpfte der Aufstieg Chinas zur Handelsmacht die Preisentwicklung – Waren kamen billiger auf die Weltmärkte, die Konsumenten bekamen für mehr Geld mehr Quantität.“ Ohne Privatisierungen wären die politischen Fehler wohl noch viel früher für jeden Bürger spürbar gewesen: „Nach der Privatisierung der Telekom und nach der Öffnung des Marktes für private Wettbewerber sanken die Preise für Telekommunikation drastisch – das entlastete den Geldbeutel der Verbraucher.“
Die Erfolge von Liberalisierungsmaßnahmen überdeckten lange die Schäden aus der Umsetzung einer weltweit „herrschenden Lehre“: „Längst ist Keynes’ General Theory ein Jahrhundertwerk, und längst hängt mehr oder weniger jeder Politiker an den Ideen des verstorbenen Jahrhundertökonomen – auch wenn man Zweifel daran anmelden muss, dass Politiker Keynes’ Ideen richtig verstanden haben.“ Im Kern hätten die Politiker nur verstanden, dass sie im Namen der Rettung der Wirtschaft mehr Geld ausgeben dürfen als sie einnehmen – „und was würden Politiker lieber tun?“, fragen Beck und Prinz.
Keynes’ Idee lebe davon, dass der Staat bei einem Boom das Gegenteil dessen tut, was er in einer Krise macht: Er zahlt seine Schulden zurück, nimmt einen Teil seiner Nachfrage aus dem Markt, verhindert damit eine Überhitzung der Wirtschaft und legt sich zugleich ein Polster für die nächste Krise zu. „Natürlich haben Politiker Letzteres nie gemacht – sie haben immer nur Geld ausgegeben und sich verschuldet“, stellen die Autoren nüchtern fest.
Der Leser des Buches lernt die zahlreichen Blüten kennen, die durch Staatseingriffe getrieben wurden: „Nichts könnte diesen zirkulären Wahnsinn besser beschreiben als die sogenannten Ninja-Loans, die gegen Ende dieser Blase vergeben wurden: Ninja, das steht als Abkürzung für »No income, no job, no asset« – kein Einkommen, keinen Job, kein Vermögen – und dennoch bekamen diese Ninjas Kredit von der Bank, um sich ein Häuschen zu finanzieren.“ Das sei „das Ärgerliche an keynesianischen Konjunkturprogrammen: Hier geht es nur darum, Geld auszugeben, über die Sinnhaftigkeit dieser Ausgaben wird kaum nachgedacht.“
So floss nach Einführung des Euros, Wegfall der Wechselkursrisiken und Angleichung der Zinsen auch Kapital aus ganz Europa in die Südstaaten – »Konvergenz-Trade« oder »Konvergenz-Spekulation« nannte man das, nur dass – im Gegensatz zum heutigen Kapitalmarkt-Bashing – jeder diese Form der Spekulation gut fand, „obwohl hier letztlich Kapitalmärkte eine Wette darauf abschlossen, dass die Europäische Union Pleitestaaten nicht hängen lassen wird.“
Beck und Prinz machen den Leser mit den quantitativen und qualitativen Spielarten des „Easings“ vertraut. Qualitative Easing besteht z.B. vereinfacht gesagt darin, „dass die Qualität der Kredite, die unser Geld besichern, immer schlechter wird. Man muss kein ausgesprochener Skeptiker sein,“ fügen Beck und Prinz hinzu, „um das problematisch zu finden.“
Dieser Politik wegen schwellen Vermögenspreise derzeit an und senken die realen Erträge von Sachwertinvestitionen, die Ersparnisse der Bürger werden auf diesem Weg noch weiter geschröpft. Zusammen mit den Maßnahmen der finanziellen Repression zeigen sich die Verlierer der kombinierten Finanz-, Euro- und Schuldenkrise eindeutig: „Es sind die Sparer. Die Erträge ihrer Ersparnisse werden durch finanzielle Repression und die Vermögenspreisinflation teilweise unter den Nullmeridian gedrückt, und wenn sie Pech haben, erwischen sie auch noch einen ungünstigen Moment zum Auflösen ihrer Ersparnisse und verlieren damit Vermögenssubstanz.“
