Diagnose richtig, geplante Therapie missraten
Von Dr. Oliver Everling | 10.Oktober 2016
Wenige Wochen vor der Präsidentschaftswahl in den USA hat Hillary Clinton in den Umfragen einen leichten Vorsprung, kann sich aber ihres Einzugs ins Weiße Haus noch nicht sicher sein. „Dies liegt auch an der wirtschaftlichen Lage in den Vereinigten Staaten“, sag Axel D. Angermann von der Feri in Bad Homburg. Angermann analysiert als Chef-Volkswirt der FERI Gruppe die konjunkturellen und strukturellen Entwicklungen aller für die Asset Allocation wesentlichen Märkte.
Von außen betrachtet sehe die wirtschaftliche Lage in Amerika eigentlich sehr gut aus: „Die USA befinden sich derzeit im siebten Jahr eines Aufschwungs, der zwar spürbar moderater ausfällt als in vergangenen Zyklen, die Wirtschaftsleistung aber inzwischen auf ein Niveau getrieben hat, das um mehr als 10 Prozent höher liegt als unmittelbar vor Ausbruch der Finanz- und Wirtschaftskrise. Im Euroraum beträgt das Plus dagegen nur magere zwei Prozent, und ohne das überdurchschnittlich hohe Wachstum Deutschlands wäre es kaum mehr als Stagnation. Noch deutlicher fällt der Vergleich zugunsten der USA mit Blick auf die Arbeitslosigkeit aus: Während die Arbeitslosenquote in den USA von 10 auf weniger als 5 Prozent gesunken ist, verharrt sie im Euroraum auf einem zweistelligen Niveau.“
Für die Amerikaner selbst fühlt sich das alles dagegen nicht so gut an, glaubt Angermann. Warum das so ist, zeigt ein Blick in die Einkommensentwicklung der privaten Haushalte, so Angermann: „Bereits seit dem Jahr 2000 stagnieren die realen Einkommen der meisten US-Amerikaner. Erst im vergangenen Jahr überstieg das durchschnittliche Einkommen das Vorkrisenniveau aus dem Jahr 2007, und das auch nur für die oberen 40 Prozent der Einkommensbezieher. Während in den Jahren ab 2000 die fehlende Dynamik der Einkommen durch steigende Vermögenswerte, insbesondere steigende Hauspreise, überdeckt wurde, ist sie nun, nach dem Platzen der Blase am Immobilienmarkt, für viele unmittelbar spürbar. Aus Sicht der Amerikaner trägt das politische Establishment hierfür die Hauptverantwortung, und weil Hillary Clinton geradezu als idealtypische Vertreterin dieses Establishments erscheint, erklärt sich daraus ein guter Teil der Popularität Trumps.“
Aber würde ein Präsident Trump tatsächlich Abhilfe schaffen? Feris Analyse der Wahlprogramme mit Blick auf die wirtschaftspolitischen Absichten steht immer unter dem Vorbehalt, dass nicht alles, was dort aufgeführt wird, tatsächlich umgesetzt wird. Zwei Punkte lassen sich nach Meinung der Analysten dennoch festhalten: „Mit dem Plan für eine groß angelegte Unternehmenssteuerreform greift Trump ein zentrales Thema für die Wettbewerbsfähigkeit der US-Wirtschaft auf. Als das World Economic Forum amerikanische Manager nach den größten Problemen für die Wirtschaft in den USA fragte, bildeten die Höhe der Steuern, die Komplexität des Steuersystems und insgesamt der Umfang der staatlichen Bürokratie die Top Drei der Liste. Die vielen Milliarden Dollar an Gewinnen, die US-amerikanische Firmen im Ausland geparkt haben, um sie nicht der hohen Besteuerung in den USA unterwerfen zu müssen, sind ein weiterer Beleg dafür, dass hier dringender Handlungsbedarf besteht.“
