Unterschiede in Ratingansätzen analysieren
Von Dr. Oliver Everling | 17.September 2013
„Leider kommen verschiedene Bilanzratingmodelle auch bei gleicher Ausgangssituation nicht zur gleichen Ratingeinschätzung“, berichtet Prof. Dr. Harald Krehl, Leiter Kompetenzzentrum der DATEV eG, auf der Corporate Bond Conference der DVFA in Frankfurt am Main. Die Konferenz wird von Ralf Frank moderiert, Geschäftsführer der DVFA.
Kehl geht auf einige grundsätzliche Fragestellungen zu Ratingmodellen ein: Können die in der Regel auf der Basis von HGB-Abschlüssen entwickelten Modelle auch für IFRS Abschlüsse genutzt werden? Sind Bialnzratingmodelle „Fraud-Resistent“? Können Bilanzratingmodelle auch länderübergreifend eingesetzt werden?
Krehl skizziert das Untersuchungsdesign, das wie folgt gewählt wurde: Vier Unternehmen bzw. deren erfasste Jahresabschlüsse, aus produzierendem Gewerbe, Großhandel, EDV sowie Maschinen und Anlagenbau. Darüber wurden verschiedene Ratingverfahren angewendet, soweit verfügbar.
Während die Beispiele „Produktion“ und „Maschinen“ jeweils durchgängig mit Investment Grade Ratings klassifiziert wurden, lagen die Unterschiede im Großhandel und EDV. Tatsächlich habe sich später gezeigt, dass das EDV Unternehmen aufgegeben musste.
Krehl streicht die Bedeutung der a-priori-Wahrscheinlichkeiten heraus: Dieselbe Bilanzstruktur kann – je nach Umfeld des Unternehmens – unterschiedliche Ausfallraten nach sich ziehen. Daher müssten die Bilanzratings um die a-priori-Wahrscheinlichkeiten „korrigiert“ werden. „Ratingmodelle werden für eine ganz bestimmte Struktur von Unternehmen entwickelt. Diese Struktur sollte der Kundenstruktur eines Nutzers des Modells entsprechen. Ob diese Struktur dann generalisierbar ist, kann fraglich sein.“
Marion Scherzinger von der IKB Deutsche Industriebank AG streicht die Bedeutung der Datenbasis heraus, das habe nichts mit „großer“ oder „kleiner“ Ratingagentur zu tun. Außerdem komme es auf die Dauer an, wie lange das Unternehmen bereits beurteilt werde und welchen Prognosezeitraum das Rating betreffe. „Für mich ist die Frage, wie bedeutend ist ein Rating. Wir sind analysieren hauptsächlich für Investoren, da ist ein Rating nur ein Baustein.“ Scherzinger weist auf das Research hin, das im Markt verfügbar sei. „Je mehr Quellen wir haben und je mehr Anleger verstehen, was hinter den Ratings steckt, desto besser.“ Inzwischen seien ja mehr als 100 Anleihen auch von kleineren Ratingagenturen beurteilt und das sei gut so.
Scherzinger weist darauf hin, dass für den Retailinvestor hinter einem BB ein Gütesiegel stecke. Inzwischen sei diesem aber auch bekannt, dass er sich nicht alleine darauf verlassen könne. Es müssen noch weitere Aspekte in der Anlageentscheidung berücksichtigt werden.
Monica Fernandez von der DZ Bank weist auf die Perspektive der Investoren hin. Anleger würden sich ein Rating wünschen, das die Ausfälle „in den Griff“ bekommen. Letztlich komme es diesen ja darauf an, ihr Geld zurückzubekommen. Bestimmte Ratings weichen in eine bestimmte Richtung ab. Gerade Mittelstandsratings würden zu einem „positiven“ Bias tendieren. „In unseren Modellen waren die Ratings oft einige Notches schlechter.“ In der Bond Kommission der DVFA seien daher Zweifel aufgekommen, ob die Ratings durchweg vergleichbar seien.
„Die Mittelstandsratings bereichern auf jeden Fall unsere Informationsbasis. Hier bekommt der Anleger schon mal eine Erstinformation und kann erkennen, wonach er vielleicht suchen muss“, sagt Fernandez. Auch wenn einige Agenturen möglicherweise bessere Ratings geben. Fernandez weist darauf hin, dass auch noch mehr Transparenz über die Ratings hergestellt werden könne. So fällt ihr auf, dasss beispielsweise Creditreform Rating ihre gesamte Kriteriologie auf 25 Seiten darlege, während Moody’s allein für eine einzelne Branche schon das Doppelte auf den Tisch lege und damit ein hohes Maß an Transparenz schaffe.
Prof. Dr. Jens Leker von der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster und Leiter der Rating-Kommission der DVFA, skizziert das Bemühen der Kommission, Transparenz in die Methoden und Verfahren des Ratings zu bringen:
Falk Frey, CEFA, von Moody’s Deutschland GmbH räumt mit einigen Missverständnisssen und Vorurteilen gründlich auf. Emittentenratings seien nun einmal Meinungen der Ratingagentur, die in langfristig und kurzfristig unterschieden würden. Außerdem seien diese ordinal skaliert. „Wie die kumulierten 5-Jahres-Ausfallwahrscheinlichkeiten zeigen, sind die Investment-Grade-Ratings extrem treffsicher“, sagt Frey.
Frey warnt davor, die Herausforderung zu unterschätzen, globale Vergleichbarkeit herzustellen, wie sie durch Moody’s geleistet werde. „Unsere Ratings sind jeden Tag aktuell,“ macht Frey den Anspruch der Ratingagentur klar, „denn wir gehen jedem Grund für eine veränderte Bonitätseinschätzung nach.“ Oft würden qualitative Faktoren die Einschätzungen der Analysten benötigen. Außerdem müssten quantitative Faktoren in den richtigen Kontext gestellt werden.
Eine Stärke des Ratings von Moody’s liegt in der Peer Group Analyse, denn „diese ist ein vitales Element für die Positionierung eines Ratings“, sagt Frey und tritt der Vorstellung entgegen, dass Moody’s Ratings nur Ergebnis von Methoden wären. „Methodologien sind wichtig, aber nicht alles“, sagt Frey und zeigt ein Gitter von Schlüsselfaktoren und Metriken.
Themen: Unternehmensrating | Kommentare deaktiviert für Unterschiede in Ratingansätzen analysieren
Scope stellt Methode für Bankenratings vor
Von Dr. Oliver Everling | 17.September 2013
„Wir werden keinen Wirrwarr von Unterratings veröffentlichen“, stellt Samuel Theodore von Scope das neue Bankenrating der Ratingagentur vor. Das neue Rating reflektiere die veränderte Situation der Banken nach der Finanzkrise und die veränderten regulatorischen Rahmenbedingungen, die im Rating von Banken zu berücksichtigen sind.
