Scope Ratings Schleusen der Geldschöpfung

Von Dr. Oliver Everling | 13.April 2021

Das Verschwinden und Wiederauftauchen des „Scope Advisory Boards“ und der nun ungewisse Verbleib eines seiner Mitglieder warf die Frage auf, warum die lokale Ratingagentur in Berlin sich als einzige Agentur in der Europäischen Union einen großen Apparat aus Gremien leistet: „Honorary Board“, „Board of Trustees“, „Advisory Board“, „Supervisory Board“, „Executive Board“, „Management Board“, „Rating Committee“ bis hin zu „Ambassadors“ usw. Obwohl in der eigentlichen „Ratingagentur“ nur wenige Dutzend Analysten tätig sind, nämlich in der weisungsgebundenen Scope Ratings GmbH, nimmt eine Vielzahl von Personen Interessen wahr.

Bezüglich der Motive so vieler Männer stellt sich die Frage, warum sich die Herren (bei Scope sind es ausschließlich Männer) aus den „Boards“ real oder durch das zu Beginn des Jahres 2019 eingeführte „virtuelle Optionsprogramm“ an der Scope SE & Co. KGaA in einem sich über viele Jahre erneuernden Mehrschichtenmodell beteiligen, obwohl die Unternehmensgruppe – nach Insolvenz der vorausgegangenen Ratingagentur Fondscope AG – seit fast zwei Jahrzehnten nur Millionenverluste zu verzeichnen hat. Selbst übernommene Gesellschaften, die vor ihrer Übernahme teils noch Gewinne auswiesen, werden nach Integration in die „Scope Group“ ins Minus gedreht und mit Verlusten weitergeführt.

Der Schlüssel liegt in folgendem: Die jährliche Verlustsituaton sowohl in der – als zentralem Vehikel fungierenden – Scope Ratings GmbH, als auch bei der Muttergesellschaft, der Scope SE & Co. KGaA, macht die Unternehmensgruppe praktisch immun gegen Klagen von geschädigten Anlegern. Es lohnt sich für Geschädigte nicht, gegen eine praktisch mittellose Unternehmensgruppe vorzugehen, die auf steten Mittelzufluss angewiesen ist. Gewinne werden außerhalb des Unternehmens erzielt.

Obwohl seit einem Jahrzehnt schon Prozesse laufen, können Anleger meist nur durch gerichtlichen oder außergerichtlichen Vergleich einen Teil ihrer Ersparnisse zurück erlangen. Geschädigte Sparer müssen sich bei der Scope Ratings GmbH immer wieder auf lange Wege machen, um sich schließlich im Prozessvergleich auf Kompromisse mit der Berliner Ratingagentur einlassen zu müssen.

Der Greensill Skandal bringt nicht nur Sparer in Verlegenheit, die – auf Beratung und qualifiziertes Research angewiesen – zum Beispiel einst dem sehr guten Scope Rating für die Anleihen des „Traumschiffs“ MS Deutschland vertrauten. Jetzt sind auch viele deutsche Kommunen dran, die nicht durch die Einlagensicherung entschädigt werden. Zahlreiche Stadtkämmerer stützten sich in ihrer Anlageentscheidung auf das noch gut ein halbes Jahr vor der Insolvenz der Greensill Bank von Scope aufrecht erhaltene Rating A- für die Greensill Bank – einem Rating gleichauf mit dem der besten deutschen Großbanken.

Nach der EU-Verordnung über Ratingagenturen dürfen nur solche Unternehmen „Credit Ratings“ verbreiten, die zuvor von der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde ESMA dazu autorisiert worden sind. Beispielsweise war die „Scope Ratings GmbH“ im Fall des Skandals um die Greensill Bank die einzige Agentur, die mit ihrem publizierten Rating zur Geldanlage bei dieser Bank dadurch ermutigte, dass sie ein sehr geringes Ausfallrisiko avisierte. Es gab sonst kein veröffentlichtes Rating.

Die Ausfallwahrscheinlichkeit in so kurzer Frist war bei einem Rating A- in Promille zu bemessen. Andere Agenturen hatten kein öffentlich einsehbares Rating für diese Bank. Research-Boutiquen, die die Greensill Bank kritischer sahen und kein Rating A- erteilt hätten, sondern die Greensill Bank sogar im spekulativen Bereich ansiedelten, hätten dieses Rating unter Androhung hoher Geldbußen nicht veröffentlichen dürfen, sondern durften es nach dem Gesetz nur ihren jeweiligen Auftraggebern als „privates Rating“ zur Kenntnis geben.

Unterstützt durch das Rating A- machte die Einwerbung von Finanzmitteln bei der Greensill Bank den legalen Zufluss von Milliarden möglich, deren Verlust nun indirekt von Bankkunden ausgeglichen werden muss, denn die zur Anlegerentschädigung eingesprungene Einlagensicherung holt sich die dafür erforderlichen Mittel von den privaten deutschen Banken. Diese Kosten fließen wiederum in die Kalkulationen der Banken ein und belasten damit indirekt nicht nur Bankaktionäre, sondern auch jeden Sparer dieser Banken.

Die Greensill Bank war durch die Entschädigungseinrichtung deutscher Banken geschützt. Der Schutz dieser gesetzlichen Einlagensicherung beträgt pro Einleger und Kreditinstitut bis zu 100.000 €. In besonderen Fällen sind bis zu 500.000 € geschützt. Das Institut ist zusätzlich Mitglied im Einlagensicherungsfonds der privaten Banken. Der Schutzumfang der Einlage von Sparern bei der Greensill Bank – inklusive des gesetzlichen Schutzes – beträgt mindestens 750.000 €. Der genaue Schutzumfang errechnet sich aus 15% des haftenden Eigenkapitals des Kreditinstituts. Das Minimum an haftendem Eigenkapital in Deutschland beträgt 5 Millionen €. Somit ist der Mindestschutz 750.000 € pro Einleger und Kreditinstitut. Den exakten Schutzumfang kann jeder Einleger beim Einlagensicherungsfonds abfragen.

Für einlagengesicherte Sparer wurde das Risiko eines geschönten Ratings mithin weitgehend auf die privaten Banken abgewälzt. Etwas anderes gilt für die Kommunen, für die es seit 2017 ein automatisiertes Sicherheitsnetz für kommunale Geldanlagen nicht mehr gibt. Bei den Kommunen trägt das Risiko letztlich der Steuerzahler, der im Falle des Verlustes in seiner Stadt oder in seiner Gemeinde dann eben auf Ausgaben seiner Gebietskörperschaft für Gebäude, Grundstücke, Straßen, Personal, Sozialhilfe und vieles mehr verzichten beziehungsweise durch neue Schulden und Steuererhöhungen anderweitig finanzieren muss.

Mit geschönten Ratings kann auf Dauer keine Ratingagentur existieren. Daher wird auch bei der Scope Ratings GmbH mehr angestrebt. Dazu kommt die Pyramide aus „Honorary Board“, „Board of Trustees“, „Advisory Board“, „Supervisory Board“, „Executive Board“, „Management Board“ bis hin zu „Ambassadors“ ins Spiel. In den über ganz Europa laufenden „road shows“ der Geldeinwerber von Scope zeigt sich nach dem Deckblatt schon auf Seite 2 allein das Bild von Jean-Claude Trichet. Von November 2003 bis Oktober 2011 war er Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB):

Jean-Claude Trichet in Scope Presentation

Der wichtigste Käufer von Anleihen an den Finanzmärkten ist in Europa die Europäische Zentralbank. Auch wenn diese Käufe nach Urteil des Bundesverfassungsgerichts teilweise verfassungswidrig sind, erfolgen diese Käufe doch nach bestimmten Regeln und nicht ganz willkürlich. Das eigentliche Geschäft für Scope Ratings kommt mit den Bank- und Unternehmensanleihen, die in der Regel nur dann von der Europäischen Zentralbank gekauft werden, wenn sie „investment grade“ beurteilt wurden. Unternehmensanleihen müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllen, um in das Aufkaufprogramm der Europäischen Zentralbank aufgenommen zu werden.

Für die Europäische Zentralbank kam es bisher nicht in Frage, sich bei ihren Ankäufen von Anleihen allein auf das Rating der lokalen Agentur in Berlin zu stützen, auch wenn diese bereits als Ratingagentur nach der EU-Verordnung über Ratingagenturen durch die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde ESMA registriert wurde. Um Anleihen an die Europäische Zentralbank zu verkaufen, ist das Rating einer durch die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde ESMA anerkannten Ratingagentur eine notwendige, aber keine hinreichende Bedingung.