Das wirtschaftspolitische Programm Trumps besteht nicht nur aus diesem Punkt. „Schwer wiegt die eindeutig protektionistische Ausrichtung der Handelspolitik, die von einem Präsidenten Trump zu erwarten wäre. Sie hätte nicht nur deutlich steigende Importpreise und damit einen Kaufkraftverlust der Bürger zur Folge,“ warnt Angermann, „sondern birgt auch die Gefahr von internationalen Auseinandersetzungen bis hin zu Handelskriegen, die schließlich allen schadeten. Noch schädlicher wäre die von Trump in Aussicht gestellte Immigrationspolitik: Die millionenfache Ausweisung illegaler Immigranten würde nicht nur die Erwerbsbevölkerung reduzieren, sondern auch zu steigenden Löhnen gerade im unteren Einkommensbereich führen. Dies provoziert Zinserhöhungen der Notenbank und führt letztlich zu einem sinkenden Potenzialwachstum.“
Wegen der großen Unsicherheit darüber, was ein Präsident Trump tatsächlich umsetzen wollte und könnte, seien konkrete Berechnungen der quantitativen Folgen seiner Politik kaum möglich. Es spreche aber doch fast alles dafür, dass sich die Wirtschaft der USA unter einem Präsidenten Trump schlechter als im Status quo entwickeln würde. Angermann: „Die richtigen Themen nur beim Namen zu nennen, dürfte am Ende nicht ausreichen, um die noch immer größte und wichtigste Volkswirtschaft der Welt auch gut zu führen.“
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Grenzen des (Geld-) Wachstums
Von Dr. Oliver Everling | 9.Oktober 2016
Das unabhängige Schweizer Bonitätsinstitut Independent Credit View AG (I-CV) prüfte im Rahmen der aktuellen, jährlich erscheinenden Länderstudie 51 Staaten auf Herz und Nieren. Die daraus resultierenden Ratings geben institutionellen Anleiheninvestoren und Risikomanagern Erkenntnisse an die Hand, um künftige Anlageentscheidungen darauf abzustützen. Das ist umso wichtiger in einem Umfeld, in dem die expansive Geldpolitik nicht nur die Risikowahrnehmung der Anleger verzerrt, sondern zugleich ihre Grenzen erreicht hat.
Erste Hoffnungsschimmer nach sieben deflationären Jahren, geprägt von Schuldenüberhang und angeschlagenen Banken, machen die Schweizer nur punktuell in Europa aus: „Ein tiefer Eurokurs, günstige Ölpreise und die expansive Geldpolitik der EZB stützen Konsumenten und Unternehmen weiterhin. Der erhoffte breite Aufschwung durch mehr Konsum und Investitionen lässt aber weiter auf sich warten. Vielmehr überschattet ein umfassendes Spektrum an Unsicherheitsfaktoren (Wahlen, Brexit, Wachstum China und Zukunft Japan) zurzeit die Bonität der Staaten.“
„Quantitative Easing funktionierte in den USA sowie in Großbritannien und scheint nun langsam auch in Europa Früchte zu tragen. In Japan geht das Experiment weiter. Als nächstes dürfte Helikoptergeld auf dem Programm stehen. Jedoch verdichten sich die Anzeichen, dass die Grenzen der Geldpolitik inzwischen erreicht sind und die Maßnahmen verpuffen. Es wird künftig an den Regierungen liegen, mit konkreten Entscheidungen (Strukturreformen, fiskalpolitischer Stimulus, Stärkung Bankensystem) für ein nachhaltig positives Wirtschaftsumfeld zu sorgen, welches sich stabilisierend auf die Finanzmärkte auswirkt“, so René Hermann, Lead-Autor der I-CV-Länderstudie.
Für die Regierungen der EU-Länder gilt es insbesondere das Debakel des Brexits für diesen Wirtschaftsraum zu verdauen. Immerhin verliert die EU den drittgrößten Mitgliedsstaat (Bevölkerungszahl) und den zweitgrößten bezogen auf die Wirtschaftsleistung. „Es ist von Bedeutung, dass nach der Schulden- und Eurokrise keine politische Krise in Europa folgt. Die EU wurde vom Brexit geradezu überrollt und muss nun aufpassen, dass der Brexit nicht der Anfang vom Ende der EU darstellt. Die Gemeinschaft benötigt dringend neue Ideen, neue Modelle und vor allem neue Köpfe in der Verantwortung, um die Zukunft der EU zu gestalten und die eigentliche wirtschaftliche Erfolgsgeschichte des Binnenmarkts aufrecht zu erhalten“, sagt Hermann.