Beck und Prinz begnügen sich in ihrem Buch nicht mit der Aufzählung von Missständen und Irrtümern, sondern zeigen auch den Weg in die Zukunft auf. „Die unheilvolle Allianz zwischen Banken und Staaten, die sich anschaulich in den Regelungen zur Bankenregulierung zeigen, muss aufgekündigt werden. Solange Banken Staaten finanzieren, die dann die Banken retten, wenn sie pleitegehen, und solange die Notenbanken das finanzieren, wird das Schulden-Perpetuum-mobile weiterlaufen, wird die Notenbank weiter gezwungen sein, Geldscheine zu drucken, werden die Bürger für diese Allianz aufkommen müssen.“ Es geht ihnen um die Prinzipien der Wirtschaft: Wer bestellt, bezahlt. Politiker werden gewählt, sie „bestellen“, bezahlen aber nicht: „Wer anderer Leute Geld ausgibt, entdeckt an sich freizügige Adern, vor allem dann, wenn er das Geld anderer Leute auch noch für andere Leute ausgibt – warum sich zurückhalten?“ Ihre Verbündeten sind dabei Banker: „Geht es gut, verdienst du an uns, geht es schief, kommt der Steuerzahler dafür auf. Gewinne privatisieren, Verluste sozialisieren.“ Damit haben Beck und Prinz die wahre Ursache des gegenwärtigen Dilemmas gefunden: „Es gab in den vergangenen Jahren zu wenig Pleiten. Das klingt zunächst einmal merkwürdig, wenn nicht sogar zynisch, schließlich haben wir jede Menge Abstürze gesehen – Griechenland, Island, Zypern, Lehman, Hypo Real Estate – und jetzt sollen wir noch mehr Pleiten brauchen?“
Risiko müsse wieder einen Preis bekommen, so ihre Forderung. „Wer sich auf ein riskantes Investment einlässt – und jedes Investment ist mit Risiko behaftet –, muss dieses Risiko auch selbst tragen, schließlich streicht er ja auch die Gewinne ein, wenn es gut geht. Mit anderen Worten: Die Welt braucht den Mut zur Pleite, wenn nötig im ganz großen Stil.“ Eine Vollkaskoversicherung für verschwenderische Staaten sei damit nicht vereinbar und werde zum Milliardengrab für alle Staaten, die auf solide Finanzen achten wollen. Die Autoren reden daher dem Modell der Solidität das Wort, das aus drei ineinandergreifenden, sich gegenseitig ergänzenden Elementen besteht: eine funktionierende Bankenunion, die Haftung der Eigentümer und Gläubiger der Finanzinstitute und Regeln für geordnete Staatsinsolvenz.
„Solange die Investoren nicht den Schmerz des Verlustes fürchten und fühlen müssen, werden wir immer wieder teure, steuerfinanzierte Rettungsaktionen bestaunen können. Sofern demgegenüber Investoren die Bonität der Institutionen prüfen, werden sie auch Wert darauf legen,“ folgern Beck und Prinz, „dass diese solide wirtschaften – und damit automatisch dazu beitragen, dass unser Bankensystem sicherer wird.“
Während in vielen anderen Ratgebern zum Thema Geld die Segnungen der Sachwertanlage oder des Goldes angepriesen werden, um dem angeblich bevorstehenden Zusammenbruch zu entkommen, legen Beck und Prinz nüchtern dar, welches die realistischen Optionen des Anlegers – je nach Lebensalter usw. – heute sind. Somit schließt das Buch mit einer Reihe praktisch umsetzbarer Regeln, die es für jeden Sparer lesenswert machen: „Die große Geldschmelze: Wie Politik und Notenbanken unser Geld ruinieren“.
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Russland mangelt Schutz von Eigentumsrechten
Von Dr. Oliver Everling | 31.März 2015
Die Niederlande und Belgien eine Stufe rauf in A2. Das ist die gute Nachricht aus den aktuellen Anpassungen der Coface-Länderbewertungen. Dagegen nimmt der internationale Kreditversicherer Brasilien und Ecuador auf die Beobachtungsliste für eine Herabstufung. Mit Russland geht es weiter bergab: Nun ist auch die gesonderte Bewertung des Geschäftsumfelds nur noch in C, der zweitschlechtesten Stufe.
