Weitere Zinssenkungen der RBA

Von Dr. Oliver Everling | 12.Mai 2016

Am Dienstag, den 3. Mai, senkte die australische Zentralbank RBA (Reserve Bank of Australia) ihren Leitzins um 25 Basispunkte – mit 1,75 Prozent sind die Zinsen nun so niedrig wie nie zuvor. „Damit reagierte die RBA auf neue Zahlen über die Entwicklung der Verbraucherpreise im ersten Quartal. Diese fielen deutlich schwächer aus als von Analysten erwartet,“ kommentiert Ariel Bezalel, Fondsmanager des Jupiter Dynamic Bond SICAV und Mitglied des Jupiter Fixed Interest & Multi Asset Teams. Das deute darauf hin, dass die australische Wirtschaft gegen die globalen Deflationstendenzen nicht immun sei. „Der Zeitpunkt der Entscheidung hing vielleicht auch mit der Stärke des australischen Dollars seit Jahresbeginn zusammen. Für die Wettbewerbsfähigkeit der Exportwirtschaft des Landes drohte die Verteuerung der Währung zur Belastung zu werden.“ Etwas leichter sei den Währungshütern der Beschluss möglicherweise angesichts der Entwicklungen auf dem australischen Immobilienmarkt gefallen, denn dort haben schärfere Kriterien bei der Kreditvergabe den Preisanstieg in den letzten Monaten gedämpft.

Für den Markt kam der Zeitpunkt der Zinssenkung zwar überraschend, so Bezalel, doch aus seiner Sicht war der Schritt lediglich eine Frage der Zeit gewesen. „Entsprechend hatten wir uns vorab mit australischen Staatsanleihen (aktuell 15 Prozent des Portfolios) und Zinsfutures (1,7 Prozent) so positioniert, dass wir davon profitieren konnten. Von Anfang an war dieses Engagement gegen Währungsschwankungen abgesichert, und als die Zinsen dann sanken, konnte der Fonds Zuwächse verbuchen.“

Das schwächere Wachstum in China hat tiefe Ungleichgewichte in der australischen Wirtschaft offengelegt. Die Investitionen im Bergbausektor sind weiter rückläufig und wenig deutet darauf hin, dass die jüngsten Zinssenkungen zu einer stärkeren Kapitalbildung in anderen Branchen geführt haben. „Wir glauben,“ so der Kommentar weiter, „dass die RBA in den nächsten zwölf Monaten zu weiteren Zinssenkungen gezwungen sein wird, denn der Abschwung im australischen Rohstoffsektor wird nach Jahrzehnten des Booms andauern.“

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FinTechs müssen erwachsen werden

Von Dr. Oliver Everling | 10.Mai 2016

Robert Lempka, CEO & Mitbegründer von ayondo, zitiert Markus Baumann aus dem Handelsblatt: Frei von Hierarchien, schnell zum Milliardär usw., das seien Vorstellungen, die man mit Start-ups in der Finanzdienstleistungsbranche verbinde. Die Realität sei aber oft straffe Führung mit klaren Zielen, harter Kampf um neue Talente, zum Beispiel mitten in Berlin. Lempka macht klar, dass die Wahrheit zumindest „in der Mitte“ zu suchen sei. Die wenigsten würden es schaffen, mit FinTechs tatsächlich Geld zu verdienen.

Lempka ist Mitherausgeber des Buches „Finanzdienstleister der nächsten Generation“ und spricht auf der gleichnamigen Konferenz des Frankfurt School Verlags in Frankfurt am Main zum Thema „Fintechs müssen erwachsen werden – Aufgaben und Herausforderungen auf dem Weg zum langfristigen Erfolg“. Lempka berichtet von zahlreichen Konferenzen rund um die Globus zum Thema „FinTech“. In den inzwischen unübersichtlich zahlreichen Awards für FinTech-Unternehmen sieht Lempka ein Warnzeichen, dass das Interesse heißgelaufen sei.

Lempka skizziert die Aktivitäten von ayondo, die sich zunehmend nicht nur im Bereich B2C, sondern auch im B2B entwickeln. Insbesondere außerhalb der EU, über deren Grenzen die Genehmigungen nicht hinausreichen, würde die Zusammenarbeit mit Partnern gesucht.

„Der Ausgangspunkt unserer Tätigkeit ist der unhappy customer“, berichtet Lempka. Ayondo wurde mitten in der Finanzkrise 2008 gegründet, als die Frustration von Bankkunden besonders groß war. „Wir haben gesehen, dass das Internet und die Digitalisierung den gesamten Finanzdienstleistungsbereich verändern wird, wie schon den Konsum von Waren und anderen Dienstleistungen. Allerdings sind die Markteintrittsbarrieren für den Finanzdienstleistungsbereich wesentlich größer wegen der Regulierung.“

Nachdem ayondo zunächst als Holding organisiert war, wurde 2013 die Entscheidung getroffen, selbst operativ tätig zu werden. Zu den wichtigsten Angeboten gehören Online Trading und Social Trading, bei dem erfolgreiche Strategien etablierter Experten von jedermann kopiert werden können.

Am Anfang habe die Idee gestanden, aber das Team sei das „A und O“. Das Team bei ayondo setze sich nicht nur aus ganz jungen Mitarbeitern zusammen. „Das Management bei uns ist im Durchschnitt Mitt 40 Jahre alt, aber wir sind in unseren Herzen immer noch wild“, scherzt Lempka. Für ihn steht die Integrität der Persönlichkeiten ebenso im Vordergrund wie Fähigkeiten und Wissen. „Bei einem Start-up gibt es auch Rückschläge, die man gemeinsam verkraften muss“, warnt Lempka.

