Rapp warnt vor Illiquidität in Rentenmarktsegmenten

Von Dr. Oliver Everling | 14.April 2015

Dr. Heinz-Werner Rapp, CIO der FERI AG, warnt im Rahmen einer Podiumsdiskussion der 28. Feri Frühjahrstagung in Frankfurt am Main vor der Möglichkeit der Illiquidität einzelner Rentenmarktpapiere. „Inzwischen hat eine Reihe von Marktteilnehmern ihre Bestände an bestimmten Rentenpapieren auf Null heruntergefahren“, berichtet Rapp vor den mehr als 200 Teilnehmern aus der Finanzbranche. Dieser Abbau der Positionen bleibt nicht ohne Konsequenzen für die Liquidität dieser Papiere.

Rapp stellt somit auf den Effekt ab, dass bei einer reduzierten Zahl von Marktteilnehmern, die noch Bestände halten, die Wahrscheinlichkeit einer Situation steigt, in der die Nachfrage nicht mehr auf das erwartete Angebot trifft, da die potentiellen Anbieter über keine Bestände mehr verfügen. Dies könnte zu plötzlichen Kursbewegungen führen.

Rapp disktuiert mit Max Hlzer, CIO Multi Asset von Union Investment, Bernhard Langer, CIO Quantitative Strategies von Invesco Asset Management und Ingo R. Mainert, CIO Multi Asset von Allianz Global Investors, unter der Moderationi von Dr. Tobias Schmidt von der FERI EuroRating Services AG.

„Weltweit ist das Wachstum erst einmal mit der Liquidität angeschoben worden. Das angenehme Gefühl der Märkte, dass die Notenbanken immer wieder mit der Gießkanne kommt, um Liquidität hineinzugeben, ist gefährlich. Marktpreise werden verzerrt, die EZB kauft mehr, als emittiert wird. Das erzeugt Sorglosigkeit und führt dazu, dass nicht mehr der Preis- oder Zinsmechanismus der Treiber von Entscheidungen ist, sondern die Frage, was die Notenbanken nächstes Jahr vielleicht im Köcher haben“, urteilt Rapp.

Wenn es erneut eine Situation wie 2008 geben würde, dann müssten die Notenbanken mit einer noch größeren Kelle Geld schöpfen. Rapp lässt erahnen, was dies für das Finanzsystem bedeuten würde. Rapp macht klar, dass die bisherige Rettungspolitik nicht nur zur Rückkehr zu – allerdings bescheidenem – Wachstum geführt habe, sondern auch zu verändertem Entscheidungsverhalten der Marktteilnehmer.

Auf dem Podium der Feri Frühjahrstagung ist man sich einig, dass die Volatilität nach oben gehen werde. „Manche gehen auf der Risikoleiter immer höher. Das macht man so lange, bis es nicht mehr gut geht“, warnt Rapp. Es sei nicht möglich dieses Spiel ad infinitum weiterzuspielen. Von Staatsanleihen zu Unternehmensanleihen, von Unternehmensanleihen zu komplexeren Produkten, zu Aktien bis hin zu sonstigen Assetklasse besteigen auch institutionelle Anleger ein immer höheres Risikoniveau auf der Suche nach Rendite.

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Wirtschaft bleibt vom billigen Geld abhängig

Von Dr. Oliver Everling | 14.April 2015

Die Rettungspolitik der Notenbanken hat die Weltwirtschaft stabilisiert. Die Wertentwicklung vieler Assetklassen wird deshalb überwiegend von der Liquiditätszufuhr bestimmt, die im Kern die Rettungspolitik ausmacht. Axel Angermann von der FERI EuroRating Services AG führt mit dieser These in die FERI Frühjahrstagung ein – eine Veranstaltung, die wiederum ein „all time high“ hinsichtlich der Teilnehmerzahl verzeichnen kann.

Angermann zeigt, dass Leitzinserhöungen seit Oktober 2014 ur in Argentinien, Brasilien, Russland und in der Ukraine zu beobachten waren. In den Industrieländern standen weitere Leitzinssenkungen an, so in AUstralien, Dänemark, Israel, Kanada, Korea, Norwegen, Schweden und in der Schweiz, sowie in Schellenländern wie Bulgarien, Chile, China, Indien, Pakistan, Peru, Polen, Rumänien, Serbien, Thailand, Türkei und Ungarn.

DIe US-Wirtschaft bleibe die entscheidende Triebkraft der globalen Wachstumsdynamik, glaubt Angermann. Mitte des Jahres leitet die Fed einen sehr moderaten Zinserhöhungszyklus ein, prognostiziert er. Die expansive Geldpolitik war auf den Hypothekenmarkt ausgerichtet. Der Vorteil der Fed war im Vergleich zu anderen Notenbanken, es mit einem vergleichsweise geschlossenen, einheitlichen Wirtschaftsraum zu tun zu haben, der sich leichter beeinflussen lässt. So sie die Politik explizit auf die Hypothekenzinsen ausrichtet, um dadurch eine Stütze im privaten Konsum zu schaffen.

Der US-Arbeitsmarkt zeige sich in einem stabilem Aufwärtstrend, allerdings mit Schönheitsfehlern, denn die strahlende Welt mit Vollbeschäftigung sei noch nicht erreicht. Die Einkommensentwicklung ermögliche stabil wachsenden Konsum in den USA, zeigt Angermann auf. Die Sparrate unterliege in den USA rrelativ großen Schwankungen, daher wirke sich nicht jede Steigerung des Einkommens auch in einer Steigerung des privaten Verbrauchs aus, wie auch umgekehrt. Das mache die Prognose speziell für die USA etwas schwieriger als in anderen Ländern mit recht stabilen Sparquoten.

DIe konjunkturelle Entwicklung sei in den USA inzwischen „selbsttragend“ und hänge nicht mehr so sehr am Tropf der Geldpolitik, meint Angermann. Daher habe Yellen auch entsprechende Signale gegeben. Die Leitzinsen ließen sich unter diesen Bedingungen erhöhen. Die Kerninflationsrate werde sich nach oben bewegen, was der Fed die Zinserhöhung erlauben werde.

„Wir glauben, dass die Fed insgesamt bei ihrer expansiven Geldpolitik bleiben und sehr vorsichtig vorgehen wird“, sagt Angermann. Wenn die aktuelle konjunkturelle Lage jedoch sich nicht weiter verbessere, könnte die Fortsetzung der Politik die Folge sein. Der zweite Faktor, der zu unveränderten Zinsen in den USA führen könnte, wäre eine weitere Aufwertung des US-Dollars, denn dieser werte zurzeit gegenüber fast allen Währungen der Welt auf. Das wirke sich natürlich negativ auf die wirtschaftliche Entwicklung in den USA, die Nettoimporte seien traditionell negativ, größere Handelsdefizite seien nun noch wahrscheinlicher für die USA.