Die Ergebnisse der I-CV-Länderstudie weisen unter anderem in einigen Märkten Signale von Blasenbildungen (Unternehmenskredite in China; diverse Immobilienmärkte in Europa) aus. Generell bleiben die Märkte weiterhin von den Fundamentaldaten entkoppelt und anfällig gegenüber Schocks. Auffällig und mit entsprechender Vorsicht zu betrachten ist die Tatsache, dass Italien, Frankreich und andere Staaten der Eurozone die Terrorbedrohung, Brexit sowie anstehende Wahlen zum Anlass nehmen, die Spar- und Reformpolitik endgültig aufzugeben. „Wir erwarten, dass die ungelösten Probleme in der Eurozone (Portugal, Griechenland) bald wieder für Aufruhr sorgen werden. Wir empfehlen deshalb weiterhin eine differenzierte Analyse als Grundlage für Anlageentscheide und bevorzugen Staaten mit stabilen politischen Rahmenbedingungen, intakten Bankensystemen und vorausschauender Fiskalpolitik“, so Hermann.
Hier sind beispielsweise Irland, Niederlande, Neuseeland und Südkorea zu nennen, während zu den anfälligen Ländern Japan und Portugal zählen, die Anleiheninvestoren besser meiden sollten. Opportunitäten bieten sich in Russland und Peru, welche von einer Stabilisierung beziehungsweise Erholung der Rohstoffpreise profitieren. „In unserer aktuellen Analyse stehen fünf Upgrades (Irland, Südkorea, Niederlande, Russland und Slowenien) drei Downgrades (Brasilien, Japan und Portugal) gegenüber. Die Upgrades sind durch Fortschritte in der Konsolidierung des Haushalts, der Rückkehr zum Wachstum und der Umsetzung von Strukturreformen begründet; die Downgrades sind auf eine starke Abschwächung der Kreditkennzahlen sowie politische Unsicherheitsfaktoren (zum Beispiel Abkehr von Reformen) zurückzuführen. Die Schweiz bleibt eines von den vier top gerateten Ländern und auch Deutschland (AA+) und Österreich (AA-) sind unverändert eingestuft“, sagt Hermann.
Das Fazit des Lead-Autors der I-CV-Länderstudie lautet: „Die Überschuldungen von Staaten werden durch den verdeckten Griff in den Geldbeutel der Sparer und Anleger gelöst beziehungsweise aufgeschoben (Inflation, negative Realzinsen). Während sich die Lage in den strapazierten Staaten im besten Fall langsam normalisiert, dürften die Treiber der Erholung einmal mehr die Schwellenländer (Stichwort Wachstum) sein. Eine Reduktion der Schuldenberge ist in Anbetracht der schwachen Wachstumsraten, der allgemeinen Abkehr vom Spar- und Reformkurs nicht realistisch. Dabei wären Haushalts- und Schuldendisziplin gefragter denn je. Immerhin gibt es vereinzelt Staaten, welche sich durch hohe Disziplin und Umsetzungsstärke ausgezeichnet haben und nun die Früchte einer vorrausschauenden Politik ernten können. Für Bondinvestoren bleiben es herausfordernde Zeiten, in denen Risiken unverändert nicht adäquat kompensiert werden und es umso wichtiger ist, bei Anlageentscheidungen die Kreditqualität und die politischen Rahmenbedingungen zu berücksichtigen.“
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Jubiläum der nachhaltigen Renditen
Von Dr. Oliver Everling | 9.Oktober 2016
Wahrlich ein Jubiläum zum Jubeln: Öko-Invest-Chefredakteur Max Deml schreibt in seiner Öko-Invest-Ausgabe zum 25-Jahr-Jubiläum nicht nur traditionell über die Quartalszahlen der nachhaltig orientierten Investmentfonds, sondern nimmt das Jubiläum zum Anlass, auch noch einmal grundsätzlich auf den Erfolg der Ausrichtung seines Dienstes und der Nachhaltigkeitsfonds hinzuweisen.
„Allein die Anzahl und das Volumen dieser Fonds zeigt das enorm gewachsene Interesse am ‚grünen Geld': 1991 gab es nicht einmal ein Dutzend solcher Fonds im deutschsprachigen Raum, heute sind es weit über 300″, berichtet Deml. „Das Gesamtvolumen hat sich in den 25 Jahren mehr als vertausendfacht, von einer 2-stelligen Millionen- auf eine 2-stellige Milliardensumme.“
Fast so viel Geld stecke aber auch z.B. in den 30 Solaraktien des PPVX-Index (23,6 Mrd. Euro) oder in manchem neu gegründeten einzelnen Öko-Unternehmen wie z.B. dem Elektroautohersteller Tesla Motors, dessen Börsenwert inzwischen – nach rund 1.000% Kursgewinn seit dem Börsengang 2010 – bei rund 27 Mrd. Euro liegt.