Nicht nachrangige, unbesicherte Verbindlichkeiten von Banken wie auch nachrangiges Kapital und Kapitalinstrumente stehen momentan im Vordergrund, während die Methodologie für gedeckte Wertpapiere (z.B. Pfandbriefe) später vorgestellt würde, so Theodore. Der Experte warnt vor der Vorstellung, die staatliche Unterstützung, die Banken aufgrund der Krise erhalten haben, könne ein „Rating Booster“ sein, also zu vielen guten Ratings führen. Es komme vielmehr auf die Analyse der individuellen Situation der einzelnen Bank an.
„Oft würde von Ratings behauptet, sie seien nicht zukunftsorientiert genug. Wir werden für unsere Urteile betont Zukunftseinschätzungen einsetzen“, so Theodore. Struktur und Eigentümer, Marktposition und Geschäftsmodell, Risiken und Schutzmechanismen gegen Risiken stehen beim Bankenrating im Vordergrund.
Scopes Bankenratingmethodologie setzt einen Rahmen für die künftige Beurteilung von Banken in Europa. Zunächst gehe es um die Analyse europäischer Banken, jedoch sei die grundsätzliche Struktur der Analyse auch für Banken in anderen Teilen der Welt anwendbar. Auf diese Weise hofft Scope, Vergleichbarkeit ihrer Ratings sicherzustellen und ein angemessenes Maß an Konsistenz ihrer Bankenratings sicherzustellen. Beispielsweise sei für große inländische Banken, die in Schwierigkeiten gerieten, in einer Reihe von Emerging Markets die Wahrscheinlichkeit staatlicher Eingriffe höher als in den reifen Märkten Europas oder Nordamerikas. Andererseits seien diese Eingriffe stärker von politischen oder sonstigen Faktoren beeinflusst, die weniger auf etablierten und transparenten Regeln und Praktiken beruhen.
„Issuer Credit-Strength Rating (ICSR) ist der Dreh- und Angelpunkt für das Rating von Banken durch Scope“, sagt Theodore. Hierunter verstehe er in erster Linie eine Ausfallwahrscheinlichkeit, jedoch können Nuancierungen innerhalb einer Kategorie auch auf die schwere eventueller Verluste zurückzuführen sein.
Themen: Bankenrating | Kommentare deaktiviert für Scope stellt Methode für Bankenratings vor
Mit Mut zum puren Stock Picker
Von Dr. Oliver Everling | 17.September 2013
„Schwellenländer-Legende“ Vincent Strauss von Comgest erläutert in Frankfurt am Main seine Vision für die globalen Schwellenländer und sagt, welche Wetten er etwa in Asien oder Lateinamerika eingeht. Er blickt auf über 30 Jahre Erfahrung im Fondsmanagement zurück.
Franz Weis, führender und vielfach prämierter Europa-Aktienfondsmanager von Comgest, ist auf der Suche nach europäischen Qualitätswachstums-Unternehmen. Welche Kriterien er an diese legt, z.B. ohne volkswirtschaftliches Wachstum langjährig ein stabiles Gewinnwachstum generieren zu können, und welche Unternehmen das sind, ist u.a. Bestandteil seines Vortrags in Frankfurt am Main. Weis hat eine über 20-jährige Expertise am europäischen Finanzmarkt. Geschäftsführer Jan-Peter Dolff gibt Ihnen einen Einblick in die strategische Ausrichtung.
Weis steigt in die Analyse der europäischen Märkte ein, indem er den Einkaufsmanagerindex in Europa und in den USA betrachtet. „Europa hat das Schlimmste hinter sich“, sagt Weis, „aber die Frage sei, wie es jetzt weitergehe.“ Der Stimmungsumschwung, der durch Draghi ausgelöst wurde, habe deutlich die Lage verbessert, insbesondere auch die Kursgewinne möglich gemacht. Selbst die Unternehmen, die eine schlechte Gewinnlage aufweisen, schlecht finanziert und hoch verschuldet sind und von niedriger Rentabilität, haben profitiert, und zwar noch stärker als andere Unternehmen. „Anleger antizipieren eine starke Verbesserung der Fundamentaldaten,“ erläutert Weis, „davon profitieren insbesondere diese Unternehmen.“
Eingeschränkte Staatshaushalte, ein Banksektor „auf strenger Diät“ und begrenzte Wirksamkeit der Geldpolitik, hohe Arbeitslosigkeit sowie schwächeres Wachstum in den Schwellenländern sind die nach wie vor bestehenden Gründe, die nicht nur Probleme in der Vergangenheit verursacht haben, sondern weiterhin auch das Wachstum dämpfen werden, glaubt Weis.
„China, Indien und andere Länder wachsen nicht mehr zweistellig“, warnt Weis. Der Markt gehe heute schon davon aus, dass die Gewinne nächstes und übernächstes Jahr höher liegen werden. In den Konsensschätzungen komme dies zum Ausdruck. „Wenn die Börse weiter steigen soll, darf das nicht mehr von Bewertungen, sondern muss fundamentalem Wachstum getrieben sein“, sagt Weis mit Blick auf die geldpolitischen Impulse, die nicht nachhaltig sein können.
„Die Performance unseres Europa-Portfolioa hat einzig und allein damit zu tun, dass die Unternehmen, in die wir investiert haben, wirklich Gewinne gezeigt haben und dies nun in den Kursen reflektiert werden.“ Weis fasst seinen Ausblick auf Europa mit folgenden Bemerkungen zusammen: Frühindikatoren und Q2 2013 Euroraum BIP signalisieren eine Stabilisierung der Wirtschaft im Euroraum. Der europäische AKtienmarkt gerät in den Fokus internationaler Kapitalanleger. Die Anleger konzentrieren sich kurzfristig auf „low quality“. Weis sieht eine gute Performance der europäischen Börsen trotz schlechtem Gewinnmomentum.
„Wir investieren nicht in den Gesamtmarkt, nicht pauschal in Europa, sondern in einzelne Unternehmen, für die wir ein höheres Wachstum der Gewinne je Aktie sehen.“ Gefragt nach den Banken räumt Weis zwar ein, dass es „kaum noch schlechter werden“ könne, dennoch aber die Positionen von Aktionären weiter verwässert werden könnten. „Wir wollen dieses Risiko nicht auf uns nehmen. Wir investieren in Qualität und Wachstum. Wir wollen das Geschäftsmodell verstehen. Über die nächsten fünf Jahre haben wir aber keine Visibilität bei den Banken.“ Warum, fragt Weis, solle man diese Ungewissheiten bei den Banken in Kauf nehmen, wenn es auf der anderen Seite Unternehmen gebe, die solide Wachstumsaussichten und Gewinne zeigen.