Angermann sieht in Europa keine Deflationsgefahren. Die Kerninflation sei deutlich positiv und gebe keinen Anlass zum Handeln. Steigende Löhne und Lohnstückkosten sprechen gegen andauernde Deflationsgefahren, wie auch die Arbeitslosigkeit mit steigender Kapazitätsauslastung allmählich zurückgehe.

Im Euroraum seien die Bankkredite an Unternehmen weiter zurückgegangen, jedoch sei Ende 2014 eine Wende zu erkennen gewesen. Es gehe bei der Politik der Europäischen Zentralbank nicht in erster Linie um die Bankkredite an Unternehmen, sondern um die Schwächung des Euros. Die Abwertung des Euros wirke allerdings nicht gegenüber allen Handelspartnern.

Spanien zeige eine gute Exportentwicklung nicht erst seit dem Verfall des Euros, zeigt Angermann anhand der Exportdaten nach Regionen auf. Für den Euroraum sei ein BIP-Wachstum für 2015 in Höhe von 1,5 % in Sicht, für 2016 vielleicht 1,6 %. Die Länderratings konnten seit Anfang 2014 für mehrere Länder nach oben gestuft werden, so bei Estland, Irland, Litauen, Lettland, Spanien und Portugal. Bei Griechenland bleibe die Meinung der Ratingagentur unverändert.

Warum hat es bei Spanien funktioniert, nicht aber bei Griechenland? Auch Spanien hatte Hilfen in Anspruch genommen. In Griechenland sehe man aber „absolutes Chaos“. Man müsse konstatieren, dass Griechenland in eine Abwärtsspirale hineinlief. Griechenland habe eigentlich einen Boden gefunden. Der „große Schuldenschnitt“ für Griechenland habe dem Land kaum genutzt, bemerkt Griechenland.

In Spanien habe man die Krise als „selbstgemacht“ anerkannt und entsprechend Strukturreformen durchgeführt. Griechenland verhalte sich dagegen wie ein schlechter Schüler, der vor versammelter Klasse immer wieder von den Lehrern vorgeführt werde und dadurch schließlich bockig wurde.

Die Kehrseite der EZB-Politik sei, dass sie in Frankreich und in Italien keine ANrieze zu Strukturreformen hinterlässt. Eine anhaltend hohe Verschuldung in beiden Ländern sei daher für diese beiden Länder das wahrscheinlichste Szenario, prognostiziert Angermann und sieht in einer politischen Union weiterhin die Voraussetzung für eine dauerhafte Krisenbewältigung. Bisherige Währungsunionen seien immer dann gescheitert, wenn die politische Integration zu gering war.

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CFO-Relevanz von Nachhaltigkeit

Von Dr. Oliver Everling | 13.April 2015

Nachhaltigkeit ist ein Thema für CFOs, die Finanzvorstände von Unternehmen, insbesondere solche Unternehmen, die auch am Kapitalmarkt gelistet sind und sich daher den kritischen Anforderungen institutioneler wie auch privater Anleger stellen müssen. Dr. Thomas Schulz von der BNU Berratung für Nachhaltige Unternehmensführung gibt im Rahmen des MontagsMeetings des eff European Finance Forum in Frankfurt am Main einen Ein und Überblick über die steigenden Informationsanforderungen.

CDP, Principles for Responsible Investment (PRI), Global Investor Coalition on Climate Change (GICCC), Investor Network on Climate Risk (INCR), Sustainable Stock Exchanges (SSE)

Schulz spricht die Untersuchungen der führenden Nachhaltigkeitsratingagentur in Deutschland, der oekom research AG aus München an. Demnach „rechnet“ sich Nachhaltigkeit zumindest bei den 1409 börsennotierten Unternehmen, die im MSCI World, MSCI Europe und MSCI US enthalten sind.

Stakeholder des Themas Nachhaltigkeit sind nicht nur die Kapital- und Kreditgeber, sondern auch Mitarbeiter und Gewerkschaften (u.a. auch mit Blick auf den demografischen Wandel), Kunden (steigende Zahlungsbereitschaft für „grüne“ Produkte, Wandel des Qualitätsbegriffs, öffentliche Beschaffungsaufträge), Zuliefere (alle B2B-Unternehmen sind Teil einer Lieferkette) und NGOs (vertreten medienwirksam Interessen von Natur, indigenen Völkern und ausgebeuteten Menschen). Schulz macht klar, dass die Vernachlässigung von Nachhaltigkeitsthemen nicht nur Reputationsrisiken mit sich bringen.

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Prof. Schumann auf dem Weg nach Russland

Von Dr. Oliver Everling | 13.April 2015

Die Prof. Schumann GmbH engagiert sich zunehmend in internationalen Märkten. 2015 ist sie daher auch auf Fachmessen in den USA und Russland vertreten. Bereits jetzt nutzen circa 25 % der Kunden der Prof. Schumann GmbH die Software CAM im Ausland und für das internationale Geschäft.

„Auch große Unternehmen aus dem Ausland interessieren sich vermehrt für unsere Lösungen im Credit Management. Konzerne mit vielfältigen Auslandsaktivitäten finden bei uns die entsprechende Expertise und eine leistungsfähige IT-Lösung“, erklärt Dr. Martina Städtler-Schumann, die Geschäftsführerin der Prof. Schumann GmbH.

Die Auswirkungen einer verstärkten Internationalisierung von Unternehmen und Märkten müssen auch für die Prozesse im Credit Management berücksichtigt werden. Für internationale Konzerne steht ein zentraler Überblick über das Ausfallrisiko und eine effektive Absicherung von Geschäften im Mittelpunkt. Das bedeutet, eine länderübergreifende Datenverfügbarkeit in Echtzeit und eine zentrale Datenhaltung sind essentiell. In allen Geschäftsstellen und Gesellschaften müssen zur gleichen Zeit die gleichen Daten zur Verfügung stehen, egal ob in Frankfurt, New York oder Moskau. Werden diese Daten, wie eigene Zahlungserfahrungen oder Auskünfte von externen Anbietern, automatisch ständig aktualisiert, sind auch Kreditentscheidungen bzw. Auftragsfreigaben jederzeit möglich. Auch die Anbindung lokaler Auskunfteien und Kreditversicherer ist für internationale Unternehmen wichtig. Städtler-Schumann: „Unsere Software CAM (Credit Application Manager) hat elektronische Schnittstellen zu über 20 Informationsanbietern. Zudem bieten wir CAM im internationalen Umfeld natürlich mehrsprachig an.“ Ein internationales Roll-out gelingt am besten mit modernen internetbasierten Technologien. Alle Daten und Funktionen sind so ohne lange Installationen sofort verfügbar, auch auf Tablet-PCs und Smartphones.

