Anlageberatung im digitalen Zeitalter

Von Dr. Oliver Everling | 26.September 2016

Zum Thema „Die Zukunft der Anlageberatung im digitalen Zeitalter“ moderiert Corinna Wohlfeil, Moderatorin n-tv, auf dem ETF-Forum der Deutschen Börse einen Panel mit Roger Bootz, Head of Public Distribution EMEA, Deutsche Asset Management, Bernd Kalis, Leiter Produktmanagement Vermögen – Privatkunden, UniCredit Bank AG, und Erik Podzuweit, Gründer und Co-CEO, Scalable Capital Vermögensverwaltung GmbH.

Kalis sieht in der Digitalisierung „die einzige Chance, um aus dem Schraubstock aus Regulierung und Niedrigzinsen auszukommen“. Stärkere Regulierung, Marktumfeld, Technologieentwicklung, neue Marktteilnehmer und Kundenverhalten sind die Dimensionen der Veränderung. Vergleiche man die Milliardäre der Welt, so falle auf, dass neben den jungen Technologie- und Internetmilliardären aus Amerika und Asien in Deutschland nur Erben aufgelistet werden. „Für diese steht im Vordergrund zu bewahren“, macht Kalis klar

Die Anforderungen aus dem Anlegerschutz wie (un-)abhängige Beratung, Transparenz und Kostenoffenlegung, Zuwendungen, Produkt-Governance, Produktinterventionen und Reportingverpflichtungen führen zu mandatierten Lösungen, einfacheren Feemodellen, zu transparenteren Produkten, zur Digitalisierung von Geschäftsprozessen und Frontend sowie Vernetzung über alle Kanäle (u.a. Filiale, Online). Der Kunde sieht bei der UniCredit Bank exakt das, was auch der Berater sieht. Ganzheitlich, transparent, interaktiv, individuell, übersichtlich und messbar sind die Adjektive, mit denen Kalis den Ansatz seiner Bank skizziert.

Bootz sieht im Meistern externer Herausforderungen und der Optimierung interner Strukturen die Basis eines erfolgreichen Vertriebs von Anlagelösungen. Bei den Aktien sei im Auge zu behalten, ob diese im heutigen Marktumfeld überbewertet sind und wie hoch die Wahrscheinlichkeit eines Wertverlustes ist. Zinswende, der Einfluss der Zentralbanken auf die Investmentstrategie, Ölpreisverfall und Inflationsschutz wie auch Währungsrisiken sind wichtige Schlagworte für Fragen, die sich im Assetmanagement stellen. Als Beratungsdienstleistung sei die Strategie der Deutsche AM zum Beispiel in Form einer Vermögensverwaltung für Drittkunden oder durch ein Mandat oder Fonds bei einem externen Asset Manager flexibel einsetzbar.

Podzuweit stellt Scalable Capital Vermögensverwalttung mit 40 Mitarbeitern aus Praxis und Forschung in MÜnchen und London vor. „Wir sind ein richtiges Finanzinstitut, die meisten Roboadvisor sind reine Vermittler nach § 34 f Gewerbeordnung.“ Seine Gesellschaft habe dagegen die Genehmigung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht wie auch der britischen Aufsichtsbehörde FSA. „Online-Only“ auf allen Plattformen ist das Grundprinzip. Wichtigster Zubringer ist Facebook. Da Scalable Capital als Vermögensverwalter tätig wird, können Anpassungen des Portfolios ohne Zutun des Kunden vorgenommen werden. Dies ist den rein vermittelnden Roboadvisors nicht möglich. Wissenschaftlich ermitteltes Verlustrisiko, besseres Rendite-Risiko-Verhältnis, weniger Stress und Vermeidung emotionaler Entscheidungen – das sind die Ziele dieses Anlagemodells.

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PropTech boomt mit Heike Gündling

Von Dr. Oliver Everling | 22.September 2016

​Heike Gündling komplettiert neben den beiden Gründern Maurice Grassau (CEO) und Dr.  Benjamin Staude (CTO) die Geschäftsführung der Architrave GmbH. Das erfolgreiche, vor  vier Jahren gegründete Prop-Tech-Unternehmen will mit der erfahrenen Managerin die nächste Wachstumsphase forcieren. Gleichzeitig eröffnet Architrave einen Standort in  Frankfurt, um vor Ort noch besser auf Kundenbedürfnisse eingehen zu können. „Wir gewinnen mit Heike Gündling eine ausgewiesene Expertin für den strategischen Ausbau von Architrave“, betont CEO Maurice Grassau. „Außerdem kennt sie die Probleme unserer  Kunden, zu deren Lösung wir mit unseren Produkten wesentlich beitragen.“   

Das Berliner Start-up bietet eine revolutionäre Dokumentenmanagement- und Datenraumlösung zum effizienten Management aller Immobiliendokumente. Auf einer Oberfläche lassen sich alle Daten einer Immobilie bearbeiten, öffnen und versionieren. Sie  stehen damit allen Stakeholdern jederzeit automatisiert in der aktuellen Version zur  Verfügung. Namhafte Unternehmen wie z. B. BNP, Beos oder Aberdeen nutzen die  Architrave-Lösung bereits für die Verwaltung ihrer Assets under Management.   

„Es ist eine spannende Aufgabe, den digitalen Wandel in der Branche aktiv mitzugestalten  und Kunden innovative Lösungen aufzuzeigen, wie sie den Transformationsprozess meistern“, sagt Heike Gündling. „Bei vielen Unternehmen besteht in dieser Hinsicht Nachholbedarf.“

Heike Gündling (53) bringt über 25 Jahre Erfahrung aus leitenden Funktionen in der Immobilien- und Kreditwirtschaft mit. Zuletzt verantwortete Gündling das operative Geschäft der Bilfinger Real Estate. Von 2003 bis 2012 war sie als Mitglied der Geschäftsführung von Corpus Sireo tätig.