Seit 1999 sei beispielsweise Essilor, ein Weltmarktführer im Bereich Korrekturgläser, zu den Kernpositionen im Portfolio. Schon 1993 habe Cmgest das Unternehmen zum erstn Mal besucht, 1997 sei es in das Universum aufgenommen worden. Seitdem galt es quasi „offiziell“ als Qualitäts- und Wachstumsunternehmen, so dass nur noch bis 1999 gewartet wurde, um es zum richtigen Preis zu kaufen.
Unsere Unternehmen sollten nicht von regulatorischen Entscheidungen abhängig sein, sollten von Megatrends profitieren, einzigartige Produkte und Dienstleistungen bieten, hohe Eintrittsbarrieren aufweisen, eine geringe Abhängigkeit von Konjunkturzyklen sowie wiederkehrende Umsätze garantieren. Unter einer „disziplinierten Bewertung“ versteht Weis eine eingehende Recherche, die Abbildung in einem 5-Jahres-Modell und vorsichtige Annahmen.
„Man kann sehr dynamisches Wachstum auch bei europäischen Unternehmen finden“, weist Weis am Comgest Growth Europe nach. Weis bringt Beispiele aus den Bereichen Schönheit & Luxus, Essen & Trinken, Gesundheit, Kommunikation und Reisen. Globalisierung des westlichen Lebensstils, Auslagerungen, Technologie, Low Cost und Alterung der Bevölkerung seien die hinter diesen Branchen liegenden Trends, von denen sie profitieren.
„Wir sind praktisch in täglichem Kontakt mit unseren Unternehmen“, berichtet Weis, „und in diesen Gesprächen sprechen wir nicht nur über Ergebnisse, sondern insbesondere über die Zukunft. Bei Elekta gehe es beispielsweise um neue Linearbeschleuniger (Versa), bei Essilor um neue Gleitsichtgläser. Bei H&M und Inditex gehe es um die erfolgreiche geograhpische Expansion. Bei Prada zeichne sich ab, dass sich das Distributionsnetzwerk in den kommenden vier Jahren verdoppeln werde.
Auch SAP und Experian schneiden im Urteil von Weis gut ab, denn bei SAP sieht er Database- und Enterprise-Mobility-Lösungen, bei Experian Marketing-Dienstleistungen und Entscheidungsanalysen. „Wir sind einer der pursten Stock Picker am Markt“, sagt Weis nicht ohne Stolz in einer Zeit, in der viele andere Fondsmanager es für aussichtslos erkären, überdurchschnittlich erfolgreiche Unternehmen zu identifizieren, „wir investieren in Unternehmen und nicht einfach in den Markt.“
Themen: Fondsrating | Kommentare deaktiviert für Mit Mut zum puren Stock Picker
Niedrigzins gegenüber Nachhaltigkeit als Investmenttrend
Von Dr. Oliver Everling | 16.September 2013
Tobias Kramer, Herausgeber der Zeitschrift „Der Zertifikateberater“, skizziert in Frankfurt am Main die Herausforderungen der Anlageberatung. Mit dem Vortragsthema „Was wird aus der Anlageberatung? Überblick über aktuelle Regulierungsvorhaben und deren praktische Auswirkungen auf die Anlageberatung in Deutschland“ geht Ingmar Alde, Abteilungsleiter Sales Retail von der BayernLB, geht ausführlich darauf ein.
Kunden seien enorm verunsichert und „parken“ in der Folge hohe Beträge auf ihren Tagesgeldkonten. Berater werden zunehmen nach Kundenkontakten „verzielt“, warnt Aide. Wichtigstes Ziel müsse es sein, das Vertrauensverhältnis zwischen Kunde und Berater zu entwickeln, zu erhalten und zu vertiefen. Die umfassende Afuklärung der Kunden über Chancen und Risiken in der Geldanlage seien dabei unerlässlich. „Nicht das Produkt, sondern die Vermögenssituation des Kunden sollte im Vordergrund stehen.“ Nur so könne er der Realzinsfalle entgehen.
Die aktuelle Zins- und Geldpolitik vernichte die Ersparnisse. „Ein Beispiel aus Bayern: Der Maßpreis lag 1973 bei umgerechnet 1,79 €, die Zinsen bei 9,5 %. Nach 30 Jahren wären daraus 27,24 € geworden, so dass man sich 2003 immerhin zu einem Maßpreis von 6,50 € vier Krüge leisten konnte. Der Maßpreis von 9,50 € bei heutiger Verzinsung und Fortsetzung der durchschnittlichen Maßpreissteigerung werde aber mit Sicherheit dazu führen, dass man sich nach 30 Jahren kaum ein halbes Maß mehr leisten kann.
Die Investition in Tagesgeld vernichte Kapital. Kreditinstitute seien beim aktuellen Zinsniveau umso mehr auf stabile Provisionserträge angewiesen. Berater müssen sich daher konsequent weiterbilden und schulen lassen, um im Kundenverhältnis Vertrauen schaffen zu können. „Die Kunden müssen mit in die Verantwortung genommen werden.“ Aide schließt mit dem für jeden Anleger denkwürdigen Satz „Was wir tun, ist riskant. Was wir nicht tun, auch.“
„Welche Produkte eignen sich noch für den Vertrieb?“, fragt Markus Hamella, Abteilungsdirektor, BayernLB, und geht auf Nachhaltigkeit als entscheidenden Investmenttrend ein. Hamella berichtet über Organisationen, die von den Banken Informationen bis hin zu Details wie dem CO2-Ausstoß der Fahrzeugflotte verlangen würden.
„Unternehmen kommen in die Situation, mehr Verantwortung tragen zu müssen. Dahinter stecken Herausforderungen unserer Gesellschaft, dass auch die nächste Generation eine lebenswerte Umwelt vorfinde.“ Hamella zitiert sieben große Herausforderungen einer nachhaltigen Entwicklung, wie sie von der in München ansässigen Ratingagentur oekom research AG identifiziert wurden.
Sicherheit, Verfügbarkeit, Rendite und Kosten seien traditionelle Aspekte in der Beurteilung von Kapitalanlagen. Hinzu komme der Aspekt der Nachhaltigkeit. Für fast alle Produkte gebe es inzwischen auch eine nachhaltige Alternative, Staatsanleihen, Unternehmensanleihen, Beteiligungen, Genusscheine, Geschlossene Fonds, Akttien, Zertifikate, Investmentfonds, Fördersparprodukte, Mikrofinanzanlagen, Immobilien, Rentenversicherungen u.v.m.