Lempka gibt auf der Konferenz des Frankfurt School Verlags detaillierte Einblicke in die Logik der Entwicklung der Strategie für ayondo. Eckpunkte dieser Strategie sei der Aufbau der Marke. Dieser Aufbau sei als Investition besonders schwer zu greifen. Zur Strategie gehören nach seinen Worten auch Entscheidungen über die Definition, was unter Erfolg zu verstehen ist. Bei manchen Start-ups würde zu einseitig auf die Generierung von Kundenzahlen gesetzt und nicht genug an Umsatz gedacht. Vielen FinTechs sei nicht wirklich klar, wo sie eigentlich Geld verdienen wollten.

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Auswirkungen der Digitalisierung im Finanzdienstleistungsbereich

Von Dr. Oliver Everling | 10.Mai 2016

„Neulinge haben Schwierigkeiten, ihre Marke am Markt zu etablieren“, führt Prof. Dr. Jürgen Moormann, Concardis-Professor für Bank- und Prozessmanagement und Co-Head des ProcessLab der Frankfurt School of Finance & Management, in die Konferenz des Frankfurt School Verlags „Finanzdienstleister der nächsten Generation – Digitale Geschäftsmodelle und FinTech-Strategien“ ein. In diesen Schwierigkeiten der „Neulinge“ liegen die Chancen etablierter Adressen.

Moormann macht die Probleme klar, die Banken mit den FinTechs haben: In Bnken sseinen Produktkenntnisse sehr verbreitet. Auf Produkte stellen auch die Lehrbücher ab, so dass die Kundensicht oft fehle. In der Kundensicht würden aber viele FinTechs ihren Ausgangspunkt nehmen, indem sie sich strikt an den Kundenbedürfnissen ausrichten.

Frank Annuscheit, Vorstand der Commerzbank AG, spricht über die digitale Transformation als Chance und Herausforderung für die Kunden der Bank. „Digital ist für uns mehr als Apps, denn Kunden erwarten digitale Prozesse und neue Geschäftsmodelle.“ Die Digitalisierung betreffe das gesamte Unternehmen. „Als Zielbild steht für uns die digitale Organisation.“

Annuscheit macht schon an der Wahl seines persönlichen Weges in die Finanzbranche klar, dass Finanzdienstleister im Vergleich zu anderen Branchen schon vor drei Jahrzehnten zu den Vorreitern im Einsatz con Computern gehörten. Seit 2010 habe sich die Welt aber durch die Digitalisierung radiikal verändert, wie die Nutzerzahlen der Social Media zeigen. Die Vernetzung sei als vierte industrielle Revolutioon das dominierende Thema der Kunden. Historisch gesehen waren es ab 1760 die Dampfkraft, ab 1890 die Elektrifizierung, ab 1970 die Automatisierung und heute die Vernetzung.

Von 2003 mit 49.711 Bankfilialen nahme die Zahl der Bankfilialen um ein Viertel auf 37.293 im Jahr 2014 ab. Die Digitalisierung haben ihren signifikanten Einfluss auf die Bankbranche gezeigt. „Banken müssen sich anpasssen, um auch in Zukunft profitabel zu sein.“ Disruptors, Innovators und Aggregators sind die drei Gruppen neuer Wettbewerber, die Teile der Banken-Wertschöpfungskette für sich beanspruchen.

Annuscheit kommt auf Erfolge der Commerzbank zu sprechen, vom online führbaren Haushaltsbuch bis zu App auf der Apple Watch. Zahlreiche Auszeichnungen der Commerzbank würden darauf hindeuten, dass die Commerzbank im Vergleich „nicht schlecht wegkomme“. Die Digitalisierung bleibe aaber eine laufende Herausforderung, denn die Digitalisierung verändere auch die Bdürfnisse der Bankkunden, neben digitalem Frontend seien auch digitale Prozesse notwendig. „Für ein komplett digitles Kunenerlebnis denken wir unsere Produkte und Prozesse konsequent vom Kunden her“, greift Annuscheit eine Forderung von Moormann auf.

„Eigentlich eine Schande für die etablierten Banken, dass die ING-DiBa mit einfachen Produkten schnell auf stattliche Marktanteile gekommen ist, während sich andere Banken mit komplizierten Produkten verzettelt haben“. Annuscheit macht klar, wie die Commerzbank aufgeholt hat und zeigt an einem Video, wie schnell inzwischen komplett online ein Konto bei der Commerzbank eröffnet werden kann. „Wir glauben, im Moment die Bank zu sein, bei der am schnellsten ein neues Konto online eröffnet werden kann.“ Wenige Tage später würde der Kunde per Post auch schon seine zum Konto gehörigen Karten erhalten.

Die vom Kunden online gefühten Haushaltsbücher will Annuscheit nicht nutzen, um Kunden Werbung zu Produkten zu schicken, auf die diese gerade sparen würden oder für die sie einen Bedarf erkennen lassen. Für Annuscheit steht das Vertrauen der Kunden im Vordergrund, das nicht durch Reklame verspielt werden dürfe. Die Kunden würden mit einer Bank die Vorstellung verbinden, dort einen Ort zu finden, wo ihr Geld sicher ist. So müsse es sich auch mit den Daten verhalten, die der Kunde bei der Bank hinterlasse.