„Internationale Messen und Kongresse sind ein wichtiges Mittel, um uns auch im Ausland zu positionieren. Wir freuen uns deshalb sehr auf die Teilnahme u.a. an den FCIB Events in Madrid und Miami, auf den NACM Credit Congress in St. Louis und den Credit Management Congress in Moskau“, berichtet Dr. Martina Städtler-Schumann.

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Elektriker fährt Porsche?

Von Dr. Oliver Everling | 13.April 2015

Der Titel des neuesten Buches aus dem FinanzBuch Verlag der Münchner Verlagsgruppe GmbH deutet bereits an, dass es sich hier nicht um ein trockenes Sachbuch handelt: „Mein Elektriker fährt einen Porsche: Wie Sie vom längsten Trend der Menschheitsgeschichte profitieren“ (ISBN 978-3-89879-921-8).

Der Autor des Buches, Gianni Kovačević, beschäftigt sich seit über fünfzehn Jahren intensiv mit Investments im Bereich Rohstoffe und den Themen Emerging Markets, China und realistischem Umweltschutz. Er macht sich als Redner einen Namen und lebt hauptsächlich in Vancouver/Kanada, verbringt aber auch viel Zeit in Europa. Kovačević spricht fließend Englisch, Deutsch, Italienisch und Kroatisch. Das Buch erschien auch in englischer Sprache unter dem Titel „My Electrician Drives a Porsche?“

Kovačević mischt Autobiografie und Fachbuch zu einem fiktiven Dialog zwischen einem Arzt und einem Elektriker, der zum Investor mutierte. Das Buch ist aus der Perspektive des Arztes geschrieben, der sich langsam neuen Assetklassen nähert, die zuvor nicht in seinem Portfolio vorkamen. Das Buch von Kovačević ist ein Plädoyer für Kupfer – wer seine zahlreichen Verwendungen kennt, vermag zu ermessen, welchen Einfluss die demografischen und wirtschaftlichen Veränderungen insbesondere in China auf die Nachfrage nach Kupfer haben wird. Von diesem Trend sollten alle profitieren, die Kuper gewinnen, liefern oder handeln.

Die Zielrichtung des Buches ist so durchschaubar wie legitim: Kovačević gelingt es, auch Leser für das Thema Kupfer als Investment zu interessieren, die sonst wohl kaum je auf die Idee kämen, sich ausgerechnet mit diesem Rohstoff zu befassen. Das Buch ist daher ein Einstieg – und Kovačević setzt offenbar darauf, dass seine Expertise im Thema in zahlreichen Varianten „abgerufen“ wird, also zu Nachfrage nach seinen Vorträgen, Newsletters usw. führt. Zurecht lenkt er in den fiktiven Dialogen den Leser mehrfach auf die Frage nach den geeigneten Informationsquellen.

Kovačević garniert das Thema mit vielen Anekdoten und unterhaltsamen Exkursen. Im Originalton klingt sein Text z.B. so: „‚Aber um zum Thema zurückzukommen, wo kommt all das Kupfer her, über welche Länder und wie viele Minen reden wir?‘ Er ließ diese Frage für einen Moment im Raum stehen, während wir darüber nachdachten. Dann fuhr er fort. ‚Die Tage, an denen große Minenunternehmen sich frei entscheiden konnten, wo sie investieren wollten, sind vorbei. Jeder, der glaubte oder noch glaubt, dass Politik keinen Einfluss auf die Rohstoffpreise hat oder darauf, wo und wie man sich in der Förderindustrie engagiert, ist entweder ein Narr oder ein verdammter Narr. Der größte Kupferproduzent ist Chile und der größte Konsument von Kupfer ist China – das sind die Fakten. Die primäre Produktion von Kupfer kommt vom Bergbau, daher der Begriff ›primär‹. Und die sekundäre Produktion kommt vom Recycling, das rund 15 Prozent des Marktes ausmacht.'“

Die Helden des Buches lässt Kovačević gemeinsam Konferenzen besuchen, über das Gehörte diskutieren und Konsequenzen ziehen, indem sie sich vor Ort in China weiter mit dem Anlagethema „Kupfer“ befassen. „Nach meiner Rückkehr von der Konferenz begann ich sofort mit dem Prozedere, meinen ersten Pass zu beantragen. Wenn ich darüber nachdachte, war das albern. Wie konnte ein gut situierter, 58 Jahre alter amerikanischer Bürger noch nie einen Pass beantragt haben? In der Gesellschaft von Johnny und anderen antizyklischen Investoren war mir das mehr als nur ein bisschen peinlich. Ich war sogar sehr ärgerlich darüber. Was hatte ich nur in all den Jahren verpasst?“

Kovačević beschreibt detailgetreu und realistisch, welche Erfahrungen man in China sammelt: „Auf der rechten Seite lag eine sehr große Fabrik, und auf der anderen Seite der Straße war der Anfang einer Baustelle zu sehen, der vermuten ließ, dass dort noch eine größere Fabrik entstehen würde. ‚Diese Fabrik produziert fast eine halbe Million Autos jedes Jahr. Das ist mehr als Amerikas produktivste Autofabrik. Und sehen Sie die Baustelle da drüber? Da entsteht eine weitere Anlage, die noch mehr Autos pro Jahr produzieren wird. Derzeit tummeln sich die Autoproduzenten dieses Planeten so wie hier – Ford, Volkswagen, Fiat, GM, Toyota, alle, weil das hier in fast allen Fällen ihr größter Markt ist. Sie sind alle scharf darauf, hier Milliarden zu investieren, weil der chinesische Hunger, ein Auto zu besitzen, unstillbar ist.'“

Wenn die chinesische Wirtschaft weiterhin mit Raten von 7 oder 8 Prozent wächst, rechnet Kovačević vor, dass sie im Jahr 2020 mehr Autos produzieren, als die USA und Europa zusammen. „Und selbst dann werden 40 Prozent der chinesischen Bevölkerung immer noch in ländlichen Gegenden leben. In den letzten drei Jahrzehnten, seit Deng Xiaoping seine geistige kapitalistische Initiative startete, haben dreihundert Millionen Menschen die Armut verlassen und sind nach Guangzhou und Shenzhen gekommen. Die große Mehrheit dieser Menschen kauft gerade jetzt ihr erstes Auto.“

„‚Und was sind die Auswirkungen auf Öl? Nahrungsmittel? Die Annehmlichkeiten des Lebens? Man kann diese Migration auf alle Bereiche des Lebens beziehen. Aber man muss sicher gehen, dass man es auch auf die Dinge bezieht, die man braucht, um das alles herzustellen.‘ ‚Was im Falle eines Autos durchschnittlich fünfzig Pfund Kupfer entspricht.'“

Das Buch „Mein Elektriker fährt einen Porsche: Wie Sie vom längsten Trend der Menschheitsgeschichte profitieren“ leistet einen Beitrag dazu, mehr Menschen aus ihrem in Geldfragen lethargischen Verhalten zu reißen und ihr Geld nicht mehr nur bei der Bank oder Sparkasse abzugeben, sondern aktiv mit eigenen Ideen zu managen.