„Rein unter Renditegesichtspunkten lohnt sich kaum eine nachhaltige Geldanlage“, meint Hamella, denn regenerative Energien, Gesundheit, ökologischer Landbau etc. würden Geld kosten. „Bei Sparangebotren können die Kunden mitbestimmen, in welchen Bereichen ihr Geld wirken soll.“ Wirkung oder Verzicht seien die beiden Zielrichtungen. Bei Sparangeboten können die Kunden auf Rendite verzichten zu Gunten von ökologischen oder sozialen Projekten.
Kritikpunkte von Kunden trotz verstärktem Bedürfnis nach nachhaltigen Anlageprodukten können nach einer Erhebung des Sustainable Business Institute in schwammiger Definition des Begriffs Nachhaltigkeit, in der Unsicherheit des Kunden, was sich damit bewirken lässt und Misstrauen gegenüber den Versprechungen (Etikettenschwindel) gesucht werden. Kunden suchen Beispiele, wie sich Kriterien auf die Produkte konkret auswirken. Manchen erscheine ein Nachhaltigkeitsprodukt auch unglaubwürdig mit Blick auf die jeweilige Bank.
Drogenhandel, ausbeuterische Kinderarbeit, Menschenhandel, Menschenrechtsverletzungen, Prositution, Pornographie, Spekulationsgeschäfte mit Nahrungsmitteln, Hersteller von kontroversen bzw. geächteten Waffen, die Verkürzung von Abgaben und Steuern, Korruption und Todesstrafen sind Beispiele für (Ausschluss-) Kriterien, mit denen der Anspruch der Nachhaltigkeit konkretisiert werden könne.
Gleich, ob nach Maßstäben von IMUG, von Sustainalytics oder von oekom research AG, die BayernLB schneidet in diesen Ratings überdurchschnittlich gut ab.
Themen: Nachhaltigkeitsrating | Kommentare deaktiviert für Niedrigzins gegenüber Nachhaltigkeit als Investmenttrend
Drohende Finanztransaktionssteuer
Von Dr. Oliver Everling | 16.September 2013
Zum Thema „Finanztransaktionssteuer – aktueller Stand und weitere Schritte“ spricht auf dem Deutschen Derivate Tag des Deutschen Derivate Verbands Manfred Bergmann, Direktor, Europäische Kommission Direktion Indirekte Steuern und Steuerverwaltung. „Die schlechte Nachricht für Sie: Nach Schätzungen würde der Derivatemarkt um 70 % einbrechen, wenn es zur Einführung der Finanztransaktionssteuer kommt.“
Bergmann macht jedoch mit Zahlen Mut, nach denen in Ländern, in denen es zur Einführung einer Finanztransaktionssteuer kam, der Handel nicht so stark einbrach wie nach den Hochrechnungen. Demnach werden die Geschäftsmodelle so angepasst, dass auch mit der Steuer der Handel fortgesetzt wird.
„Die zusätzlichen Steuereinnahmen werden potentiell niedriger sein als die zusätzlichen Zinszahlungen“, so werde über die Effekte der Finanztransaktionssteuer spekuliert. Tatsächlich sind die Marktteilnehmer jedoch oft nicht in der Lage, die zusätzlichen Kosten einzukalkulieren und weiterzugeben, sondern bleiben durch die zusätzlichen Steuern auch zusätzlich belastet.
Bergmann geht auf verschiedene Fragen ein, wie beispielsweise, ob bestimmte Ländern, bestimmte Produkte, bestimmte Akteure oder Market-Maker ausgenommen werden sollen. Zunächst gelte aber der AAA-Ansatz: Alle Akteure, alle Produkte, alle Marktsegmente – und das auch noch zeitgleich.
Mit dem Vortrag „Derivate, Realwirtschaft und die Finanztransaktionssteuer“ repliziert Dr. Christian Kaeser, Global Head of Tax, Siemens AG. „Wer profitiert, soll zahlen“, sei die politische Regelung hinter der Bankenrettung, erinnert Kaeser. Die Banken seien die ersten, die nun die zusätzliche Steuern zahlen müssten.
Kaeser tritt der naiven Vorstellung entgegen, dass die Steuerbelastung auch denjenigen treffe, für den sie vordergründig bestimmt sei. Insbesondere bei der FInanztransaktionssteuer sei bemerkenswert, wie viele Dinge angeblich mit der Finanztransaktionssteuer finanziert werden sollen.
Die Sektsteuer, eingeführt im 1. Weltkrieg zur Finanzierung der Reichskriegsflotte, werde noch heute bezahlt, obwohl die Flotte schon längst versenkt wurde. Kaeser unterscheidet Verbrauchssteuern und Verkehrssteuern: Im Verbrauch werde Leistungsfähigkeit deutlich. Kaeser zählt antiquierte Beispiele für Verkehrssteuern wie die Pferdesteuer auf, mit der einst versteckte Pferde „aufgetrieben“ werden und verfügbar gemacht werden sollten.
Kaeser illustriert den Einsatz von Drivaten im Siemens -Konzern. Absicherung von Preisschwankungen auf Rohstoffe mache vor allem bei Kupfer ein jährlich benötigtes Volumen von 100.000 Tonnen aus. Außerdem gehe es um die ständige Absicherung von Fremdwährungsrisiken gegenüber dem Euro. Die Absicherung von Zinsrisiken aus Refinanzierungen summiere sich auf ein Refi-Volumen von 20,7 Mrd. € (30. 9. 2013), davon 17 Mrd. € langfristig.
„Zwar nur 0,1 %,“ resümiert Kaeser, „aber laufzeitunabhängig und auf den Nominalbetrag“. Die erwartete Belastung summiere sich daher auf 100 Mio. € p.a. (davon ca. 40 Mio. € auf Derivate). Zum Vergleich: Die DAI Studie zeige bei 24 Unternehmen mit einem Gesamtumsatz von 1.100 Mrd., also 1 bis 1,5 Mrd. € p.a. Darunter sind Banken und Versicherungen nicht eingerechnet.
Kaeser macht klar, wie viele Arbeitsplätze in den Hochlohnländern abgebaut werden müssten, um diese zusätzliche Belastung aus der Finanztransaktionssteuer im Finanzergebnis wieder auszugleichen. Auch Unternehmen aus der Realwirtschaft können direkt von der Finanztransaktionssteuer erfasst werden. Die Definition des Finanzinstituts sei nicht deckungsgleich mit der KWG Definition. Außerdem komme es nicht auf die Konzern-, sondern die Individualbetrachtung an.