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Ruhige Zeiten – Chance für KMU

Von Dr. Oliver Everling | 21.September 2016

​Die Finanzierung von Mittelständlern läuft derzeit in ruhigen Bahnen – und damit ist jetzt der beste Zeitpunkt für kleine und mittlere Unternehmen (KMU), ihre zukünftige Finanzierungssituation zu überdenken. Diese Meinung vertreten die Expertinnen und Experten des Verbandes „Die KMU-Berater – Bundesverband freier Berater e. V.“ in der neuesten Ausgabe ihrer Zeitschrift „KMU-Berater News“. Da sich die Ertragssituation der Banken und Sparkassen verschlechtern werde, sollten Unternehmen die noch gute Lage nutzen, und jetzt neue Strategien entwickeln und umsetzen. Die KMU-Berater News stehen im Internet unter www.berater-news.kmu-berater.de zur Verfügung.

„Die Erträge der Banken und Sparkassen sind seit längerem rückläufig und werden durch die anhaltende Tiefzinsphase weiter sinken. Hinzu kommen kontinuierlich steigende Kosten durch die Bankenregulierung. Bereits heute weisen viele Institute Ergebnisse aus, die nicht ausreichen, um nennenswerte Kreditrisiken aufzufangen. In der nächsten Konjunkturdelle werden sich viele Institute kaum noch neue Kreditrisiken leisten können und daher deutlich zurückhaltender im Firmenkreditgeschäft sein“, ist der Leiter der „Fachgruppe Finanzierung-Rating“ der KMU-Berater, Carl-Dietrich Sander, überzeugt.

In der aktuellen Ausgabe der „KMU-Berater News“ beleuchten Mitglieder der Fachgruppe Finanzierung-Rating das Thema aus verschiedenen Perspektiven und geben Praxistipps für Unternehmen. So stellt KMU-Beraterin Rosalinde Natzschka die Grundzüge einer Finanzierungsstrategie dar: Von der Bestandsaufnahme aller Finanzierungsbausteine und der Sicherheiten-Situation über die Abschätzung des Finanzierungsbedarfs in der nahen und weiteren Zukunft bis zu den Gesprächen mit den gewünschten Partnern. KMU-Berater August Hohmann empfiehlt in seinem Beitrag, den „Finanzierungs-Mix“ zu verbreitern zum Beispiel über eine zweite kreditgebende Hausbank, Leasing oder öffentliche Förderkredite. Weitere Themen sind die problematische Abhängigkeit von nur einer Bank, das gezielte Nutzen von Förderkrediten und Internet-Portale als Ergänzung zur Hausbank.

Kleine und mittlere Unternehmen bemerken schon heute, dass sich das Banken-Verhalten ändert: Das zeigte die Umfrage „KMU-Banken-Barometer“ des Verbandes in diesem Jahr deutlich. Die befragten Unternehmen bewerteten ihre Finanzierungs- und Banken-Situation bei neun der zehn Fragen schlechter als im Vorjahr. Und bereits 2015 waren die Einschätzungen bei acht der zehn Fragen schlechter als noch 2014. „Für uns als KMU-Beraterinnen und -Berater ist klar: Beiden Seiten am Besprechungstisch hilft nur Offenheit und Transparenz als Basis für eine dauerhafte Finanzierungspartnerschaft und damit die Existenzsicherung der Unternehmen“, sagt Sander.

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Geldpolitischer Kurswechsel in Japan

Von Dr. Oliver Everling | 21.September 2016

Die Bank of Japan einen geldpolitischen Kurswechsel vollzogen, der nach Meinung der Experten der FERI in Bad Homburg in seiner Wirkung nicht unterschätzt werden sollte. Notenbankchef Kuroda setzt ab jetzt auf ein neues Instrument: das sogenannte „Inflation Targeting“. Dabei steht nicht wie beim Quantitative Easing die absolute Höhe der Wertpapierkäufe im Fokus. Stattdessen verspricht die Notenbank, die Geldbasis so lange und so stark auszuweiten wie nötig, um schnellstmöglich einen Inflationswert „von über 2 Prozent“ zu erreichen. „Diese scheinbar unbedeutende Kurskorrektur ist nichts Geringeres als ein Paradigmenwechsel der Geldpolitik“, konstatiert Dr. Heinz-Werner Rapp, Vorstand und Chief Investment Officer der FERI. „Damit hat die Bank of Japan unterstrichen, dass sie die Inflation mit allen Mitteln herbeiführen wird“, warnt Rapp.

Der Politikwechsel ist offenbar eine Reaktion auf die scharfe Kritik der Banken und Versicherer an der Geldpolitik der großen Notenbanken. Insbesondere die Banken leiden unter den negativen Zinsen in Europa und Japan. Deren Fähigkeit, durch Fristentransformation über die Zinsstrukturkurve Geld zu verdienen, wird dadurch massiv eingeschränkt. Die negativen Zinsen bedrohen damit einen wichtigen Geschäftszweig der Branche. Bereits bei der letzten Sitzung der EZB wurde deutlich, dass die Notenbanken diesen Punkt offenbar verstanden haben. EZB-Chef Draghi hatte Anfang September überraschend keine weitere Ausweitung der Geldpolitik beschlossen.

Der Politikwechsel der Bank of Japan dürfte zu einer noch stärkeren monetären Verwässerung führen als bisher, glauben die Analysten aus Bad Homburg. Gleichzeitig werden negative Effekte für das Bankensystem reduziert, sofern das „Inflation Targeting“ wie beabsichtigt zu einer steileren Zinsstrukturkurve führt. „Damit bleibt die Bank of Japan auch weiterhin ein wichtiger Gradmesser für die Experimentierfreude der globalen Geldpolitik“, so Rapp weiter. Weitere extreme Schritte – Stichwort Helikoptergeld – sind nach Einschätzung von FERI nicht ausgeschlossen, weshalb die Aktionen der Bank of Japan genauestens beobachtet werden sollten.

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Top 500 verbessert in Mittel- und Osteuropa

Von Dr. Oliver Everling | 20.September 2016

2015 war ein gutes Jahr für die Wirtschaft in Mittel- und Osteuropa (MOE). Das durchschnittliche BIP stieg um 3,3 Prozent nach 2,6 Prozent 2014. Der Privatkonsum zog durch sinkende Arbeitslosigkeit und höhere Gehälter an. Zudem stützten die EU-Fördermittel die Investitionen. Fazit von Coface: Die Wirtschaft in Zentral- und Osteuropa floriert. Der internationale Kreditversicherer ging in einer neuen Studie der Frage nach: Wie erging es den größten Unternehmen der Region? Ergebnis: Die 500 größten Unternehmen beendeten 2015 mit gestiegenen Umsatz- und stabilen Mitarbeiterzahlen.