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Internationales Netwerk für Wachstumsfinanzierung

Von Dr. Oliver Everling | 9.Mai 2016

Dr. Cord Gebhardt aus der Geschäftsführung der Frankfurter Wertpapierbörse berichtet im MontagsMeeting des eff European Finance Forum in Frankfurt am Main über das Deutsche Börse Venture Network (DBVN). Er nimmt den Einstieg in seinen Vortrag über eine Zusammenfassung des hervorragenden Unternehmens- und Innovationspotenzials Deutschlands, die starke und etabliere Forschungs- und Bildungslandschaft, den deutschen Mittelstand und das Ansehen deutscher Firmen im Ausland als zuverlässiger Geschäftspartner. In einer BBC-Umfrage schnitt Deutschland gar als das vermutlich „weltweit attraktivste Land“ für Unternehmen ab.

Gebhardt kommt auf verschiedene „aber“ zu sprechen: „Allerdings ist die Finanzierungskette unterbrocchen, die Wachstumsfinanzierung ist zu niedrig, um langfristig erfolgreiche Unternehmen zu schaffen.“ Family & Friends, Incubators, Business Angels, Venture Capital bilden eine Kette von Seed, Early bis Growth, jedoch klafft ein Funding Gap zwischen Venture Capital und Private Equity sowie – als letzte Entwickllungsphase – Public Markets. Gebhard erinnert an den Neuen Markt und die Erfahrungen, die mit dem Aufstieg und Niedergang des Marktes gemacht wurden.

Gebhardt geht auf verschiedene Versuche ein, die Lücke zu schließen. Eine Vielzahl von Möglichkeiten sind bkeannt, jedoch fand sich auf der Seite der Politik entweder nicht der Wille oder nicht das finanzielle Mittel, um diese umzusetzen. Gebhardt stellt daher die Plattform vor, die zwischenzeitlich aus 151 Investoren aus den Bereichen PE/VC, Family Offices usw. aufgebaut wurde. Bereits 75 Wachstumsunternehmen seien im DBVN. „Im Moment ist es eine reine Dating-Plattform mit geschlossenen Räumen“, berichtet Gebhardt.

Wachstumsunternehmen bietet das DBVN einen vereinfachten Zugang zu einem breiten Pool an ausgewählten Invstoren im In- und Ausland, Zugang zu privatem Kapital ohne die hohen Anforderungen des öffentlichen Kapitalmarkts und Unabhängigkeit von den Einschätzungen der Investmentbanken und Intermediäre und den Aufbau von „Best Practice“ Kapitalmarkt-Know-how. Reporting- und Corporate Governance-Struktur können so kontinuierlich auf ein IPO vorbereitet werden, „Kapiital-neutral“ in Bezug auf Finanzierungskanäle. Das DBVN liefert eine erste Einschätzung zur unternehmenseigenen Equity Story.

Investoren bietet DBVN einen vereinfachten und verbesserten Zugang, auch zu neuen Co-Investoren und Ankerinvestoren. Erweiterung des eigenen Netzwerks, Zugang zu einer transparenten IPO-Pipeline und Pre-IPO-Beteiligungsmöglichkeiten sind weitere Vorteile für Investoren, glaubt Gebhardt und will das Netzwerk als ein „umfassendes Ökosystem“ verstanden wissen aus Online Plattform, Offline Plattform und Trainings. „Die ältere Generation kann sich das vielleicht nicht vorstellen, aber tatsächlich findet heute die Kontaktanbahnung oft im Chat statt.“ Von den neuen Kommunikationsmedien werde reger Gebrauch gemacht, berichtet Gebhardt und stellt auch die technologischen Herausforderungen dar, die mit einem Anspruch eines „One-Stop-Shop für Networking, Matching und Anbahnung von Transaktionen“ einhergeht.

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Ludwig von Mises von A bis Z

Von Dr. Oliver Everling | 9.Mai 2016

Kaum ein verstorbener Ökonom wird heute so zum Leben wiedererweckt wie Ludwig von Mises, Philosoph des Liberalismus und Vordenker der Österreichischen Schule der Nationalökonomie. Über Jahrzehnte hinweg wurde er von linientreuen Professoren der Keynesianischen Schule den meisten Studenten der Wirtschaftswissenschaften de facto vorenthalten, denn die Thesen von John Maynard Keynes passten besser zur Tagespolitik.

Michael Ladwig hat in beeindruckender Detailarbeit das umfangreiche Werk Ludwig von Mises analysiert und ein Lexikon zusammengestellt (ISBN 978-3-89879-979-9), das eine Orientierungshilfe in der Philosophie Ludwig von Mises bietet. Leicht verständliche Artikel beleuchten Mises‘ Gedanken von A wie Anarchismus bis Z wie Zwang, mal in ein paar Sätzen auf den Punkt gebracht, mal über mehrere spannende Seiten.

Beispiel Stichwort „Kredit“: Die Kreditgeschäfte zerfallen nach Begriffsverständnis von Ludwig von Mises in zwei große Gruppen, deren strenge Scheidung nach seiner Meinung den Ausgangspunkt für jede Theorie des Kredites und vor allem auch für jede Untersuchung des Verhältnisses zwischen Geld und Kredit und der Einwirkungen des Kredites auf die Geldpreise der Sachgüter bilden muss. „Auf der einen Seite stehen diejenigen Kreditgeschäfte,“ so heißt es im Lexikon, „für die charakteristisch ist, daß sie jenem Teil, dessen Leistung in der Zeit vorausgeht, ein Opfer auferlegen: den Verzicht auf die sofortige Erlangung der Verfügungsgewalt über das eingetauschte Gut, oder, wenn man diese Fassung vorzieht, den Verzicht der Verfügungsgewalt über das fortgegebene Gut bis zum Erhalt des dagegen eingetauschten.“ Diesem Opfer stehe ein entsprechender Gewinn des anderen Kontrahenten gegenüber, nämlich der Vorteil, die Verfügung über das im Tausche erworbene Gut früher zu erhalten, beziehungsweise mit der eigenen Leistung zuwarten zu dürfen.