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Kapitalanlage in der Null-Zins-Phase

Von Dr. Oliver Everling | 13.April 2015

Für Erspartes keine Zinsen mehr bekommen, daran haben sich Sparer allmählich gewöhnt. Doch nun drohen Negativzinsen: Robert Michele, Anleihechef bei JP Morgan Asset Management, rechnet mittelfristig mit Renditen für Bundesobligationen von minus drei Prozent. So begann die Suche nach Auswegen: solide Geldanlagen, die auch heute Renditen oberhalb der Inflationsrate abwerfen. Die Autoren Rolf Morrien und Lars Günther stellen in einem neuen Buch des FinanzBuch Verlags kurz und knapp die Chancen und Risiken von Unternehmensanleihen, Genussscheinen, Wandelanleihen, Aktienanleihen, dividendenstarken Aktien, Real Estate Investment Trusts, Pfandbriefen, Lebensversicherungen, Investmentfonds und weiteren Kapitalanlagen vor.

„Als das ‚Magische Dreieck der Geldanlage‘ werden die drei konkurrierenden Ziele Sicherheit, Liquidität und Rendite bezeichnet. Sie bilden sozusagen“, berichten die Autoren, „die Eckpunkte eines Dreiecks. Mit diesem Bild soll ausgedrückt werden, dass man zwar jedes dieser Ziele für sich genommen und meist auch zwei gemeinsam erreichen kann, aber nicht alle drei zugleich.“ Das von den Autoren zitierte „Magische Dreieck der Geldanlage“ bereichert seit Jahrzehnten schon die Literatur für Sparer; leider fehlt ein Hinweis darauf, dass für viele Anleger das Dreieck inzwischen zum Viereck geworden ist, da diese Anleger neuerdings auch nach Nachhaltigkeit fragen.

Heute ist es nicht mehr jedem Sparer egal, unter welchen ethischen, ökologischen und sozialen Aspekten seine Ersparnisse Rendite erwirtschaften. Morrien und Günther erheben allerdings auch keinen Anspruch, in ihrem Buch alle relevanten Aspekte erschöpfend behandelt zu haben – Sicherheit, Liquidität, Renditechance, Einfachheit, Kosten, Haltedauer: „Diese sechs Kriterien lassen gewisse Bewertungsspielräume zu. Es gibt nicht die eine richtige Einordnung.“

Es ist das Verdienst der Autoren, sachlich und fundiert in Fragen der Geldanlage allgemeinverständlich einzuführen. „Dieses Buch kann nicht das nachholen, was unser Bildungssystem seit Jahrzehnten versäumt hat, aber die folgenden Grundlagen erleichtern Ihnen die Entscheidungsfindung beim Thema Geldanlage.“ Die Autoren zeigen, was insbesondere der Verzicht auf jede Aktienanlage bedeutet: „In der abgeschlossenen 25-Jahres-Phase von 1988 bis 2013 hat der DAX
einen durchschnittlichen Jahresgewinn von rund 8 % abgeworfen (Kursgewinn + Dividenden).“

Die Autoren machen Geldanlage begreiflich, insbesondere auch durch Klärung von Begriffen. Zum Beispiel Rating: „Damit Sie als potenzieller Anleihenkäufer einschätzen können, wie hoch die Zahlungskraft (Bonität) des Emittenten ist, gibt es die sogenannten Ratings. Das ist ein Notensystem – vergleichbar mit Schulnoten. Ein sehr gutes Rating bedeutet, dass weder laufende Zinszahlungen noch die Rückzahlung des Nominalbetrags zum Fälligkeitszeitpunkt aus heutiger Sicht in Gefahr sind. Ein schlechtes Rating zeigt an, dass es Schwierigkeiten geben könnte.“

Nicht ganz zur Zielgruppe des Buches passt allerdings diese Empfehlung: „Vertrauen Sie nicht blind auf Rating-Noten! Bilden Sie sich zum jeweiligen Emittenten auch ihre eigene Meinung.“ Sicher ist es immer ein vernünftiger Rat, sich eine eigene Meinung zu bilden. Ob die Hoffnung aber begründet ist, als Laie ein treffsichereres Urteil als die Ratingagenturen zu bilden, die seit einem Jahrhundert mit tausenden von Experten darauf spezialisiert sind, erscheint doch fraglich.

In jedem Fall aber kann der Leser praxiserprobten Empfehlungen wie dieser folgen: „Da sich jedoch die wenigsten Privatanleger intensiv mit dem Aktienmarkt beschäftigen können oder wollen, ist es schwierig, das richtige Timing beim Aktienkauf zu erwischen. Diese Hürde können Sie mit einem einfachen Trick überspringen: Nutzen Sie den Cost-Average-Effekt.“

Das Buch teilt sich in „Grundlagen“ und in „Geldanlagen im Check“, wo die oben genannten Kriterien Anwendung finden. „Die Informationsbeschaffung ist durch das Internet viel einfacher geworden, und die Transaktionskosten sind für Privatanleger so niedrig wie nie zuvor. Wenn Sie zum Beispiel für 2.000 € Anteile eines Indexfonds oder auch einzelne Aktien kaufen möchten, kostet Sie das bei einer günstigen Depot-Bank keine 10 € an Gebühren.“

Die Autoren befassen sich mit allen Formen der Geldanlage, wie sie in den Lehrbüchern stehen. Wer aber nach „Kapitalanlage“ in Google usw. sucht, wird heutzutage mit Versuchungen konfrontiert, die in Werbebannern für Tradingplattformen, Crowdinvesting oder sich in Angeboten sonstiger FinTech-Unternehmen konkretisieren. Zu diesen wie auch Instrumenten wie CFDs oder Wikifolios haben die Autoren (noch) keinen Kommentar.

Denn schon Lenin wusste: »Um die bürgerliche Gesellschaft zu zerstören, muss man nur ihr Geldwesen verwüsten.“ „Sie fragen sich vielleicht, warum die in diesem Buch geäußerten Gedanken und Anregungen die Möglichkeit eines solchen Crashs nicht berücksichtigen.“ „Da bei einem Zusammenbruch nicht notwendigerweise alle Teilsysteme gleich stark betroffen sein werden, bietet der Rat, das eigene Kapital auf verschiedene Vermögensanlagen zu streuen, auch im Falle eines großen Crashs die besten Chancen, wenigstens einen Teil dieses Vermögens zu retten.“

Das Buch von Morrien und Günther ist im FinanzBuch Verlag als gedrucktes Buch (ISBN Print 978-3-89879-908-9) oder auch elektronisch erhältlich: ISBN E-Book (PDF) 978-3-86248-726-4, ISBN E-Book (EPUB, Mobi) 978-3-86248-727-1.