“Die Entwicklungen im Ranking der Top-500-Unternehmen veranschaulichen die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen im erfolgreichen vergangenen Jahr“, erklärt Katarzyna Kompowska, Coface Executive Manager Central and Eastern Europe (CEE), das Ergebnis der jährlichen Studie zu den Top 500 Unternehmen in MOE: „Coface CEE Top 500“. Die Volkswirtschaften profitierten demnach von der wachsende Inlandsnachfrage, die von geringerer Arbeitslosigkeit und höheren Gehältern gestützt wird, sowie von steigenden Investitionen in den meisten Ländern. Durch die allmähliche Erholung des Haupthandelspartners Eurozone und dem wichtigen Beitrag der EU-Fördermittel stieg der Export an. „Das Zusammenspiel dieser Faktoren machte 2015 zu einem Jahr mit solidem Wachstum für Unternehmen“, sagt Katarzyna Kompowska. „Die Top-Player verbuchten gestiegene Umsatz- und stabile Mitarbeiterzahlen.”

Die „CEE Top 500“-Unternehmen steigerten zusammen den Umsatz um 4,2 Prozent auf 593 Milliarden Euro, den Gewinn sogar um 3,7 Prozent auf 26,9 Milliarden. Sie zählen weiter zu den wichtigsten Arbeitgebern. 4,3 Prozent (+0,5 Prozent) der gesamten Erwerbsbevölkerung sind bei den Top 500 Unternehmen angestellt. Dies beeinflusste die Beschäftigungszahlen insgesamt positiv.

Die größte Volkswirtschaft der Region, Polen, hat die meisten der Top-Unternehmen. Durch die starke Inlandsnachfrage überstand das Land die Wirtschaftskrise vergleichsweise gut. Insgesamt schafften es 167 polnische Unternehmen in das Ranking, neun weniger als im Vorjahr. Die polnische Wirtschaft erzielte seit 2014 solide Wachstumsraten von über 3 Prozent. Das größte Wirtschaftswachstum in MOE erreichte 2015 die Tschechische Republik (4,5 Prozent). Zudem hatte das Land eine der niedrigsten Arbeitslosenzahlen in der EU mit einer Quote von 5,1 Prozent. Öffentliche Investitionen und der effiziente Einsatz des alten EU-Budgets kurbelten die Wirtschaft an. Diese Entwicklung spiegelt sich auch im Ranking wieder, in dem Tschechien mit 71 Unternehmen unter den Top 500 seine Position das vierte Jahr in Folge verbessert. Ungarn verlor eine Position, sicherte sich aber mit 69 Unternehmen, vier weniger im Vergleich zu 2014, im Ranking wieder einen Platz „auf dem Podest“. Die verbliebenen Top-Player verzeichneten jedoch mit 13,8 Prozent das höchste Umsatzwachstum aller in der Studie analysierten Länder. Seit der Rezession im Jahr 2012 erzielte Ungarn solide Wachstumsraten. 2015 waren es 2,9 Prozent.

“Die Prognosen für 2016 entsprechen fast jenen von 2015 mit einem geschätzten Wachstum von 3,0 Prozent. Weitere Verbesserungen am Arbeitsmarkt und das wachsende Vertrauen der Konsumenten werden die Haushaltsnachfrage als wichtigsten Wirtschaftsmotor in der Region stärken”, erwartet Michael Tawrowsky, Country Manager Coface Austria.

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Zweite Konferenz für Finanztechnologie

Von Dr. Oliver Everling | 20.September 2016

Am 14. September 2016 fand im House of Finance der Goethe-Universität Frankfurt am Main die 2. Konferenz für Finanztechnologie statt. Während sich bei der ersten Konferenz die traditionellen Finanzdienstleister (Banken und Versicherungen) und die technologiegetriebenen Finanzdienstleister (FinTechs) noch recht fremd gegenüberstanden, berichtet Dr. Ingo Natusch aus der Konferenz, hat mittlerweile eine (erste) Annäherung stattgefunden. Deutlicher Beleg hierfür ist die Internetseite paymentandbanking.com zur Zusammenarbeit von FinTechs und Banken in Deutschland, die in mehreren Vorträgen erwähnt wurde.

Ebenso wurde die (deutliche) Aussage von BaFin-Chef Huffeld zum Thema FinTechs aus regulatorischer Sicht mehrmals herangezogen: „Gleiches Geschäft, gleiches Risiko, gleiche Regeln.“ Der Informationsbedarf ist auf beiden Seiten nach wie vor sehr hoch. Die zweite Konferenz deckte daher ein breites Themenspektrum ab. Nach einer kurzen Begrüßung und Einführung in das Thema durch Herrn Prof. Bühl gab Herr Prof. Hackerthal (beide Goethe-Universität Frankfurt) einen Überblick über den anlaufenden digitalen Strukturwandel in der deutschen Finanzdienstleistungsbranche, die derzeit im Vergleich zu anderen Volkswirtschaften (noch) im Mittelfeld positioniert ist. Wenngleich noch große Unsicherheit darüber herrscht, welches konkrete Geschäftsmodell sich durchsetzen wird und welche Unternehmen sich zu den wesentlichen Playern in der digitalisierten Finanzdienstleistungsbranche entwickeln werden, so herrscht doch Einigkeit über die hohe Bedeutung der strategischen Positionierung. Herr Peeters, ING-DiBa AG, zeigte in seinem Vortrag auf, dass „Direktbank“ nicht automatisch „Digitalbank“ bedeutet und beim Digitalbanking das Phänomen „hybrider Kunde“ zu beachten ist. Viele Kunden akzeptieren zwar eine Auswertung ihrer Daten (z.B. bei der Nutzung von Amazon, Google etc.), lehnen dies jedoch bei ihren Finanztransaktionen strikt ab. Dies hat die ING-DiBa vor einigen Jahren leidvoll erfahren müssen.