Für die aktuellen Entwicklungen der Finanzkrise ist die zweite Gruppe von Kreditgeschäften von besonderer Bedeutung: „Die zweite Gruppe von Kreditgeschäften ist dadurch charakterisiert, daß hier dem Gewinne desjenigen, dem früher geleistet wird, kein Opfer dessen gegenübersteht, der früher leistet.“ Schon die Begriffsbildungen von Ludwig von Mises machen es leicht, die Fehlentwicklungen überbordender Staatsverschuldung und die Rolle der Zentralbanken zu verstehen: „Wird dem Gläubiger die Möglichkeit geboten, die Darlehen durch die Ausgabe von jederzeit fälligen Schuldforderungen zu erteilen, dann ist für ihn mit der Kreditgewährung kein wirtschaftliches Opfer verbunden.“ Wer den Ausführungen zum Stichwort „Kredit“ weiter folgt, versteht den Einfluss dieser Art von Kreditgeschäften auf Zinsen und Kapitalallokation.

Wer sich mit dem Werk von Ludwig von Mises befasst, der entdeckt, dass es kaum ein Thema gibt, auf das er in seinen Publikationen nicht eingegangen ist. Seine Gedankengänge erscheinen dabei höchst aktuell und seine Denkanstöße etwa zum Mindestlohn erschreckend visionär.

Der Mindestlohn z.B. führt zur Arbeitslosigkeit eines Teiles derer, die durch Lohnarbeit ihren Lebensunterhalt finden wollen, stellte schon Ludwig von Mises fest. „Will die Obrigkeit die Einschaltung der Arbeitslosen in den Wirtschaftsprozess ohne Rückkehr zum Marktlohn bewirken, dann muss sie Maßnahmen ergreifen, die Schritt für Schritt endlich zur Verstaatlichung der Produktion führen.“ Es sei dabei ohne Belang, heißt es im Eintrag zum Stichwort „Mindestlohn“ in diesem Lexikon, „ob die Mindestlohnsatzung von der Regierung selbst verfügt wurde, oder von den Gewerkschaften, die unter Duldung der Regierung einen Zwangsapparat aufgebaut haben, der die Unternehmer verhindert, Arbeiter, die sich mit niedrigeren Löhnen begnügen wollen (Streikbrecher), zu beschäftigen.“

Das Lexikon weckt Interesse und gibt Denkanstöße. Der knappe Lexikoneintrag mag den Leser auf die Idee bringen, die vielen weiteren Fehlsteuerungswirkungen des Mindestlohnes zu sehen. Der Mindestlohn verhindert z.B. heutzutage gerade für junge Menschen, Chancen in anspruchsvollen, innovativen Unternehmen zu erhalten, in denen Berufseinsteiger zunächst kaum erwarten lassen, von Anfang an eine dem Mindestlohn rechtfertigende Produktivität zu entfalten.

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Deutsche Industrieproduktion schwächelt

Von Dr. Oliver Everling | 9.Mai 2016

In den vergangenen zwei Jahren ist die deutsche Industrieproduktion lediglich um 1,3% gestiegen, im übrigen Euroraum war der Zuwachs dagegen mehr als dreimal so stark (+4,5%). Gemessen am Wachstum hat die deutsche Industrie damit ihre führende Rolle im Euroraum eingebüßt. Diese Entwicklung hat vier Gründe, glauben die Analysten der FERI EuroRating Services AG aus Bad Homburg,

Erstebs werde das Wachstum der europäischen Industrie maßgeblich von der Automobilindustrie getrieben, und gerade in diesem Sektor gab es in anderen europäischen Ländern nach Überwindung der Rezession zwischen 2011 und 2013 einen erheblichen Nachholbedarf, urteilt die FERI. „So ist die Produktion von Autos und Autoteilen seit Anfang 2014 in Spanien um 25%, in Italien um imposante 36% und in Frankreich immerhin noch um 7% gestiegen. Dennoch liegt die Produktion in allen drei Ländern erheblich unter dem Vorkrisenniveau. Geholfen hat den Produktionsstätten im europäischen Ausland auch die spezifische Exportstruktur, die sich erheblich von der deutschen unterscheidet: Zwischen 42% (Italien) und mehr als 60% (Frankreich) der Automobil-Exporte gehen in Länder des Euroraums, während es von Deutschland aus nur 27% sind. Deutschland ist zudem ungleich stärker von der Schwäche Chinas betroffen, denn dorthin gehen 8% der Auto-Exporte, während die Exportanteile der anderen Länder bei weniger als 2% lagen.“
 
Zweitens sieht die FERI Deutschland auch jenseits der Automobilindustrie nicht mehr als Vorreiter im Exportwachstum. Auch hier spiele die regionale Verteilung der Exporte eine wesentliche Rolle. „Deutsche Exporteure sind stärker als ihre französischen, italienischen und spanischen Pendants von der Schwäche Chinas und der asiatischen Schwellenländer, aber auch von der gesunkenen Nachfrage Russlands und deren negativen Wirkungen auf osteuropäische Länder betroffen.“

In den vergangenen Jahren sind die Lohnstückkosten in Deutschland stärker angestiegen als in anderen europäischen Ländern, so das dritte Argument der FERI. Höhere Löhne und die stärkere Reglementierung der Leiharbeit auf der deutschen Seite sowie Arbeitsmarktreformen in einigen anderen europäischen Ländern haben dazu wesentlich beigetragen. „Allerdings spielt hier auch eine Rolle,“ gibt die FERI zu bedenken, „dass etwa im Maschinenbau trotz der schwachen Produktionsentwicklung in vielen Betrieben an der Belegschaft festgehalten wird. Man will angesichts des Fachkräftemangels vermeiden, im Falle einer Besserung der Geschäftslage ohne qualifiziertes Personal da zu stehen.“

In energieintensiven Branchen, so die vierte Begründung der FERI, habe Deutschland spezifische Wettbewerbsnachteile. Die im Vergleich zu Deutschland um etwa 30% niedrigeren Strompreise für Industrieunternehmen in Frankreich dürften einer der Gründe dafür sein, dass die Produktion etwa in der Chemie- und der Metallindustrie dort zuletzt spürbar zulegte, während sie in Deutschland praktisch stagnierte.