Zum Vergleich: die vom Dieselabgas-Skandal geschüttelten „fossile“ Vorzugs-Aktien des Volkswagen-Konzerns (mit fast 600.000 Beschäftigten) seien im Herbst 2015 um über 50% auf einen Börsenwert von unter 50 Mrd. Euro gefallen. Zum Sprichwort „Hochmut kommt vor dem Fall“ schreibt Deml, dieses lass sich auch auf manche „konventionelle“ Bank anwenden: „der Kurs der einstmals stolzen Deutschen Bank AG, die in zahlreiche Skandale verwickelt war und der nun eine weitere Milliardenstrafe in den USA droht, ist seit 2007 von über 100 Euro auf nur mehr rund 12 Euro gefallen, während die Umweltbank-Aktie im gleichen Zeitraum von 17 Euro auf über 77 Euro gestiegen ist.“
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Fachmarktzentrum bei Berlin im Portfolio der DEFAMA
Von Dr. Oliver Everling | 7.Oktober 2016
Die Deutsche Fachmarkt AG (DEFAMA) hat einen Kaufvertrag über ein Fachmarktzentrum in Löwenberg bei Berlin geschlossen. Die Investitionssumme beläuft sich auf rund 1,4 Mio. €. Die jährlichen Nettomieterträge liegen derzeit bei rund 200 T€. Die vermietbare Fläche der Immobilie beträgt 3.000 qm. Hauptmieter des 2003 eröffneten und fast voll vermieteten Objekts ist ALDI. Darüber hinaus sind ein inhabergeführter Drogeriemarkt, ein Baumarkt, ein Getränkemarkt sowie vier weitere Geschäfte im Objekt vertreten.
„Wir freuen uns, dass wir erneut eine attraktive Immobilie zu einem günstigen Kaufpreis erwerben konnten“, sagt Matthias Schrade, Vorstand der Deutsche Fachmarkt AG. „Das Objekt gefällt uns durch seinen guten Mietermix und seine Alleinstellungsmerkmale in der Region.“ So beherbergt der Standort den einzigen Drogeriemarkt und den einzigen Baumarkt im Radius von fast 20 km. In weitem Umkreis gibt es kein weiteres Fachmarktzentrum.
Durch die Transaktion erhöht sich die annualisierte Jahresnettomiete der DEFAMA-Gruppe auf rund 3,7 Mio. €. Das Portfolio umfasst nunmehr elf Standorte mit über 52.000qm Nutzfläche, die zu 98% vermietet sind. Zu den größten Mietern zählen ALDI, LIDL, Netto, NORMA, Konsum, Penny, REWE, toom, Hammer, AWG Mode, Dänisches Bettenlager, Deichmann, KiK und RENO.
Die Deutsche Fachmarkt AG verfügt über eine umfangreiche Pipeline an Objekten, welche die Kaufkriterien der Gesellschaft erfüllen. In mehreren Fällen sind die Kaufverhandlungen schon weit fortgeschritten. Daher ist der Vorstand optimistisch, das Portfolio im laufenden Jahr noch weiter ausbauen zu können.
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Sekundärmarktliquidität für Anleihen
Von Dr. Oliver Everling | 29.September 2016
„Es gibt strukturelle Veränderungen“, sagt Susanne Bergsträsser, Head of Department Prospectuses bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, auf der 8. Jahrestagung des Bundesverbandes der Wertpapierfirmen und der ICMA, der Capital Markets Conference. Die Untersuchungen hätten aber gezeigt, dass es keine Veränderung der LIquiität der märkte gab. Bergsträsser sprach auf der Konferenz über das Thema „IOSCO´s Examination of the Secondary Corporate Bond Markets Liquidity“.
Liquidität könne aufverschiedene Art und Weise gemessen werden. Manche Indikatoren zeigten verminderte, andere höhere und eine größere Anzahl von Indikatoren uneinheitliche Ergebnisse. Die vermehrte Nutzung von Technologien habe dazu geführt, dass kleinere Einheiten gehandelt werden können. So können größere Positionen in kleinere Tranchen aufgeteilt werden. Das Handelsvolumen habe in den meisten Staaten deutlich zugenommen, jedoch ging dies nicht unbedingt mit einer höheren Zahl von Emissionen einher.
