Europa ist kein Rechtsstaat

Von Dr. Oliver Everling | 22.Oktober 2012

„Europa ist kein Rechtsstaat. Europa ist überhaupt kein Staat. Sondern Staaten Europas haben sich verschiedene Regeln gegeben.“ So führt Frank Schäffler, Miitglied des Deutschen Bundestages und bis zum Streit über den Euro Obmann der FDP im Finanzausschuss des Bundestages im überfüllten, größten Saal des Steigenberger Hotels Langen in den Abend ein. Da Europa kein Rechtsstaat sei, könne man seine Rechte auch nicht ohne weiteres einklagen.

Schäffler zieht wirtschaftliche Größenvergleiche zwischen Griechenland und nun auch Zypern zu Städten und Gemeinden in Nordrhein-Westfalen: Der Vergleich zeige, dass es nicht um die angebliche wirtschaftliche Katastrophe gehe, wenn diese Staaten keine weiteren Hilfen erhalten würden. „Es geht um das Prinzip, dass Staaten nicht pleite gehen dürfen.“

Jörg-Uwe Hahn, Stellvertretender Ministerpräsident des Landes Hessen und Landsvorsitzender der FDP Hessen, erinnert an das Faktum, dass es die Bundesrepublik Deutschland selbst unter der damaligen rot-grünen Bundesregierung war, die nicht mehr nach den vereinbarten Regeln gehandelt habe. Hahn zeigt die Schwierigkeiten auf, nun anderen Ländern ihre Versäumnisse vorzuhalten.

Schäffler kritisiert die Auftritte Mario Draghis, mit denen er sich als stabilitätsorientierter Notenbanker präsentiere, tatsächlich sich aber in der Tradition der lateineuropäischen Länder in die Aufsicht über die Banken einschalte und auch sonst in der Politik mitdiskutiere. „Frau Merkel wird sagen, die EZB ist unabhängig, ist kann nichts dagegen machen. Wir alle werden aber faktisch enteignet.“ Schäffler zeigt die Zusammenhänge auf, die zwischen der eingeleitete Geldpolitik und der Geldentwertung bestehen. „Der Weg in die Inflationsunion wird unendlich fortgehen.“ Schäffler skizziert die Interessenlagen der verschuldeten Länder und deren Bedürfnis, eine schleichende Umverteilung zu ihren Gunsten zu bewirken. „Das ist nicht friedensstiftend für Europa“, warnt Schäffler und fordert eine Klärung wichitger Fragen vor dem Europäischen Gerichtshof.

Hahn „wettet einen hohen Einsatz, dass der Europäische Gerichtshof (EuGH) nun an die Fragen geht“. Die Chefs des EuGH seien wiedergewählt worden. Der Zentrale Wunsch der Franzosen seit den 1990er Jahren sei es, Geld- und Finanzpolitik zusammenzubringen. Die Bundesbank sei auch in Deutschland mit Aufgaben der Aufischt befasst. Daher bestehe auch hier das Risiko der Einmischung.

Schäffler sieht aus den Zusammenhängen einige Aufgaben für die Liberalen abgeleitet. „Von Anbeginn an treibt es mich an, dass das Recht beiseite gewischt wurde und der Pragmatismus regiert. Der Euro ist auf Rechtsbrüchen aufgebaut. Griechenland hat sich schon mit gefälschten Zahlen in die Währungsunion hineingemogelt.“ Schäffler zeigt auf, dass das, was vereinbart wird, nicht einmal ein halbes Jahr hält. „Es gibt tatsächlich unterschiedliche Kulturen. Wenn jeder unter ‚Recht‘ etwas anderes versteht, haben wir ein Problem.“ Im Kern habe der Kalauer eine Wahrheit, dass die Spanier und Italiener das Recht erfinden, die Franzosen das Recht aufschreiben und die Deutschen es umsetzen. „Welches Europa wollen wir? Viele wollen den europäischen Superstaat. Wenn, dann muss es aber rechtsstaatlich geschehen“, mahnt Schäffler an.

„Der Austritt Griechenlands hat seinen Schrecken verloren. Dann machen wir doch diese Politik konsequent weiter“, fordert Hahn. Auch die Länder könnten konkret und praktisch wirksam helfen: Beispiel Kataster und Grundbuch, beides in Misständen in Griechenland, aber in Deutschland in der Zuständigkeit der Länder. „Den Griechen wäre eher mit einem konkreten Hilfsprogramm geholfen. Derzeit ist Deutschland in Griechenland aber der Bumann.“ Der Eurobond konnte verhindert werden, ebenso der Altschuldenfonds, macht Hahn Mut.