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„Bullshit Economics“

Von Dr. Oliver Everling | 11.April 2015

Das mit dem Deutschen Finanzbuchpreis ausgezeichnete Buch „Die große Geldschmelze“ stellte bereits unter Beweis, dass diese beiden Autoren mehr als nur das Handwerk des Schreibens beherrschen: Prof. Dr. Hanno Beck und Prof. Dr. Aloys Prinz unterstreichen mit ihrem neuesten Titel „Bullshit Economics“erneut ihre Fähigkeiten, komplexe Sachverhalte in einer für breiteres Publikum geeigneten Form zu präsentieren. Wie nicht zuletzt auch die Lektüre dieses empfehlenswerten Buches zeigt, ist mehr Allgemeinbildung in Wirtschaftsfragen einer der wichtigsten Schlüssel dafür, Deutschland auf einen nachhaltigen Wachstumspfad zu bringen.

Die Wahl eines gewagten Titels für ein Sachbuch, „Bullshit Economics“, lässt schon erahnen, dass es den Autoren nicht nur um trockene Wiedergabe von Fakten geht, sondern auch darum, dies in einer für Leser unterhaltsamen, sogar spannenden Form zu tun. Daher soll auch an dieser Stelle nicht verraten werden, wie es zur Wahl des Titels „Bullshit Economics“ – dazu sollte sich der interessierte Leser selbst in das Buch vertiefen. Das Grundprinzip der „Bullshit Economicsw“ sei jedoch bereits angedeutet: „Ein deutsches Nachrichtenmagazin hat sogar den ‚Merkel-Phrasomat‘ bereitgestellt,“ nennen die beiden Autoren ein den „Bullshit Economics“ vergleichbares deutsches Beispiel, „mit dessen Hilfe man sich seine eigene Rede nach dem Vorbild der Kanzlerin zusammenstellen kann – zu jedem Themenbereich, versteht sich.“

Hanno Beck, Jahrgang 1966, war bis 2006 Mitglied der Wirtschaftsredaktion der »Frankfurter Allgemeinen Zeitung«. Seit 2006 ist er Professor für Volkswirtschaftslehre und Wirtschaftspolitik an der Hochschule Pforzheim. Hanno Beck ist Autor zahlreicher Bücher, u.a. „Der Alltagsökonom“ und 2012 bei Hanser „Geld denkt nicht: Wie wir in Gelddingen einen klaren Kopf behalten“.

Aloys Prinz, Jahrgang 1956, war von Ende 1993 bis Frühjahr 2000 Professor für Wirtschaftspolitik an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Seit April 2000 ist er Professor für Finanzwissenschaft an der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster. Er ist Autor zahlreicher Beiträge in nationalen und internationalen Fachzeitschriften.

Wer beispielsweise die Anhörungen im Finanzausschuss des Deutschen Bundestages zu den Themen „Rating“ und „Ratingagenturen“ mit verfolgen durfte/musste, kann die von Beck und Prinz beschriebene Art der Wahrheitsfindung des deutschen „Souveräns“ nur bestätigen: „Man kann das auch Fakten-Eklektizismus nennen – eine gezielt willkürliche Zusammenstellung von Fakten, die nur einem Ziel dient: die eigene Meinung stützen.“ Die Autoren berichten mit praktischen Beispielen davon, wie Politiker die Wissenschaft in diesem Spiel in etwa so nutzen „wie Betrunkene Straßenlaternen: sie suchen Halt, nicht Erleuchtung.“

Die beiden Professoren berichten von der Praxis des Gutachten-Hoppings – dieses wird so lange veranstaltet, bis Politiker die ihnen genehmen Ergebnisse erhalten. Diese Praxis ist allerdings keine neue Methode der Großen Koalition, sondern gab es auch schon früher, wie die Autoren nachweisen. „Die Missachtung der Gutachten ist teils legendär: Im Sommer 1964 sprachen sich die fünf Weisen in einem Sondergutachten für die Aufwertung der D-Mark und flexible Wechselkurse aus. ‚Das Gutachten haben wir zum Kanzleramt geschickt und danach nie mehr etwas davon gehört, es gab nur die Quittung des Pförtners‘, erinnert sich der damalige Wirtschaftsweise, Herbert Giersch.“

Beck und Prinz entlarven Emotionen als „eine Zauberwaffe im Kampf um die politische Lufthoheit: Wer will schon ein sachliches Argument hören, wenn niedliche Robbenbabys, hungernde Kinder oder unterjochte Tagelöhner beschworen werden? Ob es tatsächlich einen Zusammenhang zwischen diesen Emotionsträgern und der betreffenden Politik gibt, ob die Politikvorschläge Robben, Kinder oder Tagelöhner wirklich schützen oder nicht – völlig egal. Wer die Emotionen der Menschen beherrscht, beherrscht die Politik.“

Das Buch hält manchen argumentativen „Leckerbissen“ bereit, zum Beispiel für diejenigen, die sich mit Kostentheorie und Opportunitätskostenansätzen auskennen. So kommen Beck und Prinz auf das Unwort des Jahres 2010 von der Alternativlosigkeit zu sprechen: „Die milliardenschwere Euro-Rettung wäre kostenlos, wenn sie tatsächlich alternativlos gewesen wäre, denn man hätte mit all dem Geld, das man in den Rettungsschirm gepumpt hat, nichts anderes anfangen können. Ehrlich? Das sehen wir nicht so. Es gibt immer eine Alternative.“

Die Autoren machen die Entscheidungssituation von Politikern deutlich: „…wenn Sie Politiker sind, ignorieren Sie jegliche Beurteilung Ihrer früheren Arbeit, kanzeln Sie Experten ab, die Ihnen am Zeug flicken wollen, ignorieren Sie jegliche Folgen Ihrer Politik. Werden Sie das, was man als ‚ergebnisresistent‘ bezeichnet.“

So geht es im Buch „Bullshit Economics“um Fakten-Shopping und Gutachten-Hopping. Emotionalisierung und Moralisierung, Schwarz-Weiß-Malerei, Maskierung, Metaphern – und natürlich um „Alternativlosigkeit“.

Beck und Prinz liefern einen Beweis nach dem anderen für die Überregulierung in Deutschland, z.B. Ladenschlussgesetz: Christdemokraten wie auch Sozialdemokraten sind sich aus unterschiedlichen Motiven beim Ladenschlussgesetz einig, das die Nacht, den Sonntag und Feiertage heiligt – mit der Folge der Verurteilung einer Tankstellenverkäuferin, die in der Nacht zwei Fußgängern Bier verkaufte, denn sie hätte nur Autorfahrern Bier verkaufen dürfen.