Danach berichtete Herr Weßling, Allianz Lebensversicherungs-AG, von den besonderen Herausforderungen bei einem „Tanker“ wie der Allianz Lebensversicherungs-AG digitale Informations- und Beratungsangebote zu entwickeln. In der anschließend intensiv geführten Podiumsdiskussion wurden regulatorische Aspekte bei traditionellen Finanzdienstleistern und FinTechs diskutiert. Dabei kristallisierte sich Folgendes heraus: Viele Versicherungen haben den digitalen Strukturwandel etwas später aufgenommen als die Banken. Viele FinTechs haben sich bewusst Nischen/Grauzonen gesucht, um (noch) nicht von bestimmten regulatorischen Vorschriften (z.B. der Prospektpflicht) erfasst zu werden. FinTechs bringen mit ihrem „try and error-Ansatz“ eine bislang ungewohnte Veränderungsdynamik in die Finanzdienstleistungsbranche.

Danach teilten sich die 130 Konferenzteilnehmer zu nahezu gleichen Anteilen auf drei Sessions auf. In der Session „Finanzierung“ wurden Online-Kreditvergabeplattformen, Crowdinvesting, B2B-Fintech, Digitalisierung der Unternehmensfinanzierung und digitalisierter Konsumentenkredit vorgestellt. Auch hier wurde nochmals deutlich, dass die deutsche Finanzdienstleistungsbranche nunmehr Produkte/Dienstleistungen entwickelt, die in anderen Volkswirtschaften bereits deutlich größere Relevanz erlangt haben. Eine besondere Herausforderung besteht darin, für das neue Produkt/die neue Dienstleistung die jeweilige Rolle im Finanzierungsmix des Kunden zu finden.

Schwerpunkte bei der Session „Versicherung“ waren der digitalisierte Versicherungsvertrieb, die Entwicklung neuer Benchmarks, der Einsatz von Robo-Advisory sowie die Anforderungen an die IT. Schließlich möchten sich immer mehr Kunden nicht nur online über Versicherungen informieren, sondern auch Verträge abschließen und das Thema Finanzen online tageszeitabhängig über verschiedene Medien (Smartphone vormittags, PC tagsüber und Tablets abends) mit hoher „Convenience“ aktiv managen.

Die dritte Session war der Geldanlage gewidmet, d.h. den Erfolgsfaktoren von FinTechs, der digitalisierten Vermögensverwaltung und der Nutzung von Robo Advisory. Hier wurden insbesondere Erfolgsfaktoren bei der Kooperation von Banken und FinTechs herausgearbeitet. Hier gilt es, die alten (z.B. Marke, langjährige Erfahrung mit der Regulatorik, Vertrauen der Kunden) und neuen Stärken (technologische Kompetenz) von Banken und FinTechs dem Kundenbedarf entsprechend miteinander zu kombinieren.

In der abschließenden Podiumsdiskussion wurden Reifegrad und Kooperationschancen in den verschiedenen Geschäftsfeldern diskutiert. Einigkeit herrschte darüber, dass Banken und Versicherungen derzeit vor einem gravierenden Wandel stehen und die Finanzdienstleistungsbranche in 10 bis 15 Jahren ganz anders aussehen wird als heute. Wie der Weg dahin aussehen wird, ist noch unklar. Die besondere Herausforderung liegt für die Finanzdienstleister darin, bei der Entwicklung von digitalen Lösungen auch stets deren Risiken ausreichend zu berücksichtigen. Hieraus resultieren auch neue Anforderungen an die (interne und externe) Aufsicht. Insofern werden wohl genug Themen für die dritte Konferenz zur Finanztechnologie bleiben.

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Suche nach Schutz vor Zentralbanken

Von Dr. Oliver Everling | 12.September 2016

Bestsellerautor James Rickards will in seinem neuen Buch mit dem Titel „Gold“ aus dem FinanzBuch Verlag praktikable Wege aufzeigen, wie die Fehler des aktuellen Währungssystems zu korrigieren sind. Außerdem erläutert er Strategien für Privatanleger, die sich vor der nächsten Krise von ungedecktem Geld schützen wollen.

Mittelpunkt des Buches stehen natürlich die Ansätze, sich mit Gold gegen Vermögensverlust in der nächsten Krise zu wappnen. Für die meisten Anlageberater hat Gold jedoch an Attraktivität verloren, da an den globalen Finanzmärkten mit dem steten Wechsel von Fonds viel mehr Provisionen zu verdienen sind. Katastrophennachrichten wie auch Sensationsmeldungen sind immer geeignet, Befürchtungen und Hoffnungen von Anlegern zu wecken. So lässt sich immer wieder der Wechsel von Anlagen einer Region in die andere, einer Branche in die andere, eines Unternehmens in die Aktien eines anderen argumentieren und von den Finanzdienstleistern gutes Geld mit den eiligen Transaktionen des Anlegers verdienen. Dementsprechend gut sind Finanzberater darin, dem Sparer die Anlageklasse der Edelmetalle auszureden.

Das Buch von Rickards ist nicht mit einer der vielen Fibeln zu verwechseln, mit denen Goldhändler oder gar Juweliere für den Kauf von Gold werben. Der Autor des Buches setzt sich vielmehr mit Pro und Kontra auseinander. So befasst sich der erste Teil des Buches mit den wichtigsten Kritikpunkten, die gegen den Erwerb und das Halten von Goldbeständen sprechen.

„Wie lauten denn die Argumente gegen Gold? Die Kritiker kennen sie auswendig. Hier sind sie im Einzelnen: 1. Gold ist ein ‚barbarisches Relikt‘, so John Maynard Keynes. 2. Es gibt nicht genug Gold, um weltweit sämtliche finanziellen und wirtschaftlichen Aktivitäten zu ermöglichen. 3. Es wird nicht genug Gold produziert, um mit dem Wachstum der Weltwirtschaft Schritt zu halten. 4. Gold hat die Weltwirtschaftskrise verursacht. 5. Gold bringt keine Rendite. 6. Gold hat keinen intrinsischen Wert. Jede dieser Behauptungen ist überholt, falsch oder ironischerweise ein Argument für Gold. Das hält jedoch die Papiergeld-Ideologen nicht davon ab, sie immer wieder anzuführen“, so Rickards.