Themen: Bankenrating | Kommentare deaktiviert für Europa ist kein Rechtsstaat

Mittelfristig weitere bilanzielle Überschuldungen

Von Dr. Oliver Everling | 21.Oktober 2012

In zahlreichen Städten und Gemeinden in Deutschland ist die finanzielle Situation extrem angespannt. „Seit Jahrzehnten steigt die Verschuldung. Die Aufnahme von Krediten für Investitionen soll die Ausnahme sein,“ schreibt Gert Klaus, seit 1999 Bürgermeister der Stadt Schieder-Schwalenberg (Kreis Lippe, NRW), „die Aufnahme von Krediten zur Liquiditätssicherung soll nur kurzfristig die Zahlungsfähigkeit gewährleisten. Die Lage hat sich dramatisch entwickelt.“ Gert Klaus gehört zu den Autoren im Buch „Kommunalrating“ (Artikel-Nr.: 22.485-1200, ISBN 3-86556-353-8), das im Bank-Verlag, Köln, erscheint.

Die „ordentlichen“ Einnahmen, also im Wesentlichen die Steuern, reichen vielerorts nicht mehr aus, um die laufenden Ausgaben zu decken. Kassenkredite werden zur Regel, kurzfristige Verbindlichkeiten werden faktisch zu langfristigen Schulden. Die Finanzierung konsumtiver Ausgaben, besonders für Transferleistungen im sozialen Sicherungssystem, erfordert zunehmend Kreditaufnahmen.Meldungen des Bundes über bisweilen steigende Steuereinnahmen, die Presse schreibt bildhaft von  „sprudelnden Steuerquellen“, dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, warnt Klaus, dass die (Pflicht-)Ausgaben der kommunalen Ebene stärker steigen als deren Einnahmen und dass die Finanzierungslücke nicht kleiner, sondern immer größer wird.

„Die Kommunalverfassungsgesetze lassen Kredite für konsumtive Zwecke gar nicht zu“, macht Klaus klar. Das Verwaltungshandeln, auch „begleitet“ durch die Aufsichtsbehörden, spielt sich in einer juristischen Grauzone ab, die man mit Erlassen und sonstigen Arbeitshilfen zu managen versucht.

Das Klagen der Bürgermeister und Kämmerer werde beschwichtigend als „Gejammer“ abgetan, obwohl die Lage mancherorts mehr als bedrohlich ist.Nordrhein-Westfalen hat vor einigen Jahren verpflichtend ein Neues Kommunales Finanzmanagement eingeführt, das in vielen Punkten mit der Doppik privatwirtschaftlich geführter Unternehmen vergleichbar ist, schreibt Klaus, mit einer Erfolgsrechnung (annäherungsweise vergleichbar mit Gewinn- und Verlustrechnung) und einer Bilanz.

„Etwa 35 Kommunen in NRW, darunter viele größere Städte im Ruhrgebiet, sind bereits bilanziell überschuldet oder die Überschuldung droht unmittelbar und gesetzlich gezwungen, an dem Stärkungspakt Stadtfinanzen des Landes teilzunehmen und Haushaltssanierungspläne aufzustellen und umzusetzen.“ Klaus warnt vor Verharmlosung: „Bei einer fast gleichen Anzahl weiterer Kommunen droht die bilanzielle Überschuldung im Zeitraum der mittelfristigen Finanzplanung.“

Themen: Kommunalrating | Kommentare deaktiviert für Mittelfristig weitere bilanzielle Überschuldungen

Heinzelmännchen von heute

Von Dr. Oliver Everling | 20.Oktober 2012

„Das Schöne an diesen Apps ist,“ schreibt Matthias Lamberti von yavalu, „dass der Mensch selbst bestimmen kann, wann er sie benutzt und wann er sie einfach in seinem klugen Telefon in der Hosen- oder Handtasche schlummern lässt, bis er sie bei Bedarf wieder weckt. Innerhalb von einer Sekunde stehen sie ihm dann mit Rat und Tat zur Seite.“