Die konsolidierte Bilanz des Eurosystems, das die Aktiva und Passiva der nationalen Zentralbanken des Euroraums umfasst, hält nach Berechnung der FERI ab 2021 schon rund 45 % aller Staatsschulden in ihrer billionenschweren Bilanz, darüber hinaus noch hunderte Milliarden an Bank- und Unternehmensschulden. Welche Anleihen die Europäische Zentralbank kauft, wurde in den „Leitlinien vom 20. September 2011 über geldpolitische Instrumente und Verfahren des Eurosystems“ festgelegt und vom damaligen Präsidenten der Europäischen Zentralbank, nämlich Jean-Claude Trichet, unterschrieben, der nun für Scope Ratings wirbt. Diese von Jean-Claude Trichet in Kraft gesetzten Regeln sind heute der Schlüssel für den Erfolg von Scope Ratings, auch wenn die Ratings dieser Agentur sonst bei professionellen Anlegern kaum Beachtung finden.

Am 24. Mai 2011 war die später von Scope übernommene PSR Rating GmbH zwar schon von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht als Ratingagentur anerkannt, aber noch nicht von Scope übernommen worden. Das erfolgte rückwirkend zum Monatsbeginn im Januar 2012. Seitdem ist es der in Scope Credit Rating GmbH umbenannten, dann in Scope Ratings AG umgewandelten und schließlich wieder in die Rechtsform der Gesellschaft mit beschränkter Haftung zurückgeführten Scope Ratings GmbH nicht gelungen, die Anerkennung durch die Europäische Zentralbank zu erlangen, da die Ratinghistorie von Scope Ratings weit hinter der von vier anerkannten Agenturen zurückbleibt, die auf Basis der Leitlinien schon längst akzeptiert werden konnten.

Um das zu ändern, gingen am 20. September 2020 diejenigen bei Scope mit an Bord, die ursprünglich das System eingefädelt haben und nun partizipieren – mit zeitlichem Abstand, der die Zusammenhänge unauffällig macht. Jetzt soll Scope Ratings als „die“ europäische Ratingagentur die EZB-Anerkennung als privilegierte „external credit assessment institution“ (ECAI) erhalten. Das bedeutet im Klartext, dass ein Emittent mit dem Kauf eines „guten“ Scope Ratings sicherstellen soll, dass die Europäische Zentralbank diese Finanztitel einer Bank abkaufen und dadurch Geld schöpfen kann.

Professionelle Investoren weltweit nehmen von Scope Ratings bisher kaum Notiz. Die Ratingagentur ist in den wichtigsten Finanzmärkten der Welt – gleich ob in den USA, in Japan oder gar in China – praktisch unbekannt. Daher dienen die vielen Herrenrunden in der Pyramide von Scope dazu, den Druck auf das System der Europäischen Zentralbanken zu verstärken, der Ratingagentur das Privileg zu gewähren, die für den Aufkauf von Anleihen maßgebliche Schleusenfunktion der Ratings wahrnehmen zu dürfen. Es genügt, den Geldschöpfungsprozess der Europäischen Zentralbank abgreifen zu können.

Der Geldschöpfungsprozess soll mit Hilfe von Scope Ratings wie folgt ablaufen: Die Europäische Zentralbank erkennt Scope Ratings an. Emittenten beantragen Ratings von Scope Ratings für einen durch das System der Europäischen Zentralbanken aufkaufbaren Finanztitel. Dafür zahlen Emittenten an Scope Ratings jeweils fünf- bis sechsstellige Ratinggebühren für den Antrag sowie anschließend über die Jahre der Laufzeit.

Mit diesem Rating ausgestattet können Geschäftsbanken diese Finanztitel kaufen und zur Refinanzierung an das Notenbanksystem weiterverkaufen. Die Europäische Zentralbank hält die Titel so lange, bis Scope Ratings das Rating unter bestimmte Grenzen, im Regelfall in den Bereich „speculative grade“ herabzustufen droht oder herabgestuft hat. Solche Papiere werden dann an den Finanzmärkten zurück an Banken, Kapitalsammelstellen usw. verkauft. Anschließend werden die Papiere entweder in Fonds gebündelt oder direkt an Sparer oder auch an Kommunen verkauft. Spätestens dann kann Scope Ratings Herabstufungen vornehmen, ohne dass diese für das „Ökosystem“ schädlich wären, denn tritt der Ausfall ein, erleidet keiner der Beteiligten einen Verlust, sondern „nur“ die gutgläubigen Sparer, denen die Papiere als letzte in der Kette verkauft wurden.

Klagen dann aber die geschädigten Sparer gegen Scope Ratings auf Schadensersatz, haben sie ein Unternehmen vor sich, das praktisch über kein Eigenkapital, also kein eigenes Vermögen verfügt. Da auch die Muttergesellschaft, die Scope SE & Co. KGaA, nur Verluste ausweist, hilft auch kein Ergebnisabführungsvertrag, da auch die Scope SE & Co. KGaA so geführt wird, dass sich hier kein Milliardenvermögen anhäuft, das zum Ausgleich von gegebenenfalls angerichteten Milliardenschäden herangezogen werden könnte.

Es nutzt dann Sparern nichts, wenn die Gerichte die Schuld feststellen und Scope Ratings zum Schadensersatz verurteilen. Diese Anleger haben mit ihren Schadensersatzforderungen auf keinen hinter Scope Ratings stehenden Milliardär irgendeinen Durchgriff. Alle Herren von Scope sind durch das Mehr-Schichten-Modell geschützt. Wie schon geschehen, kommt es allenfalls zu kleineren Vergleichen, wenn es – aus Sicht der „Scope Group“ – um Bagatellbeträge geht.

Sollten dennoch z.B. geschädigte Kommunen gemeinsam gegen Scope Ratings klagen und die Gesellschaft in die Insolvenz zwingen, kann das Geschäftsschema mit einer gerade von Scope SE & Co. KGaA erworbenen, anderen Ratingagentur, die ebenfalls über eine Registrierung durch die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde ESMA verfügt, weiter betrieben werden. So wurde im März 2021 beispielsweise die Euler Hermes Rating GmbH in Hamburg gekauft und schon in „Scope Hamburg GmbH“ umbenannt.

Scope Ratings kann aber darauf setzen, dass jede renommierte Anwaltssozietät von solch irrationalem Vorgehen gegen die Ratingagentur eher abraten wird, da kaum eine Befriedigung in Aussicht steht. Ohne Befriedigungsaussicht kann allenfalls ein geräuschloser Vergleich über einen kleinen Teilbetrag erreicht werden.

Die Scope SE & Co. KGaA unterscheidet sich von den Muttergesellschaften der international führenden Ratingagenturen dadurch, dass sie über kein Milliardenvermögen wie die Großen der Branche verfügt. Entsprechend ergibt sich eine andere Anreizsituation und ein anderes moralisches Risiko. Gewinne werden statt innerhalb der Gesellschaften insbesondere für den Initiator des Geschäftsschemas außerhalb erzielt, indem Optionen, Wandlungsrechte und Anteile zu immer höheren Preisen in privaten „road shows“ an einen stets immer weiter gezogenen Kreis von Prominenten, Kapitalmarktakteuren und Kapitalsammelstellen verkauft werden. Es lockt die Aussicht, die Schleusen zur Geldschöpfung zu betätigen.

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Einfacher, übersichtlicher: S&P Global Ratings

Von Dr. Oliver Everling | 12.April 2021

Der heutige Tag markiert die Neugestaltung und Konsolidierung der geschäftskritischen S&P Global Ratings-Regulierungsseite www.standardandpoors.com in www.spglobal.com/ratings. Diese Konsolidierung bietet Benutzern der Regulierungsseite von S&P Global Ratings dieselbe Benutzeroberfläche, die derzeit auf spglobal.com/ratings verfügbar ist, und bietet ein einheitliches Erscheinungsbild, das über eine einzige URL zugänglich ist.

Die aufsichtsrechtlichen Angaben, Richtlinien und Verhaltenskodizes, Ratinghistorien und Ratingdefinitionen sollen nun von denselben Funktionen profitieren, die im August 2019 unter www.spglobal.com/ratings eingeführt wurden, wie z.B. ein verbessertes mobiles Erlebnis, intuitive „Benutzerreisen“, eine vereinfachte und intelligentere Suchfunktion sowie Anpassung der Kommunikationspräferenzen durch schnelle und einfache Registrierung. Um einen unterbrechungsfreien Zugriff zu gewährleisten, sind die Anmeldeinformationen zu aktualisieren.