Der Einfluss von Transaktionen auf die Preisbildung habe sich vermindert, berichtet Bergsträsser. Manche Marktteilnehmer hätten behauptet, dass die Regulierung den Handel teurer gemacht habe. Die Handelsbestände hätten sich gegenüber den Verhältnissen vor der Krise eher vermindert.
Bergsträsser unterstreicht in ihrem Fazit, dass es keinen deutlichen Rückgang der Liquidität in den Sekundärmärkten für Anleihen gegeben habe. Dazu verweist sie auch auch weitere Studien, die zu diesem Thema veröffentlicht worden seien. Diese legen nahe, berichtet Bergsträsser, dass sich die Liquidität sogar noch verbessert habe.
Bergsträsser räumt Schwierigkeiten ein, die für die Untersuchung relevanten Daten zu sammeln. So sei es notwendig gewesen, anekdotisches Wissen zu berücksichtigen. Eine Reihe von Institutionen seien nicht in der Lage gewesen, umfassende Daten zu liefern. Eine Initiative der IOSCO ziele darauf ab, die Sammlung relevanter Daten zu verbessern.
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Wetterleuchten aus dem Anleiheprimärmarkt
Von Dr. Oliver Everling | 29.September 2016
„Getrieben von einem nie zuvor dagewesenen Zugeständnis der Europäischen Zentralbank, ein dauerhaftes Unternehmensanleihen-Aufkaufprogramm aufzusetzen, waren die Primärkmärkte für Anleihen in der vergangenen Woche sehr gefragt“, sagt Michael Boye, Anleiheexperte bei der Saxo Bank. Unternehmen versuchten von günstigen Finanzierungskonditionen zu profitieren und Investoren drängten sich händeringend um High-Yield-Assets.
Unterdessen nahmen Lufthansa und die Norddeutsche Landesbank Abstand von einer geplanten Anleiheemission. Die Nord/LB führte dies auf eine mangelnde Nachfrage zurück. „Für Kreditinvestoren und die Finanzmärkte allgemein ist das eine sehr schlechte Nachricht. Eine Kreditkrise hätte das Potenzial, Assetbewertungen den Boden unter den Füßen wegzuziehen“, sagt Boye abschließend.
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Euler Hermes kooperiert mit Moody’s
Von Dr. Oliver Everling | 28.September 2016
Euler Hermes, Weltmarktführer in der Kreditversicherung, und Moody’s Investor Services haben heute eine Kooperation bekannt gegeben: Über Euler Hermes Rating wollen die beiden Unternehmen künftig gemeinsam europaweit neue, auf kleine und mittelgroße Unternehmen zugeschnittene Rating-Dienstleitungen anbieten. Diese neuen Rating-Angebote sollen erstmalig im Frühjahr 2017 für deutsche Mittelstandsunternehmen auf den Markt kommen und anschließend in weiteren europäischen Ländern angeboten werden.
„Die auf kleine und große Mittelständler zugeschnittene Ratingangebote von Euler Hermes Rating werden jetzt durch die nachweislich hohe Kompetenz in der Entwicklung von Ratingmethoden von Moody’s noch weiter gestärkt“, sagte Ron van het Hof, CEO von Euler Hermes in Deutschland, Österreich und der Schweiz. „Wir werden die Aktivitäten unserer Ratingagentur mit aktuellem Schwerpunkt auf Deutschland zukünftig nach Europa ausweiten und so dem europäischen Mittelstand seine Wachstums- oder Exportfinanzierung über Kapitalmarktprodukte erleichtern.“
„Mit europaweit vergleichbaren Rating-Standards möchten wir die Transparenz für europäische Mittelständler auf den Kreditmärkten erhöhen“, sagte Ralf Garrn, Geschäftsführer von Euler Hermes Rating. „Wir sind überzeugt, dass wir Mittelständlern in Europa damit einen viel breiteren Zugang zu Kapitalmarktfinanzierung ermöglichen, weil Investoren zukünftig das Risiko von Investments in den Mittelstand nach den von ihnen gewohnten hohen Standards angemessen beurteilen können. Die Kooperation ermöglicht es uns, die Expertise von Euler Hermes in der Unternehmensanalyse im Mittelstand mit der Methodenkompetenz von Moody’s zu vereinen.“
„Euler Hermes genießt wegen der hohen Qualität und der Vollständigkeit seiner Kredit- und Unternehmensanalysen sowie seiner fundierten Kenntnisse des Mittelstands einen hervorragenden Ruf“, sagte Jens Schmidt-Buergel, Deutschlandchef bei Moody’s Investors Service. „Moody’s wird die neuen Rating-Angebote mit seiner Methodenkompetenz unterstützen bei der Entwicklung einer neuen, speziellen Ratingmethode für mittelständische Unternehmen. Wir freuen uns sehr über die Kooperation, insbesondere in einer Zeit, in der mittelständische Unternehmen in Europa vermehrt nach alternativen Finanzierungsmöglichkeiten suchen.“
Als Teil dieser Kooperation hat Moody’s Corporation einen Anteil von 4,99% an der Euler Hermes Rating GmbH erworben, die bisher eine 100%ige Tochtergesellschaft der Euler Hermes AG war.