„Wenn ein Kritiker sagt,“ so Rickards weiter, „die mengenmäßig limitierte Goldproduktion würde das weltweite Wirtschaftswachstum nicht zulassen, meint er damit eigentlich, dass die Goldproduktion kein inflationäres Wirtschaftswachstum zulässt. Das ist richtig. Inflation überträgt Vermögen von den Reichen auf die Armen, von den Sparern auf die Schuldner und von den Bürgern auf den Staat. Inflation ist die bevorzugte Geldpolitik von Sozialisten und Progressivisten, die an eine Umverteilung von Einkommen glauben. Mit den Vorbehalten gegen Gold wegen zu geringer Goldproduktion ist nicht gemeint, dass dies dem Wirtschaftswachstum im Weg stehen würde, sondern vielmehr, dass dies dem Diebstahl im Wege steht.“

Die Verteilungswirkungen von Inflation sind aber keineswegs eindeutig. Ob Arm oder Reich durch Inflation begünstigt werden, hängt von einer Vielzahl weiterer Faktoren ab. Hyperinflationen machen nicht nur das Vermögen von einst reichen Industriellen durch zahlreiche Unternehmenszusammenbrüche zunichte, sondern enteignen auch die Sparer je nach gewählter Anlageform und entwerten nominal festgelegte Gehälter und Renten.

Die Geschichte scheint sich zu wiederholen. Rickards kommt auf Ursachen der Weltwirtschaftskrise von 1929 zu sprechen, die heute zu einem gewissen Grade erneut angelegt werden. „Die Weltwirtschaftskrise wurde dann durch politische Experimente verlängert, die Herbert Hoover und Franklin D. Roosevelt in Gang setzten. Diese Experimente führten zu einem Phänomen, das der Gelehrte Charles Kindleberger als ‚Regime uncertainty‘ (‚Unsicherheit in Bezug auf die künftigen rechtlichen Rahmenbedingungen‘) bezeichnete. Damit ist gemeint, dass große Konzerne und wohlhabende Bürger sich weigerten, Kapital zu investieren, weil die zukünftigen Kosten staatlicher Regulierungs-, Steuer- und Arbeitsmarktpolitik sich schlichtweg nicht vorhersehen ließen. Das Kapital wurde sicher geparkt, statt produktiv eingesetzt zu werden, und das Wirtschaftswachstum kam dadurch zum Erliegen.“

Rickards spricht die Frage nach der Qualität der Zentralbankbilanz an. Bei dem Buch handelt es sich um eine Übersetzung aus dem Amerikanischen. Daher stehen hier die Verhältnisse bei der Fed im Vordergrund. Deshalb kommt der Autor nicht auf die Frage zu sprechen, was passieren würde, wenn die von der Schweizer Nationalbank sowie von der Europäischen Zentralbank aufgekauften Unternehmensanleihen reihenweise in die Insolvenz gehen. Anders als bei Staatsanleihen lassen sich Kalamitäten bei Unternehmen noch weniger verbergen, wenn diese zur Insolvenzanmeldung gezwungen werden. Geraten europäische Großkonzerne in Zahlungsschwierigkeiten, die zu den wichtigsten Emittenten an den Anleihemärkten gehören, wäre der Weg in der Zentralverwaltungswirtschaft vorgezeichnet. Die Zentralbanken in Europa wären als wichtigste Anleihegläubiger gezwungen, schlechtem Geld gutes Geld hinterherzuwerfen oder bei diesen Unternehmen die Kontrolle zu übernehmen, mithin private durch staatliche Kontrolle zu ersetzen.

Wer zu einem Buch mit dem Titel „Gold“ greift, mag diesem Edelmetall möglicherweise schon eine besondere Bedeutung beimessen. Rickards nimmt dem Thema aber die emotionale Seite indem er nüchtern die Alleinstellungsmerkmale des Goldes skizziert und resümiert: „Unsere Vorfahren haben Gold nicht als Geld verwendet, weil es glänzt oder schön ist, wie man es heute häufig von Kritikern hört. Gold ist das einzige chemische Element, dass alle notwendigen physischen Eigenschaften hat – es ist knapp, dehnbar, chemisch inert, haltbar und homogen –, um als zuverlässiges und praktisches physisches Wertaufbewahrungsmittel zu dienen. Weisere Gesellschaften als die unsrige wussten sehr wohl, was sie taten.“

Nach Rickards gibt es keine Hoffnung mehr zur Rückkehr in frühere Systeme. „Im größten Wertpapiermarkt der Welt, dem Markt für US-Staatsanleihen, wurde seit Anfang der 1980er-Jahre kein einziges physisches Papierzertifikat mehr ausgestellt. Vielleicht gibt es noch ein paar alte Papierzertifikate, die auf irgendeinem Dachboden herum liegen, aber der heutige Markt für US-Staatsanleihen ist komplett digital, ebenso wie das Zahlungssystem. Die bargeldlose, digitale Gesellschaft ist schon jetzt Realität. Manche Zeitgenossen machen sich Sorgen über etwas, das sie ‚den Krieg gegen Bargeld‘ nennen. Diese Sorgen sind überflüssig – der Krieg gegen Bargeld ist vorbei und die Regierung hat ihn gewonnen.“

Praktisch gesehen könne ein ehrbarer Bürger heutzutage nicht mehr an große Mengen Bargeld herankommen, ohne sich dem Verdacht auszusetzen, ein Drogenhändler, Terrorist oder Steuerhinterzieher zu sein. Ein solcher Verdacht führe dann zu staatlicher Überwachung, folgert Rickards.

Selbst den obrigkeitsgläubigsten Bürgern und regierungstreuesten Beamten bleibt es nicht verborgen, dass sich die Notenbanken zurzeit mit geldpolitischen Experimenten befassen. Rickards warnt: „Dies ist kein systematisch organisiertes Experiment. Die Fed zaubert ganz einfach ein Kaninchen nach dem anderen aus dem Hut. Wenn sie innerhalb von sieben Jahren 15 verschiedene geldpolitische Ziele verkündet, ist das ein klarer Beleg dafür, dass sie improvisiert.“

Die Aufgabe des staatlichen Zwangsgeldmonopols wird von Rickards nicht thematisiert. Er stellt dem gegenwärtigen Systemen daher praktisch nur das Gold als Zahlungsmittel gegenüber. Vielleicht weil die Funktionsweise des staatlichen Zwangsgeldmonopols nicht analysiert wird, enthält das Buch auch Forderungen, die mit den Prinzipien der Marktwirtschaft nicht vereinbar sind. Dazu gehört die Anmaßung, die richtige Größe von Banken bestimmen zu können. Rickards stimmt auch in die beliebte Verteufelung von Derivaten ein. Dabei übersieht er, dass das Gefahrenpotential von Derivaten eine direkte Funktion des staatlichen Zwangsgeldmonopols ist. In modernen Volkswirtschaften wäre ein Zahlungsverkehr mit physischen Transport von Gold undenkbar. Darum wären gerade in einem auf dem Goldstandard basierenden Währungssystem – wie auch in jedem anderen Währungssystem – Derivate unabdingbar.