Zu den regulatorisch relevanten Dokumenten führt der Link https://www.spglobal.com/ratings/en/regulatory/content/disclosures. Derzeit sind hier die erforderlichen Dokumentationen der Ratingagentur für Argentinien, Australien, Brasilien, Europäische Union, Hong Kong, Israel, Japan, Kanada, Mexiko, Russland, Saudi Arabien, Singapur, Südafrika, das Vereinigte Königreich sowie die Vereinigten Staaten von Amerika hinterlegt.

„Dies ist nur der Anfang der Reise und im weiteren Verlauf des Jahres und darüber hinaus werden Sie die Einführung mehrerer weiterer Verbesserungen sehen“, kündigt S&P Global Ratings an. „Wir laden Sie ein, sich mit den umfangreichen Inhalten der konsolidierten Website zu Themen wie ESG, Leveraged Finance, Länderratings, Post-COVID-Kreditwiederherstellung und vielem mehr auseinanderzusetzen.“

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Europäischer ETF-Marktbericht im März 2021

Von Dr. Oliver Everling | 12.April 2021

Anbieter von Exchange Traded Funds in Europa verzeichneten im März einen geschätzten Nettozufluss von 16,6 Mrd. €, berichtet Detlef Glow, Head of Lipper EMEA Research bei Refinitiv. „Das verwaltete Vermögen der europäischen ETF-Branche erreichte Ende März 2021 ein neues Allzeithoch (1.095,8 Mrd. €). Aktien-ETFs (+ 18,7 Mrd. €) verzeichneten im März die höchsten geschätzten Nettozuflüsse in der europäischen ETF-Branche.“

Die meistverkaufte globale Lipper-ETF-Kategorie für März war Equity US (+ 4,7 Mrd. €), gefolgt von Equity Global (+ 3,8 Mrd. €) und Equity Sector Financials (+ 1,9 Mrd. €). Xtrackers war im März der meistverkaufte ETF-Promoter in Europa (+ 4,8 Mrd. €), vor iShares (+ 4,2 Mrd. €) und Vanguard Group (+ 2,0 Mrd. €). Die 10 meistverkauften Fonds erzielten im März einen Nettozufluss von insgesamt 9,3 Mrd. €. Der meistverkaufte ETF für März, der iShares Edge MSCI USA Val Factor OGAW ETF USD Acc, erzielte einen Nettomittelzufluss von 1,4 Mrd. €.

Detlef Glow, Leiter der EMEA-Forschung bei Refinitiv Lipper, kommentiert: „Der März 2021 war der zwölfte Monat in Folge mit Zuflüssen in ETFs nach den Abflüssen, die durch den Ausbruch der Coronavirus-Pandemie im März 2020 verursacht wurden. Diese Zuflüsse erfolgten in einem positiven Marktumfeld. Die Anlegerstimmung wurde weiterhin von der zunehmenden Dynamik der COVID-19-Pandemie in Europa und anderen Teilen der Welt beeinflusst.“

Detlef Glow sieht die positive Entwicklung der zugrunde liegenden Märkte in Kombination mit den geschätzten Nettozuflüssen, die zu einer Erhöhung des verwalteten Vermögens von 1.034,4 Mrd. € zum 28. Februar 2021 auf 1.095,8 Mrd. € Ende März führten. Der Anstieg von 61,5 Mrd. EUR im März war auf den geschätzten Nettoumsatz (+ 16,6 Mrd. €) zurückzuführen, während die Wertentwicklung der zugrunde liegenden Märkte mit 44,8 Mrd. € zur Erhöhung des verwalteten Vermögens beitrug.

Der Experte sieht sich nicht überrascht, dass Aktienfonds (775,2 Mrd. €) den größten Teil des Vermögens besaßen, gefolgt von Rentenfonds (273,4 Mrd. €), Rohstoffprodukten (37,1 Mrd. €), alternativen OGAW-Produkten (5,6 Mrd. €) und Geldmarktfonds (2,2 Mrd. €), Fonds mit gemischtem Vermögen (2,2 Mrd. €) und „sonstige“ Fonds (0,1 Mrd. €).

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EU-Transparenzrichtlinie nur wichtiger Zwischenschritt

Von Dr. Oliver Everling | 12.April 2021

Nachhaltigkeit ist für das Bad Homburger Investmenthaus FERI ein globaler Megatrend, der klare Positionierung fordert. „Nachhaltigkeit spielt für Unternehmen und Investoren eine zunehmend zentrale Rolle, gleichzeitig wird das Thema in der Finanzwelt zum Marktstandard“, sagt Dr. Heinz-Werner Rapp, Vorstand und Chief Investment Officer der FERI Gruppe. Die jüngst in Kraft getretene Offenlegungsverordnung der Europäischen Union sei ein entscheidender Schritt, um mehr Transparenz zu schaffen und Kapital verstärkt in nachhaltige Wirtschaftsbereiche zu lenken. Seit dem 10. März 2021 müssen sowohl Unternehmen als auch Finanzprodukte und -konzepte ihren Beitrag zur Nachhaltigkeit transparent dokumentieren.

Bereits vor Jahren hat FERI die Weichen in Richtung Nachhaltigkeit gestellt und geht vielfach über die Erfüllung rein regulatorischer Anforderungen hinaus. Das Unternehmen setzt dabei auf einen integrierten Ansatz, bei dem ESG-Kriterien mit den 17 Sustainable Development Goals (SDG) der Vereinten Nationen kombiniert werden. „Wir verzeichnen eine kontinuierlich steigende Nachfrage sowohl von institutionellen als auch von privaten Mandanten, die eine klare Nachhaltigkeits-strategie verfolgen möchten, oft mit Fokus auf die SDG“, sagt Antje Biber, Leiterin des FERI SDG Office.

Nachhaltige Anlageinstrumente stehen bei FERI im Fokus eines zentralen Asset Allocation-Prozesses, der unmittelbare Rückwirkungen auf eine Vielzahl von Kundenportfolios hat. Bei der Auswahl von Nachhaltigkeitsinvestments arbeitet FERI mit unterschiedlichen externen Datenanbietern und Ratingunternehmen zusammen, darunter etwa MSCI ESG. Seit kurzem gehört auch der Research-Anbieter ESG Screen 17 zu den Kooperationspartnern.

ESG Screen 17 analysiert über ein innovatives Scoring-System Unternehmen laufend in Bezug auf die 17 UN-Nachhaltigkeitsziele (SDG). „Die Daten von ESG Screen 17 bieten uns nicht nur eine zielführende Ergänzung im Hinblick auf die SDG, sondern auch ein unabhängiges Korrektiv zu anderen Datenbanken, Ratings und Analysen“, sagt Antje Biber. Ziel und Anspruch der Nachhaltigkeitsaktivitäten bei FERI sei es, die globalen Ziele einer nachhaltigeren Wirtschaft zu unterstützen. Mit Hilfe intelligenter Investmentlösungen sollen die UN-SDG investierbar gemacht werden; dies ermögliche Anlegern, in Übereinstimmung mit individuellen ethischen und moralischen Werten wirkungsorientiert zu investieren.

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Verschwundener im Scope Advisory Board

Von Dr. Oliver Everling | 11.April 2021

„Der Scope Advisory Board bringt international renommierte Persönlichkeiten zusammen, die als Botschafter für Scope fungieren, um die alternative europäische Ratingagentur zu werden. Der Beirat vertritt die europäische Vielfalt und ihre vielfältigen Finanzmärkte und Volkswirtschaften. Alle Mitglieder tragen mit ihrem Ruf, ihrem Netzwerk und ihrem Fachwissen dazu bei, die Sichtbarkeit der europäischen Ratingalternative zu stärken“, schrieb mit Copyright 2020 die Scope SE & Co. KGaA noch Mitte März 2021 auf ihrer Webseite https://scopegroup.com/boards-and-ambassadors.

Mitte März 2021 ließen sich folgende Personen mit Fotos, Namen und – ausgewählten – Funktionsbezeichnungen auf der Website abbilden. Honorary Board: Prof Dr Horst Köhler, Jean-Claude Trichet, José Manuel González, Pier Carlo Padoan und Leszek Balcerowicz. Board of Trustees: Gerd Häusler (Chair), Simon Fraser (Vice Chair), Lorenzo Bini Smaghi, Dr. Johannes Fritz, Dr. Dieter Schenk. Advisory Board: Dr. Peter M. Haid (Chair), Maurice Thompson, Prof. Ewald Nowotny, François Tesch, Janusz Reiter, Alejandro Fernández de Araoz, Luigi Dante, Dr. Herbert Stepic, Dr. Michael Ollmann, Panfilo Tarantelli, Prof. Dr. Mark Binz, Francisco R. Rey, Torsten Hinrichs, Zaza Beradze, Yaroslav Issakov.