Das Fazit der FERI ist allerdings nicht ganz negativ, denn trotz des aktuell negativen Befunds sei mit einer dauerhaften Schwäche der deutschen Industrie nicht zu rechnen. „Die Aufholjagd nach verlorengegangenen Marktanteilen in Italien und Spanien wird früher oder später enden, und eine wirtschaftliche Erholung in den Schwellenländern käme der deutschen Industrie mit ihren Stärken im Investitionsgüterbereich stärker zugute als anderen Ländern. Weil solche positiven Effekte aber im Jahr 2016 noch nicht abzusehen sind, wird der Zuwachs der deutschen Industrieproduktion mit 1% auch im laufenden Jahr schwach bleiben und überdies geringer ausfallen als in Frankreich (1,25%), Italien (1,6%) und besonders in Spanien (2,8%). Langfristig ist wieder mit einer stärkeren Angleichung der Wachstumsperspektiven für die Industrie zu rechnen. Dazu müsste aber vor allem der Anstieg bei den Lohnstückkosten gebremst werden.“

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Interesse am BdRA wächst wieder

Von Dr. Oliver Everling | 4.Mai 2016

Das Interesse am Bundesverband der Ratinganalysten (BdRA) wächst wieder, nachdem in der Finanzkrise nach dem Jahr 2010 zunächst ein Knick im Zuwachs der Mitgliederzahlen zu beobachten war. Dr. Wolfgang Biegert berichtet in der Mitgliederversammlung in Berlin über die Entwicklung des Vereins. Konkret geht es um die letzten vier Präsidiumssitzungen in 2015 und 2016. Seit Ausscheiden vno Prof. Dr. Helmut Roland im März 2015 ist Biegert kommissarischer Vorsitzender.

Ralf Garrn bestätigt die Wahrnehmung von Biegert, dass sich das Thema „Rating“ bald wieder stark wachsendem Interesse ausgesetzt sehen wird. Dies hänge mit den Bemühungen auf EU-Ebene zur Schaffung eines einheitichen, europäischen Finanzmarktes zusammen. Diese Bemühungen würden die Nachfrage nach Ratigdienstleistungen wieder deutlich steigern.

Biegert berichtet über die Verlegung des Sitzes des Vereins an den Kurfürstendamm 136 in Berlin. Reinhard Streibel ist für die Rating Cert Academy mit der Akquise von Lehrgangsteilnehmern befasst, wie auch Martin Grotz, berichtet Biegert. Der nächste Lehrgang um „Certified Rating Analyst“ ist für den Herbst 2016 geplant. Biegert lädt diie Mitglieder ein, auch von der Präsentation zur Vorstellung des Bundesverbandes Gebrauch zu machen.

Die in 2014 gestarteten BdRA-Regionalkonferenzen wurden in München, Stuttgart und Düsseldorf fortgesetzt. Weitere Konferenzen sind derzeit in Berlin, Köln und anderen zentralen Orten geplant. Die Arbeit des Vereins beschränkt sich nicht auf die Durchführung von Ausbildungsmaßnahmen und Regionalkonferenzen, sondern umfasst u.a. auch die Arbeit in Arbeitskreisen. So begrüßt Biegert in der Mitgliederversammlung des BdRA in Berlin Dr. Kai Flehmig-Pichlmaier vom Deutschen Gründerverband e.V., München. Er wird federführend im BdRA den Arbeitskreis zur Gründerfinanzierung und Gründerrating vorantreiben.

Die Rating Cert Academy führt seit 2015 das modulare Fortbildungskonzept erfolgreich durch. Der modulare Aufbau schaffe mehr Flexibilität und stelle eine qualitativ hochwertige Ausbildung sicher. Inzwischen werden dise Module auch als maßgeschneiderte Inhouse-Qualifizierung nachgefragt. Aus diesen Kursen resultieren u.a. auch weitere Beitritte zum Verein, berichtet Biegert.

„Ratings kommunizieren“, „Gründungscheck und Businessplan“ swie „Internationale Rechnungslegung“ sind die Themen von zweitägigen Aufbaumodulen, die aktuell im BdRA angeboten werden. Mit Prof. Dr. Ottmar Schneck als künftigem Geschäftsführer der SRH Hochschulen GmbH sei darüber hinaus eine Online-Ratingausbildung an der SRH Mobile University geplant, kündigt Biegert an.