„Während die regulären Supermärkte um 22 Uhr schließen müssen,“ erläutern Beck und Prinz die widersinnige Rechtslage, „können Tankstellen munter weiter verkaufen, zum Ärger der Konkurrenz. Also hat der Gesetzgeber verfügt, dass nur Reisende nach 22 Uhr sich für ihren Bedarf eindecken können. Doch woran erkennt man Reisende? Na klar, daran, dass sie mit dem Auto kommen. Also verfügt man, dass nach 22 Uhr Alkohol nur noch an Leute verkauft werden darf, die mit dem Wagen kommen, weil man von denen vermutet, dass sie Reisende sind. Was mit Radfahrern ist oder mit Leuten, die im Taxi kommen?“ Die lästigen Details sichern dann die Arbeitsplätze von tausenden Bürokraten.

Der sich in zahlreichen Gesetzen entfaltende Aktionismus der Politik führt zu Schwierigkeiten, „die sie anschließend selbst bekämpfen muss, wobei man immer betont, dass die Folgen aber nicht von dieser Politik herrühren. Das ist fast ein Arbeitsbeschaffungsprogramm für Politiker und Bürokraten: Falsche Politik führt zu neuen Problemen, für die man dann weitere Politik und Bürokratie braucht.“

Von dieser Politik profitieren eine Fülle von Beamten, Unternehmen bis hin zu Freiberuflern wie Anwälten oder Prüfern aller Art. „Und diese werden ihre Einkommen, die sie dem Unfug der Politiker verdanken, mit Zähnen und Krallen verteidigen. Politik, so könnte man daher zynisch schlussfolgern, hat eine gesellschaftliche Ordnung zum Ziel, die sich ohne Politiker nicht mehr aufrechterhalten lässt.“

Beck und Prinz zeige „nützliche“ Methoden auf: „Die beste Methode, um als Dieb davonzukommen, ist der entschlossene Ruf ‚Haltet den Dieb!‘ – einfacher kann man gar nicht die Aufmerksamkeit von sich ab- und auf andere hinlenken. “

Die Autoren der „Bullshit Economics“ rechnen nach, was der Deutsche Bundestag eigentlich leistet: „Was kann man in 22 Sitzungswochen abarbeiten? In der vergangenen Legislaturperiode von 2009 bis 2013 waren es 553 Gesetze, die durch den Bundestag gewinkt wurden. Das sind aber nur diejenigen, die es geschafft haben. Die Zahl der insgesamt im Bundestag diskutierten Gesetze ist weitaus höher – insgesamt haben sich Bundestag und Bundesrat in diesen vier Jahren mit 900 Gesetzesvorhaben beschäftigt. Gehen wir einmal von 50 Wochen pro Jahr aus (ein wenig Ferien wollen wir den Parlamentariern gönnen), dann sind das mehr als elf Gesetze pro Woche. Setzen wir nur die 22 Sitzungswochen an, so sind das rund 25 Gesetze, die pro Woche durchs Parlament gewinkt werden.“ Daher folgern Beck und Prinz: „Das riecht nach der Sorte Aktionismus, die wir als ein Element von Bullshit identifiziert haben: Kleines Karo statt großer Würfe, Aktionismus vortäuschen, ein wenig Gesetz hier, ein wenig Verordnung da.“

Die beiden Wirtschaftswissenschaftler rechnen vor, dass sich Bürger leider „rational“ verhalten, wenn sie sich im deutschen Staatsfernsehen lieber von „Rote Rosen“ usw. ablenken lassen, als sich mit lästigen Details politischer Entscheidungen zu befassen. „Ihre Wahlentscheidung mag wohlfundiert sein, aber das Gewicht dieser Stimme liegt bei 0,0000017 Prozent. Lohnt es sich wirklich, dafür so einen Aufwand zu betreiben? Politisches Engagement ist zumindest in dieser Hinsicht alles andere als attraktiv.“

Beck und Prinz skizzieren ein strukturelles Problem einer Demokratie: „Der Aufwand, sich politisch zu informieren, ist unverhältnismäßig hoch, verglichen mit der tatsächlichen Wirkung dieses Engagements – wenn sich Wähler also keine Mühe geben, sich politisch zu informieren, so ist das – leider – durchaus rational.“

So findet sich allerdings immer eine große Koalition von Wählern dafür, „die Reichen“ endlich zur Kasse zu bitten. „Mal ehrlich – wer von uns fühlt sich reich? Reich, das sind immer die anderen, die mit der Oldtimersammlung, den zehn Villen, dem Hubschrauber, der Gemäldesammlung. Aber wir? Nein, wir sind doch nicht reich. Deswegen kann man – auch als Wähler aus der gehobenen Mittelschicht – so entspannt der Forderung zustimmen, die Reichen stärker zu belasten, sollen andere die Zeche zahlen. Wir nicht. Dass man aber, wenn man Masse braucht, dahin muss, wo die Masse ist, ignoriert man lieber. Und wo sitzt die Masse? Genau, dort, wo der Mittelstand ist.“

Beck und Prinz zeigen das Muster auf, wie mit Problemstellungen in der Politik umgegangen wird, z.B.: „Armut in der Dritten Welt? Rasch den anonymen Großkonzernen die Schuld in die Schuhe geschubst, noch eine Internetpetition unterzeichnet und dann wieder zurück zum Alltag. Politiker gaukeln uns eine einfache Welt vor, weil wir eine einfache Welt haben wollen.“

Beck und Prinz stehen mit ihrer Kritik in der Literatur keineswegs alleine. Allerdings handelt es sich bei anderen Autoren – meist nicht mit wirtschaftswissenschaftlicher Vorbildung – oft um „Verschwörungstheoretiker“: „Wichtig dabei ist, dass sie nie konkret werden, Namen nennen oder sonst irgendwie direkt werden – immer schön undifferenziert bleiben, anonyme Mächte oder Instanzen beschuldigen; damit macht man sich unangreifbar.“ Humorvoll zeichnen Beck und Prinz nach, wie diese Autoren ihr Geld verdienen: „Mach dem Leser klar, dass eine Katastrophe bevorsteht, dass Ausbeutung, Elend, Sklaverei und Weltuntergang auf der Agenda stehen – je sensationeller und emotionaler, desto besser.“

Zurecht stellen Beck und Prinz fest, dass diejenigen, die sich als Kritiker herrschender Politik präsentieren, nach einem Feuerwerk der Kritik in der Regel wenig Rat wissen: „Tütensuppenratschläge, die angesichts ihrer Harmlosigkeit und Banalität so gar nicht zu den Katastrophen- und Weltuntergangsszenarien passen, die in den Büchern beschworen werden.“ Beck und Prinz folgern: „Antikapitalismus funktioniert eben auch nach den Spielregeln des Kapitalismus. Es ist geradezu ein zynischer empirischer Beweis für die Funktionsfähigkeit von Märkten, dass die Marktkritik zum wirtschaftlichen Erfolg gerade über diese Märkte führt.“

Beck und Prinz sehen eine Fülle von Ansatzpunkten zur Verbesserung, z.B. weniger Wahlwerbung, mehr Anreize für (Berufs-) Politiker, eine sinnvolle Politik zu machen, weniger Lobbys, mehr direkte Demokratie, mehr Wissen. Mehr dazu in „Bullshit Economics“.