Kaeser warnt vor den Kaskadeneffekten. Bei zwei Finanzinstituten als Transaktionspartner ergebe sich bereits eine Verdoppelung. Da kein Vorsteuerabzug vorgesehen sei, führe die Einschaltung von Intermediären zur Vervielfachung der Belastung. Kurzfristige Geldmarktprodukte sind ebenso betroffen. Kaeser gibt das Beispiel eines Commercial Paper Program von Siemens. Die Zinssätze schwankten hier 2012 zwischen -0,03 % bis 0,7 %. Mit der Finanztransaktionssteuer würde dieser Markt tot sein und damit eine Liquiditätsquelle versiegen.
Kaeser tritt klar der Vorstellung entgegen, dass die Finanztransaktionssteuer nur die Banken treffen würde. In der betrieblichen Altersvorsorge, die ja von der Politik ausdrücklich gefordert werde, kommen durch die Finanztransaktionssteuer beachtliche zusätzliche Belastungen auf die Pensionen zu.
Die Erfassung von Währungskassageschäften sei für eine Exportnation sicher kein Erfolgsgarant. Das rechtliche Eigentum an einem WErtpapier werde nur erlangt, wenn Steuer abgeführt worden sei – das sei das Legalprinzip, das praktisch unmöglich umsetzen sei. Dann müsse künftig jeder Aktionär zur Teilnahme an der Hauptversammlung nachweisen müssen, für die von ihm erworbenen Aktien auch Finanztransaktionssteuer bezahlt zu haben.
„Jugendliche lassen sich auch nicht durch Steuern vom Alkoholkonsum abhalten“, zieht Kaeser einen Vergleich, denn das Ziel, durch eine Finanztransaktionssteuer „gefährliche“ Geschäfte zu verhindern, werde nicht erreicht.
„Ich habe kein schlechtes Gewissen“, antwortet Bergmann auf die Ausführungen von Kaeser. „Es muss sofort wieder die Keule mit den Arbeitsplätzen her.“ Bergmann rüttelt an den Annahmen der Berechnungen von Kaeser. Es solle ja nur der Eigenhandel besteuert werden.
Kaeser illustriert die Delta-Rechnung, wie denn Mehrertrag erwirtschaftet werden soll, wenn die Finanztransaktionssteuer zusätzlich getragen werden soll. Außerdem könne es von der EU-Kommission doch nicht Absicht sein, Konzerne zu Ausweichreaktionen zu veranlassen. Ferner sei es doch nicht sinnvoll, „irgendwelche“ Anpassungsreaktionen auszulösen. So sei die Empfehlung zu hören, doch einfach weniger Absicherungsgeschäfte zu machen. Wenn die Politik aber Absicherungen verhindern wolle, dann solle dies direkt und explizit geschehen und nicht über den Umweg einer Finanztransaktionssteuer.
Themen: Zertifikaterating | Kommentare deaktiviert für Drohende Finanztransaktionssteuer
Wie Wähler wirklich wählen
Von Dr. Oliver Everling | 16.September 2013
„Wie Wähler wirklich wählen – Die 10 wahren Gründe für die Wahlentscheidung am 22. September“ – zu diesem Thema spricht einer der profiliertesten Meinungsforscher, Klaus-Peter Schöppner, Geschäftsführer von TNS Emnid. Schöppner spricht auf dem Deutschen Derivatetag in Frankfurt am Main. „Ich könnte jetzt angeben, am Wahlsonntag in Bayern eine Punktlandung geschafft zu haben,“ sagt Schöppner, „aber ich möchte mir das verkneifen, da wir eigentlich keine Prognosen, sondern Diagnosen machen.“
„Das hat es noch nie gegeben, dass eine Partei so viele Wähler verloren hat. Nur noch 26 % der Wähler von der letzten Bundestagswahl würden die FDP am nächsten Sonntag wieder wählen“, berichtet Schöppner, macht aber zugleich klar, dass dies ein allgemeiner Trend ist: Den Stammwähler der Vergangenheit gibt es nicht mehr, auch lässt sich der Deutsche nicht mehr vom Pastor von der Kanzel oder von der Gewerkschaft vorschreiben, wen er zu wählen habe.
Schöppner meint einen neuen Sozial-Ruck festzustellen. „Die Union ist alles andere als eine rechte Partei geworden“, warnt Schöppner. Fast alle Unionswähler seien für Mindestlohn, Gleichstellung von Homo-Ehen usw. „Das Volk versteht das meiste falsch – aber es spürt das meiste richtig“ – so sei der Wandel vom Kompetenz- zum Spürwahlkampf zu beschreiben. Nur sei dieser Spruch von Tucholsky und schon alt.
Der Souverän sei der politisch Desinteressierte. Von diesen würde die Wahl entschieden. „Die da oben interssieren mich nicht mehr“ – mit der Konsequenz dass sich nur noch ca. 24 % als politisch interessiert verstehen. Fast 50 % der Westdeutschen glauben, dass sie alleine den Solidaritätszuschlag zahlen würden.
Schöppner zeigt Konsequenzen auf: Bilder statt Worte – „Gedankenbilder“, Politik emotionalisieren, Alltagserfahrungen einbringen, Gabrielisierung vorbeugen, großte Gefahr von Agenda Setting, Dominanz von Begriffen. Schöppner erinnert an die Landtagswahl 1998 in Niedersachsen. Schröder sei auf die geniale Idee gekommen, seinen Wählern die Idee zu präsentieren: „Ihr wollt doch wohl, dass ein Niedersachse Kanzler werde.“ Damit habe er ein sensationelles Ergebnis im Land erzielt.
Schöppner illustriert einige Erfolgsrezepte in der Politik. Wo Kompetenz versagt, gewinnt der Kümmerer bzw. Kümmerin, sagt Schöppner mit Blick auf das Beispiel in Nordrhein-Westfalen. Weitere Punkte: Positionen/Argumente personifizieren, Hingehen, wo es weh tut, Bürgerinteressen vor Parteiinteressen, Parteiinterna auf ein Minimum reduzieren. „Einer von uns“, Bodenhaftigkeit, Eingeständnis von Schwächen und Fehlern sowie Herausnahme von Themen aus dem Parteienstreit – das sind weitere Erfolgsfaktoren.