Der Mensch befreite sich damit unter anderem vom Stress, sich nach Öffnungs- und Geschäftszeiten richten zu müssen. „Die App ist rund um die Uhr für ihn da. Sie nimmt seine Aufträge auch nachts um halb drei noch entgegen, wenn das Personal am Bahninfoschalter tief und fest schläft, hoffentlich. Für den aktuellen Wetterbericht, der darüber entscheidet, ob nun gewandert wird oder nicht, muss er auch nicht den nächsten Nachrichtenblock im Radio abwarten. Für die neue Jeans muss er den Sonnenaufgang genauso wenig abwarten, wie für die Rückzahlung der 30 €, die der Freund wieder einmal für einen auslegen musste, weil man gerade im Biergarten kein Bargeld dabei hatte und die ja auch keine Karten akzeptieren, während man anderenorts die nicht angebotene Bezahlmöglichkeit per Handy kaum verzeihen möchte.“

Die zahlreichen Banking- und Finance-Apps sind zweifellos zu den äußerst nützlichen und praktischen Anwendungen zu zählen. Die meisten Banken und Finanzdienstleister haben inzwischen Apps für ihre Kunden gebaut oder vielmehr bauen lassen, um ihnen den Zugang zu deren Konten und Depots zu erleichtern. „Damit haben endlich auch lästiges und umständliches Scrollen und Zoomen in den mobilen Browsern ein Ende. Mit den Banking Apps kann der Kunde zum Beispiel seinen Kontostand samt Umsätzen abfragen,“ macht Lamberti klar, „Überweisungen vornehmen oder Aktien kaufen und verkaufen. Außerdem bieten die meisten Apps auch einen guten Überblick über die Kurse an den Wertpapiermärkten und die aktuelle Nachrichtenlage.“

Weiter lesen im Buch von Oliver Everling / Robert Lempka (Hrsg.): Finanzdienstleister der nächsten Generation – Die neue digitale Macht der Kunden, 1. Aufl. 2013, Frankfurt School Verlag GmbH, ISBN 978-3-940913-62-3.

Themen: Nachrichten | Kommentare deaktiviert für Heinzelmännchen von heute

DNCA Invest Eurose A im Feri Fondsrating

Von Dr. Oliver Everling | 16.Oktober 2012

Der vermögensverwaltende Fonds DNCA Invest Eurose A (ISIN: LU0284394235) des französischen Asset Managers DNCA Finance hat im Feri Fondsrating für das Fondsuniversum Deutschland per 30.9.2012 exzellent abgeschnitten: Mit der Rating-Klasse A bewertet, gehört der Fonds in seiner Peergroup „Mischfonds Europa konservativ“ zu den sehr gut bewerteten Produkten.

Der Teilfonds des Flaggschiffproduktes von DNCA Finance ist 668 Millionen Euro schwer und setzt hauptsächlich auf Unternehmens- und Wandelanleihen in Europa sowie europäische Aktien. Sein defensiver Ansatz erlaubt dem Fondsmanagement einen Aktienanteil bis maximal 35 Prozent, derzeit liegt die Aktienquote im Fondsportfolio bei 21 Prozent. Unternehmensanleihen machen 60 Prozent aus, der Wandelanleihenanteil liegt aktuell bei 13 Prozent. „Das Rating zeigt, dass sich unser defensives Konzept auch in schwierigen Zeiten bewährt und bestärkt uns, unserer Investmentstrategie weiter treu zu bleiben“, so Fondsmanager Philippe Champigneulle. Seit der Auflage vor fünf Jahren hat der DNCA Invest Eurose A um gut 22 Prozent an Wert zugelegt.

Die Bewertung mit Rating-Klasse A bedeutet, dass der Fonds über einen mittleren Zeithorizont eine stabile über dem Durchschnitt liegende Performance bei relativ geringem Risiko aufweist. Das ist nach Angabe der DNCA France beim DNCA Invest Eurose A der Fall. In der Kategorie „Mischfonds Europa konservativ“ haben neben DNCA Finance nur zwei weitere Anbieter per 30.9.2012 ein A-Rating von Feri erhalten. Die Peergroup umfasst insgesamt 88 Fonds, von denen 50 ein Rating bekommen. Voraussetzung für die Bewertung ist ein Track Record von fünf Jahren. Feri vergibt zunächst Punkte in den Kategorien Performance und Risiko. Die Rating-Klasse ergibt sich anschließend zu 70 Prozent aus der Performance, das Risiko fließt zu 30 Prozent in das Rating ein. Insgesamt vergibt Feri fünf Rating-Klassen von A (sehr gute Bewertung) bis E (schwache Bewertung).