Die Logik der Reihenfolge ist unklar. Hatte der direkt nach dem Vorsitzenden des Beirats, Dr. Peter M. Haid, genannte Maurice Thompson eine Sonderstellung, war er Primus inter pares und deshalb vor Prof. Ewald Nowotny, François Tesch oder Janusz Reiter usw. zu nennen? Das Ranking folgte jedenfalls nicht einem alphabetischen Ordnungssystem.

Anfang April „verschwand“ der Scope Advisory Board von der Website. Nur noch die Herren – es sind überall ausschließlich Männer – des Honorary Board und des Board of Trustees waren verblieben. Nach der Veröffentlichung über die „Rumpfwebsite“ sind inzwischen alle Männer wieder da – fast alle, denn nun fehlt Maurice Thompson. Doch wie tragen jetzt die Mitglieder „mit ihrem Ruf, ihrem Netzwerk und ihrem Fachwissen“ dazu bei, die Sichtbarkeit der europäischen Ratingalternative zu stärken?

Über Maurice Thompson aus obiger Liste, Aufsichtsratschef des in Havarie geratenen Bremer Kreditinstituts, der Greensill Bank, wurde nicht nur als Aktionär, sondern auch als Beirat der Berliner Ratingagentur berichtet. Scope Ratings erteilte erst 2019 ein Rating A- für die Greensill Bank und hielt es bis 17. September 2020 aufrecht – ein Rating gleichauf mit dem der namhaftesten deutschen Banken. „Ein Rating mit Geschmäckle“, wie die Börsen-Zeitung berichtete.

Am 2. April 2021 wurde auf das Verschwinden des „Scope Advisory Board“ aufmerksam gemacht und über Zusammenhänge berichtet. Nun lässt sich der Vorgang als bloße Aktualisierung der Website bagatellisieren, denn der „Scope Advisory Board“ ist heute wieder da – aber ohne Maurice Thompson. Eine Meldung findet sich dazu im „Media Centre“ der „Scope Group“ nicht – kein Dank für die von ihm geleistete Arbeit, mit seinem Ruf, seinem Netzwerk und seinem Fachwissen dazu beigetragen zu haben, die Sichtbarkeit der europäischen Ratingalternative zu stärken, wie es angeblich Auftrag des „Scope Advisory Board“ ist. Aber es gibt auch kein Eingeständnis, was den mangelnden Dank erklären würde. Verschwiegenheit gehört offenbar zu den Prinzipien, nach denen der Vorsitzende Dr. Peter M. Haid den Beirat führt.

 

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Kluger Auftrag der Stadt Münster in Westfalen

Von Dr. Oliver Everling | 10.April 2021

Ein automatisiertes Sicherheitsnetz für kommunale Geldanlagen gibt es seit 2017 nicht mehr. Wenn Kommunen nicht selbst umfangreiche Research-Abteilungen aufbauen wollen, in denen Finanzanalysten tausende qualitative Daten und Jahresabschlüsse von Emittenten finanzieller Produkte untersuchen, sind die Kommunen auf unabhängige Urteile verlässlicher Ratingagenturen und Spezialisten angewiesen. Der Skandal der Berliner Ratingagentur Scope um die Greensill Bank in Bremen zeigt, welche milliardenschwerden Folgen geschönte Urteile haben können (siehe Börsen-Zeitung: Rating mit Geschmäckle).

Die Stadt Münster in Westfalen verließ sich nicht auf das Urteil einer in der Europäischen Union registrierten Ratingagentur – der Vorgang an sich ist schon eine Blamage nicht nur für die betroffene lokale Ratingagentur Scope Ratings GmbH in Berlin, sondern auch für die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde ESMA in Paris, denn fern ab in Paris sitzen die Aufseher, denen über Vorgänge in Berlin bereits interne Compliance-Berichte, Transparenzberichte und Anzeigen vorlagen. Es mangelte nicht an Sorgen und Hinweisen.

Die Arbeit der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde ESMA hinkt weit hinterher: So wurden bei der Berliner Scope Ratings erst im Sommer 2020 Vorgänge sanktioniert, die schon 2015 erwiesen waren (siehe „Kein Verlass auf Scope Ratings“). Die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde ESMA lässt es zu, dass die Agentur Scope ungehindert Bankenratings weiterhin erstellen kann, die nicht nur volkswirtschaftlich zur Fehlallokation der Ressource „Kapital“ führen, sondern nun auch die beklagten Milliardenschäden bewirken.

Dabei gilt es zu bedenken, dass Ratingagenturen ohne Zertifizierung oder ohne Registrierung durch die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde ESMA nach der EU-Verordnung über Ratingagenturen keine Ratings veröffentlichen dürfen. Es darf kein Unternehmen Ratings verbreiten und zugleich über diese Ratings behaupten, sich mit qualifizierten Analysten in einem kompetenten Ratingkomitee fachlich fundierte Bonitätsurteile über andere Unternehmen gebildet zu haben, ohne zuvor dafür eine Anerkennung durch die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde ESMA erhalten zu haben. In der Autorisierung durch die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde ESMA liegt daher ein Signal für alle Marktteilnehmer, dass bestimmte taxonomische wie auch prozessuale Mindeststandards durch die Ratingagentur eingehalten werden.

„Die Stadt Münster hat im Sommer 2019 sehr genau hingesehen, als es galt, ein vergleichsweise attraktives Angebot der Greensill-Bank für die Anlage eines längerfristigen Festgeldes zu prüfen“, berichtet jetzt Stadtkämmerin Christine Zeller. Die Stadt beauftragte damals eigens die Schweizer Agentur Independent Credit View (I-CV) mit einer besonders sorgfältigen Prüfung der Greensill-Bank.

„Was sich im Rückblick als kluge Entscheidung erwies. Denn der Prüfauftrag der Stadt Münster führte dazu, dass die Schweizer I-CV-Experten schon 2019 zu einer warnenden Einschätzung hinsichtlich der Vertrauenswürdigkeit der Greensill Bank kamen,“ schreibt die Stadt Münster in Westfalen in einer Mitteilung, „während das Institut in den Augen der meisten anderen Fachleute noch unauffällig war.“

Von „den meisten“ Fachleuten – wie es die Stadt Münster behauptet – kann jedoch nicht die Rede sein. Zur Erteilung von Ratings sind in der Europäischen Union nur autorisierte Ratingagenturen befugt. Nur nach Registrierung oder Zertifizierung dürfen diese Agenturen ihre Urteile in Form der bekannten Buchstabencodes veröffentlichen. Die Greensill Bank war aber nur von der lokalen Ratingagentur in Berlin, der Scope Ratings GmbH, mit einem guten Credit Rating beurteilt worden, einem Rating „A-„, wie es sonst nur die besten deutschen Banken genießen. Daher konnten sich Sparer wie auch institutionelle Anleger nur an diesem Rating orientieren, alles andere hätte einen kostspieligen Auftrag an Spezialisten wie die in der Schweiz erfordert.

Die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde führt die Berliner „Scope Ratings GmbH“ unterschiedlos in einer Liste gemeinsam mit den international führenden wie auch mit anderen zertifizierten oder registrierten Ratingagenturen. Für Außenstehende sind Unterschiede in den Qualitäten dieser Ratingagenturen nicht ohne weiteres erkennbar (Beweis: Liste „CRA Authorisation“ der ESMA).

Da einzig die Scope Ratings GmbH eine Autorisierung hatte und zugleich auch das Rating „A-“ für die Bank ihres Scope-Beiratsmitgliedes und Scope-Investors Maurice Thompson hatte, blieb Sparern und Anlegern keine andere Wahl, als auf dieses Rating der durch die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde ESMA anerkannten Agentur zu vertrauen. Der Investor der Ratingagentur Scope ist zugleich auch Aufsichtsratsvorsitzender der insolventen Greensill Bank.

Aufsichtsratsvorsitzender der Scope SE & Co KGaA (ehemals Scope Corporation AG) ist Georg Graf Waldersee, der zugleich auch Aufsichtsratsvorsitzender der in den Wirecard-Skandal verwickelten Ernst & Young GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft ist und Martha Boeckenfeld als Aufsichtsratsvorsitzende der Scope Corporation AG (heute Scope SE & Co KGaA) ablöste, Martha Boeckenfeld, die schon damals zugleich auch Aufsichtsrat der von Scope Ratings mit einem ebenso guten Rating wie für die Greensill Bank beurteilten italienischen Großbank Unicredit war.