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Nachhaltig 340 Mio. € investiert

Von Dr. Oliver Everling | 7.April 2015

Die Nachfrage in Fonds auf Basis der Nachhaltigkeitsstandards des Global Challenges Index (GCX) der Börse Hannover hält an. Zum Ende des ersten Quartals (Stand: 31. März 2015) hat das investierte Vermögen in Fonds auf Aktien des Global Challenges Index (GCX) und Anleihen des Global Challenges Corporates (GCC) die Schwelle von 340 Millionen Euro erreicht. Damit hat das Volumen erneut einen Höchststand markiert. 

Seit Jahresanfang bis Ende März 2015 wuchs das Volumen um rund 15 Prozent – zum Jahresauftakt hatte das investierte Vermögen noch bei etwa 290 Millionen Euro gelegen. Privatanleger können über zwei Publikumsfonds in die 50 internationalen Aktien des GCX investieren. Der NORD/LB AM GCX-Indexfonds (WKN: A1T756) sowie der PRIMA Global Challenges Fonds (WKN: A0JMLV) werden an der Börse Hamburg und der Börse Hannover gehandelt. 

Den größten Wertzuwachs im ersten Quartal 2015 erzielten die Aktien des US-amerikanischen Betreibers von Geothermie-Kraftwerken Ormat Technologies (WKN: A0DK9X, plus 54 Prozent) sowie des spanischen Windanlagenherstellers Gamesa (WKN: A0B5Z8, plus 51 Prozent). Auch die Titel des weltweit größten Herstellers homöopathischer Arzneimittel Boiron (WKN: 873532, plus 50 Prozent), des französischen Autobauers Renault (WKN: 893113, plus 42 Prozent) und von STMicroelectronics (WKN: 893438, plus 41 Prozent) aus den Niederlanden verbuchten ein kräftiges Plus.

Aufgenommen werden in den GCX nur Unternehmen, die aktiv einen Beitrag zur Bewältigung von sieben globalen Herausforderungen leisten. Dazu zählen Klimawandel, Trinkwasserversorgung, Erhalt der Artenvielfalt, nachhaltige Waldwirtschaft, Bevölkerungsentwicklung, Armutsbekämpfung und verantwortungsvolle Führungsstrukturen. Die Index-Zusammensetzung wird laufend überprüft und halbjährlich angepasst. Wenn Aktien nicht mehr den strengen, von der Börse Hannover und der Nachhaltigkeitsrating-Agentur oekom research entwickelten Auswahlkriterien genügen, werden an ihrer Stelle neue Titel in den Index aufgenommen. Der Nachhaltigkeitsindex GCX wurde 2007 von der Börse Hannover initiiert und legte bis heute um fast 100 Prozent zu (Stand: 31.03.2015).

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Gutes von der FIL Investment Management

Von Dr. Oliver Everling | 7.April 2015

FERI EuroRating Services AG hat den Mischfonds „Fidelity Funds – Global Multi Asset Income Fund“ (ISIN: LU0905233846) mit „B“ („gut“) bewertet. Der Fonds wurde am 27.03.2013 von FIL Investment Management (Luxembourg) S.A. in der rechtlichen Struktur einer SICAV aufgelegt und verfügt somit zum Bewertungsstichtag (31. Januar 2015) über eine Fondshistorie von knapp zwei Jahren. In die Fondsbewertung fließen daher sowohl qualitative als auch die Ergebnisse der quantitativen Analyse ein. Speziell für Kunden im deutschsprachigen Raum wurde eine Anteilsklasse unter dem Namen „Fidelity Zins & Dividende“ aufgelegt.

Die flexible Gestaltung des Investmentkonzeptes wird positiv beurteilt. Der „Fidelity Funds – Global Multi Asset Income Fund“ orientiert sich strategisch an der fundamentalen Marktmeinung des Investment Solutions Teams und zeichnet sich durch eine breite und flexible Allokation über die Assetklassen Aktien, Anleihen (Staatsanleihen, Unternehmensanleihen, inflationsindexierte Anleihen), Infrastrukturanlagen und Immobilien aus, wobei eine grundlegende Kernallokation definiert ist. Die Fondsmanager investieren dabei sowohl in Investment Grade- und High Yield-Anleihen als auch in Developed- und Emerging Markets. Der benchmarkfreie Ansatz ermöglicht die Umsetzung der besten Ideen des hauseigenen Fondsresearchs. Das Portfoliomanagement unterliegt im Peergroup-Vergleich geringeren Investitionsbeschränkungen, was sich durch hohe Freiheitsgrade in der taktischen Asset Allocation und bei der Fondsselektion bemerkbar macht. Die taktische Asset Allocation wird durch Kombination von quantitativen Modellen und qualitativen Analysen in Form von taktischen Abweichungen zur strategischen Kernallokation formuliert. Den vorhandenen operativen Entscheidungsraum des Fondsmanagements erachtet FERI als angemessen und der Erfahrung des Fondsmanagements entsprechend ausgestaltet.

Positiv bewertet FERI auch das Fondsmanagement, die im Vergleich zur Peergroup überdurchschnittlich hohe Investmenterfahrung der Fondsmanager sowie die hohe personelle Stabilität im Fondsmanagement. Eugene Philalithis ist seit 2007 bei Fidelity Worldwide Investment beschäftigt, verantwortet das Team Fixed Income und Alternatives Research innerhalb des Fidelity Solutions Teams und verfügt über 17 Jahre Investmenterfahrung. Nick Peters ist stellvertretender Fondsmanager und würde das Portfoliomanagement im Falle einer dauerhaften Abwesenheit von Eugene Philalithis übernehmen. Er ist in das tägliche Fondsmanagement involviert und unterstützt Eugene Philalithis mit seinen fachspezifischen Kenntnissen in der Assetklasse Aktien. Nick Peters ist seit 2012 für Fidelity Worldwide Investment tätig, leitet das Aktienresearch und weist eine zwanzigjährige Investmentexpertise auf.

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Crowdinvesting – Die Investition der Vielen

Von Dr. Oliver Everling | 6.April 2015

Crowdinvesting, Crowdfunding, Crowdlending, Crowdsourcing – alle diese Begriffe werden oft in einem Atemzug genannt, oft auch nicht ausreichend unterschieden.

Die Grundprinzipien des Crowdfundings sind vielleicht so alt wie die Menschheit. Jeder kennt die Grundformen des Crowdfundings von seiner Moschee, seinem Gemeindehaus, seinem Tempel, seiner Kirche oder einfach vom Spaziergang über eine belebte Einkaufsstraße: Eine gute Idee bedarf zu seiner Realisierung Geld, das der Initiator nicht aufbringen kann oder will. Daher bittet er öffentlich um Spenden. Neben Spenden ist gelegentlich auch tatkräftige Mitwirkung oder Rat gewünscht.