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Sinnlos martialisch gegen Bonitätsanleihen

Von Dr. Oliver Everling | 12.September 2016

​Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) plant, den Verkauf von Bonitätsanleihen an private Anleger zu verbieten. Dr. Hartmut Knüppel läuft in seinem Vortrag auf dem Deutschen Derivate Tag des Deutschen Derivate Verbands zu Höchstform auf: Sein ehrliches Anliegen, hier einer Willkürentscheidung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht vorzubeugen, ist unübersehbar. Knüppel nennt eine Vielzahl von Gründen, die gegen eine Diskriminierung sprechen.

So erfordern auch zahlreiche Anlageprodukte vom Privatanleger eine Einschätzung des Bonitätsrisikos des Emittenten oder Anbieters der Depositen. Praktisch jedes Produkt erfordert ein Rating, ausfallgefährdete Anleihen von Staaten und Unternehmen, Aktien, Zertifikate sowie Spar- und Festgeldanlagen, wenn diese nicht durch die Einlagensicherungsfonds abgedeckt sind.

Da es keinen Unterschied in der Einschätzung der Rückzahlung nach Eintreten des Kreditereignisses zwischen Bonitätsanleihen und anderen Anleihen oder auch Depositen mit Bonitätsrisiken gibt, werden Bonitätsanleihen von Politikern zu Unrecht zu Buhmännern gemacht. Gegen Bonitätsanleihen gab es bisher von Anlegern keine Beschwerden. Knüppel verweist dazu auf umfassende Nachforschungen bei den maßgeblichen Verbänden. Umso mehr muss der Aktionismus der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht überraschen. 

Knüppel weist darauf hin, dass ab 1. Januar 2017 auch für Bonitätsanleihen die PRIIPs-Verordnung anzuwenden ist. Dem Anleger stehen umfassende Risiko-, Rendite- und Kosteninformationen für diese Produkte zur Verfügung, die kaum noch zu steigern sind. Somit könne einfach und ohne großen Aufwand einschätzt werden, ob mit der in Aussicht gestellten Rendite die übernommenen Risiken adäquat vergütet werden. Knüppel erklärt sich und seinen Verband ausdrücklich für jeden Vorschlag zur weiteren Verbesserung offen. Auch für eine bessere Bezeichnung als „Bonitätsanleihe“ gebe es keinen Widerspruch.

Ein wichtiger Punkt der Uberlegungen von Knüppel ist es, dass Bonitätsanleihen sich in ihrer Komplexität nicht von anderen Anlageprodukten mit Bonitätsrisiken unterscheiden. Komplexe Produkte seien nicht per se schlecht. Wenn diese Produkte in Bezug auf Risiken, Renditepotentiale und Kosten transparent sind, bestehe kein Grund, sie zu verbieten. Knüppel bezeichnet das überraschende Vorgehen der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht daher als „martialisch“ und vermag dieses nur damit zu erklären, dass die Bundestagswahl bereits ihren Schatten vorauswerfe.

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Die (un)heimliche Enteignung

Von Dr. Oliver Everling | 12.September 2016

Die beiden mehrfach ausgezeichneten Wirtschaftsjournalisten Michael Rasch und Michael Ferber wollen in ihrem neuen Buch „Die (un)heimliche Enteignung“ im FinanzBuch Verlag eine Anleitung für ein krisenfestes Portfolio aufzeigen. „Besonders verdienstvoll ist das Buch, weil Ferber und Rasch ihre Leser anleiten, in Zukunftsszenarien zu denken: Sie geben Anlagehinweise für den Fall der Deflation (Szenario 1), der höheren Inflation (Szenario 2), der Stagflation (Szenario 3), der Hyperinflation (Szenario 4) und des ‚Durchwurstelns‘ (Szenario 5)“, schreibt Dr. Thorsten Polleit in seinem Vorwort zur Neuauflage.

„Seit Mitte der 1980er-Jahre bekämpften die internationalen Notenbanken, vor allem jene der USA, jede Krise an den Finanzmärkten – dies fing in den USA an, und zwar mit dem Crash im Jahr 1987, setzte sich in den Folgejahren nach der Rezession 1991/92 fort, ging über die Asien- und Russlandkrise 1998 bis hin zum Platzen der New-Economy-Blase im Jahr 2000 und zu den Anschlägen vom 11. September 2001 – mit der immer gleichen Medizin: mit der Senkung der Leitzinsen und der Ausweitung der Geldmenge. Seit Ausbruch der Finanzkrise werden diese Fehler einmal mehr wiederholt“, schreiben Ferber und Rasch.

Die Autoren widmen sich in ihrem Buch also keinem wirklich neuen Thema, sondern einem Problem, das eigentlich schon seit Ende der 1980er Jahre in Fachkreisen hinsichtlich seiner katastrophalen Auswirkungen auf die Stabilität der Finanzmärkte sowie auch auf die Wirtschaft bekannt ist. Wem Kritik an grenzenloser Kreditschöpfung und ausufernder Staatsverschuldung nicht ins politische Konzept passt, der legt das Buch möglicherweise gleich zur Seite. Das politisch motivierte Bündnis von Notenbankern von Japan über China und Europa bis in die USA zur Geldflutung der Märkte scheint so fest zu sein, dass weder staatlich kontrollierte Medienanstalten das Thema kritisch aufzugreifen wagen, noch Wissenschaftler Gehör finden, die ihre Sorge auf ein bis in das 19. Jahrhundert zurückreichendes, gesichertes theoretisches Fundament sowie zahlreiche empirische Erfahrungen stützen.