Themen: Fondsrating | Kommentare deaktiviert für DNCA Invest Eurose A im Feri Fondsrating

Zahlungsmoratorium bei Kommunen denkbar

Von Dr. Oliver Everling | 15.Oktober 2012

“Ich bin kein Freund des externen Kommunalratings”, macht Jens Michael Otte von vornherein seine Position im Thema klar und führt ins Thema seines Vortrags über “Geschäftssteuerung der Kommunalfinanzierung durch Rating” ein. Jens Michael Otte ist Leiter Öffentlicher Sektor & Institutionen Deutschland bei der Deutschen Bank AG. Otte sprach auf der Tagung der Theodor-Heuss-Akademie der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit in Gummersbach, “Kommunalrating – Weg aus der kommunalen Finanzkrise?”

Seine Skepsis gegenüber den Versuchen von Moody’s und S&P’s, ihre Ratinggeschäfte auf deutsche Kommunen auszuweiten, verbindet Otte mit der unmissverständlichen Klarstellung, dass auch Kommunen im Kreditgeschäft der Banken einem (internen) Rating unterzogen werden müssen. Bereits seit zehn Jahren sei auch in der Deutschen Bank ein Kommunalrating als ein Element der Risikobeurteilung eingeführt.

Die Finanzkrise bzw. Staatsschuldenkrise hat die Verhältnisse auch für die Kommunalfinanzierung verändert. Otte illustriert, warum die deutsche Bank erst seit einigen Jahren aktiv ihre Geschäft mit Kommunen ausweite. In einer Zeit, in der alle Kommunen mit AAA zu beurteilen waren, sei das Kreditgeschäft mit Margen von 0,1 % bzw. einem einzigen Basispunkt praktisch nur Geldwechselgeschäft gewesen. Diese Situation hatte das Risikoprofil im offentlichen Sektor nicht adäquat abgebildet.

„Vor rund 3 Jahren haben wir begonnen, das interne Rating mit der jeweiligen Kommune intensiv zu diskutieren“, sagt Otte.

“Wir würden dieses Rating nie einem anderen zeigen und tun dies auch nicht.” Das bankinterne Rating unterliegt dem Bankgeheimnis. “Wir haben global rund 200 Mrd. € draußen für die öffentliche Hand”, erläutert Otte das Kreditgeschäft mit dem Öffenlichen Sektor in der Deutschen Bank im Detail. In den letzten Jahren habe die Deutsche Bank ein rasantes Wachstum als Finanzierer des Öffentlichen Sektors hingelegt. Die Deutsche Bank ist mittlerweile Nummer zwei im Kurzfrist-Geschaeft mit dem offentlichen Sektor.“

Die Strategie der Deutschen Bank im Bereich Kommunalkredit in Deutschland ergibt sich aus einem Top-down-Ansatz, indem der Anteil des Kreditvolumens im kommunalen Sektor inklusive der kommunalnahen Unternehmen nach Bonitätsklassen und Laufzeiten gesteuert wird, andererseits Bottom-up die Qualität des Kreditportfolios analysiert wird.

Wirtschaftliche Basis und Entwicklung, Haushalt und Finanzstruktur sowie Qualität der Finanzverwaltung sind die drei wichtigen Bereiche der Risikoanalyse zum internen Kommunalrating. Im Detail werden demografische Daten, die Attraktivität des Standortes, laufende Verwaltungstätigkeit, Finanzstrukturdaten, Jahresergebnis und die Qualität von Haushaltsplanung und Rechnungswesen analysiert.

“Warum braucht man überhaupt ein Kommunalrating, wenn doch Kommunen gar nicht insolvent gehen können?” Dieser Frage geht Otte mit Blick auf die Tatsache nach, dass es kein Insolvenzrecht für Kommunen gibt. Kein Kreditgläubiger einer Kommune würde für eine Stadt oder Gemeinde eine Insolvenz anmelden können. “Weil wir ein Moratorium für denkbar halten.” Otte zeigt plausibel das Szenario auf, was passieren würde, wenn ein Bürgermeister tatsächlich seine Landesregierung mit der Bitte anrufen würde, ihm kurzfristig mit Finanzmitteln zur Verfügung zu stellen, da eine Liquiditätslücke aus eigener Kraft und bei gegebenen Linie nicht überbrückt werden kann. Die Gefahr liege in der Kettenreaktion, die schließlich zwar nicht zu Kreditausfällen, aber zu Zahlungsverzögerungen führen könnte. Otte unterstreicht, dass es sich zwar um ein sehr unwahrscheinliches, aber mögliches Szenario handelt.