Euler Hermes Rating GmbH wurde in 2001 gegründet und hat seinen Sitz in Hamburg. Euler Hermes Rating GmbH wurde im November 2010 als erste Ratingagentur in Europa durch die Europäische Finanzaufsicht ESMA als Ratingagentur registriert. Bisheriger Schwerpunkt der Rating-Aktivitäten waren vor allem deutsche Emittenten.
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S&P sieht mehr EM Schwäche voraus
Von Dr. Oliver Everling | 27.September 2016
Für Emerging Markets (EM) sieht die Ratingagentur Standard & Poor (S&P) insgesamt mehr Schwäche voraus. Moritz Kraemer, Managing Director and Sovereign Global, Chief Rating Officer, Sovereign Ratings, stellt sich in Frankfurt am Main den Fragen nach der Zukunft von Ländern wie Argentinien, Brasilien, China bis Thailand, Türkei und Venezuela. Unter diesen Ländern schneidet China mit dem Rating AA- am besten ab, das kritischste Rating wurde für Venezuela mit CCC erteilt.
Kraemer zeigt, welche Rally Staatsanleihen zu verzeichnen hatten. Außerdem fließt weiterhin Kapital in die EM. S&P beurteile die Qualität vn Forderungen gegen diese Länder jedoch immer vorsichtiger. Der Rückgang der Ratings ist unübersehbar. Gleich, auf welche Kriterien man schaue – institutionelle, ökonomische, externe, fiskalische oder mentäre – überwiegen die negativen Veränderungen. Herabstufungen würden auch das Jahr 2017 dominieren, deutete Kraemer an.
In immer mehr Ländern würden nationale Interessen nach vorne geschoben, nicht nur im Wahlkampf um die Präsidentschaft in den USA. „Die Philippinen sind das jüngste Beispiel“, sagt Kraemer. Die Governance sei in vielen Ländern geschwächt. Das Risiko, dass externe Liquiditätsquellen versiegen, ist gestiegen. Das Weltwirtschafswachstum sei schwach und es bestsehe ein Risiko, dass es zu einer dauerhaften Stagnation komme. Der Welthandel schwäche sich ab und die Terms of Trade haben sich verschlechter. Die politischen Versuche, das Wachstum anzuregen, könnten zu Kreditblasen und Kreditkrisen führen, warnt Kraemer.
Besonders gefährdet sei die Türkei, wenn externe Finanzierungsquellen versiegen sollten. Dies zeigt sich deutlich an den Sovereign Risk Indicators. Die Staatsverschuldung wachse seit 2013 mit 21 % in EM. Zu beachten sei auch die wachsende Verschuldung bei Staatsbetrieben und staatsnahen Unternehmen. Die Relation von Unternehmensschulden zum Bruttozsozialprodukt habe sich deutlich verschlechtert.
Sowohl Wachstum, als auch Handel haben an Dynamik verloren. Die rückläufigen Wachstumsraten des Bruttosozialprodukts gehen mit rückläufigem Wachstum des Handels einher. Kraemer weist darauf hin, dass sich erstmals auch in China die Verhältnisse beim Import und Export drehen. Kraemer kommt auf das Duell der amerikanischen Präsidentschaftskandidaten zu sprechen. Beide Kandidaten spielen die protektonistische Karte.