Sparer sehen sich weltweit mit einer großen Koalition von Politikern konfrontiert, die ihren kurzfristig bequemsten Weg des Machterhalts gegenüber jedem Weg den Vorzug geben, der das staatlich kontrollierte Zwangsgeldmonopol in Frage stellen könnte. Das Prinzip „Geld regiert die Welt“ wird von Machthabern rund um den Globus verstanden, so dass an einer neuen Art der Demokratisierung der Wirtschaft durch Aufgabe des staatlichen Zwangsgeldmonopols kein Interesse besteht. Ein Buch wie das von Rasch und Ferber droht daher an den Rand das medial gelenkten Leserinteresses gedrängt zu werden. Ein gefährlicher Gewöhnungseffekt an die Untätigkeit der Politik und an die Beharrlichkeit der Notenbanken, unverdrossen das zur unbegrenzten Staatsfinanzierung Notwendige zu tun, führt dazu, dass selbst in den betroffenen Kreisen an den europäischen Kapitalmärkten Meldungen über ein Wirtschaftswachstum von 1 oder 2 Prozent applaudiert und die Tatsache ignoriert wird, wie weit die Wirtschaftskräfte Europas hinter ihren Möglichkeiten zurückbleiben.

Wer glaubt, sich der neuen Auflage des Buches von Rasch und Ferber nicht widmen zu müssen, weil er sich schon zu einem früheren Zeitpunkt der Thematik angenommen hatte, übersieht leichtfertig die inzwischen eingetretenen Entwicklungen, die mehr noch als je zuvor nach politischen Konsequenzen verlangen. Die „drögen“ Währungshüter avancierten nicht nur zu Hütern des Finanzsystems, sondern „zu den Rettern der Welt“, formulieren die beiden Autoren in ihrem Buch: „Dabei waren und sind ihre Massnahmen und Verdienste in der heissen Phase der Krise im Prinzip unbestritten. Das Problem ist nun jedoch seit Jahren die Beendigung der aussergewöhnlichen Hilfen und die Rückkehr zur Normalität. Dahingehende Schritte leiteten die Verantwortlichen bis heute nicht wirklich ein. Im Gegenteil: Es wurden immer neue, noch nie ausprobierte geldpolitische Experimente gemacht.“

Nicht nur in den USA und in Europa, sondern auch in Japan und in China werden Versäumnisse der Politik hinsichtlich dringend notwendiger Strukturanpassungen durch Bankkredite übertüncht. Die von Banken bereitgestellte Liquidität hat die Banken im Kontext verschärfter regulatorischer Anforderungen an die Grenzen ihrer Geldschöpfungsmöglichkeiten gebracht, so dass diese vom „Lender of last resort“, wie die Zentralbank schon seit Jahrzehnten schon in der Fachliteratur genannt werden, unlimitiert unterstützt werden, um Staatsanleihen mit niedrigem Rating wie auch Unternehmensanleihen aufzukaufen. Für den „Lender of last resort“ gibt es aber keine höhere Instanz, den Fall an der Vertrauenskrise mit gutem Geld einspringen könnte.

Denkt man über die Argumente der beiden Autoren länger nach, muss als wichtigste Ursache der heutigen Wirtschaftsprobleme die Selbstüberschätzung von Politikern wie auch von Notenbankern identifiziert werden, mit der Vielzahl ihrer Eingriffe Wirtschaftswachstum und Beschäftigung steuern zu können. So trägt beispielsweise der Glaube an die Alternativlosigkeit einer auf höhere Inflation zielenden Politik irrationale Züge. Die Autoren weisen auf die Meinung von Ökonomen, „der seit Jahren vorherrschende disinflationäre Druck sei gar nicht die Folge einer monetären Entwicklung, sondern eher der IT-Revolution in den vergangenen 20 Jahren, der starken Zunahme des Welthandels durch den Fall des Eisernen Vorhangs (Globalisierung) sowie der immer besseren Entwicklung der von Niedriglöhnen geprägten Schwellenländer als Produktionsstandorte. Sollte diese Einschätzung richtig sein, wäre das ein Indiz dafür, dass die Kunst der Zentralbanker, die Konjunktur zu steuern, in den letzten Jahren noch mehr überschätzt worden ist als ohnehin schon.“

Die mögliche Selbstüberschätzung von Politikern und Notenbankern ist insbesondere deshalb alarmierend, da die gegenwärtige Politik an das Versprechen geknüpft ist, bei Eintreten einer galoppierenden Inflation sofort geeignete Gegenmaßnahmen treffen zu können. Wenn schon die seit fast einem Jahrzehnt von den Notenbanken ergriffenen Maßnahmen zur Stützung des Finanzsystems und zur Erhöhung der Inflation nicht die gewünschten und von den Notenbankern erwarteten Ergebnisse lieferten, erscheint es wenig glaubwürdig, dass dieselben Politiker und Notenbanker in der Lage sein würden, mit ihren Maßnahmen eine Hyperinflation abzuwenden. Dementsprechend ist dieses Buch von Rasch und Ferber zu empfehlen, um sich eingehend mit den verschiedenen, alternativ möglichen Szenarien zu befassen.

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Die neue Kunst Geld anzulegen

Von Dr. Oliver Everling | 12.September 2016

​Die besten Bücher werden von den selbstkritischsten Autoren geschrieben. So verhält es sich auch mit dem neuesten Werk von Prof. Dr. Thomas Mayer. Nach seinem Buch zu einer neuen Geldordnung (manager magazin Bestseller und Gewinner des getabstract International Book Award) schreibt der frühere Chefvolkswirt der Deutsche Bank Gruppe in den letzten Zeilen seines Buches „Die neue Kunst Geld anzulegen“ im FinanzBuch Verlag recht nachdenklich: „Ich schließe dieses Buch mit dem Gefühl, eine unfertige Arbeit abzugeben. Doch schien es mir nicht möglich, die Arbeit aus eigener Kraft zu beenden. Die Grenzproduktivität meiner eigenen weiteren Überlegungen beginnt, gegen null zu gehen. Nun hoffe ich auf eine weitere Diskussion durch interessierte Leser dieses Buches. Nur durch frische und kritische Überlegungen kann sich die Arbeit an einer Austrian-Finance-Theorie auf produktive Art fortsetzen.“

Thomas Mayer zeigt auf, wie man mit Austrian Finance zu einem besseren Portfoliomanagement gelangen kann. Seine selbstkritischen Bemerkungen sind bei aller Perfektion seines Werkes möglicherweise auf sein Bewusstsein darüber zurückzuführen, dass er eventuell für den Geschmack mancher Leser etwas weit ausholt, um die letztlich interessierenden Empfehlungen für die Anlagestrategie zu skizzieren. Er zeigt den Weg von der Geldhortung zur Geldanlage, erläutert den Zeitwert des Geldes und geht auf grundsätzliche Fragen von Schuld und Eigentum ein.