Während sich die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde ESMA aber noch mit der Aufarbeitung der Gesetzesverstöße durch Scope aus dem Jahr 2015 beschäftigte, wurden von Scope Ratings GmbH ungehindert weiter Ratings veröffentlicht und sogar mutwillig mit einem aufwändigen Netz aus „Botschaftern“ von Berlin aus in ganz Europa verbreitet. Zahlreiche Befunde belegen das Verhalten der Ratingagentur. Das Versäumnis wiegt umso schwerer, da Externe das „genaue Vorgehen von Scope bei der Ratingvergabe“ nicht kennen. Die mangelnde Transparenz erlaubt es nicht zu beurteilen, ob die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde ESMA zurecht Scope’s Lizenz zur Erteilung von Ratings (und zur Vereinnahmung hoher Ratinggebühren) aufrecht erhält.

Rat von außerhalb der Euroäischen Union zu suchen und einen Prüfauftrag an die Schweizer I-CV-Experten zu erteilen, hat sich jedenfalls für die Stadt Münster gelohnt. Die kluge Stadtkämmerin darf auf ihr Gespühr stolz sein, nicht vorschnell dem ihr für die Greensill Bank aufgedrängten guten Rating aus Berlin gefolgt zu sein. Leider bedurfte es dazu erst eines Prüfauftrags an die Schweizer Independent Credit View AG – Kosten der Prüfung, die nach der Logik des Ratingwesens, das von den Emittenten selbst bezahlt wird, eigentlich den Investoren erspart bleiben sollten.

Von der unabhängigen Research-Boutique für institutionelle Bondinvestoren gab es aus Zürich jedenfalls eine klare Warnung – nur leider nicht auch für jeden Sparer und jede Kommune. „Münster ist dieser Einschätzung damals gefolgt und hat sich gegen ein Geschäft mit der Greensill-Bank entschieden“, so Zeller. „Damit blieb der Stadt – anders als vielen anderen Kommunen in Deutschland – ein mutmaßlicher Millionenschaden erspart.“

Wer sich aber ordnungsgemäß auf das Rating der durch die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde ESMA kontrollierten Scope Ratings GmbH verließ, hat nun das Nachsehen. Allerdings ist gegen die Machenschaften der Scope-Gruppe, dessen Initiator sich aus seinem Büro mit Blick auf den Reichstag in Berlin gerne mit altgedienten Politikern, einflussreichen Prominenten und einem am Kapitalmarkt aktiven Ankerinvestor umgibt, mit den aufsichtsrechtlichen Instrumenten der Euroäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde ESMA schwer anzukommen – siehe „Scope Group außer Kontrolle“ oder „Scope Ratings Spiel des Gesellschaftsrechts“ zum Beispiel.

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Explodierende Bewertungen für EdTech-Unternehmen

Von Dr. Oliver Everling | 8.April 2021

Corona und Digitalisierung bringen den Bildungsmarkt in Bewegung wie kaum je zuvor. Um wieviel es hier geht, zeigt finanziell auch der Börsengang von Coursera. Das ist ein US-amerikanischer Anbieter von interaktiven Onlinekursen, kurz MOOC (Massive Open Online Courses). Ende März katapultiert die Börsenbewertung das Unternehmen mit einem Satz auf Platz 10 der größten börsennotierten Bildungsunternehmen der Welt. „Unter dem NYSE-Ticker COUR sammelt es bei einer impliziten Bewertung von 4,3 Milliarden US-Dollar fast 520 Millionen US-Dollar ein“, berichtet Rahul Bhushan, Mitgründer von Rize ETF. „Nach Ende des ersten Handels war eine Marktkapitalisierung von sage und schreibe 5,9 Milliarden US-Dollar erreicht. An die Stelle von Coursera auf der Liste der 20 größten privaten EdTech-Einhörner rückt nun Yunxuetang aus China. Das Unternehmen hat im März dieses Jahres bei einer Serie-E-Finanzierungsrunde über 190 Millionen Dollar eingesammelt.“

Die Erfolgsgeschichte von Coursera beginnt 2012, als Professoren der renommierten Universität Stanford eine digitale Studienplattform gründen. „So bietet Coursera Universitäten Online-Kurse, Zertifizierungen und Abschlüsse in einer Vielzahl von Fächern. Heute ist Coursera mit mehr als 3.200 Kursen in 13 Sprachen Partner von über 190 Institutionen aus mehr als 40 Ländern. Seit 2016 hat das Unternehmen seinen Umsatz von damals nur 60 Millionen US-Dollar auf 293 Millionen US-Dollar im Jahr 2020 gesteigert“, berichtet Rahul Bhushan. Die Einnahmen generiert das Unternehmen mit sogenannten Signature Tracks – Kursen, die zwischen 30 bis 100 US-Dollar kosten. Außerdem gibt es Spezialisierungen als Monatsabonnements zwischen 39 und 89 US-Dollar, Abschlüsse (vollständige Studiengänge ab 15.000 US-Dollar aufwärts) und Business-Kurse für Unternehmen zu 400 US-Dollar pro Nutzer und Jahr.

Auf dem Fuß von Coursera könnte alsbald die im Mai 2020 gegründete Plattform Udemy an die Börse folgen, glaubt Rahul Bhushan. „Udemy mit Hauptsitz in San Francisco ist gleichfalls MOOC-Anbieter, jedoch nicht nur für Studierende, sondern auch für berufstätige Erwachsene, die sich beruflich weiterbilden. Im Februar 2021 haben sich bei Udemy mehr als 40 Millionen Studenten eingeloggt und sich 480 Millionen Mal für Kurse eingeschrieben. Insgesamt fanden 155.000 Kurse in über 65 Sprachen mit 70.000 Dozenten statt. Studenten und Dozenten stammen aus über 180 Ländern, zwei Drittel der Studenten befinden sich außerhalb der USA.“

Nicht nur börsenreife Unternehmen stehen in den Startlöchern. So gibt es auch eine Pipeline von hoch innovativen Start-ups, so auch in Berlin – zwar nicht von deutschen Gründern, sondern von einem internationalen Team: „Alles, was Sie brauchen, um Live-Online-Erlebnisse zu ermöglichen und zu skalieren“, verspricht GetClustered.App und bietet eine leistungsstarke Kombination von Funktionen, die Mitglieder von Online-Kursen motivieren und unterstützen und den Professoren, Lehrern, Tutoren und Repetitoren gleichzeitig wertvolle Zeit und Geld sparen.

Laut Researchhaus HolonIQ wird sich die Größe des globalen EdTech-Marktes bis 2025 verdoppeln. „Wir erwarten weitere EdTech-Börsengänge im Lauf dieses Jahres“, sagt Rahul Bhushan und sieht im Markt keine Anzeichen einer Verlangsamung, im Gegenteil: „Das globale Engagement auf dem Bildungsmarkt dürfte die Art und Weise, wie auf der ganzen Welt auf Bildung zugegriffen, finanziert und konsumiert wird, völlig neu gestalten. Für den Einzelnen und die Gesellschaft sind dies genauso positive Nachrichten wie für Investoren.“

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Wenn die EU einknickt, wächst der Druck der USA

Von Dr. Oliver Everling | 8.April 2021

Die Volatilität ist zurück an den chinesischen Aktienmärkten: Nachdem der MSCI China von seinem Tiefpunkt im März 2020 bis zu einem Höchststand im Februar 2021 um 90 % gestiegen war, ist er im letzten Monat um 16 % gefallen, berichtet die Schweizer Privatbank Union Bancaire Privée (UBP).

Diese Volatilität geht nach Meinung der Schweizer Experten auf unterschiedliche Faktoren zurück: „Neben zyklischen Erwägungen dürften die langsame Normalisierung der chinesischen Geldpolitik, der wachsende Druck der chinesischen Kartellwächter sowie die merklich steigenden geopolitischen Spannungen dabei eine Rolle gespielt haben.“

Norman Villamin, CIO Wealth Management und Head of Asset Allocation der Schweizer Privatbank Union Bancaire Privée (UBP)

Norman Villamin, CIO Wealth Management und Head of Asset Allocation der Schweizer Privatbank Union Bancaire Privée (UBP)

Die zyklischen Bedenken sieht Norman Villamin, CIO Wealth Management und Head of Asset Allocation der Schweizer Privatbank Union Bancaire Privée (UBP), als „wahrscheinlich überbewertet“, da China seine fiskalpolitischen Maßnahmen nicht so dramatisch straffen muss wie 2011 oder 2015, denn die pandemiebedingten Stimuli im Jahr 2020 fielen im historischen Vergleich bescheidener aus.