Themen: Kommunalrating | Kommentare deaktiviert für Zahlungsmoratorium bei Kommunen denkbar

Kein Angebot für kommunale Kassenkredite

Von Dr. Oliver Everling | 14.Oktober 2012

Wenn im Zusammenhang mit Kommunalratings von einer „Pleite der Kommunen“ gesprochen wird, ist das zu einen ein Ausdruck der Angst vor einer Handlungsunfähigkeit auf der kommunalen Ebene und zum anderen Ausdruck der Verantwortung für die nächsten Generationen, schreibt Christian Haase. Er gehört zu den Autoren im Buch „Kommunalrating“ (Artikel-Nr.: 22.485-1200, ISBN 3-86556-353-8), das im Bank-Verlag, Köln, erscheint.

Christian Haase ist Bürgermeister in Beverungen an der Weser. Vor seinem Wechsel zur Stadt Beverungen 2001 war er langjährig beim Kreis Höxter beschäftigt. Das Studium der Verwaltungswissenschaften absolvierte er an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung Nordrhein-Westfalen in Soest. Er ist Mitglied des Präsidiums des Städte- und Gemeindebundes NRW (Wahl erfolgt am 06.09.2012 !!!!) sowie des Landesvorstandes der Kommunalpolitischen Vereinigung der CDU NRW.“optional: Die Stadt Beverungen erlebt seit der Stilllegung des Kernkraftwerkes Würgassen 1995 und dem Umbruch in der Holz- und Möbelindustrie einen Strukturwandelprozess, der auch die Kommunalfinanzen erfasst hat.

Haase stellt in seinem Beitrag zum Buch „Kommunalrating“ fest, dass nach wie vor – und es gibt auch keinerlei Hinweise auf eine Änderung – eine kommunale Insolvenz aufgrund des Haftungsverbundes von Bund, Ländern und Kommunen ausgeschlossen ist (§ 12 Abs. 1 Nr. 2 InsO i.v.m. § 128 Abs. 2 GONW). „Rechtlich wie politisch wird es kein Innenminister zulassen, dass ein kommunaler Kredit nicht bedient wird“, ist Haase überzeugt.

Entgegen teilweiser anderer Verlautbarungen wird sich der Risikoansatz auch nicht von Basel II nach Basel III verändern. Das Risikogewicht von Direktausleihungen der Kreditinstitute an Kommunen muss sich deshalb auch zukünftig an der Bonitätsbeurteilung des Zentralstaates orientieren. Bei einer Einstufung Deutschlands mit AAA bleibt es bei der Null-Risiko-Gewichtung.

„Trotzdem schlägt die Verunsicherung des Bankensektors nach den Turbolenzen der Lehmann-Pleite und der Staatsfinanzenkrise in Europa auf die Kommunen durch. Auch wenn die Rolle von Ratingagenturen in diesem Zusammenhang durchaus kritisch zu hinterfragen ist,“ räumt Haase ein, „haben sich bereits über 10.000 deutsche Städte und Gemeinden von der Ratingagentur Fitch durchleuchten lassen. Land auf, Land ab, stellen Kämmerer fest, dass die Angebote auf Nachfragen für Kassenkredite spärlicher werden.“

Themen: Kommunalrating | Kommentare deaktiviert für Kein Angebot für kommunale Kassenkredite

Verständlich ist fair

Von Dr. Oliver Everling | 14.Oktober 2012

Nur verständliche Informationen sind in der Finanzberatung auch faire Informationen für Kunden, macht Kurt Bürkin deutlich. Kurt Bürkin, Geschäftsführer der exameo GmbH, sprach auf der Tagung „Ideal oder Real – Gibt es für die Bürgerinnen und Bürger in Deutschland eine faire Finanzberatung?“ Die Tagung wurde von der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit in Zusammenarbeit mit FCM Finanz Coaching auf der Theodor-Heuss-Akademie in Gummersbach durchgeführt.

Eine Information ist verständlich, wenn sie den Bedürfnissen der Leser entspricht. Bürkin illustriert diesen Kernpunkt an konkreten Beispielen. Sprachverständnis entscheide sich am logischen Aufbau des Gesamten Textes und des Layourts, aber auch auf der Wortebene, der Satzebene, der Grammatik, Rechtschreibung und Zeichensetzung. Gliederung, Konsistenz, Wortlänge, komplizierte Wörter, Fachsprache, Anglizismen, Füllwörter, Schachtelsätze, Nominalstil oder Passivsätze sind Schlagworte für Kriterien, die in der Analyse der Verständlichkeit von Texten eine Rolle spielen.