Die Statistik zeige, dass über 80 % der Bürger in „diesem wohl situierten Deutschland“ sich beunruhigt fühlen über die Zukunft. Der Wähler entscheide daher für Zukunftssicherheit. Es gebe immer mehr, die sich von der Datenflut und den „Digital Natives“ überfordert fühlen. Demografie, FInanzkrise, IT/Daten und Globalisierung verändern daher die Ergebnisse der Meinungsforschung.
„Was entscheidet über die Sicherheit des Arbeitsplatzes?“ 58 % Qualifikation, 51 % Zufall und 49 % Flllexibilität, so die heutigen Antworten. „Ich hab mein Leben nicht mehr in der Hand, Verlust der ‚wenn-dann‘-Relation“, formuliert Schöppner die Befürchtungen der Deutschen. Erstmals gebe es einen Langfristpessimismus, den die Politik nicht abgreife. 71 % der Bevölkerung gehe auch davon aus, dass der Staatshaushalt in Zukunft niedriger sein müsse. 90 % können kein Konzept zur Zukunftssicherheit entdecken, sondern sehen nur Politik auf Zuruf (getriebene Politiker). Es fehle der Master-Plan.
Der Arbeitsmarkt kopple sich von der Wirtschaft ab. Der Arbeitsmarkt mache eine Seitwärtsbewegung, während sich die Wirtschaft verbessere. Der Gap zwischen guten Unternehmensergebnissen und Arbeitsplätzen müsse geschlossen werden. Schöppner blickt auf das Beispiel von Siemens, wo einerseits die gute Lage des Konzerns versichert wurde, andererseits von Löscher das größte Restrukturierungsprogramm eingeleitet wurde. Das neue Prinzip der Deutschen: „Ich wähle die ‚gute‘ Wirtschaft.“
Themen: Länderrating | Kommentare deaktiviert für Wie Wähler wirklich wählen
EU-Binnemarkt für strukturierte Produkte mit PRIPs?
Von Dr. Oliver Everling | 16.September 2013
„Ich bin sehr glücklich und zufrieden, dass wir jetzt ESMA haben. Dahin haben wir unsere Experten verbannt“, scherzt Dr. Tilman Lüder, Referatsleiter Vermögensverwaltung (Asset Management) bei der Europäischen Kommission. Er spricht auf dem Deutschen Derivatetag in Frankfurt am Main. „Die ESMA gibt uns auch den technischen Beistand“, berichtet Lüder.
„Das Schlimmste ist, wenn Sie Experte genannt werden, denn das ist der Typ, der keine Karriege gemacht hat“, sagt Lüder mit Blick auf seinen Expertenstatus und sein Thema „Schafft PRIPs einen europäischen Binnenmarkt für strukturierte Produkte?“ Die Anforderungen seien nicht vereinheitlicht, mit einem KID alleine könne man weiterhin strukturierte Produkte im Ausland nicht vermarkten.
„Alle Produkte, die in meinem Bereich reguliert worden sind, waren dann auch im Binnenmarkt frei vermarktbar“, sagt Lüder, „das ist aber bei strukturierten Produkten nicht der Fall.“ Lüder präsentiert die Regulierung der strukturierten Produkte praktisch als Sündenfall, da hier von Europa reguliert werde ohne den Erfolg, auch Binnenmarktfähigkeit herzustellen.
Lüder kommt auf das Kernproblem Europas zu sprechen, nämlich kein Wachstum zu bieten. „Wenn Sie die strukturierten Produkte betrachten, stellen Sie fest, dass es eine sehr große Orientierung auf Börsenprodukte gibt. Interessant wäre es aber zu erforschen, ob es auch strukturierte Produkte für Wachstumsbranchen gibt. Diesen Konnex deutlicher herauszuarbeiten, wäre sehr interessant.“ Im Binnenmarkt setze man nun einmal zunehmend auf Wachstum (als Entscheidungskriterium).
Der PRIPs -Vorschlag hat einige Erwägungsgründe. Die ursprüngliche Intention habe sich verändert. Verschiedene Anforderungen an die Transparenz seien Barrieren innerhalb des Binnenmarktes. Seit neuestem sei aber der Erwägungsgrund hinzugekommen, dass das Produktinformationsblatt keinen Pass für die Vermarktung ausstelle. Weiterhin komme es auf Prospekte an. „Das ist ein interessanter Zielkonflikt“, analysiert Lüder.
PRIPs diene also alleine de Verbraucherschutz, nicht aber der Entwicklung des Marktes oder dazu, einen einheitlichen Zugang zum Binnenmarkt zu schaffen. Die strukturierten Produkten würden immer nur national vertrieben. UCITS dagegen würden sogar in Hongkong verkauft. Von einem internationalen Markt für strukturierte Produkte könne daher gar nicht gesprochen werden. Lüder ruft daher der Derivatebranche die Frage zu, ob ein Binnenmarkt für strukturierte Produkte geschaffen werden sollte.
Der Anwendungsbereich von PRIPs ziele auch auf die Schaffung von fairem Wettbewerb. Zwei Kategorien, Versicherungsprodukte mit Überschussbeteiligung und private Pensionen, seien ausgeschlossen. „Die Kontur des PRIPs-Vorschlags hat sich verschoben“, sagt Lüder zur Idee, auch jede Anleihe und jede Aktie zu kaufen. Der Unterschied sei, dass man z.B. bei einer Aktie einen direkten Anteil an einem Unternehmen kaufe, nicht aber das Wrapping von Cashflows. „Für mich ist nicht klar, was ein einheitliches Produktinformationsblatt bringen soll, wenn die Produkte nur national vertrieben werden“, fragt Lüder.
Lüder tritt in der Diskussion der Vorstellung entgegen, dass eines Tages jedes Finanzprodukt mit einem Informationsblatt vertrieben werden müsse, das alle Risiken aufliste. So könne man sicher sein, dass es am Widerstand des Europäischen Rats scheitern würde, wenn auch für jede Staatsanleihe die tatsächlichen Risiken für jeden Anleger verständlich aufgelistet werden müssten.
Themen: Länderrating, Zertifikaterating | Kommentare deaktiviert für EU-Binnemarkt für strukturierte Produkte mit PRIPs?
DDV-Transparenzinitiative 2.0
Von Dr. Oliver Everling | 16.September 2013
Um einen Tag genau 5 Jahre nach der Insolvenz der Investmentbank Lehman Brothers könne man mit einem Marktvolumen von 90 bis 100 Mrd. € für eine so junge Assetklasse wie Zertifikate durchaus zufrieden sein, sagt Dr. Hartmut Knüppel, Geschäftsführender Vorstand des Deutschen Derivate Verbands (DDV).