„Der erhöhte regulatorische Druck könnte hingegen mehr Grund zur Sorge bereiten“, warnt Norman Villamin. Der Druck könnte dazu führen, dass Chinas „Big Tech“-Unternehmen weniger Kapital erwirtschaften und in neue, wachstumsstarke Geschäftsideen reinvestieren. Dies könnte somit trotz attraktiver kurzfristiger Gewinnaussichten auf die hohen Bewertungen drücken.

Darüber hinaus sehen die Schweizer in der Anti-China-Rhetorik der USA in den ersten Tagen der Biden-Administration zwar keine Überraschung, aber: „Sollte die Europäische Union aufgrund des chinesischen Drucks bei ihren Sanktionen einknicken, könnte dies schneller als erwartet zu einer Verschärfung der Maßnahmen von Seiten der USA führen.“

„Für Investoren sehen wir weiterhin zyklische und strategische Chancen auf der nächsten Etappe von Chinas Transformation,“ unterstreicht Norman Villamin, „insbesondere bei den auf dem chinesischen Festland gelisteten A-Shares. Ein Fokus auf inländischen Konsum und Unternehmen in einer frühen Innovationsphase könnte Schutz vor potenziellem regulatorischem und externem Druck bieten.“

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Corona vernebelt langfristige Gründe für Herabstufungen

Von Dr. Oliver Everling | 6.April 2021

Deutschland und die deutsche Industrie muss sich langfristig auf Herabstufungen gefasst machen, wenn nicht umgesteuert wird. Herabstufungen allerdings nicht aufgrund der Pandemie oder inhärenter Probleme der deutschen Industrie, sondern aufgrund wirtschafts- und finanzpolitischer Rahmenbedingungen, die den Standort seit Jahren weiter schwächen.

Die Industrie ist nämlich nach Ansicht von Experten wie denen der FERI Gruppe in Bad Homburg derzeit der wichtigste Stabilisator der konjunkturellen Entwicklung in Deutschland: „Nach dem heftigen Einbruch der Produktion um fast 30 Prozent vor einem Jahr gelang eine schnelle Erholung, im Januar lag die Produktion noch um knapp 3 Prozent unter dem Niveau unmittelbar vor Ausbruch der Pandemie. Gebremst wurde die Aufwärtsentwicklung zuletzt vor allem von fehlenden Speicherchips für die Automobilherstellung. Die deutsche Industrie profitiert vor allem von der starken Nachfrage aus ihren beiden wichtigsten außereuropäischen Absatzmärkten: Die Exporte nach China liegen inzwischen fast 10 Prozent höher als vor Ausbruch der Pandemie, die in die USA nur knapp darunter.“

Wirft man allerdings einen generellen Blick auf die Lage der Industrie, trübt sich das Bild deutlich ein: „Die Industrie befand sich nämlich vor einem Jahr bereits in einer Rezession. In den zwei Jahren vor Ausbruch der Pandemie war die Produktion um etwa 7,5 Prozent gesunken. Einen besonders hohen Anteil daran hatte die Automobilindustrie,“ warnt Axel D. Angermann, der als Chef-Volkswirt der FERI Gruppe die konjunkturellen und strukturellen Entwicklungen aller für die Asset Allocation wesentlichen Märkte analysiert.  Der Anteil der Automobilindustire an der Produktion in diesen zwei Jahren ging um mehr als 20 Prozent zurück. Unabhängig von der Corona-Pandemie steht die Schlüsselbranche vor vier strategischen Herausforderungen:

Erstens sinkt der Anteil Deutschlands an der Gesamtproduktion der deutschen Autohersteller seit 2005 von damals noch deutlich mehr als 50 Prozent auf aktuell (2020) weniger als 30 Prozent. Dies spiegelt einerseits eine stagnierende Inlandsnachfrage und einen rückläufigen Marktanteil deutscher Hersteller an den inländischen PKW-Verkäufen wider, lässt aber auch auf eine sinkende Attraktivität des Produktionsstandorts Deutschland schließen. Das seit vielen Jahren praktisch unveränderte Unternehmenssteuerregime, aufgebrauchte Vorteile in der Entwicklung der Lohnstückkosten, hohe Energiepreise und im internationalen Vergleich bestenfalls durchschnittliche Bildungsausgaben sieht die FERI hierfür als einige Gründe.

Zweitens: „China wird in immer stärkerem Maße von einem Käufer deutscher Produkte zu einem konkurrenzfähigen Hersteller innovativer Erzeugnisse. Der neue, elektrisch betriebene BMW IX3 wird beispielsweise in China für den Weltmarkt entwickelt und gebaut. In dem Maße, in dem China mit seiner Strategie erfolgreich ist, in ausgewählten Bereichen selbst eine führende Rolle einzunehmen, geht das Absatzpotenzial von in Deutschland hergestellten Produkten sowohl in China als auch auf den globalen Drittmärkten zurück.“

Drittens werden mit der Umstellung auf den Elektroantrieb und der Entwicklung hin zu teilautonomem Fahren bisherige Stärken der deutschen Automobilindustrie, die in der Perfektionierung von Verbrennungsmotoren lagen, entwertet, rechnet die FERI aus. „Die Unternehmen sehen sich mit Tesla, aber auch mit Google und Apple neuartigen Wettbewerbern gegenüber und müssen sich selbst zum Teil neu erfinden, um in diesem Wettbewerb bestehen zu können.“

„Die globale Nachfrage wird“, prognostiziert Angermann in seinem vierten Punkt, „in den kommenden Jahren weniger dynamisch wachsen als in den ersten 20 Jahren des Jahrhunderts. In den Industrieländern sind viele Märkte gesättigt, der Klimaschutz dürfte die individuelle Mobilität erheblich verteuern, und auch aus den Schwellenländern fallen die Impulse geringer aus.“

Diese Herausforderungen sind nach Ansicht der FERI in der Autoindustrie besonders deutlich ausgeprägt, betreffen aber in unterschiedlichem Maße auch andere Bereiche der deutschen Industrie. Dass die Industrie auf Dauer eine Stütze der deutschen Wirtschaftsentwicklung bleibt, ist also kein Selbstläufer, sondern setzt erhebliche Anstrengungen in den Unternehmen selbst wie auch in der Gestaltung der Rahmenbedingungen voraus – mit offenem Ausgang.

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Scope Ratings Spiel des Gesellschaftsrechts

Von Dr. Oliver Everling | 2.April 2021

Durch den Skandal der Scope Ratings GmbH um die erstmals 2019 mit A- als „investment grade“ geratete und heute insolvente Greensill Bank in Bermen haben die genauen Aktivitäten dieser lokalen Ratingagentur in Berlin an öffentlicher Aufmerksamkeit gewonnen. Daher werden auch die Hintergründe für die jüngste Berliner Übernahme der Euler Hermes Rating GmbH (EHRG) erforscht.

Der weltbekannte Markenname „Euler Hermes“ wurde von den Berlinern nicht mit erworben. Auch schon damals, als am 1. August 2016 die von der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) registrierte FERI EuroRating Services AG mit Sitz in Bad Homburg von Scope übernommen wurde, kam es Scope nicht auf die Fortführung des guten Namens der erworbenen Agentur an.

Gemäß dem erst am 6. November 2020 veröffentlichten Jahresabschlusses wies die Euler Hermes Rating GmbH (EHRG) in Hamburg 2019 einen „Nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag“ in Höhe von 4.857.377,49 € aus. Der Verlustvortrag erhöhte sich 2019 auf -5.959.576,90 € von -3.112.299,45 € im Vorjahr 2018. Weiterhin wurden Jahresfehlbeträge in Millionenhöhe erwirtschaftet, -2.589.768,15 € im Jahr 2019. Gemessen an der Mitarbeiterzahl hohe Fehlbeträge, wie schon in den Vorjahren: Im Geschäftsjahr 2019 waren im Durchschnitt 21 Mitarbeiter beschäftigt.

Was ist attraktiv an einer Gesellschaft, die seit Mai 2001 zunächst Hermes Rating GmbH, dann Euler Hermes Rating GmbH firmierte, wenn diese seit mehr als einem halben Jahrzehnt nur Verluste bringt und deren wichtigstes Asset der gute Name war, der aber nicht weitergeführt wird? Die Berliner „Scope Group“, die seit fast zwei Jahrzehnten selbst nie Gewinne erwirtschaftete, übernahm die Gesellschaft und schreibt: Euler Hermes Rating „ergänzt künftig das Geschäft von Scope um attraktive Zukunftsfelder“.