Der Absolvent der CFA Ausbildung Thomas Mayer macht den Leser mit den Elementen der modernen Finanztheorie vertraut, zu denen die Analysen von Erwartungswerten und Standardabweichungen, Thesen über die Informationseffizienz von Märkten, das Capital Asset Pricing Model und die Optionspreistheorie gehören. Während die unverdrossenen Lehrer dieser Theorien zum Beispiel auch in Frankfurt am Main sogar mit Plakatwerbung weitere Schüler suchen und die Hoffnungen zahlender Teilnehmer ihrer Seminare ausnutzen, nach viel Mathematik und Quantifizierung auch viel Geld an den Finanzmärkten zu verdienen, sieht Mayer die Grundfesten dieser Theorien auf Sand gebaut. Weder sind die wesentlichen Modellannahmen beziehungsweise Prämissen in der Realität erfüllt, noch lassen sich Rationalität der Marktteilnehmer und Markteffizienz in dem von diesen Modellen postulierten Maße beobachten.

Professor Mayer scheut nicht den Tabubruch, durch Schuldzuweisung das geschützte Nest der Wissenschaft zu „beschmutzen“, denn er zeigt durch sorgfältige Dokumentation auf, wie die moderne Finanztheorie zu Finanzkrisen beigetragen hat. So mag es der Öffentlichkeit entgangen sein, dass dieselben Wissenschaftler bis hin zu Nobelpreisträgern, die durch zahlreiche Auszeichnungen geehrt und mit Preisgeldern belohnt wurden, zugleich auch in den Unternehmen Verantwortung trugen, die durch ihre Modelle Milliardenverluste erlitten und schließlich auf externe, auch staatliche Hilfe angewiesen waren.

Die Schäden der modernen Finanztheorie beschränken sich keineswegs nur auf Verluste bei Aktien und Optionen, sondern erstrecken sich auch auf Anleihen und viele andere Finanzinstrumente. So erinnert Mayer auch an den Reputationsschaden, der den führenden Ratingagenturen entstanden ist, da sie in einem Teilbereich ihrer Geschäftstätigkeit, nämlich dem Rating strukturierter Finanzierungen, den Ihnen von theoriebeladenen Investmentbankern präsentierten Modellen Glauben schenkten.

Ratingagenturen und Verbriefungsagenturen arbeiteten Hand in  Hand, um „Collateralised Debt  Obligations“ (CDOs) so zu gestalten, dass immer höchstbewertete (AAA) Anleihen in  der Familie der Tranchen zu diesem Zweck gegründeter Gesellschaften (SIVs) vertreten waren. „Die  verschiedenen Tranchen der  CDOs konnten nun direkt an  Endinvestoren verkauft oder in  Teilen oder  ganz von den SIVs  übernommen werden“, berichtet Mayer.

Mayer zeigt Widersprüche zur herrschenden Lehre auf, nach der Banken Institutionen der Transformation von Losgrößen, Fristen und Risiken sind. Wie war es möglich, fragt Mayer, dass die Banken kein Interesse mehr daran hatten, die Kreditzinsen zu erhöhen, als die Zentralbanken die Geldmarktsätze höher schraubte? „Meine  Antwort zu dieser Zeit, die ich auch  heute  noch  für richtig halte, war, dass die Banken statt ‚Fristentransformationen‘ ‚Ratingtransformationen‘ betrieben.  Sie vergaben Hypothekenkredite von oft zweifelhafter Qualität, verbrieften diese, brachten sie in Collaterised Mortgage Obligations (CMOs) ein und verkauften die von den Ratingagenturen als sicher bewerteten Tranchen an eher risikoscheue institutionelle Investoren wie beispielsweise deutsche Landesbanken oder Versicherungen.“

Mayer führt dem Leser im Zeitalter des digitalen Geldes die neuen, modernen Formen der mittelalterlichen Münzverschlechterung vor Augen. Die Münzverschlechterung erwies sich schon im Mittelalter als eine wichtige, wenn nicht die wichtigste Einnahmequelle für viele Fürsten. „So verdoppelte  zum Beispiel eine Verschlechterung der Münzen  im Jahr 1299 die Einnahmen der französischen  Krone von rund 1 auf  2 Millionen Pfund. Im Jahr 1349 generierte die Münzverschlechterung drei Viertel aller Einnahmen des Königs. Diese Art der Geldbeschaffung war so lukrativ, dass es in  Frankreich allein zwischen 1285 und 1490 zu  nicht weniger als 123 Münzverschlechterungen  kam. Vermutlich ist es kein Zufall, dass der durch die Differenz zwischen dem Nennwert und  dem Warenwert entstandene Gewinn der staatlichen  Geldemission mit dem französischen  Wort ‚Seigniorage‘ bezeichnet wird.“

„Die von den Ratingagenturen begleitete Veredelung riskanter Hypothekenkredite durch ihre Einbringung in CMOs erwies sich lukrativer  als ursprüngliche Seigniorage durch die Giralgeldschaffung. Es lohnte sich, die Kreditzinsen  niedrig zu  halten und auf Gewinne  aus Seigniorage zu verzichten, wenn dadurch die Kreditnachfrage angekurbelt wurde, so dass hohe Mengen von Rohmaterial zur Kreditveredelung zusammenkamen.“

Das Buch von Mayer macht den Leser nicht nur mit den realitätsfremden Modellen und Theorien vertraut, die die Krisen möglich machten, sondern auch mit weniger beachteten, alternativen Ideen, die beginnend schon im 19. Jahrhundert in Österreich entwickelt und im Zuge des Zweiten Weltkriegs von ihren führenden Köpfen in die USA getragen wurden. Mit Austrian Finance erhält der Leser ein völlig neues Grundgerüst für das Portfoliomanagement. Wenn auch noch nicht jedes Fenster dieses neuen Hauses geschmückt sein mag, so wird der Leser nach Lektüre des Buches in jedem Fall die Konturen des Rohbaus deutlich erkennen.

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