Für die Industrieländer ist im laufenden Jahr ein Wachstum von 2,1 Prozent zu erwarten. Aus Sicht von Coface nehmen hier die Länderrisiken spürbar ab. In der Eurozone hat sie die Niederlande und Belgien heraufgestuft. Nach den Heraufstufungen Deutschlands, Spaniens, Großbritanniens und Österreichs in 2014 und der von Portugal zu Beginn dieses Jahres zeigen die jüngsten Änderungen, dass die Region schrittweise zum Wachstum zurückfindet. Coface erwartet für die Eurozone 1,3 Prozent nach 0,9 Prozent im Vorjahr. Zum Wachstum in den beiden Ländern tragen sowohl der private Konsum als auch der Export und Investitionen bei. Die Zahl der Unternehmensinsolvenzen geht weiter zurück. In Belgien hat sich zudem die politische Situation stabilisiert, die Regierung setzt auf finanzielle Konsolidierung. In den Niederlanden zeigten sich zu Jahresbeginn die Unternehmen des Bausektors zuversichtlicher. Dies geht einher mit wieder steigenden Immobilienpreisen.
Die Entwicklung in den Schwellenländern verläuft indessen sehr heterogen. Gute Nachrichten gibt es aus Tunesien, dessen Bewertung in B auf die positive Beobachtungsliste genommen wurde, und Kambodscha, das in C heraufgestuft wurde. In Tunesien hat sich das Geschäftsumfeld verbessert, zum Wachstum tragen sowohl die landwirtschaftliche als auch die industrielle Produktion bei. Profitieren sollte das Land vom niedrigen Ölpreis und der Erholung in Europa, der wichtigsten Exportregion. Allerdings dürfte der Tourismus noch unter den Sicherheitsrisiken leiden. Kambodscha ist weiter auf Wachstumskurs. Treiber sind der Tourismus und der starke Textilexport sowie der privilegierte Zugang in die EU, die USA und nach Kanada. Die ausländischen Direktinvestitionen steigen weiter, was der Verlagerung chinesischer und vietnamesischer Betriebe nach Kambodscha, aber auch Public Private Partnerships im Bereich der Energieinfrastruktur zu verdanken ist.
Lateinamerika wurde hingegen von ökonomischen und politischen Faktoren hart getroffen, so von den Problemen auf den Rohstoffmärkten und der geringeren Nachfrage aus China. Nicht nur Venezuela und Argentinien, die 2014 in heftige Liquiditätsprobleme gerieten, sind betroffen, sondern auch Brasilien und Ecuador. Deren Bewertungen A4 und B sind nun unter Beobachtung für eine Herabstufung. Eine Erholung in Brasilien ist 2015 eher unwahrscheinlich. Die Wachstumsprognose liegt bei minus 0,5 Prozent. Die Industrie leidet weiter unter der schlechten Infrastruktur und dem Mangel an qualifizierten Arbeitskräften. Der Automobilbranche macht der Einbruch im Hauptexportland Argentinien zu schaffen. Ecuador ist nach Venezuela in der Region am stärksten vom niedrigen Ölpreis betroffen. Das Haushaltsdefizit wächst, während sich das BIP-Wachstum verlangsamt: von 3,8 Prozent 2014 auf voraussichtlich 1,5 Prozent in diesem Jahr. Auch Nichtölexporte sind, insbesondere in Europa, kaum wettbewerbsfähig.
Nachdem Russland im Oktober 2014 bereits in der Gesamtbewertung des Landes auf C herabgestuft wurde, ist die Bewertung des Geschäftsumfeldes nun ebenfalls nur noch in C. Die Wirtschaft leidet unter eklatanten Mängeln beim Schutz von Eigentumsrechten. Neben der fehlenden Sicherheit für Gläubiger beeinträchtigen die unzureichende Durchsetzung von Rechtsvorschriften und die fehlende Transparenz bei Finanzen und Beteiligungsverhältnissen in den Unternehmen das Geschäftsumfeld. Wichtiger Schwachpunkt bleibt die anhaltende Korruption.
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