Kraemer widmet sich ausführlich einem Szenario, welche Auswirkungen „Stress“ in China auf andere Länder haben würde. Konsequenzen sind nicht nur in Asien, sondern auch für Russland und Südamerika vorauszusehen. Herabstufungen würden für die Länderratings Russlands, Australiens, Brasiliens, Chiles, Chinas, Malaysias, Südafrikas, der Niederlande und Italien wie auch für weitere Staaten wahrscheinlich sein.
Kraemer weist darauf hin, dass mit den genannten Faktoren noch nicht über die unterschiedlichen Konsequenzen des Klimawandels, der alternden Bevölkerungen usw. gesprochen sei. Für S&P sind im Rating sämtliche Faktoren von Bedeutung, die die Zahlungsfähigkeit von Ländern beeinflussen.
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Niedrigzinsen verändern Geld und Finanzwelt
Von Dr. Oliver Everling | 26.September 2016
Zeitungen und Zeitschriften erfinden sich neu. So versuchen sich beispielsweise die WirtschaftsWoche oder DIE ZEIT verstärkt auch als Veranstaltungsplattformen zu positionieren, auf denen die drängendsten Themen der Zeit diskutiert werden. So auch beim dem ZEIT Gespräch „Geld & Wirtschaft“ zum Thema „Wie die Niedrigzinsen die Geld- und Finanzwelt verändern.“
Dazu diskutieren Andrew Bosomworth, Mitglied der Geschäftsführung, PIMCO Deutschland GmbH, Theophil Graband, Vorsitzender des Vorstands, VR-LEASING AG, Carola Gräfin von Schmettow, Sprecherin des Vorstands, HSBC Deutschland, sowie Dr. Theodor Weimer, Sprecher des Vorstands, HypoVereinsbank, und Mitglied des Executive Management Committees, UniCredit, unter der Moderation von Arne Storn, Redakteur Wirtschaft und Finanzmärkte, DIE ZEIT.
Bosomworth vermutet, dass die Europäische Zentralbank ihre Niedrigzinspolitik weiter fortführen will. Gräfin von Schmettow weist darauf hin, dass es auch historische Beispiele für Niedrigzinsphasen gebe, so dass man nicht ein „Schreckgespenst an die Wand malen“ müsse. Es komme jetzt darauf an, dass die Zentralbanken das Vertrauen der Marktteilnehmer bewahre.
Weimer sieht die EZB bei ihrem Kurs alleingelassen, denn es gebe in Europa keine mehrheitliche Meinungsbildung mehr. „Die Politiker lassen die EZB mit ihren Entscheidungen alleine“, sagt Weimer. Wenn die Zinsen ansteigen würden, würde die Staatenunion erhebliche Probleme haben. Man sehe keine europäischen Lösungen für ein europäisches Problem.
Storn fragt nach den Konsequenzen einer Wahl von Donald Trump zum Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika. „Nach reiner Lehre müsste die Notenbank von der Politik unabhängig sein“, antwortet Graband und will darüber spekulieren, ob vor oder nach der Wahl eine Reaktion der EZB zu erwarten wäre.
Weimer sieht bei europäischen Banken einen viel höheren Zinsüberschuss als bei amerikanischen Banken, da der Mittelstand bankenfinanziert sei. Hier „fresse“ sich nun der Niedrigzins durch. In diesem Jahr hätten praktisch alle Banken Einmalerträge durch Verkäufe gehabt. Die Risikovorsorge sei ganz weit unten – das sieht Weimer mit Sorge, wenn es zu einer Normalisierung komme. „Zu Tode gefürchtet ist auch gestorben“, sagt Weimer und kommentiert den aus den FinTechs resultierenden Druck. Die Banken würden in den nächsten Monaten mit riesigen Kostensenkungsprogrammen kommen, sieht der Vorstandschef voraus. „Das größte Problem, das wir zurzeit haben, ist der Deutsche Bund. Auf der Liquiditätsseite darf man nicht in eine Situation geraten, in der Zinsänderungen ein richtiges Problem sind. Wenn der Zins steigt, gehen die Bunds in den Keller“, warnt Weimer und skizziert die „extrem schwierige“ Situation im Treasury.
Storn fragt, was passieren würde, wenn die Konjunktur in Deutschland einmal einbrechen würde. Bosomworth spricht die Gefahr an, dass auf der Suche nach Rendite der Blick auf das Risiko verlorengehe. Dies könnte Unternehmen belasten, die den Niedrigzins zur Verschuldung genutzt haben.