Basiswert, Cap, DAX-Index, Discount-Zertifikat, Emittent, Finanzinstrument, Marktkapitalisierung – diese, für Fachleute selbstverständliche Begriffe eines Zertifikatsprospekts sind nach Recherchen von exameo für Verbraucher bzw. Anleger ohne finanzfachfliche Vorbildung „schwierig“. Durch exameo wird eine systematische Analyse von Texten bezüglich Satzlängen, Passivsätzen, Fachbegriffen usw. durchgeführt. „PIBs der verschiedenen Anbieter“, warnt Bürkin, „unterscheiden sich nicht wesentlich in Bezug auf Lesbarkeit und Verständlichkeit!“

Abschlag, Discount, Kursabschlag, Preisabschlag – für denselben Sachverhalt werden verschiedene Begriffe verwendet, die den Kunden nur verwirren können. Marktpreisrisiko, Kursrisiko, marktpreisbestimmende Faktoren, marktpreisbestimmende Umstände sind ebenfalls Beispiele für unterschiedliche Begriffe, hinter denen sich letztlich dieselben Sachverhalte verbergen. Die Erläuterungen im Glossar und die Beschreibungen in den Textbausteinen sollten in allen Publikationen möglichst einheitlich verwendet werden, fordert Bürkin.

Regulation, Gesamtrisikoexposure, Turnkey-Geschäft, Risikoboard, Net Assets der Geschäftsfelder usw. – Bürkin hinterfragt die Notwendigkeit von Anglizismen oder gar ihrer Kombinationen mit gebräuchlicheren deutschen Wörtern. Vermeidbare Nominalisierungen und Substantive, Kanzleistil, Verwaltungssprache, Beamtendeutsch, hölzern, distanziert und schwerfällig, ließen sich in den Produktinformationen von Banken vermeiden.

Die Prüfmethode von exameo umfasst fachliche Prüfung, formale sprachliche Prüfung und Testleser, um die Verständlichkeit von Information zu analysieren. Inhaltliche Vollständigkeit, Software-gestützte Analyse der Verständlichkeit, Typografie und viele weitere Aspekte sind integriert zu betrachten.

Themen: Informationrating | Kommentare deaktiviert für Verständlich ist fair

Deutsche Unternehmen robuster als französische

Von Dr. Oliver Everling | 11.Oktober 2012

Die Insolvenzquote von Unternehmen in Frankreich ist fast doppelt so hoch wie in Deutschland. Deutsche Unternehmen sind aufgrund ihrer Finanzstärke weniger anfällig. Allerdings sind die Insolvenzkosten in Deutschland höher. Das sind Ergebnisse einer vergleichenden Studie von Coface zu Insolvenzen in Frankreich und Deutschland.

Die Analysten des internationale Kreditversicherers gingen der Frage nach, wieso deutsche Unternehmen den jüngsten Krise besser widerstanden haben als französische. Denn seit 2005 laufen die Insolvenzkurven entgegengesetzt. Der Unterschied betrug 2011 annähernd 40 Prozent. In Deutschland meldeten knapp über 30.000 Unternehmen Insolvenz an, in Frankreich über 50.000. Einen Grund machten die Coface-Experten in der Größe aus: Deutsche Unternehmen sind im Durchschnitt größer als die im Nachbarland und damit weniger insolvenzgefährdet.

Unternehmen in Deutschland sind zudem finanzkräftiger. Reduzierte Kosten und die Strategie, auf Qualität und hochwertige Produkte zu setzen, führten zu einer verbesserten Profitabilität. Für die Finanzierung erwies sich der deutsche Bankensektor mit den Sparkassen und Volksbanken als Vorteil. Diese konnten durch ihre eigene stabile Finanzierung Lücken kompensieren, die durch die Probleme der Privat- und Landesbanken entstanden waren.

In Deutschland verursachen Insolvenzen höhere Kosten als im Nachbarland. 2011 beliefen sich die Gesamtkosten auf 20 Milliarden Euro. In Frankreich waren es 14,3 Milliarden. Zudem sind die durchschnittlichen Kosten je Insolvenz in Deutschland im Schnitt mehrerer Jahre mit 700.000 Euro mehr als dreimal so hoch wie in Frankreich mit 200.000 Euro. In Relation zur Gesamtwirtschaftsleistung sind die Unterschiede allerdings nicht so groß. In Deutschland machen die Insolvenzkosten 1,1 Prozent des BIP aus, in Frankreich 0,8 Prozent.