Der Analyse-Fokus liege vor allem auf kleinen und mittelgroßen Unternehmen (SME) sowie auf Projektfinanzierungen. „Mit dieser Ausrichtung hat Euler Hermes Rating in Segmenten eine gute Position, in denen große Wachstumspotenziale liegen“, lautet ein Scope-Zitat in der Pressemitteilung von der Euler Hermes Rating GmbH (EHRG) zur Übernahme durch Scope.

Tatsächlich wurde aber die eigens für SME entwickelte Methodologie „TRIBRating“ mit dem Ausstieg von Moody’s aus der Euler Hermes Rating GmbH (EHRG) bereits Ende Juni 2020 eingestellt. „TRIBRating“ versprach für den Mittelstand zugeschnittene Methoden und Modelle für die Bewertung von Kreditrisiken.

Die 2016 angekündigte neue, von Moody’s unterstützte Methodologie „TRIBRating“ gab damals Hoffnung, den Erwartungen von Anlegern und Emittenten besser zu entsprechen, nachdem die alte Methodologie zu herben Enttäuschungen Anlass gab – siehe beispielsweise 2010 „Mit RENA nahen Unternehmensanleihen für Privatanleger“, die schon 2014 in die Insolvenz gingen. Statt der bis 2020 gültigen Methodologie wurde wieder auf den Zustand von 2016 zurückgeschaltet.

Euler Hermes Rating GmbH (EHRG) war am 16. November 2010 die erste Ratingagentur, die in der Europäischen Union als Ratingagentur nach der 2009 verabschiedeten EU-Verordnung über Ratingagenturen registriert wurde. Die dafür zuständige Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) wurde aber erst am 1. Januar 2011 gegründet. Daher wurde die Registrierung der Ratingagentur in Hamburg noch durch die deutsche Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) vorgenommen und anschließend von der Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) fortgeführt.

Die Ablösung von Gesellschaften hat bei Scope „Tradition“: Nach der Insolvenz der Vorgängers der Ratingagentur titelte die Immobilien-Zeitung 2002 „FondScope AG ist tot, es lebe die FondScope GmbH“. Namen und Gesellschaften wurden stets vom selben Initiator gegründet und gewechselt. Am 2. September 2009 wurde eine Scope Credit Rating GmbH als eine 100%ige Tochter einer Scope Holding GmbH gründet und sollte für eine Registrierung durch die damals noch zuständige Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) sorgen.

Die Zustände bei der ursprünglich in Potsdam ansässigen und dann nach Berlin verlegten Scope Credit Rating GmbH erlaubten jedoch keine Registrierung: Daher wurde die damals kleinste Ratingagentur in Deutschland gekauft, die bereits am 24. Mai 2011 eine Registrierung erlangt hatte, namentlich die aus der Prof. Schneck Rating GmbH aus Reutlingen hervorgegangene PSR Rating GmbH, die ihren Sitz von Reutlingen nach Tübingen verlegt hatte. Nach der Übernahme von PSR Rating GmbH wurde die Gesellschaft von Tübingen nach Berlin verlegt und in Scope Credit Rating GmbH umbenannt und die Registrierung durch die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) fortgeführt, während die vormals in Potsdam ansässige Scope Credit Rating GmbH und dann ebenfalls in Berlin firmierende Scope Credit Rating GmbH keine Registrierung bekam. Ohne Registrierung darf eine Ratingagentur in der Europäischen Union nicht Credit Ratings erteilen.

Die heute Scope Ratings GmbH firmierende Gesellschaft geht auf die Vorgängerin in Tübingen zurück, denn die von PSR Rating GmbH in „Scope Credit Rating GmbH“ umbenannte Gesellschaft wurde in „Scope Rating GmbH“ umbenannt, dann formwechselnd in eine Aktiengesellschaft und zurück in eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung umgewandelt, die den Namen „Scope Ratings GmbH“ annahm. Die gleichnamige Gesellschaft Scope Credit Rating GmbH, Berlin (vormals: Potsdam), wies nur Verluste aus. Während die PSR Rating GmbH nach Anlaufverlusten doch bis zur Übernahme durch Scope auch Gewinne erwirtschaftet hatte, wurde nach Integration bei Scope das Geschäftsmodell an das Schema von Scope angepasst und anschließend – wie bei anderen Gesellschaften der Unternehmensgruppe – mit Verlusten weitergearbeitet.

Die Scope Ratings AG entstand durch formwechselnde Umwandlung der Scope Ratings GmbH (Amtsgericht Charlottenburg HRB 145472) in die Scope Ratings AG mit Sitz in Berlin (Amtsgericht Charlottenburg, HRB 161306) aufgrund eines Umwandlungsbeschlusses vom 18. Juli 2014. Danach wurde die Scope Ratings AG wieder in eine Scope Ratings GmbH umgewandelt. Die Eintragung des erneuten Formwechsels erfolgte am 24. Januar 2018.

Wenn ein Vertragspartner der „Scope Group“ sich nicht die Mühe macht, die genauen Handelsregisternummern der Amtsgerichte anzufordern und zu vergleichen, könnte leicht übersehen werden, ob der Vertrag mit einer „Scope Rating GmbH“, „Scope Ratings GmbH“, „Scope Ratings AG“ oder einer der beiden Gesellschaften mit den identischen Namen „Scope Credit Rating GmbH“ geschlossen wurde.

„Gutgläubige“ Investoren, die an die Schoeller Corporation GmbH oder die Schoeller Invest GmbH in der Hoffnung bezahlt oder Leistungen erbracht haben, dafür (Options-) Rechte an der „Scope Group“ und den versprochenen Wertsteigerungen zu erhalten, können sich getäuscht sehen. Dies gilt insbesondere auch deshalb, da in diesen vertraulichen Verträgen die genaue Firma schon in der Vorbemerkung des Vertrags durch eine andere Bezeichnung ersetzt wird, zum Beispiel „Scope AG“ statt „Scope Corporation AG“. Das ist in Verträgen zwar üblich, lässt aber den gutgläubigen Investor schnell übersehen, was tatsächlich verkauft wurde. Die Konsequenzen werden möglicherweise erst bemerkt, wenn ein Börsengang oder eine andere aufschiebende Bedingung eintritt. Der stete Wechsel von Rechtsformen macht es außerdem schwer, die Höhe eines erworbenen Anteils exakt zu berechnen und gerichtlich durchzusetzen.

Zu Beginn des Jahres 2019 wurde ein virtuelles Optionsprogramm für ausgewählte Führungskräfte eingeführt. Für die leitenden Angestellten ist es angesichts der vielen anderen Verbindungen, Verpflichtungen und Ansprüche, wie beispielsweise aus den Wandelschuldverschreibungen, schwierig, den Wert dieser Optionen richtig zu bemessen.

Nach deutschem Gesellschaftsrecht ist gemäß § 76 des Aktiengesetzes die Leitung der Aktiengesellschaft unabhängig. Der Vorstand hat unter eigener Verantwortung die Gesellschaft zu leiten. Diese rechtsformbedingte Unabhängigkeit der Scope Ratings AG, die zudem auch die Einrichtung eines Aufsichtsrats erforderlich machte, der zwischen Vorstand und Alleinaktionär stand, konnte durch die Umwandlung in eine GmbH beseitigt werden. In der Praxis bedeutete der Aufsichtsrat, dass vom geschäftsführenden Hauptaktionär der Muttergesellschaft nicht direkt auf den Vorstand Einfluss genommen und keine rechtlich verbindliche Weisung in Einzelfragen erteilt werden konnte.

Da der Initiator des Berliner Geschäftsschemas und geschäftsführende Hauptaktionär der Muttergesellschaft nie eine Business School sah, weder über eine Berufsausbildung oder einen Hochschulabschluss, noch über einschlägige praktische Erfahrungen aus einer Tätigkeit bei einer anerkannten Ratingagentur verfügt, was typische Voraussetzungen für die Zustimmung der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) für maßgebende Funktionen in einer anerkannten Ratingagentur wären, werden seine Einflussmöglichkeiten alternativ gesellschaftsrechtlich gesichert.

Alleiniger Gesellschafter der Scope Ratings GmbH (vormals: Scope Ratings AG) ist die Scope SE & Co. KGaA (ehemals Scope Corporation AG), vertreten durch den Vorstand, dem der geschäftsführende Hauptaktionär angehört. Der Vorstand kann somit zu Angelegenheiten der GmbH jederzeit beschließen. Welche Weisungen an den bzw. die Geschäftsführer der Scope Ratings GmbH erteilt werden, steht völlig im freien Ermessen der Gesellschafter, also der Scope SE & Co. KGaA. Auch Einzelanweisungen an Geschäftsführer sind möglich, so erlaubt es das Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (§ 37 Abs. 1 GmbHG).