Dieter Pape berichtet aus dem Präsidium des Vereins über die Entwicklung der Finanzen, sowohl des Vereins als auch der GmbH. Die größten Ausgabenblöcke sind die Zeitschrift „Kredit & Rating Praxis“ wie auch die Verwaltung. Einnahmen und Ausgaben sind ausgeglichen, für das Jahr 2015 wurde ein Überschuss erwirtschaftet. Pape erläutert darüber hinaus die Budgetplanung 2016 des Vereins, in der wiederum eine Deckung aller Ausgaben durch die laufenden Einnahmen vorgesehen ist. In der Rating Cert GmbH wurde ein Jahresüberschuss erzielt. Pape dankte in diesem Zusammenhang ausdrücklich dem Geschäftsführer der Rating Cert GmbH, Holger Becker, dem durch die Gesellschafterversammlung bereits Entlastung erteilt wurde. „Es ist genügend Geld in der Kasse,“zeigt Pape anhand der Finanzübersicht, „um auch den künftigen Aufgaben gewachsen zu sein.“

Der Vorstand des Vereins wurde einstimmig entlastet. „Never change a winning team“ – so könnte man die durchweg einstimmige Wahl der Mitgliederversammlung für die Vorstandsmitglieder verstehen. Neu im Vorstand sind Norbert Langenbach, Interne Ratingverfahren, und Michael Truernit, Repräsentant Geschäftsstelle Berlin. Das Präsidium wurde wie folgt gewählt: Dr. Wolfgang Biegert, Vorsitzender, Grit Bantow, stellvertretende Vorsitzende / Schriftführerin, Ralf Garrn, Ratingagenturen, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater Dieter Pape, Schatzmeister, Prof. Dr. Ottmar Schneck, Ratingbildung, und Prof. Dr. Werner Gleißner, Ratingverfahren und Methoden.

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Vorteile des EU Binnenmarktes besser nutzen

Von Dr. Oliver Everling | 30.April 2016

Deutschlands Position in der globalisierten Ökonomie und die Auswirkungen des Europäischen Binnenmarktes mit Deutschland als Gewinner thematisiert Prof. Dr. Gerhard Stahl von der Peking University HSBC Business School in seinem Vortrag beim 60. Monetären Workshop in Frankfurt am Main. „Der internationale Wettbewerb des 21ten Jahrhunderts ist nicht nur ein Wettbewerb zwischen Unternehmen, sondern auch zwischen politischen und regulaotirschen Systemen“, so eine seiner Thesen. Prof. Dr. Diethard B. Simmert skizziert in seiner Einführung die Bedeutung des von Stahl vorgetragenen Themas.

Nach dem weltwirtschaftlichen Verflechtungsindikator von McKinsey, zitiert Stahl, gehört Deutschland zu den Ländern der Welt, dessen Wirtschaft am stärksten mit der Weltwirtschaft verflochten ist. Die im Jahr 1985 unter Präsident Delors vorgeleggte Binnenmarktinitiative mit 300 Rechtsakten hatte als wichtiges Ziel, so Stahl, die natioonalen Ökonomien zu öffnen und in einen europäiischen WIrtschaftsraum zu integrieren und Europa dadurch wettbewerbsfühiger zu machen.

Die hat es der deutschen Wirtschaft erlaubt, ihre Internationalisierung im Schutze des 1992 beschlossenen einheitlichen Europäischen Binenmarktes weiter voran zu treiben. Die verschiedenen Erweiterungen der EU nach Süden mit Spanien und Portugal und später nach Osten gingen jeweils einher mit einer zunehmenden Verflechtung. Der Binennmarkt hat zu einem Anstieg des Außenhandels geführt, sowohl innerhalb der EU und gegenüber dem Rest der Welt.

Praktisch alle empirischen Studien über die Auswirkungen des Binnenmarktes kommen zu dem Ergebnis, dass der Binnenmarkt das Wachstum in Europa gefördert hat. Alle Länder – bis auf Griechenland – konnten sich immer besser in Europa integrieren, zeigt Stahl an einer Statistik. Stahl weist auf die methodischen Schwierigkeiten hin, ein Europa „mit“ und „ohne“ Binnenmarkt hypothetisch zu vergleichen. Stahl sieht jedoch genügend Evidenz zur Stützung seiner These, dass der Binnenmarkt Deutschland in besonderem Maße genutzt habe.

Während Kredite zurückgezahlt weren müssen, fallen die kurzfristigen krisenbedingten Vorteile für Deutschland unmittelbar an, so Stahl: Der „save heaven“ Effekt mit dem Kapitalzufluss führt zu Zinsovrteilen, bis hin zu negativen Realzinsen. Der Binnenmarkt war Teil eines politischen Gesamtkonzepts, unterstreicht Stahl: Mehr Wettbewerb, mehr Solidarität, eine Stärkung der EU und mehr europäische Demokratie.

Der Binnenmarkt diente dazu, aus einer Stagnationsphase in Europa herauszukommen. Stahl seiht für die Zukunft als Herausforderung, dass die Bevölkerungsentwicklung zur weiteren Abnahme des deutschen und europäischen Einflusses beiträgt. Stahl zeigt, dass sich die ökonomische Kräfteverteilung schon bis zum Jahr 2020 deutlich verändern wird.

„China durchläuft einen politisch gesteuerten Strukturwandel“, berichtet Stahl. China habe inzwischen praktisch dasselbe Niveau an Forschungsausgaben wie die Europäische Union. Forschung udn Innovation werde durch den Aufbau staatlich geförderter Wissenschaftszentren genauso gefördert, wie durch die Unterstützung innovativer Unternehmen. China wurde vom Empfänger auslndischer Direktinvestitionen zum Investor aus ausländischen Märkten. Inzwischen gibt es  immer mehr Weltmarktführer in China – Stahl gibt Sinopec, Huawei, Lenovo usw. als Beispiele.