„Mit Blick auf den Verbraucherschutz muss sich die Branche selbst regulieren“, fordert Knüppel, „unsere Bilanz ist hierzu gar nicht schlecht.“ Die geschaffenen Standards sind für alle Mitglieder des DDV, die rund 95 % der Branche repräsentieren, verbindlich. Knüppel zählt wesentlich mehr Maßnahmen auf, als nur den Branchenkodex.
„Mach es Dir im Training schwer, dann wird es Dir im Wettkampf leichter“, zitiert Knüppel aus dem Sport. Entsprechend seien die Branchenleitlinien zu aktualisieren und an internationale Veränderungen anzupassen. „Dazu haben wir auch die Regulierungsmaßnahmen auf europäischer Ebene im Blick“, sagt Knüppel, dem es um „einen echten Mehrwert für die Anleger“ geht. Der faire Umgang mit dem Kunden stehe im Vordergrund, nicht nur Produkt-, sondern auch Kostentransparenz seien daher die entscheidenden Aspekte.
So wird als Selbstverpflichtung zur Kostentransparenz der vom Emittenten geschätzte Wert in Prozentsatz oder in Euro ausgewiesen. Die Emittentenmarge decke die Kosten für Strukturierung und Handel sowie auch den Gewinn des Emittenten ab. „Der Ausweis der Kosten bietet den Anlegern eine zusätzliche Orientierungshilfe, ein Höchstmaß an Kostentransparenz. Wir belegen dazu einen Spitzenplatz nicht nur in Deutschland, sondern sogar in Europa.“ Das Produktinformationsblatt werde so mit freiwilligen Zusatzinformationen noch aussagekräftiger.
„Es wäre natürlich schön, wenn sich auch andere Anlageklassen an dieses Maß an Transparenz anschließen könnten“, sagt Knüppel. „Alle Produkte, die im Durchschnitt nicht die Verzinsung einer Bundesanleihe bringen, sollten vom Markt verschwinden“, provoziert Knüppel und legt die Latte höher, die von Anbietern von Finanzprodukten genommen werden müsse. Jeder Anleger, der ein Produktinformationsblatt eines Zertifikats lese, könne fundiert entscheiden, ob er das Produkt kaufen sollte.
„Deutschland hat nur noch in einem Finanzbereich international die Nase vorn, und das ist die Zertifikatebranche“, berichtet Knüppel. Daher dürften nicht Länder Deutschland vorschreiben, welche Produkte verkauft werden dürfen, in denen es gar keine Zertifikate gibt. Knüppel ruft der nächsten Bundesregierung daher schon heute die Forderung zu, sich für die Zertifikatebranche mit Rücksicht auf die Erfolgsgeschichte dieser Produkte einzusetzen.
Knüppel gibt Beispiele für Regulierung, die über das Ziel hinausgeschossen ist. Das Beratungsprotokoll sei zu einem Bürokratiemonster geworden. Inzwischen würden nicht weniger als 98 % der Anleger auf jede Beratung verzichten. Knüppel tritt außerdem jeder Bevormundung von Anlegern entgegen, durch die diese auf bestimmte Risiken und Produkte gezwungen würden. „Investmentzertifikate gehören in jedes Depot, oder – in den Worten meines Sohnes ausgedrückt
Themen: Zertifikaterating | Kommentare deaktiviert für DDV-Transparenzinitiative 2.0
Finanzierer der Realwirtschaft sichern
Von Dr. Oliver Everling | 14.September 2013
Das AIFM-Umsetzungsgesetz mit dem zugehörigen Steuergesetz und die Umsetzung von Basel III in Deutschland sind zwei Pakete, die den Verbraucherschutz und die Sicherheit und die Stabilität der Finanzmärkte weiter stärken werden. In der AIFM-Richtlinie geht es um die Frage der Regulierung alternativer Investmentvehikel, des sogenannten grauen Marktes, der durch diese Regulierung etwas mehr in den Blick gerückt wird. Björn Sänger von den Liberalen macht im Bundestag das Erreichte klar.
„Das ist ein wichtiger Finanzierer der Realwirtschaft; denn Schiffe, Flugzeuge, Existenzgründungen und Immobilien werden häufig über diese alternativen Investmentvehikel finanziert. Ich hatte beispielsweise einen Petenten am Telefon,“ berichtet Sänger aus seiner Tätigkeit als Bundestagsabgeordneter, „der Kindergärten für Kommunen im Rahmen geschlossener Fonds baute. All das sind alternative Investmentvehikel, die wir hier regulieren. Auch volkswirtschaftlich gewünschte Investments wie beispielsweise die Finanzierung der Energiewende werden häufig über derartige Konstrukte abgewickelt.“
Deswegen sei es wichtig, dass hier mit Augenmaß reguliert werde. „Augenmaß ist auch beim exekutiven Handeln wichtig. Wir haben eine sehr breite Bemessungsgrundlage geschaffen, um Umgehungstatbestände auszuschließen. Das heißt, wir haben einen breiten Anwendungsbereich. Das bedeutet aber auch, dass wir hier möglicherweise Beifang haben, das heißt, dass bestimmte Unternehmen – beispielsweise betrifft das Unternehmen aus der Immobilienwirtschaft– als Fonds erfasst werden, obwohl sie eigentlich gar keine Fonds sind und daher eigentlich nicht unter diese Richtlinie fallen sollen. Insofern kommt der BaFin hier eine besondere Verantwortung zu.“
„Wir haben bei der Energiewende einiges erreicht. Wir haben uns zum Beispiel auf die Genossenschaftsmodelle konzentriert. Im Wesentlichen geht es dabei um bürgerschaftliches Engagement, um Modelle, bei denen sich Menschen zusammenschließen, um die Energiewende voranzutreiben, um einen Windpark zu betreiben, um eine Photovoltaikanlage, Biogasanlage oder was auch immer zu betreiben. Dies soll weiterhin im genossenschaftlichen Rahmen möglich sein. Wenn die Betreffenden es selber tun, das heißt, operativ tätig sind, sind sie sowieso außen vor“, sagt Sänger.