Die Insolvenzen in Deutschland sind stark verbunden mit dem Export. Jetzt, wo die Ausfuhren über den Sommer schwächer waren und die Investitionen im zweiten Quartal zurückgingen, rechnet Coface wieder mit steigenden Insolvenzen. Eine niedrigere Nachfrage insbesondere aus den Emerging Markets würde das Risiko für deutsche Unternehmen weiter erhöhen.

Themen: Unternehmensrating | Kommentare deaktiviert für Deutsche Unternehmen robuster als französische

Berentzen-Gruppe im URA Emissions Check

Von Dr. Oliver Everling | 11.Oktober 2012

Neu in den URA Emissions Check aufgenommen wurde die am ersten Zeichnungstag (8.10.2012) voll platzierte Anleihe der Berentzen-Gruppe AG. Mit 2 „URA-Haken“ und einem Punktwert von 3,6 hat die Anleihe den Sprung unter die URA TOP MidCap Bonds (mindestens 3 „URA-Haken“ bei einem Punktwert <3,5) knapp verfehlt; die Bewertung beruht auf den Zahlen des GJ 31.12.2011 sowie der kumulierten 4 Quartale zum 30.6.2012. Die guten Bondspezifischen Kennzahlen (bilanzielle Verschuldung sowie Zinsaufwand niedrig) und die hohe Eigenkapitalquote werden etwas relativiert durch folgende Aspekte:  Da die Vorzugsaktien am Regulierten Markt der Frankfurter Börse (General Standard) notieren, darf Berentzen für die an der Frankfurter Mittelstandsbörse (Entry Standard) notierte Anleihe auf ein – eigentlich grundsätzlich vorgeschriebenes – Emittentenrating verzichten. Da ein fehlendes Rating nicht den Erwartungen des Kapitalmarktes für Anleihen entspricht, gibt es hierfür im URA Emissions Check einen Punkteabzug. Außerdem haben die Anleihegläubiger bei einem Kontrollwechsel keine Kündigungsmöglichkeit (die Beteiligungsgesellschaft Aurelius AG hält 91,2% der Stammaktien und damit der Stimmrechte), warnen die Analysten der URA. Es existieren nach ihren Angaben Factoringverträge (echtes Factoring, so dass hohe Forderungen in der Bilanz bis auf einen Sicherheitsabschlag fehlen) mit einem Höchstvolumen von fast 50 Mio. EUR (darin 40 Mio. mit einer Laufzeit bis 31.3.2014), verglichen mit einer ausgewiesenen Bilanzsumme von 126 Mio.; der Ausfall der Factoringunternehmen bzw. eine ungünstige Vertragsverlängerung würde zu einem starken Anstieg der kurzfristigen Schulden führen.

Nach Erscheinen neuer Halbjahresberichte der Emittenten zum 30.6.2012 hat die URA Rating Agentur im Rahmen ihres Monitorings den Emissions Check für folgende Mittelstandsanleihen aktualisiert: Biogas Nord, FC Schalke, FFK Environment, German Pellets, Katjes, KTG Agrar I+II, MAG IAS, MITEC, MS Spaichingen, MT-Energie, RENA und Valensina. Die Gesamtbeurteilung des Emissions Checks (Anzahl der „URA-Haken“) hat sich für 12 der 13 Anleihen gegenüber dem Stand 20.9.2012 nicht verändert.

Nur MT-Energie hat sich von knapp 4 auf 3 „URA-Haken“ verschlechtert, gehört jedoch weiter zu den URA TOP MidCap Bonds; hier wirken sich die schwache Nachfrage in Deutschland (nach dem Biogas-Boom in 2011) und die deshalb notwendigen Vorleistungen für den verstärkten Ausbau des Auslandsgeschäfts negativ aus. Außerdem hat sich die Bewertung der Underberg-Anleihe nach Erscheinen der Zahlen für das GJ 03.2012 (bisher nur ein – wenig aussagefähiger – Einzelabschluss) von 2 auf 1 „URA-Haken“ verschlechtert (stagnierendes EBIT, Zinsaufwand durch neue Anleihe, rückläufige Eigenkapitalquote).