Stahl kommt auf die Seidenstraßeninitiative Chinas seit 2013 zu sprechen. Damit werde es chinesischen Firmen erleichtert, sich auf den Weltmärkten zu positionieren. Zugleich sinke der Marktanteil ausländischer Banken in China. Ab Oktober werde der RMB in den Währungskorb der Sonderziehungsrechte des IWF aufgenommen. Der Anteil des Euro wird deutlich zurückgehen. Der Europäische Binnenmarkt sei immer noch der größte der Welt. Stahl ruft dazu auf, die Vorteile des Binnenmarktes im regulatorischen Wettbewerb besser zu nutzen.

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Risikolandschaft färbt sich rot

Von Dr. Oliver Everling | 28.April 2016

Auf dem 10. coface Kongress „Länderrisiken 2016″ werden die aktuellen Entwicklungen in der Weltwirtschaft diskutiert. Unter dem auf die Lokation des Fußballstadiums anspielenden Titel „Doppelpass: Länderrisiken reloaded“ diskutieren auf dem Podium der coface Arena in Mainz Dr. Mario Jung, Senior Regional Economist NER, Coface, und Jochen Böhm, Regional Risk Underwriting Director NER, Coface, unter der Moderation von Erich Hieronimus, Pressesprecher NER, Coface.

„Die politischen Risiken nehmen zu“, stellt Dr. Mario Jung fest. Der Senior Regional Economist bei Coface blickt dabei nicht nur auf Russland oder den Nahen Osten. „Auch in Europa wirken politische Themen auf die Wirtschaft.“ Negative Reize seien hier im Angebot, greift Jung das Thema seines Vorredners vom Vormittag auf, Prof. Dr. Roland Erben.

Die Schwäche der Emerging Markets, die Rohstoffpreise und die Risiken für die politische Stabilität sieht Jung im Mittelpunkt bei der Erörterung der derzeit größten Risiken bei schwachem Wachstum. „Inzwischen wird ja sogar die Wahl des amerikanischen Präsidenten als Risikofaktor für die Wirtschaft wahrgenommen, für mich ein neues Phänomen“, steckt Jung die Bandbreite der möglichen Faktoren ab, die man als Risiko für die Volkswirtschaften sehen kann.

Das weltwirtschaftliche Wachstum sein japanisch geworden. Für 2016 sehe die Coface ein Wachstum von 2,7 %. Insbesondere in den Schwellen- und Entwicklungsländern sei das Wachstum nicht mehr wie einst. „Wir haben gravierende strukturelle Probleme in diesen Ländern gesehen.“ In manchen Ländern kämen die Negativfaktoren gleichzeit zum Tragen. Die Wachstumsstory der Emerging Markets bleibe eingetrübt.

Für China erwartet die Coface ein Wachstum des Bruttoinlandsprodukts in HÖhe von 6,5 %, in etwa in der Größenordnung wie die chinesische Staatsführung. Die Frage sei daher, wie „hart“ eine weiche Landung Chinas sei. „China produzierte in zwei Jahren so viel Zement wie die USA im gesamten 20. Jahrhundert“, kommt Jung auf das Problem der Überkapazitäten in China zu sprechen.

In China wwürden die Zahlungsverzögerungen zunehmen. Davon berichten immer mehr Unternehmen. Der Bausektor, Metallbereich, IT und Telekom, aber auch im Konsumsektor seien Zahlungserfahrungen von der Wachstumseintrübung gekennzeichnet.

Stärker noch als in China würden die Belastungsfaktoren aber in Brasilien wirken, so Jung und warnt: „Ordnung und Fortschritt sehen anders aus!“ Es würden in Brasilien auch in der Politik die Personen fehlen, die das Vertrauen der Bevölkerung rechtfertigen würden.

In Russland laufe ein sehr interessantes Phänomen ab. In Russland laufe ein Prozess der Importsubstitution an. Die russische Staatsführung versuche, die Importe durch eigene Produkte zu substitutieren. Landwirtschaft, Ernährung, Pharmazie würden davon in Russland profitieren. „Selbst wenn wir in einigen Branchen Aufwärtsbewegungen sehen, sind Sanktionen insgesamt nicht positiv zu sehen“, macht Jung klar.

Jung kommt auf Fluch und Segen der „harte“ Landung der Rohstoffpreise zu sprechen. In vielen Ländern sei der private Verbrauch durch den Verfall der Energiepreise angetrieben worden. Die Rohstoffexporteure seien insbesondere in den Schwell- und Entwicklungsländern zu finden, „deren Rechnung haut jetzt nicht mehr hin“, macht Jung klar. Das könne auf Exportnationen wie Deutschland zurückschlagen, denn viele Maschinen usw. wurden aus Deutschland in diese Länder exportiert.

Für Deutschland könne man sagen, dass die Schwäche der Emerging Markets in Deutschland angekommen sei. Auch der Effekt von China sei in Deutschland spürbar, denn Deutschland sei viel stärker von China abhängig als andere Länder in Europa. Deutschland habe noch eine starke Binnennachfrage und insofern nicht länger der „kranke Mann Europas“. Im vergangenen Jahr gab es für Osteuropa eher Herauf- als Herabstufungen.

Der Zusammenhalt innerhalb der Europäischen Union, der Zusammenhalt mit Großbritannien – oder gibt es den Brexit? – sowie Fragen nach dem Weg der USA beschäftigen die Wirtschaftsexperten. „It’s politics, stupid!“ Mit diem Spruch überschreibt Jung weitere zentrale Fragen: Steht uns „Trumponomics“ bevor? Führt die EZB weiter schweres Geschütz auf?

Mit „Mind the gap!“ kommt Jung auf den möglichen Brexit zu sprechen. Politische und Handeslbeziehungen müssen neu verhandelt werden, die Unsicherheit dämpft Investitionen, die Abwertung des Pfund, der Verlust an Wirtschaftsleistung usw. sind Risiken, die Jung nicht unterschätzt sehen will.