„Wir haben das beste Rating europaweit“, sagt Graband bei der Frage nach der Zukunft im Genossenschaftswesen. Fristentransformation usw. sei nicht wirklich vom Kundennutzen her motiviert. Graband will Kundenzentrierung, Geldverdienen durch Kundennutzen. „Wir haben möglicherweise zu wenig vermittelt, welchen Kundennutzen man mit uns haben kann.“
Gräfin von Schmettow sieht bei einer Zinskurve mit 70 Basispunkten „noch nicht das Ende der Welt“. Sie wirft aber ihren Blick auf kostenlose Girokonten und andere Bankdienstleistungen, die quersubventioniert werden. „Banken haben gestiegene Risiken nicht in gleichem Maße an ihre Kunden weitergegeben.“
Weimer lässt durchblicken, dass ihm vor der Finanzkrise der Mut fehlte, Fehlentwicklungen mit aller Deutlichkeit anzusprechen. Anders heute: „Die kriegen Geld dafür, dass sie Kredit nehmen“, bringt Weimer das Problem mit der deutschen Finanzpolitik auf den Punkt. „Das kann nicht gesund sein.“
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Swiss Bond Congress stellt Bankanleihen in Frage
Von Dr. Oliver Everling | 26.September 2016
Eines der grössten Experimente der Finanzgeschichte – die Quantitative Easing-Programme – führt zu anhaltenden aussergewöhnlichen Zeiten. Auch Strafzinsen für Anleger sind ein Novum in der Historie. Der Brexit ist ein weiteres Ereignis, welches für Investoren bedeutsam bleibt. „Die Reihe liesse sich weiter fortsetzen. Es sind zahlreiche Entwicklungen, die es für künftige Anlageentscheidungen zu berücksichtigen gilt. Mit dem Swiss Bond Congress gaben wir den professionellen Anlegern und Risikomanagern Hinweise, um die Herausforderungen im Anleihensegment bestmöglich zu meistern. Dies geschah nicht einseitig durch Experten aus den Häusern Fisch und ICV, sondern auch durch Fachpräsentationen aus anderen Unternehmen, um deren Sichtweisen einfliessen zu lassen. Denn gerade Anleiheninvestoren benötigen Alternativen und Ideen, um im Tiefzinsumfeld erfolgreich Rendite zu erwirtschaften“, so Daniel Pfister, CEO von dem Kreditresearch-Unternehmen Independent Credit View I-CV.
Beim Swiss Bond Congress kamen Vertreter der UBS AG, der Zurich Insurance Group Ltd., der Sulzer AG und der BKW AG zu Wort und erläuterten in den Vorträgen ihre Credit Story und Unternehmensstrategien. Mehr als eine passende Ergänzung dazu waren die Ausführungen von Daniel Stelter, unabhängiger und Ökonom sowie Bestsellerautor aus Deutschland.
Stelter sorgte mit seinen pointierten Aussagen für Unterhaltung und interessante Sichtweisen. Er äusserte sich eindeutig: „Es gibt aktuell keinen Grund, um in Anleihen von Banken zu investieren.“ Zudem prangerte er offen die globale Schuldenproblematik an, deren Auswirkungen noch sehr schmerzhaft werden können. Zehn Jahre Krise oder zehn Jahre vor der Krise Neben der Vortragsreihe fanden erstmals parallel Workshops statt.
Swiss FinTech behandelte das Thema „Anlegen im Geld & Kapitalmarkt 3.0″ und I-CV-Experten widmeten sich thematisch der Erfüllung von Aufsichtsregeln sowie Schweizer Spitälern als Anlagewert und zeigten die Kreditanalyse im Praxistest. „Die Workshops kamen sehr gut an und wurden rege genutzt. Wir freuen uns generell sehr über die grosse Resonanz bei der achten Ausgabe unseres Kongresses seit dem Jahr 2003.“
Mit über 120 Gästen wurde eine Rekordteilnehmerzahl erreicht, so der Bericht aus Zürich. „Es zeigte sich, dass ein enormer Informationsbedarf bei den Bondinvestoren besteht und es klarer Analysen und Empfehlungen von unabhängiger Seite bedarf, um sinnvolle Anlageentscheidungen treffen zu können. Denn trotz aller vorgetragenen Bedenken bezüglich der (geld-)politischen Entwicklungen gibt es auch im momentanen Umfeld Opportunitäten“, so Pfister.
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