Obwohl demnach das Grundmuster des Crowdfundings uralt ist, verbindet sich mit dem Begriff eine Innovation, deren Konsequenzen für die Wirtschaft und die Gesellschaft sich erst umrissartig abzeichnen. Wer von „Crowdfunding“ statt einfach von Spendensammlung spricht, zielt nämlich auf die ungeahnten Möglichkeiten des Internets, jederzeit jeden überall auf alles ansprechen zu können.

Das Internet verlagert aber nicht nur einfach einen uralten Vorgang auf ein neues Medium, sondern bringt auch neue Spielregeln mit sich. Der Pfarrer in der Kirche kann seinen Klingelbeutel während des Orgelspiels zur Finanzierung einer überteuerten Kirchturmglocke herumreichen lassen, ohne im selben Moment kritische Fragen nach der Sinnhaftigkeit und Angemessenheit seiner Ausgaben beantworten zu müssen.

Das Medium des Internets dagegen ermöglicht eine bis dato nicht gekannte Interaktion, Transparenz und Schnelligkeit. Während der Priester kaum befürchten muss, unter seinen Spendern Anwälte zu finden, die ihn für Falschinformation nach dem Gottesdienst noch mit hohen Gebühren abmahnen, sind ganze Anwaltssozietäten im Internet unterwegs, um selbst kleinste Fehler in der Projektdarstellung oder im Impressum mit Unterlassungserklärungen zu ahnden und abzukassieren.

Heute dürften gegenüber dem Internet noch Skepsis und Vorsicht bei möglichen Spendern überwiegen. Immerhin liegt die Zeit kaum zwei Jahrzehnte zurück, als sich seriöse Leute nicht einmal eine Mailadresse oder Präsenz im als „Schmuddelmedium“ verrufenen Internet erlaubten. Noch immer vertrauen Menschen lieber beklebten Spendenbüchsen oder kurzerhand zu Sammelbehältern umfunktionierten Plastikbechern ihr Geld an, als ihr Geld per Mausklick zu spenden, selbst wenn hinter manchem Freiprediger oder Bettler organisierte Banden stehen und man die Spendenempfänger nie mehr wieder sieht.

Wer nun unbefangen den Vorurteilen trotzt und sich mit den neuen Möglichkeiten befassen will, dem kann durch das Buch „Crowdinvesting: Die Investition der Vielen“ geholfen werden. Das Buch liegt nun schon in der 3. Auflage vor. Sein Autor, Prof. Dr. Ralf D. Beck von der Fachhochschule Dortmund, gilt als einer der renommiertesten Kenner der Materie. Wer sein Buch liest, dem ist es kaum erstaunlich, dass sein Buch auch für den Deutschen Finanzbuchpreis nominiert wurde.

Beck liefert tatsächlich auf 255 Seiten alles, was man zur Einführung in diese neue Materie braucht: Er berichtet über die Stellung des Crowdinvestings im Rahmen der Finanzierung, die Akteure des Crowdinvestings, die rechtliche Strukturierung des Engagements und ihre Folgen für die Akteure, die Risiken des Crowdinvestings, die Anforderungen an Crowdinvesting-Plattformen, die Marktentwicklung und Perspektiven des Crowdinvestings bis hin zum Nachweis des volkswirtschaftlichen Nutzens.

Erwartungen an eine neue Sache werden schon durch die Wahl der Begriffe geweckt. Beck befasst sich eingehend mit den eingangs genannten Begriffen Crowdfunding, Crowdinvesting usw. Zahlreiche Plattformen bieten sich im Internet an, die Beck in einer Übersicht systematisiert. Die Zielsetzungen der Plattformbetreiber sind unterschiedlich, ebenso ihre Vergütungsmodelle, Rentabilität, Kommunikationspolitik, Marketing, Verhaltenspflichten und Geschäftsbedingungen. Sowohl Crowdfunding, als auch Crowdinvesting kann sich unterschiedlicher rechtlicher Gestaltungsformen bedienen. Hybride Finanzierungsformen finden sich beispielsweise in stillen Beteiligungen, Genussrechten oder partiarischen (Nachrang-) Darlehen.

Obwohl die Crowd-Begriffe so angelsächsisch klingen, kommen die Pioniere des Crowdinvestings nicht unbedingt aus den USA, sondern sogar aus Deutschland. Obwohl die USA vielen als kapitalistisches Land par exellence gilt, sind die meisten Bürger in den USA von direkten Kapitalanlagen ausgeschlossen, da diese unter strengen Voraussetzungen einer Registrierungspflicht bei der US-Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde SEC unterliegen. In Deutschland gilt dagegen eine Art Bagatellgrenze von 100.000 €, unterhalb derer sich jeder Geld über das Internet beschaffen darf – vorausgesetzt, er findet eine unter den inzwischen vielen Plattformen, die sein Projekt akzeptiert und publiziert.

Obwohl Beck die Unterschiede zwischen Crowdfunding, Crowdinvesting, Crowdlending und Crowdsourcing wissenschaftlich exakt herausarbeitet und auch ihre historischen Entwicklungen mit konkreten Beispielen nachzeichnet, drängt sich nach der Lektüre seines Buches doch der Eindruck auf, dass mit „Crowdinvesting“ ein letztlich doch völlig neues Phänomen zu beobachten ist: Menschen tun sich mit kleinen Beträgen zusammen, um teils praktische und dringend notwendige, teils aber auch völlig neue und skurrile Projekte möglich zu machen, sei es durch Spenden, durch Beteiligungen oder durch Kredit.

Beck lässt an den Risiken keinen Zweifel, zeigt aber auch, wie man sich vor unseriösen Akteuren und erfolglosen Projekten schützen kann. Selbst bei großer Sorgfalt und juristischer Absicherung bleiben natürlich Risiken. Wenn Kritiker des Crowdinvestings ihre Kritik jedoch durch den Vergleich mit etablierten Investmentmöglichkeiten begründen, etwa durch den Vergleich mit einlagengesicherten Sparbüchern oder „blue chips“ börsennotierter Aktiengesellschaften, übersehen sie den Willen von Crowdinvestoren, einfach eine gute Sache in Gang zu bringen, möglicherweise auch unter Inkaufnahme eines Verlustes.

Wer also im Crowdfunding nicht einfach nur einen ins Internet transferierten Klingelbeutel sieht, wer im Crowdinvesting nicht einfach nur einen online gestellten Sparplan seiner Sparkasse sieht, sondern akzeptiert, dass sich hier eine völlig neue Gestaltungsform der Zusammenarbeit mit anderen Menschen eröffnet, dürfte kaum enttäuscht werden.

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