 

Themen: Anleiherating | Kommentare deaktiviert für Berentzen-Gruppe im URA Emissions Check

Next Finance Alliance mit wikifolio

Von Dr. Oliver Everling | 10.Oktober 2012

Die Tradingplattform wikifolio verstärkt die Next Finance Alliance und erweitert den Kreis der in der Next Finance Alliance (NFA) zusammengeschlossenen Unternehmen. In der NFA organisieren sich innovative Online Finance-Unternehmen, welche höchste Qualitäts- und Transparenz-Ansprüchen erfüllen. Die aktuell 11 Mitglieder der NFA haben sich absolut transparenten Geschäftsmodellen verpflichtet und grenzen sich deutlich von den etablierten Provisionsmodellen klassischer Banken ab. Auf wikifolio.com veröffentlichen erfahrene Trader ihre Strategien in sogenannten wikifolios, in die wiederum Anleger investieren und von der Performance dieser Portfolios profitieren können. Durch die enge Integration sozialer Netzwerke sind wikifolios die erste Social Media Anlageform auf dem deutschsprachigen Markt.

Die Next Finance Alliance wurde im Mai dieses Jahres auf Initiative der yavalu GmbH von Matthias Lamberti gegründet. Neben wikifolio.com stießen nun auch der Personal Finance Management-Anbieter meniga sowie die beiden Crowdfunding-Plattformen BERGFÜRST und innovestment zu dem Zusammenschluss junger und innovativer Next Generation Finance Unternehmen. „Die Next Finance Alliance ist eine wichtige Initiative, weil sie die Innovationskräfte der jungen Online Finance-Angebote bündelt und verstärkt. Web 2.0 und Social Media haben schon in vielen anderen Branchen die Spielregeln deutlich zum Vorteil des Konsumenten verändert“, sagt Andreas Kern, Gründer und Geschäftsführer von wikifolio.com. „Die NFA ist ein wichtiges Signal an die Kunden und steht für faire und transparente Finanzlösungen. Die Zeit der undurchsichtigen Finanzprodukte, die von Anlage-Verkäufern in den Markt gepresst werden, ist vorbei!“

„Ich freue mich sehr, dass wir bereits wenige Wochen nach der Gründung Zuwachs bekommen haben. Das Momentum hin zu fairen und transparenten Finanzlösungen und weg von der Bevormundung und Übervorteilung auf Banken- und Finanzdienstleisterseite ist mächtig. Die Zeit ist reif für Veränderungen in der Finanzbranche“, sagt Matthias Lamberti, Gründer der yavalu GmbH und treibende Kraft hinter der Next Finance Alliance. „Nun gilt es, die positive Energie durch den weiteren Ausbau der radikal konsumentenfreundlichen Ausrichtung der Finanzdienstleister der Neuen Generation zu festigen. Das ist das Ziel der NFA.“ wikifolio.com ist am 1. August in Deutschland gestartet und hat sich in den letzten Wochen sehr erfolgreich entwickelt. Bisher wurden über dreieinhalb Millionen Euro in wikifolios investiert und über 2.000 wikifolios erstellt. Darunter finden sich schon jetzt wikifolios für fast jeden Anleger-Geschmack: die Bandbreite reicht von hochgradig spekulativen High-Performance-wikifolios bis zu auf langfristiges Wachstum angelegte Strategien.

Die wikifolio Financial Technologies GmbH ist mit dem Ziel angetreten, frischen Wind in die Finanzdienstleister-Branche zu bringen. Anleger können eigene Handelsstrategien als wikifolio veröffentlichen oder automatisch den Trades erfahrener Trader folgen. Erfahrene Investoren verbessern mit wikifolio ihre Rendite und bauen sich einen Track Record auf, Unerfahrene können ohne Aufwand vom Wissen anderer profitieren. wikifolios sind die ersten Social Media Anlageprodukte, welche mit eigener ISIN ausgestattet werden und damit auf dem Finanzmarkt handelbar sind.

wikifolio.com wurde von einem erfahrenen Gründer-Team rund um Andreas Kern in Wien entwickelt und startet seinen Betrieb im August 2012 in Deutschland. VHB digital (www.vhbdigital.de), die Beteiligungs-gesellschaft der Verlagsgruppe Handelsblatt und des Inkubators crossventures, ist an wikifolio.com beteiligt. wikifolio.com arbeitet in Deutschland mit Lang & Schwarz (www.ls-tc.de), dem Sparkassen Broker (www.sbroker.de) sowie der OnVista Group (www.onvista.de) zusammen.

Themen: Wikifoliorating | Kommentare deaktiviert für Next Finance Alliance mit wikifolio

« Voriger Beitrag Folgender Beitrag »