Ein weiterer Punkt aus dieser Richtlinie ist die Erhaltung der offenen Immobilienfonds. „Dieses Investmentvehikel, bei dem jedermann mit kleinen Beträgen in Immobilienvermögen investieren kann, bleibt erhalten. Wir haben diese offenen Immobilienfonds krisenfester ausgestaltet, indem wir die Auszahlungsmodalitäten näher mit dem Investitionsobjekt, nämlich eine Immobilie, verbunden haben. Jetzt ist es eben kein Tagesgeldkonto mehr; als das wurde es häufig verkauft.“
Ein weiterer Aspekt im Gesetzentwurf, der vollkommen unstrittig war, ist das sogenannte Pension-Asset-Pooling. „Hiermit stärken wir den Finanzplatz nachhaltig. Wir erweitern den Verbraucherschutz, indem es internationalen Unternehmen möglich ist, Pensionsfonds zu bündeln und dies auch von Deutschland aus zu gestalten. Das war bisher nicht möglich. Da waren wir im internationalen Vergleich im Nachteil.“
Themen: Fondsrating, Immobilienrating, Mittelstandsrating | Kommentare deaktiviert für Finanzierer der Realwirtschaft sichern
Aktiv in Emerging Markets investieren
Von Dr. Oliver Everling | 12.September 2013
Die Streuung der Erträge in den Emerging Markets spricht für Chancen durch eine geschickte Einzelwertauswahl, insbesondere für langfristige Investoren. Thomas Melendez, MFS Investment Officer und Institutional Equity Portfolio Manager für MFS´ globale Aktienportfolios, erläutert die Anlagephilosophie von MFS Investment Management in den Schwellenländern. „Die Länderzugehörigkeit verliert an Bedeutung. Die Sekotrentwicklung und die relative Bewertung müssen berücksichtig, wie auch internationale Branchentrends nicht vernachlässigt werden dürfen“, sagt Melendez. Ziel sei für ihn als Fondsmanager, erfolgreiche und und geführte Unternehmen zu finden, die angemessen bewertet seien.
Melendez ist sich der gesamtwirtschaftlichen Risiken bewusst: Er blick auf Risiken aus dme Aufsichtsrecht und der Politik, Währungsrisiko (hier u.a. Fremdwährungsreserven, Leistungsbilanzsaldo, Schuldenstandquote), Corporate Governance, Liquidität und umlaufendes Volumen. Politische Stabilität müsse an Aspekten wie Legitimität und Popularität der Regierung, Demographie und Sozialindikatoren, Stabilität staatlicher Institutionen, weltpolitischen Faktoren sowie innen- und außenpolitischer Stabilität gemessen werden. Langfristige Solvenz müsse sich in Bezug auf Staats- und Auslandsverschuldung, Fiskalpolitik, Unabhängigkeit der Notenbank und Geldpolitik, Entwicklung des Außenhandels und der Auslandsinvestitionen, Diversifikation und Struktur der WIrtschaft sowie internationale Wettbewerbsfähigkeit und Wachstumspotenzial beurteilen lassen.
Melendez fokussiert gesamtwirtschaftliche Faktoren mit direkten und indirekten Auswirkungen auf die Erträge und gibt die Währungsentwicklung als Beispiel: Die kurzfristige Liquidität werde durch die Fremdwährungsreserven, den Zugang zu den internationalne Kapitalmärkten, den Kreditedarf sowie den Leistungsbilanzsaldo determiniert.
Seit 5 Jahren diskutiere man die Frage nach einem „soft landing“ für China. Ob und wann es dazu komme, beantworte sich schon aus der Tatsache, dass man jahrelang dasselbe diskutiere. „Eine stehende Uhr geht zweimal am Tag richtig“, scherzt Melendez mit Blick auf Prognosen, die eine erneute Eintrübung voraussagen.
Melendez skizziert die große Bedeutung von Pensionsfonds, deren Anlagevolumen sich weltweit binnen 5 Jahren um grob 70 % erhöht habe. Pensionskassen würden besonderen regulatorischen Restriktionen unterliegen, so dass viele an bestimmte Assetklassen oder Regionen gebunden seien. Dies treibe die Kapitalkosten für Unternehmen in vielen Ländern deutlich nach unten. „Früher mussten Unternehmen in Emerging Markets 12 oder 14 % Zinsen zahlen. Sinkt die Zinslast, ist diess ein kraftvolles Werkzeug für ihren künftigen Erfolg“, glaubt Melendez. Die bisher niedrige Allokation von Pensionskapital in diese Assetklasse lasse daher auf überdurchschnittliche Gewinne hoffen.
„Ich sehe größere Mehrwertchancen durch Einzelwertauswahl an den Emerging Markets“, gibt sich Melendez zuversichtlich, „allerdings gibt es mehr Chancen durch eine langfristige Perspektive.“ Betrachtet man Länder- und Branchenfaktoren in den Emerging Markets, zeigt sich die abnehmende Bedeutung der Länderzugehörigkeit. „Verfolgt man die Linie aus den Standardabweichungen der jeweiligen Länderfaktoren Industrieländer und Emerging Markets, zeigt sich deutlich eine Annäherung an den Länderfaktor der Industrieländer“, analysiert Melendez.
Mit einer „naiven“ Allokation profitiere man möglicherweise nicht vom Wachstum, macht Melendez anhand der fragewürdigen Untergewichtung des Gesundheitswesens und der zyklischen Konsumgüter sowie der Übergewichtung der Telekommunikation und des Finanzsektors im Vergleich von MSCI Emerging Markets gegenüber dem MSCI World klar. „Die interessanteren Sektoren sind nicht mehr so günstig bewertet,“ warnt Melendez, „wichtig sind die relativen Sektorbewertungen.“
Gefragt nach Exchange Traded Funds (ETFs) antwortet Melendez als überzeugter aktiver Manager: „ETFs bilden lediglich einen Index ab. Dieser enthält immer auch Unternehmen, an denen man lieber nicht beteiligt sein will.“ ETFs würden teilweise ihre eigene Hausse produzieren, wenn immer mehr Geld in ETFs abwandere. Passive ETF-Anleger sind außerdem beim Management der Unternehmen beliebt, da sie von den Managern der Indexfonds keinen Besuch und keine Nachfragen fürchten müssen. Anders Melendez: „Wir fliegen zweimal im Jahr oder auch mehr bis nach Australien, wenn es sein muss, um nicht nur mit den Managern der Unternehmen zu sprechen, sondern uns vor Ort auch Läden oder Werkstätten anzusehen, wo die Produkte gekauft oder verwendet werden.“
Die wesentlichen Einsichten von Melendez für die Wahl der richtigen Anlagestrategie: Die Streuung der Erträge an den Emerging Markets spricht für Chancen durch eine kluge Einzelwertauswahl, insbesondere für langfristige Investoren. Die Länderzugehörigkeit verliert an Bedeutung. Wichtig sind Sektorenentwicklung und relative Bewertung. „Aber um die Risiken zu steuern und Ideen zu entwickeln,“ so das Fazit von Melendez, „muss man die gesamtwirtschaftlichen Faktoren kennen.“
Themen: Nachrichten | Kommentare deaktiviert für Aktiv in Emerging Markets investieren