Jung kommentiert die Risikoweltkarte der Coface. Die Risikolandschaft sei immer deutlicher von der Farbe Rot gekennzeichnet. Nur noch wenige Staaten stehen auf „Grün“. „Leider keine positive Stimmung“, räumt Jung ein.

Hieronimus lässt die Aussagen früherer Redner auf dem Kongress „Länderrisiken“ mit einem prägnanten Video Revue passieren. Böhm berichet, wie die Krise schlagartig auch die Kreditanträge beeinflusste. Die Anfragen gingen zurück, der Aufschwung in einigen Regionen Südeuropas kehre dies nun wieder um. Erfolgreiche Reformarbeit in Spanien und Portugal seien hier zu nennen. In Griechenland stieg die Coface ganz aus. „Das hätte man sich nicht vorstellen können, dass wir einmal aus einem Land in Europa ganz aussteigen. Unsere Prognose ist, dass Griechenland wieder Probleme haben wird.“

Manche Kunden der Coface habe in Griechenland weiter Geschäfte gemacht, zum Teil aber bitteres Lehrgeld bezahlt, berichtet Böhm. Inzwischen habe die Coface für ausgewählte Unternehmen in Griechenland wieder Linien eröffnet.

Investitionen aus dem Ausland, Verwaltungsstrukturen verbessern – Jung sieht in Griechenland durchaus einige Bewegungen in die richtige Richtung. Auf jeden Fall müsse aber ein deutlicher Abbau der Arbeitslosigkeit kommen, das sei noch nicht in Sicht. Die EU gebe viel Geld hinein. Über sehr viel Anschubfinanzierung aus der EU hätten es die Osteuropäer geschafft, aus ihrem Tief herauszukommen. Hieronimus erinnert daran, wie es massiven Widerstand gegen die Maßnahmen gab.

Böhm unterstreicht, „wir schauen auf das einzelne Unternehmen“. Die Geschäftsbeziehung, die Partnerschaft, dürfe nicht zu kurz kommen. „Kann ich dem Unternehmen vertrauen?“ Das sei eine zentrale Frage, dann könne man auch entsprechende Geschäfte betreiben.

Hieronimus kommt auf Aussagen von Jean Claude-Juncker auf dem Länderrisikokongress 2011 zu sprechen, ob die Regulierung der Finanzmärkte die Risiken überschaubar und beherrschbar gemacht haben. Böhm glaubt, dass die Risiken im Finanzsektor eher aus Schwellen– und Entwicklungsländern kommen würden als aus den Industrieländern. Böhm warnt zudem vor „Konsolidierung um jeden Preis“, denn durch Investitionen in die Infrastruktur könnten durchaus noch signifikante positive Effekte gegeben werden.

Hieronimus kommt auf das Demokratiedefizit in manchen Ländern Europas sowie die Disintegration zu sprechen. Die Risiken müsse man zwar im Blick haben, aber negative Effekte auf die Wirtschaft seien zurzeit noch nicht zu erkennen. Auch konservative Regierungen hätten ein Interesse an ihrer jeweiligen Wirtschaft.

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Wohle und Wehe internationaler Verflechtung

Von Dr. Oliver Everling | 28.April 2016

In den vergangenen drei Jahren wiesen die Aktienfonds für deutsche Nebenwerte mit 12,3 Prozent eine deutlich positivere Entwicklung auf als den DAX 30 abbildende Aktienfonds, berichtet die FERI EuroRating Services aus Bad Homburg. Diese Fonds verbesserten sich um 8,6 Prozent. Die von externen Schocks in den vergangenen Monaten ausgelösten Verwerfungen an den deutschen Börsen wirkten sich nach Beobachtung der Analysten der Ratingagentur negativ auf die Aktienfonds aus.

Vom Stichtag 31.03.2016 aus betrachtet verloren die den DAX 30 abbildenden Aktienfonds über die vorangegangenen zwölf Monate um 13,8 Prozent an Wert, so berichtet die FERI. Auch Aktienfonds für deutsche Nebenwerte verloren an Wert. Mit 1,8 Prozent fiel dieser Rückgang jedoch deutlich geringer aus. Im Januar, als die stärksten Verwerfungen an den Börsen stattgefunden haben, schätzten deutsche Unternehmen ihre aktuelle Geschäftslage kaum schlechter ein als im Vormonat. Der ifo-Geschäftsklimaindex gab lediglich von 112,8 auf 112,5 Punkte nach. Die solide Konjunktur in Deutschland konnte die negativen Einflüsse der externen Schocks also zumindest abfedern. Damit spiegeln die Aktienfonds für deutsche Nebenwerte die wirtschaftliche Entwicklung Deutschlands besser wider als die den DAX 30 abbildenden Aktienfonds. Dies sind die Ergebnisse einer neuen Analyse der FERI EuroRating Services.

„Auch wenn sie ihre Zentralen in Deutschland haben, weist der Großteil der DAX 30 Unternehmen sehr komplexe internationale Verflechtungen auf und ist damit anfälliger gegen aus deutscher Perspektive externe Schocks“, sagt Christian Michel, Direktor und Leiter Funds bei der FERI EuroRating Services AG. „Auch Mid und Small Caps sind natürlich international aktiv. Dennoch verbleibt ein großer Anteil ihrer Wertschöpfungsketten und auch ihrer Märkte in Deutschland. Wer der Dynamik und den Rahmenbedingungen der deutschen Wirtschaft vertraut und entsprechend investieren möchte, für den können deutsche Mid/Small Caps Aktienfonds eine interessante Investitionsmöglichkeit darstellen“, sagt Michel.

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