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Maurice Thompson, Aufsichtsratschef des in Havarie geratenen Bremer Kreditinstituts, der Greensill Bank, ist nicht nur Aktionär, sondern auch Beirat der Berliner Ratingagentur, die das Rating A- für die Greensill Bank erteilte – ein Rating gleichauf mit dem der namhaftesten deutschen Banken.

Die Beweise für diese und andere Verbindungen haben die Berliner, die die kritischen Augen der Großbanken sowie die räumliche Nähe zu allen maßgebenden Wettbewerbern aus dem Finanzzentrum in Frankfurt am Main scheuen und ihren Hauptsitz mit einem Blick auf den Reichstag im politischen Berlin bevorzugen, inzwischen aus ihrer Website gelöscht. Die Aktionäre, Wandlungsberechtigten, Optionsinhaber usw. im Mehr-Schichten-Beteiligungsmodell der Scope SE & Co. KGaA stützen ihr Vertrauen in den künftigen Profit ihrer Investition insbesondere auf die Versprechungen des geschäftsführenden Hauptaktionärs.

Nachdem die Börsen-Zeitung schon kurz nach dem über die Greensill Bank verhängten Moratoriums über die Interessenkonflikte bei der instrumentalisierten Scope Ratings GmbH berichtete, geriet das von der „Scope Group“ geschaffene System aus „Boards“, Honorary Board (u.a. mit Alt-Bundespräsident Horst Köhler, Alt-EZB-Präsident Jean-Claude Trichet), Board of Trustees, Advisory Board, Supervisory Board, Management Boards und „Ambassadors“ in Verdacht, so dass u.a. auch Bloomberg darüber berichtete.

Die Spuren der Verbindungen wurden nun von Scope abgeschaltet, die Einträge im Internet gelöscht. Von der ursprünglichen Webseite ist nur ein Rumpf verblieben. Wenige Mausklicks hätten sonst Betrachtern offenbart, um welche Persönlichkeiten es sich sonst noch handelt. Verschwiegenheit spielt bei Scope eine große Rolle, wie das konkrete Beispiel eines – nun auf der Website von Scope nicht mehr namentlich genannten – Beiratsmitglieds zeigt.

Die Scope Ratings GmbH (vormals: Scope Ratings AG) wies zum Stichtag 31. Dezember 2016 Verbindlichkeiten gegenüber verbundenen Unternehmen in Höhe von EUR 15.706.426,64 gegenüber der Muttergesellschaft Scope SE & Co KGaA (ehemals Scope Corporation AG) aus. Mit Beschluss vom 11.05.2016 wurde der Gesellschaft durch die Scope SE & Co KGaA ein nachrangiges Gesellschafterdarlehen in Höhe von bis zu EUR 14.000.000,00 gewährt, welches die bestehende Verbindlichkeit ablöste.

Die Liquidität der Gesellschaften wird durch Gesellschafterdarlehen und Kapitalmaßnahmen sichergestellt. Gewinne werden außerhalb der Gesellschaften dadurch in Aussicht gestellt, dass Anteile an der gemeinsamen Muttergesellschaft zu immer höheren Preisen an einen illustren Kreis von Prominenten und Kapitalsammelstellen verkauft werden. Insbesondere wird – von Vorzeigeadressen wie der RAG-Stiftung mit Bundesfinanzminister Olaf Scholz oder NRW-Ministerpräsident Armin Laschet im Kuratorium abgesehen – der genaue Kreis der Aktionäre, der Bezugsberechtigten und der Optionsinhaber nicht offengelegt.

Unter Ausschluss der Öffentlichkeit wird in Road Shows seit Jahren immer weiteres Kapital eingeworben. Der Auflösung dieser Geschäftsstrukturen soll eine Stiftung entgegenwirken, denn einer „Scope Foundation“ wurden 20% des Grundkapitals der Scope Management SE vom Gründer und Hauptaktionär sowie von einem am Kapitalmarkt aktiven „Ankeraktionär“ übertragen. Die Scope Management SE übt innerhalb der Scope Gruppe die unternehmerische Steuerungsfunktion aus.

Aufsichtsratsvorsitzender der Scope SE & Co KGaA (ehemals Scope Corporation AG) ist Georg Graf Waldersee, der zugleich auch Aufsichtsratsvorsitzender der in den Wirecard-Skandal verwickelten Ernst & Young GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft ist. Auch bei der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft verantwortet Georg Graf Waldersee, der für große Spendenbereitschaft in Deutschland wirbt, wie bei der Scope Group als Aufsichtsratsvorsitzender seit Jahren nur Verluste in mehrstelliger Millionenhöhe. Georg Graf Waldersee erhielt allein bei der bei der Scope SE & Co KGaA schon 80.000 Euro p.a. für seine Tätigkeit als Vorsitzender des Aufsichtsrates im Jahr 2019.

Die durchschnittliche Zahl der bei der Scope SE & Co KGaA beschäftigten Arbeitnehmer im Jahr 2019 betrug 81 (im Vorjahr 72). Zur Motivation von Mitarbeitern wird optional beispielsweise eine betriebliche Zuzahlung zum Fahrradkauf geleistet.

Georg Graf Waldersee gehört seit 2016 dem Aufsichtsrat der Scope Corporation AG an, deren Vorsitzende, Martha Boeckenfeld, er später im Vorsitz ablöste. Martha Boeckenfeld wurde 2016 auch Aufsichtsratsmitglied der italienischen Großbank Unicredit, die von Scope Ratings klar im Bereich der „Investmentqualität“ mit A- geratet wurde. In der Zeit nach der Bestelltung von Martha Boeckenfeld als Aufsichtsratsvorsitzende der Scope Corporation AG (heute Scope SE & Co KGaA) und als Aufsichtsratsmitglied der Unicredit wurde der Ausblick von Scope Ratings für das Rating der Unicredit auf Review für eine mögliche Anhebung gesetzt. Die von der Scope Ratings GmbH mit A- gerateten Verbindlichkeiten der Unicredit erreichten ein solches Rating nicht bei den anerkannten führenden Agenturen; die Schweizer Independent Credit View AG (I-CV) warnte sogar mit einem Rating für die Unicredit SpA auf spekulativem Niveau. Auch vor der von Scope Ratings GmbH mit A- gerateten Greensill Bank hatten die Schweizer Spezialisten bereits gewarnt (siehe im Übrigen auch „Kein Verlass auf Scope Ratings“, „Kein Verlass auf Scope Fondsrating“).

Über die Scope Ratings GmbH (vormals Scope Ratings AG und PSR Rating GmbH) liegen der zuständigen Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) nicht nur Jahrsabschlüsse, sondern auch Compliance-Berichte, Anzeigen und weitere Dokumente vor. Der europäischen Aufsichtsbehörde entziehen sich allerdings einige Gesellschaften der Gruppe (siehe „Scope Group außer Kontrolle“), da sie für die Aufsicht über diese anderen Gesellschaften kein Mandat hat.

Sollte sich die Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) aber aufgrund von Fakten veranlasst sehen, der Scope Ratings GmbH die Registrierung zu entziehen, bliebe der Muttergesellschaft Scope SE & Co KGaA (ehemals Scope Corporation AG) die Scope Hamburg GmbH (vormals Euler Hermes Rating GmbH), wenn die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) die Bedingungen für eine Registrierung bei der Scope Hamburg GmbH noch weiterhin erfüllt sähe.

Die Liste der von der Europäsichen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) authorisierten Ratingagenturen wurde am 4. Januar 2021 zuletzt aktualisiert. Hier wird die Euler Hermes Rating GmbH unverändert mit dieser Firma als „registrierte“ Ratingagentur geführt, auch wenn auf der Website der Ratingagentur bereits mit „Scope Hamburg GmbH“ firmiert wird. Ebenso findet sich hier weiterhin der Eintrag der „Scope Ratings GmbH (previously Scope Ratings AG and PSR Rating GmbH)“ als registrierte Ratingagentur.

Derzeit zeigen sich also zwei Registrierungen unter einem Dach. Damit wird die Resilienz der Scope SE & Co KGaA gestärkt, mindestens eine der beiden Registrierungen fortzuführen, da die Europäische Wertpapier- und Martkaufsichtsbehörde (ESMA) die Vorgänge bei der Scope Ratings GmbH (vormals: Scope Ratings AG) nicht der übernommenen Euler Hermes Rating GmbH (jetzt: Scope Hamburg GmbH) vorwerfen könnte, zumal diese bis 2021 keine problematischen Beziehungen zu Schwestergesellschaften (u.a. Scope Analysis GmbH, Scope Risk Solutions GmbH, Scope Investor Services GmbH) gehabt haben konnte.

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